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02.11.2021

Normalisierter Rassismus

02.11.2021
Beitrag in der Rubrik «U20» der Zuger Zeitung vom 2. November 2021

Beitrag in der Rubrik «U20» der Zuger Zeitung vom 2. November 2021

«Woher kommst du?» «Aus der Schweiz», antworte ich. «Nein. Woher kommst du wirklich?» Ich weiss nicht, was ich antworten soll, schliesslich bin ich Schweizerin. Manche Leute akzeptieren meine Antwort, manche nicht. Sie fragen so lange nach, bis sie entweder aufgeben oder ich ihnen verrate, dass ich aus Indien stamme. Haben solche Gespräche eine Verbindung zu Rassismus oder bin ich zu sensibel? Vor Corona sass ich in einem vollen Bus. Alle Plätze waren besetzt, bis auf den Platz neben mir. Wie würden Sie sich an meiner Stelle fühlen?

Nicht alle Formen von Rassismus müssen offensichtlich sein. Er kann die Form von Mikroaggressionen annehmen. Es handelt sich um alltägliche, subtile, absichtliche oder unabsichtliche Bemerkungen oder Gesten gegenüber anderen ethnischen Personen. Die meisten Leute nehmen automatisch an, dass ich wegen meiner Hautfarbe keine Schweizerin sein kann. Ein anderes Beispiel ist, dass sie annehmen, ich könne kein Schweizerdeutsch sprechen oder verstehen. Die Menschen sind sich oft nicht bewusst, dass sie diese Art von Dingen tun. Sie sind sich nicht bewusst, was dies beim Gegenüber auslöst. Selbst ich war mir lange des Problems der Mikroaggressionen nicht voll bewusst. Lange Zeit habe ich den normalisierten und alltäglichen Rassismus gar nicht bewusst wahrgenommen. Erst mit der Zeit ist mir klar geworden, dass wir mit diesen Mikroaggressionen aufgewachsen sind. Zum Beispiel das Spiel «Wer hed Angscht vom schwarze Ma»: Wir haben es im Kindergarten und in der Grundschule gespielt, als wäre es ein normales Spiel. Obwohl es rassistisch ist.

Was ich sagen will, ist, dass Mikroaggressionen so normal geworden sind, dass wir sie gar nicht mehr erkennen. Wir sind alle Menschen und neigen dazu, Fehler zu machen und Mikroaggressionen zu begehen. Wichtig ist jedoch, dass wir uns unserer Vorurteile und ihrer Wirkung auf andere Menschen bewusster werden. Denn hat nicht jeder das Recht, seine Würde und Gleichheit zu geniessen, unabhängig von der ethnischen Herkunft?

Hinweis
In der Kolumne «U20» äussern sich Schülerinnen und Schüler der Kantonsschule Zug zu einem frei gewählten Thema. Ihre Meinung muss nicht mit jener der Redaktion übereinstimmen.

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