U20 - Eine wichtige Frage

Ich war mit einer guten Freundin unterwegs. Auf dem Weg trafen wir Freunde von ihr und kamen ins Gespräch. Von den typischen Konversationsstartern wie «Wo gehst du zur Schule?» über «Was ist deine bevorzugte Sportart?» kamen wir auch zur Frage nach der Lieblingsmusik. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wo sie zur Schule gingen, aber ich erinnere mich, dass eines der Mädchen ein Green-Day-Fan war und ein anderes Materia besonders toll fand.

Wie kommt das? Beide Fragen waren Teil eines kurzen Gespräches, dennoch konnte ich mir den Musikstil merken und die Schule nicht. Interessierte mich das eine mehr als das andere? Ich vermute: ja. Wenn ich mir überlege, warum, komme ich zum Schluss, dass die Lieblingsmusik mehr über den Charakter der einzelnen Person aussagt als der Ort, wo sie zur Schule geht.

Nehmen wir als Beispiel das Mädchen, welches Green- Day-Fan ist. Zu wissen, welche Musik sie mag, hilft mir, sie besser einzuschätzen. Ich weiss, dass es eine Punk-Rock-Band ist. Dieses Wissen wiederum lässt den Schluss zu, dass sie weniger Mainstream, dafür mehr rebellisch ist. Zum anderen kann ich unsere Musikvorlieben vergleichen. Deshalb denke ich, dass wir Charakterzüge teilen, da ich Rock auch mag.

Ich mag Fragen nach dem Musikgeschmack auch, weil die Leute dann mit Herzblut am Gespräch teilnehmen. Dies gilt auch für ansonsten eher ruhige Personen. Sie melden sich zu Wort, wenn es darum geht, ihren Lieblingskünstler zu verteidigen. Ich reagiere genau gleich. Kritisiert eine Person eines meiner Lieblingslieder, habe ich den Eindruck, sie meine mich als Person. Gleichzeitig fühle ich mich mit all jenen verbunden, die Fans derselben Musikgruppe sind. Es scheint etwas tief Persönliches zu sein.

Die Frage nach der Lieblingsmusik ist eine gute Möglichkeit, Leute mehr als nur nach dem äusseren Erscheinungsbild einzuschätzen. Wir können dadurch in kurzer Zeit entscheiden, ob wir uns mit jemandem verbunden fühlen oder eine Distanz verspüren. Manchmal sind einfache, kleine Fragen wichtiger, als wir denken.

Hinweis
In der Kolumne «U 20» äussern sich die Autoren zu von ihnen frei gewählten Themen. Ihre Meinung muss nicht mit derjenigen der Redaktion übereinstimmen.