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06.03.2018

Aktives Zuhören — Floskel oder Unterschied?

06.03.2018
Als soziale Wesen sind wir Menschen alle in hohem Masse in kommunikative Prozesse eingebunden, sei es im privaten Kreis oder im professionellen Umfeld. Was tun, wenn jemand unseren Rat sucht? ...
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Als soziale Wesen sind wir Menschen alle in hohem Masse in kommunikative Prozesse eingebunden, sei es im privaten Kreis oder im professionellen Umfeld. Was tun, wenn jemand unseren Rat sucht?

Von Christine Hofer*

Herausforderungen entstehen in allen Bereichen des Lebens, denn das Leben verändert sich ständig, wir selber wandeln uns fortlaufend. In unseren sozialen Beziehungen sind wir deshalb immer wieder mit Menschen konfrontiert, die mit ihren akuten oder bereits länger bestehenden Herausforderungen an uns gelangen – und oftmals meinen wir, dass sie von uns «subito» einen Rat verlangen, was sie tun «sollen», ja, dass sie von uns DIE Lösung erwarten. Vielleicht tun sie das ja auch – doch ist es sinnvoll, auf diese ausgesprochene oder unterschwellig vorhandene Erwartung einzusteigen? Ist unsere beratende Hilfsbereitschaft immer zielführend?


© Cartoon: http://blog.ninapaley.com; Übersetzung: Thomas Leske

«Ratschläge sind auch Schläge»...
...so lautet ein bekanntes Motto aus der Beratungs- und Coaching-Gilde. Dem gegenüber steht ein zentrales Basiswerkzeug (oder «Tool») der professionellen Kommunikation und Beratung – das aktive Zuhören! Jede Person, die sich mit professioneller Kommunikation beschäftigt, begegnet diesem «Tool» früher oder später, seien es Lehrpersonen in Bezug auf professionelle Gespräche mit Schülerinnen und Schülern und deren Eltern, seien es Führungspersonen in Bezug auf ihre Gespräche mit Mitarbeitenden etc.

Was heisst das nun: aktives Zuhören!? Ist Zuhören nicht per se eine passive Angelegenheit im Empfangsmodus? Aktives Zuhören meint: Ich als Zuhörende signalisiere aktiv, dass ich zuhöre und dass die Botschaften bei mir ankommen, denn: Alle Menschen wollen gehört und ernst genommen werden! Da reicht ein simples Nicken und Zustimmen (vor allem bei telefonischen Kontakten) nicht aus. Zum Einüben des aktiven Zuhörens bei noch ungeübten Menschen sprechen wir oftmals vom «Papageien-Modus», d. h. es geht vorerst um ein kurzes (papageienhaftes) Wiederholen der vom Gegenüber formulierten Schilderungen. Wichtig ist hier tatsächlich, einige vom Gegenüber verwendeten zentralen Begriffe im Originalwortlaut zu wiederholen, dabei das Ganze aber durchaus in eigene Worte zu fassen (paraphrasieren). Mit zunehmender Übung erfasse ich als Zuhörende meist auch sehr rasch die emotionale Ebene der Schilderung; denn noch wichtiger als die rein beschreibende Ebene der Situation ist es, die emotionale Ladung der Schilderung abzuholen – und dies ganz ohne Wertung, denn Gefühle dürfen sein, sie sind weder richtig noch falsch, sie sind einfach. Und sie verschwinden auch nicht, indem sie verdrängt und sofort argumentativ wegrationalisiert werden, sondern indem sie ausgedrückt werden dürfen – dann können sie interessanterweise «verpuffen». Das tönt dann von Seiten des Zuhörenden vielleicht so: «Wenn ich dich richtig verstehe und höre, dann bist du sehr besorgt...» «Du fühlst dich ohnmächtig und unsicher und das macht dir Angst... spüre ich das richtig?» «Sie fühlen sich nicht ernst genommen und sind jetzt wütend – oder?»... Mit der Frageform lasse ich dem Gegenüber immer die Möglichkeit und den Freiraum, mich zu korrigieren, zu ergänzen oder zu präzisieren, denn ich will ihm ja nicht einfach meine eigene Interpretation überstülpen.

Eine angemessene (und sachliche) Bearbeitung der Herausforderung des Gegenübers ist aber eben erst möglich, nachdem die emotionale Ladung in diesem Sinne abgeholt wurde, denn vorher sind wir gar nicht fähig, klar zu denken. Die Lösungsorientierung im Gespräch ist also nicht gestrichen, sondern sie folgt zeitlich einfach später. Denn wenn die emotionale Ladung noch sehr hoch ist, ist mein Gegenüber auch nicht offen für Lösungsvorschläge.

Aktives Zuhören ist eine Kunst...
... und erfordert Mut im Zulassen von Unsicherheit! Warum? Aktives Zuhören heisst volle Präsenz vom Zuhörenden! Ich kann nicht präsent sein und gleichzeitig bereits intensiv an einer Lösung der Problematik herumstudieren. Oftmals haben wir aber ein beschränktes Zeitbudget und wollen das Thema mit dem Gegenüber möglichst schnell «erledigen» - und entmündigen unsere Gegenüber damit gewissermassen, wir «belehren» sie von oben herab. Dies ist gerade in anspruchsvollen und emotional geladenen Elterngesprächen von Lehrpersonen oder in Personalgesprächen von Führungspersonen manchmal der Fall, aber meist nicht hilfreich.

Aktives Zuhören heisst volle Verfügbarkeit für das anwesende Gegenüber, Wertschätzung und nicht zuletzt das Vertrauen in die Fähigkeit des Gegenübers, die Lösung selber zu entdecken – im gemeinsamen Gespräch mit mir als Zuhörerin oder vielleicht auch erst nach dem Gespräch.

Für mich als Zuhörerin bedeutet dies, vorerst ergebnisoffen in das Gespräch zu gehen. Ich halte es aus, zu Beginn nicht genau zu wissen, wo wir am Schluss landen werden. Deshalb braucht aktives Zuhören Mut und Zeit! Erkenntnisprozesse lassen sich nicht erzwingen, sie passieren oftmals genau da und dann, wenn es niemand mehr erwartet – also eben manchmal auch zeitlich verzögert, erst nach dem Gespräch. Reifungs- und Entwicklungsprozesse brauchen Zeit!

Aber: In professionellen Beratungs-/Coaching- und auch Führungs-Gesprächen geht es doch nun mal genau darum, klare Lösungen zu finden und Entscheidungen zu treffen! Es reicht nicht, zu sagen: «Schön, haben wir darüber geredet...».

Genau! Interessanterweise sind die Lösungsansätze aber in den Schilderungen des Gegenübers meistens bereits implizit versteckt. Durch das aktive Zuhören und Nachfragen – ich nenne das auch das «gemeinsame Erforschen» der Situation - entdecken wir gemeinsam neue Perspektiven, Aspekte, Möglichkeiten und Ressourcen. Das gemeinsame Entdecken geschieht immer auf Augenhöhe, nur so können Lösungsimpulse (inkl. Führungsentscheide!) vom erwachsenen Gegenüber auch akzeptiert werden. Und in diesem Forschen und Entdecken bringe ich mich als Zuhörer/in dann auch aktiv mit Impulsen ein, denke laut mit. Probieren Sie es aus, seien Sie das nächste Mal (privat oder beruflich) eine aktive Zuhörerin, ein aktiver Zuhörer und verzichten Sie in einer ersten Gesprächsphase auf vorschnelle Lösungsvorschläge!

Beratungsangebot

Die Beratungsstelle für Bildungsfachleute der Pädagogischen Hochschule Zug bietet prozessorientierte Begleitungen an – sowohl in pädagogischen, psychologischen Belangen wie auch in Fragen des Managements, der Zusammenarbeit und der Personalentwicklung. Unter anderem besteht die Möglichkeit, sich zum Thema «aktives Zuhören» beraten zu lassen.

Mehr Infos und Kontakt unter diesem Link.

*Christine Hofer, Dr. phil., Leiterin der Beratungsstelle für Bildungsfachleute der PH Zug

Weitere Informationen

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