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28.09.2017

America first — Switzerland second

28.09.2017
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America first — Switzerland second: Wenn es um Schulen geht, verzichten wir besser auf Rankings. Von Simon Saxer* Neulich war ich zu Besuch bei meiner Schwester und Ihrer Familie in den USA. ...
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America first — Switzerland second: Wenn es um Schulen geht, verzichten wir besser auf Rankings.

Von Simon Saxer*

Neulich war ich zu Besuch bei meiner Schwester und Ihrer Familie in den USA. Ich hätte gerne eine middle school oder high school besucht, doch leider hatten die Schülerinnen und Schüler ebenfalls Ferien. Von aussen sahen die Gebäude jedenfalls sehr gepflegt und repräsentativ aus.

Ähnlich wie in der Schweiz, entscheidet auch in den USA der Wohnort über die zugehörige öffentliche Schule. Wer sich keine Privatschulen leisten kann oder will, informiert sich vor jedem Umzug über die Qualität der jeweiligen öffentlichen Schulen. Im Gegensatz zur Schweiz erhebt der Staat eine Menge an Daten und speist damit alle möglichen Kanäle.

Die Schülerschaft an der Schule meiner Nichte setzt sich aus 82.9% „white", 11.2% „asian" und 3.5% „hispanic" zusammen, auf eine Lehrperson kommen 13.6 Schülerinnen und Schüler und 5.9% der Schülerschaft nehmen die Möglichkeit eines kostenlosen oder vergünstigten Mittagessens in Anspruch.

Was liest man da heraus? Eine Schule mit so wenig Unterstützungsbeiträgen beim Lunch muss in einer wohlhabenden Region sein. Offenbar zu wohlhabend für bestimmte Bevölkerungsschichten, so kommen auf 1000 Schüler gerade mal zwei afrikanischer Herkunft.

Zweimal pro Jahr werden Leistungstests durchgeführt. Im Jahr 2016 erreichte die Schule 96 von 100 Punkten und war damit auf dem sechsten Platz aller 861 getesteten und rangierten middle schools des Bundesstaates. Dafür gibt es bei der Internetplattform School Digger 5 Sterne, mehr Geld für die Schule und vermutlich eine Lohnerhöhung für den Schulleiter.

Wo Daten zur Schulqualität erhoben werden, ist die Neugier nach Vergleichen nicht weit. Man würde erwarten, dass diese Vergleiche das Schulniveau insgesamt verbessern, weil man die finanziellen Mittel dort einsetzen kann, wo sie am dringendsten benötigt werden. Am Beispiel der USA lernt man das Gegenteil. Der No Child Left Behind Act, welcher 2001 von Präsident George W. Bush eingeführt wurde, stellt sicher, dass Schulen, welche die geforderten Ziele nicht erreichen, weniger Ressourcen bekommen oder gar geschlossen werden. Zu welchen Auswüchsen diese Rahmenbedingungen führen können, beschreibt Diane Ravitch eindrücklich in ihrem Buch „The Death and Life of the Great American School System" (2010).

Rankings und die Datensammelwut zur ethnischen Herkunft der Schülerinnen und Schüler, welche sogar zwischen „white hispanic" und „white non-hispanic" unterscheidet, befeuern die Segregation aktiv. Welche Familie zieht schon freiwillig in eine arme Region mit miserablen Schulleistungen? Der sozioökonomische Hintergrund eines Kindes entscheidet massgeblich über den Schulerfolg. Daher wäre gerade eine gute Durchmischung staatspolitisch sowie volkswirtschaftlich vorteilhaft. Die Art der Verteilung der Ressourcen ist demnach von zentraler Bedeutung.

Der Kanton Zug evaluiert seine Schulen in regelmässigen Abständen, veröffentlicht aber keine Rankings. Wir tun gut daran, diese Praxis beizubehalten und weiterhin auf Leistungstests zu verzichten, denn egal, wie oft man die Leistungen misst, sie werden dadurch nicht besser. Wie dies mit den standardisierten Tests, welche mit der Einführung des neuen Lehrplans einhergehen, gehandhabt wird, bleibt noch offen.

Gemäss einer Expertise aus dem Jahr 2008 von Oelkers und Reusser bleiben Evaluationen und Vergleichstests praktisch wirkungslos, wenn danach keine professionelle Planung zur Verbesserung erfolgt und auch entsprechende Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Ob wir in der Schweiz die entsprechenden Rahmenbedingungen haben werden, wird sich zeigen.

Für eine gute Schulqualität und unser hohes Bildungsniveau sind letztlich gut ausgebildete und motivierte Lehrpersonen der Schlüssel zum Erfolg. Es braucht aber auch attraktive Arbeitsbedingungen mit Entwicklungsperspektiven, damit Lehrpersonen für längere Zeit im Beruf bleiben und durch ihre Erfahrung Expertenniveau erreichen.

Ich bin überzeugt, dass der jahrzehntelange Einsatz für attraktive Arbeitsbedingungen des Lehrerinnen- und Lehrerverein des Kantons Zug die Schulqualität indirekt stark beeinflusst hat, vielleicht noch stärker, als Leistungstests und Evaluationen.

Gut für die Schule, dass uns über 1500 Mitglieder bei unserer Arbeit unterstützen. Herzlichen Dank!

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*Simon Saxer ist Vizepräsident des Lehrerinnen- und Lehrervereins Kanton Zug. Er unterrichtet auf der Sekundarstufe I in Hünenberg.

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