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04.05.2022

Gegen Antisemitismus an den Schulen

04.05.2022
Likrat – eine wirksame Prävention gegen Antisemitismus an Schulen

Likrat – eine wirksame Prävention

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Ist Antisemitismus an Schweizer Schulen ein Problem? Umfassende Studien zu dieser Frage sind selten. Über ein Fünftel der Schweizer Bevölkerung stimmt aber antisemitischen Stereotypen zu. Diese bedenkliche Zahl wird sich auch in den Schulen widerspiegeln. Mit Likrat gibt es ein Präventionsprogramm, das an den Schulen gegen den Nährboden von Antisemitismus und Rassismus vorgeht.

Von Michel Ronen*

«Hitler hätte dich umbringen sollen!» wird der Schülerin – nennen wir sie Laura – vor versammelter Klasse zugerufen. Niemand interveniert. Laura erlebt diese traumatisierende und sehr bedrohliche Situation in der Schule. Ein Einzelfall? So einfach lässt sich das nicht beantworten, denn es existiert keine umfassende Studie über die Situation an den Schweizer Schulen. Deshalb müssen wir diese Frage etwas anders angehen. Der Antisemitismusbericht des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds SIG und der GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus dokumentiert jährlich die Situation in der Schweiz und er zeigt: Antisemitismus ist auch in der Schweiz ein ernstzunehmendes Problem.

Antisemitismus in der Schweiz ist ein Problem
Laut dem Bericht haben die antisemitischen Fälle im Vergleich zum Vorjahr zugenommen. Brennpunkte für Antisemitismus sind das Internet und die Sozialen Medien. Lauras Fall ist einer der wenigen gemeldeten Fälle im Bericht, die sich in Schulen zugetragen haben. Laut einer Studie der ZHAW zu Erfahrungen und Wahrnehmungen von Antisemitismus unter Jüdinnen und Juden in der Schweiz aus dem Jahr 2020 ist die Dunkelziffer antisemitischer Vorfälle jedoch recht hoch. Fast zwei Drittel der jüdischen Befragten melden antisemitische Erfahrungen nicht. Zugleich finden diese Diskriminierungen meistens in der Schule oder an der Universität statt, so die Studie, also im Alltag der Betroffenen.

New York - Bild: Michel Gilgen
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New York - Bild: Michel Gilgen

Eine Ursache von Antisemitismus
Das Bundesamt für Statistik erhebt jährlich Zahlen zum Zusammenleben in der Schweiz. Gemäss dem Bericht 2020 stimmen 22 Prozent der Schweizer Bevölkerung gängigen Stereotypen über Jüdinnen und Juden vollständig zu. Gleichzeitig lehnen nur 16 Prozent solche Stereotypen vollständig ab. Diese Zahl ist immens und erschreckend für jede Leserin und jeden Leser. Es ist aber nicht davon auszugehen, dass über ein Fünftel der Schweizer Bevölkerung gestandene Antisemitinnen und Antisemiten sind. Trotzdem, sie tragen Stereotypen und Vorurteile in sich und vor allem weiter. Das ist der Nährboden, auf dem Antisemitismus immer wieder von Neuem entsteht und Verbreitung findet. Viele von diesen Menschen sind leider nur schwer erreichbar, Präventions- und Aufklärungsmassnahmen erreichen sie nicht oder werden abgelehnt. Da dürfen wir nicht naiv sein. Wir wissen aber auch, dass sich Einstellungen und Ideologien  in frühen Jahren formen und ganz wesentlich vom gesellschaftlichen Milieu und natürlich von den Eltern mitbestimmt werden. Hier spielt aber ganz klar auch die Schule eine zentrale Rolle. Dieser Gedankengang zeigt uns auf: Prävention muss bereits früh ansetzen und das idealerweise an der Schule. Einen solchen Lösungsweg bietet Likrat an.

Aufklärung in der Schule durch Likrat
Likrat ist ein Dialog- und Aufklärungsprojekt des SIG und wurde vor zwanzig Jahren ins Leben gerufen. Jüdische Jugendliche, sogenannte Likratinos und Likratinas besuchen interessierte Schulklassen, wo sie sowohl zum Judentum als Religion, als auch zu ihrer persönlichen religiösen und kulturellen Lebenserfahrung Auskunft geben. Der Grundsatz jeder Likratbegegnung ist es, dass alle Fragen gestellt werden dürfen – richtig oder falsch gibt es nicht. Mit dem Besuch der Likratinos und Likratinas erhält das Judentum ein lebendiges Gesicht. Mit Gegenständen aus dem jüdischen Leben und den dazugehörigen Geschichten bringen die Likratinas und Likratinos den Schülerinnen und Schülern das Judentum auf eine einprägsame Art näher. Ziel von Likrat ist es, gegenseitiges Verständnis zu schaffen, Gemeinsamkeiten zu betonen sowie antisemitische und rassistische Vorurteile und Stereotypen abzubauen. Nach zwei Jahrzehnten und Tausenden von Schülerinnen und Schülern, die eine solche Likrat-Begegnung erlebt haben, sind wir davon überzeugt, dass Likrat seinen Teil dazu beiträgt, den Nährboden für Antisemitismus und Rassismus einzudämmen.

Likrat

Likrat richtet sich an Schülerinnen und Schüler der Sekundar- und Mittelschulen zwischen 12 und 18 Jahren, aber auch in angepasster Form an 4. bis 6. Klassen der Primarschule. Eine Likratbegegnung dauert circa zwei Schulstunden und kostet CHF 120.-. Die Likratinos und Likratinas sind in der Regel zwischen 15 und 18 Jahre alt. Sie sind in einem Ausbildungskurs intensiv auf die Begegnungen mit den Schulklassen vorbereitet worden und repräsentieren das breite Spektrum des jüdischen Glaubens. Likrat ist ein Projekt des SIG und wird unterstützt und beraten von Prof. Dr. Judith Hollenweger Haskell, Prof. Dr. Erik Petry, Rabbiner Dr. Jehoshua Ahrens und Dr. Zsolt Balkanyi-Guery.

Link: www.likrat.ch


*Michel Ronen ist stellvertretender Leiter Bildung und Prävention beim SIG und in gleicher Funktion auch für das Projekt Likrat zuständig. Als Historiker arbeitet Ronen zudem auf der Sekundarstufe als Lehrer.

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