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19.08.2021

Inselleben, Time in oder Time out

19.08.2021
Inselleben Pascal Christen
CP
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Im Kanton Zug gibt es verschiedene Ansätze im Umgang mit verhaltensauffälligen Schülerinnen und Schüler. Doch welche Strategie ist am hilfreichsten für Lehrpersonen, Mitschüler, Eltern, Schülerinnen und Schüler? Zeit erhalten oder doch lieber eine Auszeit nehmen? 

Von Pascal Christen*

Die einen Schülerinnen und Schüler erhalten eine Verschnaufpause auf einer "Insel", die anderen erhalten Zeit, um sich Gedanken über die weitere Schulkarriere zu machen und an sich zu arbeiten, die dritten erleben eine "Auszeit". Im Kanton Zug gibt es verschiedene Ansätze, was mit verhaltensauffälligen Schülerinnen und Schülern passieren soll. Grundsätzlich ist die Problematik dieselbe: Schülerinnen und Schüler, welche den steigenden Anforderungen der Schule nicht mehr gewachsen sind, den Unterricht massiv stören oder auch aus diversen weiteren schulischen oder privaten Gründen im Regelunterricht nicht adäquat gefördert werden können, erhalten kurz oder langfristig professionelle Unterstützung, damit sie sich wieder in die Klasse einfügen können und ein regelkonformer Unterricht stattfinden kann. Es geht darum, dass Schülerinnen und Schüler intensive Unterstützung und Betreuung in schwierigen Lebenssituationen brauchen, damit sie wieder in eine Klasse reintegriert werden können. Durch den erweiterten Support der Heilpädagogen und Sozialarbeiter werden schon viele Probleme frühzeitig erkannt und gelöst. Dennoch sind in den letzten Jahren diverse systemische Konzepte in den Gemeinden entstanden.

Früher sind solche "Problem-Kinder" oftmals in Klein- oder Werkklassen gelandet. Seit der Einführung des integrativen Schulmodels sind diese separativen Formen nicht mehr erwünscht und kontinuierlich abgeschafft worden. Neben der Unterstützung durch die Schulischen Heilpädagogen in den Primarschulen, aber auch in Oberstufenklassen, haben einige Gemeinden im Kanton Zug nach zusätzlichen neuen, innovativen Ideen gesucht. Es sind verschiedene Konzepte in den letzten Jahren entstanden. In den Gemeinden Menzingen und Unterägeri werden beispielsweise Schülerinnen und Schüler in einer Schulinsel betreut, während in Baar das Time-In und in Cham die Timeout Klasse entstanden sind. Wie haben sich diese temporären separativen Gefässe nun entwickelt und welche dieser Lösungen ist die geeignetste Variante? Das sind schwierige Fragen, die an dieser Stelle nicht zielführend beantwortet werden können. Vor allem auch, weil diese verschiedenen Gefässe unterschiedliche Ansätze verfolgen. Was soll damit genau erreicht werden?  Ist es das Ziel, schwierige Schülerinnen und Schüler zu bestrafen? Oder ihnen eine Auszeit zu geben, um damit eine mögliche Reintegration zu verfolgen? Soll der Schüler oder die Schülerin, die Klasse, die Lehrpersonen oder sogar die Eltern entlastet werden? Ist es eine Chance zum Durchatmen für alle Beteiligte? Experten müssen diese Fragen beantworten. Vielleicht gibt es nicht die Eine oder andere Lösung, sondern es ist eine "sowohl/ als auch"-Lösung, die zum Erfolg führen kann.  Dennoch bleibt es ein zentrales Anliegen, ob jede Gemeinde einen eigenen Weg gehen soll oder es nicht besser wäre, wenn mindestens im kleinen Kanton Zug gleiche Ansätze verfolgt werden. Viele Nachbarkantone stehen vor der gleichen Thematik, wie eine gelingende Integration möglich ist. Aber da kommt der Föderalismus der Schweiz zum Zug, der dazu beiträgt, dass verschiedene Lösungen gesucht und gefunden werden dürfen.

Aus der Sicht eines Schülers oder auch der Eltern schulpflichtiger Kinder ist es aber sicher komisch, wenn schon die Bezeichnungen für diese separativen Gefässe unterschiedlich sind und es in dessen Umsetzung doch beträchtlich Unterschiede gibt. Ohne auf Details einzugehen ist doch die Problematik dieselbe: Es gibt Schülerinnen und Schüler, welche aufgrund ihrer (Schul-) Geschichte Probleme im Unterricht haben und durch Verhaltensauffälligkeiten Lehrpersonen und Mitschüler belasten können.

Schulpsychologischer Dienst
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In den Medien kommen immer wieder Forderungen nach der Wiedereinführung von Klein- bzw. Werkklassen. "Beim integrativen Schulunterricht kommen alle Kinder zu kurz, sowohl die ‹Normalen› als auch die ‹Lernschwachen›." Oder auch: "Die Probleme verschwinden nicht, sie werden lediglich an einen anderen Ort verschoben."* Beide Behauptungen werden in diesem Kontext oft gestellt. Sicherlich gibt es Klassen, in denen Kinder zu kurz kommen, weil "schwierige Schüler" die ganze Aufmerksamkeit der Lehrpersonen oder der Schulischen Heilpädagogen auf sich ziehen. Aber grundsätzlich ist es doch so, dass es bei solch schwierigen Situationen im Klassenzimmer brennt. Es herrscht Not und Überforderung seitens der Lehrpersonen, der Eltern und deren Kinder. Es ist wichtig, dass schnell und effizient eingegriffen wird. Schulleitungen, welche die Bedürfnisse der Klassen und der Lehrpersonen kennen, sollen Ressourcen flexibel und unkompliziert für herausfordernde Situationen bereitstellen. Eine unbürokratische Lösung sorgt für Entlastung bei den Lehrpersonen, aber auch bei den Eltern wie auch bei Schülerinnen und Schüler. Oftmals leiden die Mitschülerinnen und Mitschüler auch unter der Situation, weil Unruhe im Klassenzimmer vorhanden ist, eine schlechte Stimmung herrscht, Null-Bock Stimmung verbreitet wird und Mitschülerinnen und Schüler sich unwohl fühlen.

Separative Gefässe können bestehende problematische Strukturen in einer Klasse aufbrechen. Das Aufbrechen der Peergroup kann diese Situation lösen und für eine gewisse Zeit zu einer Entspannung bei den Beteiligten führen und somit eine Verbesserung herbeiführen. Es ist aber relevant, über die Grenzen der Integration nachzudenken.

Welches Konzept ist nun am Nachhaltigsten? Schulinsel, Time in, Timeout oder ähnliches? Dies bleibt abzuwarten und ist von vielen Komponenten abhängig. Es ist grundsätzlich schwierig die Angebote zu vergleichen.  Es bleibt aber die Aufgabe des Kantons, diese Gefässe unter die Lupe zu nehmen und allenfalls für Verbesserungen zu sorgen. Die Gemeinden könnten sich mehr vernetzen und durch einen Austausch vermehrt voneinander lernen. Auch eine einheitliche Bezeichnung für diese separativen Gefässe könnte bei der Öffentlichkeit zu mehr Akzeptanz führen und die Diskussion über das integrative System vermindern. Es ist doch recht müssig, wenn jede Gemeinde eine eigene Bezeichnung führt, auch wenn verschiedene Ansätze verfolgt werden.

 


*Pascal Christen ist Vorstandsmitglied im Lehrerinnen- und Lehrerverein des Kantons Zug, LVZ.

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