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03.03.2021

Kritik und Schule: Ombudsfrau im Gespräch

03.03.2021
Kritikkultur: Interview mit der Zuger Ombudsfrau
BZ
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Lieber zu früh als zu spät: die Ombudsstelle trägt bei Konflikten im Schulbetrieb zur Versachlichung bei. A und O ist Kritikfähigkeit nach innen und aussen.

  • Bernadette Zürcher, Sie leben im Kanton St. Gallen, sind aber Zuger Ombudsfrau. Ein Widerspruch?
    Die Unabhängigkeit einer Ombudsstelle ist für die Ratsuchenden ein wichtiges Kriterium, damit sie überhaupt Vertrauen in unsere Institution haben und sich an uns wenden. Diese Unabhängigkeit ist zum einen dadurch gewährleistet, dass die Ombudsperson parlamentarisch gewählt wird. Die Ombudsstelle ist somit keiner Direktion zugeordnet, sondern lediglich administrativ der Staatskanzlei angehängt. Hinzu kommt aber auch die persönliche Unabhängigkeit. Diese ist meines Erachtens gerade in einem kleinen Kanton wie Zug durch eine räumliche Distanz des Wohnortes der Ombudsperson und des Kantons gewährleistet. Ich persönlich schätze an der räumlichen Distanz auch den Weg, um das Gehörte und Erlebte in Ruhe noch einmal reflektieren zu können.
  • Voraussichtlich im April erscheint der Jahresbericht 2020 der Ombudsstelle. Kommt die Schule darin vor?
    Wir behandeln jedes Jahr Beschwerden die die Schule betreffen. Berücksichtigt man aber die Vielzahl von Schulen, aber auch die Vielzahl von Schülerinnen und Schüler, handelt es sich um sehr wenige schulische Beschwerdefälle.
  • Gibt es "klassische" Schulthemen?
    In der Vergangenheit waren immer wieder das integrative Schulsystem und seine Grenzen ein Thema. Dabei ist nicht nur an Kinder und Jugendliche mit Defiziten zu denken, sondern auch an die gezielte Förderung von Hochbegabten. Hier stossen zum Teil die hohen Erwartungen der Eltern an die Grenzen der Machbarkeit durch die Schulen. Stufenübertritte geben ebenfalls Anlass zu Beschwerden. Hier ist nicht selten eine unterschiedliche Einschätzung bezüglich Potentials der Kinder bei den Eltern und Lehrern und Lehrerinnen feststellbar. Immer wieder ist auch Mobbing ein Thema und damit verbunden das Gefühl der Eltern, die Schule lasse sie im Stich. In den letzten Jahren scheint sich auch die Erwartungshaltung der Eltern gegenüber der Schule verändert zu haben. Die Erwartungen gegenüber der Schule sind grösser, gleichzeitig besteht ein grösseres Bedürfnis betreffend Mitspracherecht. Dies führt auf Seiten der Lehrerschaft zu grösserem administrativem Aufwand und damit verbunden zu einer grundsätzlich höheren Belastung.
  • Wann ist der richtige Zeitpunkt, um auf das Angebot der Ombudsstelle aufmerksam zu machen? Man kann die Eltern ja auch ein wenig überfahren, wenn man bei der ersten Unstimmigkeit die Ombudsstelle erwähnt, oder nicht?
    Zeichnet sich ein Konflikt ab macht es sicher Sinn, frühzeitig auf die Ombudsstelle aufmerksam zu machen. Eine Einschätzung von einer neutralen Stelle kann Sicherheit geben um wieder Vertrauen in die Schule zu gewinnen. Eine frühzeitige Intervention dient schlussendlich auch den Kindern und den Jugendlichen; nicht selten wird bei einem Konflikt zu Hause viel über die Schule diskutiert und auch geschimpft. Die Kinder und Jugendliche befinden sich dann in einem Spannungsverhältnis mit dem sie schlecht umgehen können.

BZ
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Bernadette Zürcher, Rechtsanwältin und Mediatorin, ist seit Januar 2019 Ombudsfrau im Kanton Zug. Sie lebt mit ihren zwei Kindern im Kanton St. Gallen.


  • Was geschieht, nachdem Sie von Eltern mit einem Anliegen im Schulbereich kontaktiert wurden?
    Nach einer Besprechung mit den Eltern schildere ich der Schule das von den Eltern Wahrgenommene und bitte um eine Schilderung aus Sicht der Schule. Falls nötig verlange ich Akteneinsicht. Nach dem Gespräch mit der Schule und Durchsicht der Akten nehme ich mit den Eltern wieder Kontakt auf und schildere die Sicht der Schule. In der Regel findet in der Folge eine Besprechung mit der Schule und den Eltern statt, anlässlich welcher die einzelnen Beschwerdepunkte aufgezeichnet werden und gemeinsam nach Lösungsansätzen gesucht wird um inskünftig solche Konflikte zu verhindern. Idealerweise kann das Vereinbarte am Schluss schriftlich festgehalten werden.
  • Gibt es aus Sicht Ombudsstelle so etwas wie eine Faustregel, wie sich die Lehrerinnen und Lehrer bei Konflikten mit Eltern am besten verhalten?
    Eine einfache und klare Kommunikation gegenüber den Eltern ist wichtig. Dies beinhaltet auch die Information, wenn mit der Schülerin oder dem Schüler an der Schule Gespräche stattfinden die ausserhalb des Üblichen liegen. Bei jungen Lehrern empfiehlt sich allenfalls ein Mentorsystem mit einer erfahrenen Lehrperson. Nachdem diese Konflikte emotional immer sehr belastet sind empfehle ich auch der Schule die Eltern klar zurechtzuweisen, wenn sich diese in der Tonalität vergreifen. Wichtige Gespräche und Abmachungen empfehle ich zu protokollieren damit im Wiederholungsfall darauf verwiesen werden kann. Bei einem sich abzeichnenden Konflikt ist es sinnvoll, vorab die Aufgaben der Schule aber auch die Aufgaben der Eltern voneinander abzugrenzen und die entsprechenden Verantwortlichkeiten daraus aufzuzeigen.
  • Wie beurteilen Sie die Kritikfähigkeit der öffentlichen Schule?
    Bei den Beschwerdefällen, die ich bis anhin hatte, erlebte ich die öffentliche Schule als kritikfähig und lösungsorientiert.
  • Nehmen wir an, Sie wären Schulleiterin und hätten ein Team von dreissig Lehrpersonen unter sich. Wie würden Sie an der Kritikfähigkeit des Teams arbeiten?
    Um gegen aussen eine gesunde Kritikkultur zu leben braucht es meines Erachtens vorab eine konstruktive interne Kritikkultur. Deshalb würde ich zuerst an meiner eigenen Kritikfähigkeit arbeiten, nur so kann wohl eine befriedigende Kritikkultur intern gelebt werden. Bei einer so grossen Führungsspanne müsste ich weiter über eine Ausbildung im Führungsmanagement verfügen. Im Rahmen von Mitarbeitergesprächen müsste sowohl die interne als auch die externe Kritikkultur regelmässig angesprochen werden. Denkbar wäre auch ein betriebliches Konfliktmanagementsystem, das greift, wenn im Team Unzufriedenheit herrscht. Mit klar definierten und transparenten Abläufen kann verhindert werden, dass sich ein Teammitglied beispielsweise bei Kritik gegenüber der vorgesetzten Person vor Sanktionen fürchten muss. Ein Team, das einen gesunden Umgang mit interner Kritik kennt, kann auch im Aussenverhältnis besser mit Kritik umgehen. Damit profitiert schlussendlich die Qualität der Schule.


Was wir als Ombudsstelle tun
Als Ombudsstelle vermitteln wir bei Konflikten zwischen Bevölkerung und Verwaltung. Wir prüfen ob die Ratsuchenden von der Verwaltung richtig, das heisst rechtmässig und verhältnismässig behandelt wurden. Auf der anderen Seite schützen wir die Verwaltung vor unrechtmässigen Vorwürfen. Wir sind neutral und völlig unabhängig. Unsere Beratung ist kostenlos und absolut vertraulich.

www.ombudsstelle-zug.ch

Alpenstrasse 14, 6300 Zug
Tel. 041 711 71 45
ombudsstelle@zg.ch

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