Teilzeitarbeit, kein Problem?
Teilzeitarbeit liegt im Trend. An vielen Schulen ist es möglich, Teilzeit zu arbeiten. Die öffentliche Meinung über Teilzeitarbeit als Lehrerin oder Lehrer ist klar: Wenn Teilzeitarbeit möglich ist, dann im Lehrerberuf. Aber was heisst das konkret?
Von Pascal Christen*
Spätestens nach der Geburt des ersten Kindes muss sich jede Familie die Frage stellen, wie es nach dem Mutterschaftsurlaub weiter gehen soll. Wer soll die Stelle behalten und zu 100% weiterarbeiten oder zuhause sein und die Aufgaben als Mutter oder Vater wahrnehmen? Oftmals reduzieren Mütter ihre Arbeitsprozente stark und übernehmen einen grossen Teil der Hausarbeit und Kinderbetreuung, den Vätern bleibt die Aufgabe, den Hauptanteil des Geldes nach Hause zu bringen und sich als Feierabend- bzw. Wochenendpapi zu etablieren. Ausnahmen sind vorhanden, aber die sind immer noch rar gestreut. Möglicherweise gibt es Väter, die einen Tag zuhause bleiben, aber viele Väter arbeiten meistens hochprozentig weiter.
Wenn ein Entscheid gefallen ist, dass eine Mutter Teilzeit arbeiten möchte, kommt meist ein neues Problem auf die frischgebackene Mutter hinzu. Wird die Reduktion des Pensums mit einer Kündigung gleichgestellt? Oder kann sie dies einfach in einem lockeren Gespräch mit dem Vorgesetzten klären? Oftmals ist man vom Goodwill der Vorgesetzten abhängig, denn in einigen Schulen kommt eine Reduktion des Arbeitspensums einer Kündigung gleich, so dass ein neues Bewerbungsverfahren durchlaufen werden muss. Häufig ist die Schule bestrebt, eine für beide Seiten gute Lösung zu finden, aber es kann auch für langjährige Mitarbeiter zu einem Spiessrutenlauf kommen, bei dem sie um die wenigen Teilzeitprozente kämpfen müssen.
Sind die Arbeitsprozente einmal von der Schulleitung gesprochen, beginnt das grosse Rätselraten, wie nun das Teilpensum mit der Kinderbetreuung zu vereinbaren ist. Da ist einmal der arbeitende Vater, der auch gerne einen "Papitag" haben möchte. (Zum Begriff "Papitag" wird noch später Stellung genommen). Dazu kommen die Kitas, welche klare Regelungen haben und den Druck auf die frischgebackene Familie erhöhen, in dem sie detaillierte Verträge, oftmals komplizierter als jeder Handyvertrag, ausfeilen und der Familie vorlegen. Spätestens im Frühjahr, wenn die Stundenplanung der Schulen auf Hochtouren läuft, beginnt das grosse Zittern, ob das Teilpensum nun mit den Kitatagen und dem "Papitag" aneinander vorbei gehen. Viel Stress, bei dem heftige Diskussionen über die Vereinbarung von Beruf und Familie geführt werden und dies natürlich jedes Schuljahr von Neuem, wird doch der Stundenplan jedes Schuljahr neu ausgehandelt. Da bleibt oft keine andere Wahl, als auf die Flexibilität und Willen der Schule oder des Arbeitgebers des Partners zu hoffen.
Das bringt mich zum Schluss noch zum Begriff "Papitag". Dieser Begriff, der weitläufig für den einen Betreuungstag in der Woche zuhause gebraucht wird, ist doch recht verwirrend. Erstens spricht man bei der Mutter auch nicht von den "Mamitagen" und zweitens impliziert der Begriff Papitag so was wie Ferien zuhause. Jede Mutter, wie auch jeder Vater weiss, dass die Tage zuhause mit der alleinigen Betreuung kleiner Kinder und dem Managen des Haushalts eine riesige und herausfordernde Aufgabe ist.
Teilzeitarbeit ist eine tolle Sache. Jedoch werden auch im Jahre 2020 im Lehrberuf Teilzeitarbeitende vor grosse Herausforderungen gestellt: Fachschafts- und Plenumssitzungen, ausserordentliche Absprachen und spontane Elterngespräche, SCHILW und auch Weiterbildungen, welche frei durchs Jahr terminiert werden, manchmal kurzfristig in der Arbeitswoche auftauchen und als obligatorisch für alle deklariert werden, erfordern von Familien ein gutes Organisationstalent, damit die Betreuung der Kinder gesichert ist. Das Familienmodell, bei dem ein Elternteil zuhause bleibt, erweist sich in dieser Problematik als einfacher. Dennoch macht es Sinn, aufgrund der vielen Schulentwicklungsprojekte am Ball zu bleiben und mit Teilzeitarbeit die aktuell grundlegenden Veränderungen der Schule mit zu machen. Die Frage, ob man lieber mit Kindern zuhause oder mit 20 Schülern im Schulzimmer sein will, muss schliesslich jeder selber beantworten.
*Pascal Christen Lehrer Sek I in Baar und Vorstandsmitglied des LVZ
| Der Lehrerinnen- und Lehrerverein des Kantons Zug (LVZ) setzt sich für das Berufsansehen und für gute Arbeitsbedingungen der Zuger Lehrpersonen ein. Er vertritt die Anliegen seiner Mitglieder als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gegenüber der Öffentlichkeit und den Behörden. Der LVZ stellt durch seine Berufsrechtsschutzversicherung kostenlos die allenfalls notwendige Beschreitung des Rechtswegs sicher, wenn Rechte der Lehrpersonen als Arbeitnehmer verletzt werden und die Verhandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind. (Link:) Mitglied werden lohnt sich. |
