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28.09.2017

Kompetenzen — Lehrplan 21 kompetent?

Wo man über den Lehrplan 21 spricht, sind Kompetenzen in aller Munde. www.schulinfozug.ch hat mit Martina Krieg, Leiterin Abteilung Schulentwicklung im Amt für gemeindliche Schulen, gesprochen. Wie ...
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Wo man über den Lehrplan 21 spricht, sind Kompetenzen in aller Munde. www.schulinfozug.ch hat mit Martina Krieg, Leiterin Abteilung Schulentwicklung im Amt für gemeindliche Schulen, gesprochen. Wie kompetent sind wir im Kanton Zug in Sachen Lehrplan 21 und was bedeutet Kompetenzorientierung für den Unterricht?

Die Kickoff-Veranstaltungen Lehrplan 21 haben für alle Schulen stattgefunden. Wie war die Stimmung an den Schulen?
Martina Krieg: Wir sind durchwegs neugierigen und offenen Lehrpersonen begegnet an den Kickoff-Veranstaltungen. Für uns kantonalen Schulentwicklerinnen war es eine grosse Freude, ein erstes Mal den neuen Lehrplan vorstellen zu dürfen. Die Lehrpersonen im Kanton Zug haben keine Berührungsängste mit Neuem, sie sind interessiert, zudem wurden uns in den Workshops extrem gute Fragen gestellt, die zeigen, dass sich Lehrpersonen auf den neuen Lehrplan einlassen wollen.

Welche weiteren Schritte stehen an den Schulen nun an?
Seitens des Kantons haben wir Angebote für Schulleitende zusammengestellt, die sie nun mit ihren Teams nutzen können. In dieser ersten Phase nach den Kickoff-Veranstaltungen ist es sehr wichtig, dass die Teams sich auf den Weg machen, zu elaborieren, wo sie möglichen Weiterentwicklungsbedarf haben oder wo sie bereits Stärken ausweisen können. Einige Schulen haben noch mit der Aufgabensammlung weitergearbeitet. Hier geht es um das Kennenlernen des neuen Lehrplans, um das Vertrautwerden mit Begrifflichkeiten und der Struktur des Lehrplans 21.

Beim Angebot 2 können sich Teams mit ihren pädagogischen Überzeugungen befassen. Ziel ist ein Abgleich der Überzeugungen im Team sowie Verständnis für andere vorhandene Einstellungen zum Lernen und Lehren, zur Integration, zur Förderung usw. zu erhalten.

Schulleitende stehen hier vor einer fordernden und lohnenden Aufgabe, in pädagogischen Fragen noch mehr zu führen. Im Sinne von: Lehrpersonen zum Nachdenken über ihre Wirkung auf den Lernfortschritt und zur Entwicklung einer gemeinsamen Haltung zum wirkungsvollen Unterricht anzuleiten. Leistungsunterschiede  zwischen den Kantonen zu vergleichen, ist für den nationalen Bildungsbericht von Interesse. Aufschlussreicher ist es, wenn Lehrpersonen und Schulen ein Interesse für die Ursachen der Unterschiede von Schulzimmer zu Schulzimmer entwickeln. Hier haben Schulen noch Potenzial, gezielter und effizienter selber Daten zu erheben und auch zu nutzen.

Zudem befassen sich Lehrpersonen mit ihren eigenen Kompetenzen, die sie für Veränderungsprozesse benötigen. Mit dem Angebot 3 können die Teams ihre Ansprüche an kompetenzorientierten Unterricht kennenlernen und in den Dialog über zeitgemässen Unterricht treten.

Wie zeitgemäss schätzen Sie den Unterricht an den Schulen des Kantons Zug ein?
Der Kanton Zug startet sozusagen aus der Pole-Position im Vergleich zu anderen Kantonen. Wir haben weder strukturelle Veränderungen im Schulsystem, noch umfassende Änderungen bei den Fachbereichen. Wir können auch auf unserem Verständnis von gutem Unterricht aufbauen, der im «Rahmenkonzept Gute Schulen – Qualitätsmanagement an den gemeindlichen Schulen» schon vor knapp einem Jahrzehnt initiiert wurde. Mit der bereits etablierten Beurteilungsphilosophie «Beurteilen und Fördern B&F» sind wir national betrachtet bereits an der Stelle, wo andere Kantone erst hinstreben. Die Ergebnisse der externen Evaluation zeigen zudem die gute bis hervorragende Qualität unserer Schulen.

Aber auch hervorragende Schulen können sich nicht ausruhen auf bereits Erreichtem,  analog zum Sprichwort «Wer nicht vom Weg abkommt, bleibt auf der Strecke». Das Qualitätsniveau muss beibehalten werden und die Schulen müssen sich immer wieder neuen Herausforderungen stellen. Dies bedeutet, dass Schulteams die Qualität ihrer Arbeit immer wieder kritisch unter die Lupe nehmen müssen. Wenn Projekte der Schul- und Unterrichtsentwicklung nicht wirklich im Unterricht ankommen, dann waren die Bemühungen zwar gut gemeint, haben aber zur Verbesserung des Lernens von Schülerinnen und Schüler wenig beigetragen.

Was heisst Kompetenzorientierung konkret für den Unterricht?
Lehrpersonen werden sich künftig im Unterricht noch mehr nach der Erfahrungswelt der Kinder und Jugendlichen ausrichten, wenn sie Aufgaben stellen. Aufgaben sollen so oft wie nur möglich einen konkreten Bezug zur Erfahrungswelt der Kinder und Jugendlichen haben. Ganz im Sinne von: «Wenn mich etwas wirklich interessiert, dann bin ich bereit zu investieren und dazuzulernen und das vorliegende Problem zu lösen.» Aufgaben müssen spannend sein, herausfordernd, aber nicht überfordernd (Erfolgserlebnisse schaffen und kumulativen Kompetenzaufbau im Spiralprinzip berücksichtigen). Zudem soll der Unterricht so aufgebaut sein, dass vor allem die Schülerinnen und Schüler aktiv sind. Lehrpersonen führen zwar immer noch in Themen ein (Instruktion), stellen nachher aber Aufgabensettings (Konstruktion) zur Verfügung, in denen die Schülerinnen und Schüler entsprechend ihrem Kompetenzstand erarbeiten, üben, vertiefen und ausprobieren können (Differenzierung und Individualisierung). Die Lehrperson begleitet die Kinder und Jugendlichen dabei, hilft, die Zeit und Aufteilung der Aufgaben zu strukturieren, gibt Hinweise zu Lernstrategien, erklärt zusätzlich, wenn Hilfe nötig ist und ist Ansprechpartner für Fragen. Schülerinnen und Schüler lernen so, Verantwortung für ihr Lernen zu übernehmen und die Lehrpersonen helfen dabei, dass die Verantwortung mit der Zeit auch eigenständig getragen wird. Einige Kinder und Jugendliche kann man ein Stück weit ziehen lassen, weil sie das bereits ganz gut machen. Andere benötigen viel mehr Begleitung, weil sie es noch nicht gewohnt sind oder mehr Unterstützung benötigen, wenn sie zum Beispiel über ihr Lernen reflektieren sollen. Feedback erhält einen viel höheren Stellenwert im Unterricht, einerseits als konkrete Rückmeldung an die Kinder und andererseits, weil Schülerinnen und Schüler der Lehrperson Auskunft geben, wie hilfreich oder interessant sie den Unterricht finden. Lehren — ganzheitlich verstanden — bedeutet, Kindern und Jugendlichen Wissen zu vermitteln und sie beim Lernen zu begleiten, zu motivieren, zu ermutigen und sich mit ihnen zu freuen, wenn sie Lern(fort)schritte machen. Schulerfolg bedeutete für mich als Lehrperson immer, Kinder und Jugendliche dabei zu unterstützen, ihr mitgebrachtes Potenzial voll entfalten zu können und vor allem zusammen mit ihnen herauszufinden, worin sie so richtig gut sind.

Wie sieht es mit dem neuen Fach Medien und Informatik aus?
Dieser Bereich ist ein wirklich interessantes und herausforderndes Entwicklungsfeld. Wir müssen Schritt halten mit Entwicklungen der Gesellschaft – Medien und vor allem verantwortungsbewusste Mediennutzung gehören heute und künftig dazu. Lehrpersonen des Kantons Zug, die Medien- und Informatikinhalte in andere Fachbereiche integrieren, stehen Grundlagenmodule für die Weiterbildung zur Verfügung. Lehrpersonen der 5. bis 9. Klasse, die das Fach oder das Wahlfach Medien und Informatik unterrichten, werden eine Nachqualifikation absolvieren.

Ich wünsche mir, dass jede einzelne Lehrperson, unabhängig von ihrem Pensum, den Wert einer solchen Weiterbildung oder Nachqualifizierung erkennt. Ein Ziel ist es, wenn es nicht nur den Schülerinnen und Schülern Spass macht, Medien sinnvoll im Unterricht einzusetzen. Die Effizienz des Unterrichts kann durch den gezielten Einsatz von Medien gesteigert werden. Rechtschreibung kann direkt verbunden werden mit dem Erstellen eines Erklärvideos – z. B. für die «ie-Regel» –, das von Mitschülerinnen und -schülern wiederum zum Lernen genutzt werden kann. Mit der Nutzung des neuen Lehrplans werden Lehrpersonen erkennen, wie sie Inhalte der einzelnen Fachbereiche noch besser verknüpfen und vernetzen können. Und so reduziert sich die Komplexität des Lehrplans! Lehrpersonen werden selber die Möglichkeiten der Medien gezielter für ihre Zusammenarbeit einsetzen. Aufgaben, Lernsettings und Unterrichtspläne können auf Plattformen abgelegt werden, andere können darauf zurückgreifen, das Zusammenarbeiten wird effizienter und die Vorbereitungszeit für den Unterricht kann optimiert werden.

Wie viel Weiterbildung bedeutet das für die Lehrpersonen?
Das hängt sehr von ihrem aktuellen Kompetenzstand ab. Im Kanton Zug gehen wir den Weg der Kompetenzorientierung auch für die Lehrpersonen. Jeder und jede soll nur das machen müssen, wo sie oder er noch Bedarf hat, anknüpfend an den eigenen Professionsstand. Von Lehrpersonen erwarten wir, dass sie Mitverantwortung für hohe professionelle Kompetenzen übernehmen. Wir sind zuversichtlich, dass sie diese Verantwortung tragen werden. Der Dachverband der Lehrerinnen und Lehrer Schweiz hat das ausdrücklich so von Bildungsbehörden in einem Postulat zum Thema Weiterbildung gefordert. Für Schulleitende bedeutet dies, dass sie zusammen mit ihren Mitarbeitenden Schul-, Team- und Unterrichtsteamziele setzen und ihre Lehrpersonen einzeln bei der Auswahl der Weiterbildungen begleiten.

Werden sich Änderungen bei der Beurteilung ergeben?
Wir haben über die letzten Jahre Fragen von Lehrpersonen und Schulleitenden zum Thema Beurteilen gesammelt. In der Tat entstehen durch die zu etablierende Kompetenzorientierung Fragen, die vor allem auch vor dem Hintergrund der Beurteilungsphilosophie «Beurteilen und Fördern B&F» neu bewertet werden müssen. Wenn z. B. Realschülerinnen und -schüler die Grundanforderungen und Sekundarschülerinnen und -schüler die erweiterten Anforderungen erreichen sollen, stellt sich die Frage nach der Note. Oder mit Blick auf Schülerinnen und Schüler, die schneller vorankommen im Lernen: dürfen diese dann die Prüfungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten ablegen? Solche Fragen werden noch in diesem Schuljahr von einer «Arbeitsgruppe Beurteilen» behandelt. Vertreten sein werden auch Fachpersonen aus Wirtschaft und Gewerbe, ein Experte für das Thema Beurteilen, ein schulischer Heilpädagoge und Lehrpersonen. Bevor die «Steuergruppe Bildungspartner Lehrplan 21» dem Bildungsrat Vorschläge für ein angepasstes Promotionsreglement unterbreitet, werden die Fragen auch in den Fachgruppen, dem «Kernteam Sek I plus» und der «Resonanzgruppe Lehrpersonen Lehrplan 21» diskutiert.

Was wünschen Sie sich von den Schulen des Kantons Zug?
Ich wünsche mir, dass wir weiterhin in so konstruktiver und kooperativer Arbeitsweise zwischen Kanton und Gemeinden die Qualität an den Schulen halten und weiterentwickeln können. Dass wir uns hohe Ziele setzen bezüglich Qualität und die Nase stets eine Länge voraushaben. Dass sich Lehrpersonen und Schulleitende gemeinsam auf den Weg machen, den neuen Lehrplan zu etablieren, den Wert dieses grossartigen Werks erkennen und ihren Unterricht unter die Lupe nehmen. Mit dem Ziel, dass jedes einzelne Kind und jeder einzelne Jugendliche mit Selbstvertrauen und Zuversicht die Schule durchläuft und verlässt, sich dabei neugierig auf Neues einlässt, im Wissen, dass Lernen zum Leben dazugehört und sie sich als Menschen in der Gesellschaft verantwortungsbewusst gegenüber der Welt und wertschätzend gegenüber den Mitmenschen verhalten.

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