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28.06.2017

Schule und Führung — Mit Werten führen im Ägerital

28.06.2017
Führen mit Zielen war über eine längere Zeit das Credo der Führungsebene und SMARTe Ziele sind nicht mehr wegzudenken. Doch reichen Ziele, damit eine Schule einen inneren Zusammenhalt hat und ...
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Führen mit Zielen war über eine längere Zeit das Credo der Führungsebene und SMARTe Ziele sind nicht mehr wegzudenken. Doch reichen Ziele, damit eine Schule einen inneren Zusammenhalt hat und dieselben Ziele verfolgt? Hier wird das Thema «Werte» umso wichtiger für den Erfolg, denn Ziele können anhand der Werte überprüft und abgeleitet werden.

Die Rektoren des Ägeritals, Roman Fässler* und Erich Schönbächler**, wurden zu diesem Thema von Martina Krieg, kantonale Leiterin Schulentwicklung, interviewt.

Im Ägerital sind Werte ein zentrales Thema im schulischen Alltag, daher stand in der Referatereihe 4X21 das Thema im Fokus. Oberägeri hat auf der Website auch Dokumente zum Menschenbild eingestellt. Wie kam es dazu, dass in euren Gemeinden das Thema Werte in den Fokus gerückt wurde?
Erich Schönbächler: Es ist meine Aufgabe als Rektor, mich mit Menschenbildern und Haltungen auseinanderzusetzen. Haltungsfragen stehen im direkten Zusammenhang mit Entwicklungen. Über Entwicklungen muss gesprochen werden. Unsere Kinder, unsere Jugendlichen sollen Dinge hinterfragen dürfen, eine Problembewusstheit entwickeln und sich zu kritischen und verantwortungsvollen Menschen entwickeln können. Solche Diskussionen sind höchst spannend und äusserst wichtig in der heutigen Welt.

Wir publizierten früher jährlich ein Schulheft, ein Sammelsurium von Themen, die aktuell gerade beschäftigten. Ich versuche nun mit dem Redaktionsteam, fokussierte Themen zu evaluieren, aufzunehmen und diese aus den verschiedensten Richtungen zu beleuchten. So haben wir uns im letzten Schuljahr entschieden, Haltungen und Werte zu thematisieren – dies im Bewusstsein, dass diesbezüglich eine grosse Heterogenität unter allen Beteiligten besteht. Für mich hiess dies, bescheiden beginnen, in kleinen Einheiten diskutieren und vor allem, Verlangtes vorleben.

Roman Fässler: Im Vorfeld meines Amtsantritts im Juli 2014 habe ich mit allen Schulleitenden der Gemeinde Gespräche geführt und neben einem überholten Organisationsleitbild aus den Anfängen der geleiteten Schulen keine geklärten Standpunkte in Haltungsfragen vorgefunden. An einer SCHILW-Veranstaltung im November 2014 machten wir eine Auslegeordnung rund um das Thema Integration, Separation. Diesbezüglich lief an unserer Schule bereits einiges auf der Primarstufe, es bezog sich jedoch vornehmlich auf Einzelfälle. Ein gemeinsamer Unterbau, eine abgesprochene Haltung, Klarheit waren nicht gegeben. Es ging mir beim Aufgreifen dieser Thematik vor allem darum, dass wir als pädagogische Organisation gemeinsame Werte verfolgen können und in Haltungsfragen nach und nach gestärkt auftreten. In der Schulleitung skizzierten wir ein kooperatives Leitungsmodell für unsere Schule. Damit dieses zum Tragen kommt, brauchten wir einen Konsens mit Werten und Haltungen. Dies alles bildete die Ausgangslage für eine spannende Arbeit mit allen Beteiligten an der Schule. Sechs Leitsätze für die pädagogische Arbeit wurden formuliert. Bald merkten wir, dass die Leitsätze allein nicht genügen. Die Menschen, die an unserer Schule arbeiten, deren Wertvorstellungen und Haltungen müssen mitberücksichtigt werden. Deshalb wurde das (Link:) pädagogische Leitbild mit einem Menschenbild ergänzt. Die Umsetzung der Leitsätze ist ein Prozess, indem wir mitten drin stecken.

Werte unterstehen ja auch einem stetigen Wandel der Gesellschaft. Früher war etwa Gehorsamkeit ein wichtiger Wert, heute schüttelt es uns fast darob. Wir wollen Menschen, die sich getrauen kritisch zu sein, die selber denken, kreativ sind, nicht einfach unhinterfragt folgeleisten. Ist das nicht ein Widerspruch in der Schule?

R.F.: Wir haben Werte, Haltungen nicht in Stein gemeisselt, nur auf Papier geschrieben. Die Gesellschaft, die Menschen, die sie ausmachen, ändern sich, so werden sich auch Werte verschieben. Es ist immer ein Wechselspiel. So haben wir zum Beispiel lange um den Begriff 'Autorität' in der Arbeitsgruppe gerungen. Wir wollten dabei nicht das Bild von Herrscher, Führer verbinden, sondern die Achtsamkeit als positive Grundlage definieren. So fanden wir den Begriff 'positive Autorität'. Wir versuchen, etwas Wichtiges neu zu besetzen und sind der Überzeugung, dass diese Achtsamkeit für die Kinder wichtig ist, um ihnen Sicherheit zu geben.

E. S.: Aufeinander Rücksicht nehmen, Mitbestimmung und Partizipation sind bei uns Grundwerte. Parallel dazu ist auch Führung spürbar, das muss akzeptiert werden, (Link:) grundlegende Haltungen müssen an der Schule definiert sein. Strukturänderungen, Optimierungsmassnahmen, die sorgfältig, ohne Druck vorgenommen werden, führen zu neuen Sichtweisen, Haltungen ändern sich.

Werte sind etwas vom Trägsten was es gibt, sie werden früh geprägt und verhalten sich sehr stabil, weil sie eng verknüpft sind mit den Überzeugungen, die ein Mensch mit sich herumträgt. Wie macht ihr Werte zum Thema?

R. F.: Ich gehe davon aus, dass Lehrpersonen mit eigenen Wertehaltungen, Bildern vom Lehren, Lernen und Erziehen ihr Studium beginnen. Mein Anspruch an die PHs ist, dass im Ausbildungsprogramm das Selbstverständnis des «Lehrerseins», von Schule, von Lernen und Erziehen dauernd reflektiert wird. An unserer Schule werden wir das Lernverständnis für das nächste Schuljahr in den Mittelpunkt der Unterrichtsteam-Arbeit stellen, einhergehend mit Reflexionsarbeit. Dieser Diskurs zielt auf eine gemeinsame, auch sich verändernde Haltung hin, die dann im Alltag spürbar wird.

E. S.: Reflexionsfähigkeit steht im Fokus. Reflexion muss verordnet und verortet werden, muss flächendeckend obligatorisch sein. Die Diskussion darüber ergibt einen Mehrwert, nährt die Hoffnung, dass gesteuerte Reflexion zu einer Haltungsänderung führt. Wertvorstellungen, Haltungen müssen bereits bei der Anstellung von Lehrpersonen Thema sein.

Es ist zwar nicht Bedingung an einer Schule, dass man Werte gänzlich teilt, aber es ist sehr schwierig, wenn die Vorstellungen stark auseinander gehen. Wo Werte diskutiert werden, entstehen zumeist Konfliktgespräche, kennt ihr das?

R. F.: Ich möchte da differenzieren. Wir reden nicht von Werten, welche die Lehrpersonen für sich selber abdecken müssen, wir reden von Werten, welche die Organisation lebt. Wenn ich zur Organisation ja sage, dann muss ich diese Werte der Organisation tragen oder sonst meine Konsequenzen ziehen. Nur wenn ein Commitment mit den Mitarbeitenden hergestellt ist, sind Entwicklungen möglich. Dies ist eine Aufgabe, der wir genügend Zeit geben müssen und die Diskussion mit jeder einzelnen Person nicht scheuen dürfen.

E. S.: Wir im Führungsgremium müssen uns einig sein. Wir treten einheitlich auf. Natürlich gab es Veränderungen, wir sind teilweise restriktiver geworden, vor allem was Urlaubsbewilligungen anbelangt. Einheitliches Vorgehen, entsprechende Reglemente und damit verbunden das Bild, das wir nach aussen abgeben sind uns wichtig. Wir leben unsere Haltungen auch nach aussen. Wir spüren, dass diese Klarheit, dieses Profilzeigen von der grossen Mehrheit der Lehrpersonen geschätzt wird. Wichtig ist, dass die Führung klar auftritt und konsequent Vereinbarungen umsetzt. Das Aufzeigen von Zusammenhängen, damit vom Gleichen gesprochen wird, braucht Klärung. Diese Prozesse sind immer wieder nötig. Dabei bin ich überzeugt, dass immer auch Wertschätzung gezeigt werden muss, dazu bin ich gerne bereit. Lehrpersonen befinden sich in einem Spannungsfeld, haben einen schwierigen Auftrag. Sie stehen in der Öffentlichkeit. Dies gilt es zu berücksichtigen und wertzuschätzen. Zufriedenheit im Beruf ist Voraussetzung für professionelles Handeln im Klassenzimmer.

R. F.: Lehrpersonen haben einen Bildungs- und Erziehungsauftrag. Sie haben grossen Anteil an der Entwicklung der Kinder, der Jugendlichen. Bei dieser Leistung spielen menschliche Werte eine grosse Rolle. Ein gutes Arbeitsumfeld, Verständnis und Unterstützung sind unabdingbar. Mit Wertschätzung soll das, was eine Person ausstrahlt, verstärkt werden, Probleme müssen auf der Sachebene gemeinsam angegangen werden.

Schulen sind ein Spiegel der Gesellschaft, sie reproduzieren das, was in der Gesellschaft als wichtig erachtet wird. Welche Werte würde man an euren Schulen schnell erkennen?

E. S.: Die Schule soll und muss dazu beitragen, dass sich die heranwachsenden jungen Menschen im modernen Wertepluralismus zurecht finden. Dies nicht durch ein definiertes Richtig oder Falsch, sondern durch die Auseinandersetzung mit Problemstellungen und den daraus resultierenden Entscheidungen, welche sowohl zu begründen wie auch verantwortungsvoll mitzutragen sind. Diese Arbeit findet altersgerecht in allen Klassen statt. Die Kinder werden ernst genommen, sie dürfen sich artikulieren, Klassenräte sind in den Klassen die Regel. Es werden Formen gefunden, wie man miteinander umgeht. Ein solcher Austausch wird zugelassen, das ist wichtig. Bei meinen Unterrichtsbesuchen erkenne ich dieses Miteinander: Man geht aufeinander zu, es wird reflektiert, konstruktive Vorschläge werden entgegen genommen, Lösungsansätze von Problemen werden gemeinsam erläutert. Man kann nur etwas leben, das verinnerlicht ist, das fliesst auch in die Gemeinschaft, in die Gesellschaft ein.

R. F. Das Ziel der Schule muss sein, dass es egal ist, zu wem ein Kind in die Schule geht. Die Schule muss Werte leben, als Organisation. Es darf nicht von einzelnen Personen abhängen, in welchem Mass Werte vermittelt und Haltungen vorgelebt werden.

* Roman Fässler, Rektor Oberägeri

** Erich Schönbächler, Rektor Unterägeri

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