Navigieren auf Schulinfo Zug

Inhaltsnavigation auf dieser Seite

Navigation
  • Fokus
  • Schule und Recht — Wem darf ich was befehlen?
14.12.2016

Schule und Recht — Wem darf ich was befehlen?

14.12.2016
Die Schule ist eine Anstalt und die Lehrperson ist Inhaberin der Anstaltsgewalt. Klingt kompliziert? Es geht um die Weisungsbefugnis in Schule und Lager. Also darum, was ich als Lehrperson oder auch ...
Bild Legende:

Die Schule ist eine Anstalt und die Lehrperson ist Inhaberin der Anstaltsgewalt. Klingt kompliziert? Es geht um die Weisungsbefugnis in Schule und Lager. Also darum, was ich als Lehrperson oder auch Hauswart den Schülerinnen und Schülern befehlen darf.

Von Denise Buxtorf-Otter*

Wie weit geht die Weisungsbefugnis von Lehrpersonen in der Schule bzw. in Lagern, Exkursionen und auf Schulreisen? Darf eine Lehrperson einen Schüler bestrafen, der in der Nähe des Schulgeländes raucht? Darf eine Lehrperson zwei Lektionen auf den freien Mittwochnachmittag verschieben? Oder darf der Hauswart einen Schüler auffordern, den Rasen zu verlassen, wenn der Sportplatz wegen Nässe gesperrt ist?

Die Schule als Anstalt
Die Schule ist rechtlich gesehen eine Anstalt. Der Staat führt Anstalten, um bestimmte Zwecke zu verfolgen, bestimmte Leistungen zu erbringen. Der Inhaber bzw. die Inhaberin der Anstaltsgewalt hat gegenüber dem Benützer oder der Benützerin eine erhöhte Weisungsgewalt. Im Einzelfall ist die Weisungsgewalt nicht an das Gesetzmässigkeitsprinzip gebunden. Die Lehrperson kann somit als Inhaberin der Anstaltsgewalt im Klassenzimmer den Schülerinnen und Schülern die Benutzung des Natels verbieten, ohne dazu speziell durch ein Gesetz ermächtigt zu sein.

Die Grenzen der Anstaltsgewalt
Selbstverständlich hat die erhöhte Weisungsgewalt seine Grenzen. Schule und Lehrpersonen haben nicht das Recht, über diese Weisungsgewalt hinaus Regeln aufzustellen oder gar die Schülerinnen und Schüler für "falsches" Verhalten ausserhalb der Schule zu bestrafen. Die erhöhten Weisungsbefugnisse der Schulbehörden der öffentlichen Schulen sind nach vier Seiten hin beschränkt.

Örtliche Grenzen
Im Prinzip ist die Weisungsgewalt von Lehrpersonen und Schulbehörden auf das Schulareal beschränkt. Sie endet an der Grenze des Schulgrundstücks. So darf die Schule beispielsweise ein Rauchverbot auf dem Schulareal verhängen oder Verhaltensregeln aufstellen, welche auf dem Areal gelten (Fussballverbot). Während der Schulzeit darf das Schulareal nicht verlassen werden, wobei die Mittagspause nicht als Schulzeit gilt. Bei obligatorischen oder freiwilligen Schulanlässen gilt die Weisungsgewalt ausnahmsweise in- und ausserhalb des Schulareals.

Zeitliche Grenzen
Die Weisungsbefugnis beschränkt sich auf die Schulzeit, wobei der Stundenplan massgebend dafür ist, was alles der Schulzeit zuzuordnen ist. Der Stundenplan ist verbindlich und muss von der Schule, den Lehrpersonen und den Schülerinnen und Schülern eingehalten werden. Die Anzahl der Lektionen ist kantonal geregelt und daher endgültig. Die Schülerinnen und Schüler haben aber keinen Anspruch auf ein bestimmtes Fach zu einer bestimmten Zeit, sondern Vorgaben und Ziele des Lehrplans sind mit dem definierten Zeitbudget zu erreichen. Ebenso wenig besteht ein Recht der Schülerinnen und Schüler, von einer bestimmten Lehrperson unterrichtet zu werden. Im Ausnahmefall darf eine Stellvertreterin oder ein Kollege eine Klasse unterrichten. Lehrpersonen dürfen den Stundenplan nicht ändern; Schülerinnen und Schüler, Erziehungsberechtigte, aber auch Schulbehörden dürfen auf die Einhaltung des Stundenplans zählen. Seit der Einführung von Blockzeiten sollten daher keine Lektionen mehr ausfallen. Eine spontane Absage des Unterrichts wäre unstatthaft; die Kinder sind auf jeden Fall zu empfangen und zu betreuen. Gleiches gilt für den Schulschluss. Es ist nicht gestattet, Schülerinnen und Schüler ohne vorgängige Orientierung der Erziehungsberechtigten beispielsweise eine Stunde "nachsitzen" zu lassen. Ein solches Verhalten greift in die Rechte der Erziehungsberechtigten ein.
Während der Unterrichtszeit (inkl. Pausen) ist das Schulkind verpflichtet, sich in der Schule aufzuhalten. Es hat andererseits das Recht, unterrichtet oder bei besonderen Umständen betreut oder beaufsichtigt zu werden.

Sachliche Grenzen
Die Weisungsgewalt beschränkt sich auf den Schulzweck. Das kantonale Schulgesetz bestimmt, was rechtlich gesehen Sinn, Zweck und Aufgabe der Schule ist. Alle Regelungen und Weisungen der Schule müssen in direktem Zusammenhang mit der Schule und ihrem Zweck sein und sie müssen verhältnismässig sein. Anordnungen von Lehrpersonen müssen grundsätzlich im Sinne der Bildungsziele stehen und im Sinne des Unterrichts sein. Die Regelungen dürfen die Grundrechte nur dann einschränken, wenn der Schulzweck gefährdet ist. Lehrpersonen dürfen Gegenstände nicht länger als nötig (Unterrichtsdauer) beschlagnahmen, ausgenommen sind gefährliche oder verbotene Gegenstände. Lehrpersonen dürfen die Schülerinnen und Schüler nicht dazu zwingen, irgendeine Meinung zu vertreten oder persönliche Gefälligkeiten für sie zu erledigen. Vorschriften über Haare, Schminke und Kleider dürfen nur in Ausnahmefällen gemacht werden. So ist es beispielsweise erlaubt, Weisungen bezüglich Sauberkeit (Waschen, Zähneputzen) zu erteilen, falls dies erforderlich ist. Auch darf das Tragen von rasselnden Armspangen verboten werden, wenn sie den Unterricht stören. Im Turnunterricht darf vorgeschrieben werden, dass T-Shirt und Turnschuhe getragen werden müssen und dass Schmuck zum Schutz vor Verletzungen nicht getragen werden darf.

Persönliche Grenzen
Die Weisungsbefugnis beschränkt sich grundsätzlich auf die Lehrpersonen der entsprechenden Schule, einschliesslich Schulleitung und Rektorat. Andere Angestellte der Schule wie Hauswart oder Sekretariatsmitarbeitende sind nicht befugt, Erziehungsmassnahmen durchzusetzen.
Lehrpersonen, die stellvertretend für einen Kollegen oder eine Kollegin einspringen, stehen grundsätzlich die gleichen Weisungsrechte zu. Sie haben sich jedoch im Umfang auf Massnahmen zu beschränken, die unverzüglich getroffen werden müssen und nicht aufschiebbar sind. Gleiches gilt für die Pausenaufsicht. Eine Lehrperson darf zum Beispiel Schülerinnen und Schülern den Konsum von Alcopops während der Pause untersagen. Grundsätzlich ist es jedoch Sache der Klassenlehrperson, eine Strafe anzuordnen. Lehrpersonen können sich jedoch untereinander absprechen und sich gegenseitig auch Strafkompetenzen übertragen. Die Lehrperson darf sich jedoch nicht durch ihren Ehepartner/ihre Ehepartnerin vertreten lassen oder die Pausenaufsicht an eine Schülerin oder einen Schüler delegieren.

Der Hauswart darf lediglich Anordnungen treffen, welche dem Schutz der Anlagen und des Mobiliars dienen. Er darf die Schülerinnen und Schüler aber nicht bestrafen, auch nicht, wenn sie beispielsweise beim Rauchen erwischt werden. Anders verhält es sich bei einer Wiedergutmachung des Schadens, z. B. die Reinigung einer verschmierten Wand. In diesem Fall ist es korrekt, wenn die Täterinnen und Täter unter Aufsicht des Hauswarts arbeiten. Vergisst ein Schüler jedoch regelmässig, die Hausaufgaben zu erledigen, so kann als Sanktion nicht ein Arbeitseinsatz beim Hausdienst ausgesprochen werden. Eine Strafe sollte im Zusammenhang mit dem entsprechenden Schulfach stehen und von einer dafür zuständigen Lehrperson vollzogen werden.

Weisungsbefugnis bei obligatorischen Schulanlässen
Bei einem Lager, einer Exkursion oder Schulreise handelt es sich um eine Erweiterung der Schulzeit. Die Verantwortlichkeit der Lehrperson wächst dabei. Der Lehrperson kommt in einem Lager erweiterte Weisungsgewalt zu (beispielsweise betreffend Nachtruhe und Kleidervorschriften). Die Pflichten aus dem Bereich der Pflege, die sonst den Erziehungsberechtigten vorbehalten bleiben, übernimmt die Lehrperson (Fürsorgepflicht). Sie trägt auch eine erweiterte Haftpflicht. Da eine Lehrperson auch in gutwilligen Klassen niemals alle Kinder überblicken kann, muss sie immer bedacht sein, je nach Anzahl Schülerinnen und Schüler wenigstens eine Begleitperson mitzunehmen; in Klassen und Gruppen mit Mädchen kann sich die Leitung nicht ausschliesslich aus Männern zusammensetzen. Bis weit in die Sekundarstufe II hinauf muss die Lehrperson auf eine ständige Kontrollmöglichkeit achten - genau befristete und umschriebene Ausnahmen wie freier Ausgang in Gruppen und allenfalls unter Angabe des Ziels vorbehalten. Die Schülerinnen und Schüler sollten vor allem nie das Gefühl haben, dass sie ihren Launen überlassen sind, und sollten keine Gelegenheit erhalten, sich selber durch ihre "Spiele" zu gefährden. Die Lehrperson nimmt hier eine Garantenstellung ein (Plotke, Herbert, Schweizerisches Schulrecht, 2. Auflage 2003, S. 630 f.). Die Verantwortung dauert von der Besammlung bis zur Entlassung. Für die Verabschiedung hat die Lehrperson in der Regel am Schulort einen geeigneten Platz auszuwählen, der den Schülerinnen und Schülern sowie den Erziehungsberechtigten vorher mitgeteilt worden ist.

Antworten auf die einleitenden Fragen:

  1. Zur Frage, ob eine Lehrperson einen rauchenden Schüler, eine rauchende Schülerin ausserhalb des Schulareals sanktionieren darf: Aus rechtlicher Sicht kann die Lehrperson das Rauchen nicht verbieten. Aus der Optik einer verantwortungsvoll handelnden Pädagogin, eines verantwortungsvoll handelnden Pädagogen soll und darf sie die Schülerin, den Schüler direkt auf ihr bzw. sein Fehlverhalten hinweisen. Erlaubt ist auch, die Eltern zu orientieren.
  2. Zur Frage, ob eine Lehrperson zwei Lektionen auf den freien Mittwochnachmittag verschieben darf, da sie bspw. einen dringenden Arzttermin wahrnehmen muss: Da der Stundenplan auch für die Lehrperson Gültigkeit hat, darf diese die Lektionen nicht auf den freien Mittwochnachmittag verschieben.
  3. Zur Frage, ob der Hauswart oder die Hauswartin einen Schüler, eine Schülerin auffordern darf, den Rasen zu verlassen, wenn der Sportplatz wegen Nässe gesperrt ist: Ein Hauswart  ist verantwortlich für die Infrastruktur des Schulareals. Er darf dem Schüler die Weisung erteilen, den Rasen zu verlassen, das heisst, er ist im Rahmen seiner Zuständigkeit weisungsbefugt. Dem Hauswart steht jedoch keine Strafkompetenz zu, da er keinen Erziehungsauftrag hat.
*Denise Buxtorf-Otter ist Rechtsanwältin beim Rechtsdienst der Direktion für Bildung und Kultur Zug.

 

Ein praktischer Ratgeber für jede Lehrperson: Peter Hofmann: «Recht handeln – Recht haben», Ein Wegweiser in Rechtsfragen für Lehrerinnen und Lehrer, 2010, Verlag LCH, 82 Seiten A 4, broschiert, illustriert

Weitere Informationen

hidden placeholder

behoerden

Fusszeile