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06.11.2018

Vive le français – Lernen mit Untertiteln

06.11.2018
Warum sprechen die Skandinavier so gut Englisch? In diesen Ländern werden viele Fernsehsendungen in Originalsprache gezeigt. Entweder man lernt lesen – oder die Originalsprache. Eine Chance für das ...
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Warum sprechen die Skandinavier so gut Englisch? In diesen Ländern werden viele Fernsehsendungen in Originalsprache gezeigt. Entweder man lernt lesen – oder die Originalsprache. Eine Chance für das Französisch in der Schweiz?

Von Lukas Fürrer*

Die Skandinavischen Länder oder auch etwa die Niederlande zählen zu den "Untertitelungsländern". Die Sprachgruppen sind klein, so dass aus Kostengründen viele Fernsehsendungen nicht synchronisiert, sondern untertitelt werden. Nicht wenige Forscherinnen und Forscher orten in dieser Übungsanlage einen wichtigen Grund für die Englischfertigkeiten der dortigen Bevölkerung. Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien und natürlich auch die Schweiz zählen nicht zu den "Unteritelungsländern", sondern zu den "Synchronisationsländern". Die Grösse der Sprachgruppen lässt die Kostenfrage bezüglich einer Synchronisation in den Hintergrund rücken. In diesen Ländern ist etwas mehr Willen notwendig, um mit Untertiteln zu lernen. Wo aber ein Wille ist, führen dank neuen Angeboten und neuer Technologie auch in den "Synchronisationsländern" viele Wege zu den Untertiteln.

Untertitel in Erstsprache
An dieser Konstellation (Tonspur in Originalsprache, Untertitelung in der Sprache des Rezipienten) wird mitunter kritisiert, dass sie zwar zu einer besseren Lesefertigkeit führe, jedoch die Fremdsprachenfertigkeit nicht verbessere. In der Fachsprache ist in diesem Fall von interlingualen Untertiteln die Rede. Diese Kritik ist nicht gerechtfertigt. Zahlreiche Studien belegen, dass auch in Ländern, in welchen vor allem auf diese Weise untertitelt wird, nebst der Lesefertigkeiten auch die Fremdsprachenfertigkeiten der Bevölkerung besser entwickelt sind (Boeckman 2016). Die Fremdsprache als Tonspur und die eigene Sprache als Untertitel kann allerdings ungeübte Untertitel-Leser abschrecken, sie müssen etwas an die Untertitel herangeführt werden.

Untertitel in Originalsprache
In dieser Konstellation findet sich auf der Tonspur und in der Untertitelung die gleiche Sprache. In der Fachsprache spricht man dann von intralingualen Untertiteln. Gemäss Mitterer und McQueen (2009) ist dies die zielführende Methode, wie Untertitel für den Fremdsprachenerwerb eingesetzt werden sollen. In der Forschung werden intralinguale Untertitel dann auch fast einhellig als wirksam eingeschätzt.

Für den Unterricht nutzbar machen
«Die gleichzeitige intensive Beschäftigung mit Gehörtem und Schriftbild sorgt (...) für eine Reihe von Effekten im Bereich der Aussprache, der Wortschatzerweiterung und des Textverständnisses bin hin zu einer erhöhten Sprechfähigkeit» (Boeckman 2016). Derselbe Autor weist darauf hin, dass gerade Videos zudem besonders geeignet sind, Sprachlernende auch an Aspekte der nonverbalen Kommunikation heranzuführen. Im Unterricht sind zahlreiche Formen möglich, um untertitelte Videos einzusetzen. Die Möglichkeiten reichen von Tests zum Hör/Seh-Verstehen über eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Kultur der jeweiligen Fremdsprache bis hin zur selbständigen Untertitelungsleistung durch die Schülerinnen und Schüler. Gerade die «neuen Medien» – so neu sind sie tatsächlich nicht mehr – ermöglichen online einen vielfältigen Zugang zu Videos mit Untertitelung.

SRF/ RTS
Dank der Bemühungen um Barrierefreiheit für Hörbehinderte stehen bei rund 50 % der Eigenproduktionen des Schweizerfernsehens Untertitel zur Verfügung. Seit 2014 werden zusätzlich alle Übertragungen untertitelt. Wer sich auf den Seiten von Radio Télévision Suisse (RTS) umschaut, stösst – wie beim Deutschschweizer Pendant auch – auf (Link:) Play RTS, wo viele Beiträge online zur Verfügung gestellt werden. Beiträge mit Untertiteln sind mit einem ST für "sous-titres" markiert. Die Untertitel übersetzen die Tonspur nicht 100 % wörtlich und oft etwas zeitversetzt. Sie bieten aber dennoch Orientierung, auch wenn die logische Verbindung zwischen Ton und Text z. T. nicht ganz einfach ist. Bei einer ersten Online-Recherche waren auf Anhieb nicht sehr viele untertitelte Beiträge auffindbar. Aber es gibt sie: Insbesondere bei Dokumentarfilmen, bei den Nachrichten oder etwa auch beim sonntäglichen «Sport dimanche» (etwas für die Knaben?). Man muss es sich etwas zusammensuchen. Leider wurde ich bei den Kindersendungen auf der Suche nach Untertiteln in keinem Fall fündig.

Nach der künftigen Entwicklung in Sachen Untertitelung gefragt, meldete die Medienstelle der SRG, dass die generelle Untertitelung des Programms von SRF, RTS und RSI bis 2022 bei 80 Prozent der Inhalte liegen soll – vor allem auf Menschen mit einer Sinnesbehinderung ausgerichtet, was aber auch den Sprachlernenden zugutekommt. Ebenfalls im Aufbau sei die Untertitelung in den jeweils anderen Landessprachen. Konkret geht es um eine digitale Plattform, welche über alle möglichen Devices genutzt werden kann und welche individualisierte Inhalte (aufgrund des Nutzungsverhaltens) über die Sprachgrenzen hinweg liefert. Interessiert man sich beispielsweise für amerikanische Politik, bekommt man dann also auch einen Hinweis auf einen Dokumentarfilm über das U. S. Wahlsystem, der bei RTS oder bei RSI läuft. Der Beitrag ist dann in der Erstsprache (interlinguale Untertitelung) untertitelt, also in Deutsch für die Zuschauer aus der Deutschschweiz. Die Plattform sollte 2020 live sein.

Immer wieder nett, wenn auch eher für die Lehrpersonen, welche à jour bleiben wollen: Um 19.30 Uhr die Nachrichten live statt auf SRF auf RTS mit Teletext-Untertiteln schauen. Einfach Kanal und Teletextseite 777 wählen, et voilà.

Schulfernsehen
Auch SRF mySchool stellt viele Beiträge online zur Verfügung. Mit der Kategorie «Sprachen» können diese Angebote quasi mit einem Klick gefunden werden. Das Angebot ist mit Blick aufs Französisch zwar nicht besonders gross, aber angetan war ich von (Link:) «Alors demande!» und (Link:) «Rendez-vous à Nice». In «Alors demande!» reist ein Teenager quer durch Frankreich, um seine Altersgenossen danach zu fragen, was Frankreich eigentlich ausmacht, von der Schule über die Liebe bis zum Sport etc. In «Rendez-vous à Nice» geht es um den Schulalltag an einem Gymnasium in Nizza, Herzschmerz inklusive. Beide Serien bleiben noch bis anfangs 2020 aufgeschaltet. Leider fehlen auch hier die Untertitel, wobei es eine Teillösung für das Problem gibt: Bei den Unterrichtsmaterialien finden sich in beiden Fällen die kompletten Abschriften der Tonspur, selbstverständlich in Originalsprache, wobei hier halt das nonverbale Element der Sprache entfällt. Dazu wären Untertitel auf dem Bildschirm nötig. Dafür gibt es zu jeder Episode weitere Übungen in den Unterrichtsmaterialien.

Die Medienstelle von SRF machte mich zusätzlich auf das viersprachige Projekt (Link:) «4 Sprachen zum Dessert» aufmerksam. Hier gibt es u. a. Videos zu Kochrezepten, untertitelt in der Erstsprache des Betrachters, hier also Deutsch. In meinen Augen gut geeignet für die Primarschule. Dazu gibt es die Transkripte sowie didaktische Hinweise für die Lehrpersonen.

TV5 Monde
RTS war 1984 Gründungsmitglied, als dieser internationale französischsprachige Fernsehsender aus der Taufe gehoben wurde. Unter (Link:) «Apprendre le français avec TV5MONDE» findet sich eine Fülle von Unterrichtsmaterial, sortierbar nach Sprachniveaus. Auch hier muss man sich die Untertitel etwas zusammensuchen, wobei es verbreitet untertitelte Beiträge gibt. Abschriften habe ich in allen Fällen gefunden. Zu den einzelnen Beiträgen gibt es auch auf dieser Plattform Übungen, die hier gerade online gelöst werden können.

Mit Google ins Glück?
Bei Google findet man mit «apprendre francais avec sous-titres» diverse Angebote. So bin ich auf linguo.tv gestossen. Die Plattform scheint nicht mehr am Leben zu sein und anmelden muss man sich auch, so dass entsprechend Vorsicht geboten ist. Beiträge sind allerdings noch zahlreich vorhanden und können entsprechend dem Sprachniveau ausgewählt werden. Hier wird konsequent mit Untertiteln gearbeitet. Untertitel sind Sinn und Zweck dieser Webseite. Auf Youtube habe ich etwa auch einige untertitelte Folgen von Le Petit Nicolas gefunden. Die Qualität ist nicht berauschend, aber es lässt sich etwas daraus machen. Praktisch ist, dass sich in den Einstellungen die Abspielgeschwindigkeit anpassen lässt, was den Einstieg ins «live» Französisch sicher erleichtert.

Fazit
Im Synchronisationsland Schweiz führt kein direkter oder natürlicher Weg zu Untertiteln, jedenfalls nicht in Sachen Französisch. Die Schule bietet allerdings ein Umfeld, wo dieser Weg beschritten werden kann. Gerade die Erfahrungen aus den Untertitelungsländern wie bspw. der Niederlande zeigen, dass auch Untertitel in der Sprache des Betrachters viel bringen, wenn auch die Untertitelung in Originalsprache noch bessere Ergebnisse zeitigt. Mehr und mehr Online-Angebote von Sendungen mit Untertiteln ermöglichen es, die Kinder und Jugendlichen in ihrer individuellen Lebenswelt abzuholen. Den Hinweis auf (Link:) «Sport Dimanche» auf RTS wiederhole ich in diesem Zusammenhang gerne nochmals. Das passive Setting der audiovisuellen Medien darf uns jedenfalls nicht davon abschrecken, mit untertitelten TV-Sendungen oder Videos zu arbeiten. Sehr viele Schülerinnen und gerade auch Schüler machen beim Fremdsprachenlernen zu Beginn eine "stille Phase" durch, in der das passive Verstehen im Fokus steht. Von den Untertiteln führt der Weg zum Mitlesen, von dort zum lauten Mitlesen und von dort in den aktiven Wortschatz. D'accord?

Quellen
  • Klaus-Börge Boeckmann (2016): Lesen(d) lernen mit Untertiteln. ÖDaF-Mitteilungen: Band 32, Lesen(d) lernen, S. 6-16.
  • Holger Mitterer, James M. McQueen (2009): Foreign Subtitles Help but Native-Language Subtitles Harm Foreign Speech Perception, PLoS ONE 4(11): e7785, 11. November 2009.

 

*Lukas Fürrer ist Generalsekretär der Direktion für Bildung und Kultur des Kantons Zug

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