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01.12.2020

Mathematisches Lernen in der Sackgasse?

01.12.2020
Mathematisches Lernen in der Sackgasse
KH
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Die PH Zug bietet ein neues CAS zur Frage "Mathematisches Lernen in der Sackgasse?" an. Für www.schulinfozug.ch Grund genug, um den Kursleiter, Kurt Hess*, mit einigen provokanten Thesen zur Mathematik und zum Mathematikunterricht in der obligatorischen Schulzeit zu konfrontieren. Hätten Sie ähnlich geantwortet?

Lukas Fürrer: Die Mehrheit der Lehrpersonen ist zu schwach in Mathematik, um den Kindern wirksame Zugänge zu ermöglichen und zentrale Kompetenzen aufzubauen.
Kurt Hess: Es geht schon auch, aber nicht in erster Linie um die fachliche Kompetenz der Lehrpersonen, sondern eher um die Kompetenz, zu verstehen, warum ein Kind nicht weiterkommt, warum es nicht mehr versteht oder warum es nur noch auswendig lernt und nichts mehr versteht. Darüber hinaus sind manche Kinder frustriert, wenig motiviert und haben ein geringes Selbstvertrauen. Damit verbundene Blockaden bedürfen eines besonderen Geschicks seitens der Lehrpersonen. Aber klar muss eine Lehrperson die mathematischen Hintergründe kennen, um die Kinder aus ihrer Sackgasse zu befreien, das ist nicht von der Hand zu weisen.   

Informationen zum CAS

Das neu konzipierte CAS «Mathematisches Lernen in der Sackgasse?» qualifiziert unter anderem Lehrpersonen und Schulische Heilpädagogen und Heilpädagoginnen hinsichtlich Diagnose und Förderung von Kindern mit erheblichen mathematischen Lernschwierigkeiten. Die Qualifizierung lässt sich in Richtung mathematik-didaktischer Beratung und unterrichtlicher oder therapeutischer Arbeit nutzen. Das CAS wird von Prof. Dr. Kurt Hess und MA Anne Julia Tester geleitet.

Siehe auch: Neues CAS «Mathematisches Lernen in der Sackgasse?» — Pädagogische Hochschule Zug (zg.ch)


Am Freitag, 22.1.2021, 18.00 bis 19.30 Uhr, findet im Hörsaal der PH Zug eine Infoveranstaltung statt. Auch eine Online-Teilnahme ist möglich.
Anmeldung erwünscht: male@phzg.ch.

Detaillierte Informationen zum CAS: male.phzg.ch.

LF: Die guten Mathematikerinnen und Mathematiker können die Probleme der schwachen Schülerinnen und Schüler nicht nachvollziehen.
KH: Bei der Problemerkennung spielt es weniger eine Rolle, ob die Lehrperson ein guter/eine gute oder ein schlechter/eine schlechte Mathematiker oder Mathematikerin ist. Es ist eher davon auszugehen, dass Erwachsene per se das mathematische Denken der Kinder weniger verstehen. Erwachsene müssen sich viele Routinen, Geläufiges und Selbstverständliches wieder bewusstmachen, bis sie das Denken und die Schwierigkeiten von Kindern verstehen. Es ist deshalb entscheidend, dass Erwachsene nachfragen, warum oder wie Kinder etwas gelöst haben. Es wäre also wenig dienlich, wenn Erwachsene ihre Konzepte und Lösungswege den Kindern zeigen, beibringen oder über sie überstülpen würden.

 

    Mathe
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    LF: Kopfrechnen, Masse und Brüche: mehr Mathematik braucht's nicht im Leben.
    KH: Es spielt eine grosse Rolle, ob es nur um das Durchführen-Können, die Routinen beim Kopfrechnen oder um das Verständnis geht. Beruhen die genannten Fähigkeiten und Fertigkeiten auf Verständnis, so wäre schon viel mathematische Kompetenz vorhanden. Es spielt eine wesentliche Rolle, welchen Beruf man später ergreift, da braucht es je nachdem sehr unterschiedliche mathematische Kompetenzen, auf jeden Fall aber Verständnis.
    Dahinter steht die Botschaft: Jeder Mensch sollte die Grundoperationen und die Stellenwerte verstanden haben, ebenso Beziehungen innerhalb und zwischen den Grundoperationen. Dies wäre z.B. wichtig für Brüche, Proportionalität, Überschlagen (Schätzen). Zudem: Mathe ist ein heikler Stolperstein wegen der Selektion in unserem Schulsystem. 

    LF: Mathematik ist ein Fach nach dem Prinzip des kumulativen Wissenserwerbs: Wer die Grundbegriffe und Fertigkeiten nicht beherrscht, für den ist der Zug abgefahren.
    KH: Es ist in der Tat so, dass Kinder aus dem Kindergarten kommen, die noch kaum die für die Schulmathe erforderlichen Zählkompetenzen und das Mengenverständnis mitbringen, um durchstarten zu können. Dann geht es ziemlich rasch zu den Additionen, den Subtraktionen, Multiplikationen, Divisionen und in höhere Zahlenräume. Die Kinder müssen die genannten Grundoperationen und die Stellenwerte verstehen, sonst geht es in Mathe nicht mehr weiter. Es ist deshalb wichtig, die Nicht-Verfügbarkeit dieser Basis (bei Nichterreichen=Dyskalkulie) möglichst früh zu erkennen, damit eben dieser Zug nicht einfach davonfährt.

    LF: Man würde besser auf Leistungszüge setzen und unterschiedliche Tempi zulassen: Wer die Mindestansprüche gemäss Lehrplan 21 erfüllt, ist genügend, wer operative Beziehungen nutzt, ist gut, und wer aktiv in erweiterten Zahlenräumen nach komplexeren Beziehungen sucht, ist sehr gut.
    KH: Es wäre verheerend, wenn man in solch rigiden Kategorien denken würde. Denn es geht während der Primarschule darum, dass die Kinder mathematische Beziehungen im Bereich der Grundoperationen und der Stellenwerte aus verschiedenen Perspektiven kennen- und nutzen lernen. Das bedeutet, dass unterschiedlich fortgeschrittene Kinder miteinander lernen, voneinander profitieren. Darüber hinaus darf es nicht sein, dass das mathematische Lernen an leistunsgbezogenenen Bewertungsmasstäben ausgerichtet wird. Wer gut ist, wer weniger weniger gut ist, wer ungenügend ist der/die … - Und dennoch: Ich könnte es mir im Verlaufe der Sekundarstufe I vorstellen, weiterhin auf die Grundoperationen und Stellenwerte zu setzen, damit eine solide mathematische Basis gelegt und Berufslehren absolviert werden können. Es geht aber nicht nur um das Tempo und Leistungen, sondern um das Verstehen.


    Mathe
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    Zur Person

    KH
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    *Kurt Hess ist ausgebildeter Primarlehrer und Schulischer Heilpädagoge. Nach seinem Studium in Heilpädagogik, Pädagogik und Psychopathologie hat er eine mathematikdidaktische Doktorarbeit verfasst. Aktuell leitet er an der PH Zug die Professur Fachdidaktik Mathematik. Er ist Autor zahlreicher Publikationen zur frühen mathematischen Bildung – u. a. des Lehrmittels Mathwelt 1 – und zu Dyskalkulie.

    Weitere Informationen

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