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04.09.2014

Neugestaltung 9. Schuljahr und Abschied von Luzia Annen

04.09.2014
Das 9. Schuljahr wird neugestaltet, die Einführung an den Schulen beginnt im Schuljahr 2015/16. Im Interview gibt Luzia Annen, Leiterin Abteilung Schulentwicklung beim Amt für gemeindliche Schulen ...
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Das 9. Schuljahr wird neugestaltet, die Einführung an den Schulen beginnt im Schuljahr 2015/16. Im Interview gibt Luzia Annen, Leiterin Abteilung Schulentwicklung beim Amt für gemeindliche Schulen (AgS), Auskunft. Luzia Annen hat das Projekt massgeblich entwickelt und mitgestaltet. Mit dem Interview verabschiedet sie sich gleichzeitig von unseren Leserinnen und Lesern. Luzia Annen übernimmt eine neue Aufgabe an der PH Zürich. Im Anschluss an das Interview folgt eine Würdigung ihrer Arbeit durch Werner Bachmann, Leiter AgS.

Von Lukas Fürrer

Luzia Annen, welche Erinnerungen haben Sie an Ihr eigenes 9. Schuljahr?
Meine Lehrpersonen - insbesondere der Mathematiklehrer - haben es gut geschafft, uns zu motivieren, selbstständig arbeiten zu lassen. Sie gaben uns die Möglichkeit, zunehmend Verantwortung für unser Lernen zu übernehmen. Grundsätzlich erinnere mich aber eher an Ausserschulisches. Ich war zu dieser Zeit in der Pfadi in der Leitung aktiv. Die Schule passte da wohl eher nebenher noch hinein.

Das Projekt Sek I plus hat eine Stärkung der gemeindlichen Oberstufen zum Ziel. Woher kommt diese Idee?
Nach mehr als 10 Jahren kooperativer Oberstufe wurde deutlich, dass dieses Modell an seine Grenzen stösst und eine Weiterentwicklung angezeigt ist. Ebenso wurde von Abnehmerseite (Gewerbe, Wirtschaft, Mittelschulen) her deutlich, dass der Übergang von der Sek I in die berufliche Ausbildung optimiert werden könnte. So wurde 2008 in Workshops mit den Rektoren und im Rahmen der Nahtstellenkonferenz 2008/09 bereits über eine Weiterentwicklung der Sekundarstufe I ausgetauscht. Im Herbst 2009 folgte die Projektausschreibung im Submissionsverfahren.

Der Bildungsrat hat Ende 2011 entschieden, die Neugestaltung des 9. Schuljahres prioritär anzugehen. Weshalb kam es zu dieser Priorisierung?
Der Bildungsrat hat nach eingehender Diskussion, nach dem Vorliegen der IST-Analyse und der Formulierung möglicher Entwicklungshinweise entschieden, prioritär die Neugestaltung des 9. Schuljahres anzugehen, da im Zusammenhang mit dem Übergang Sek I - Sek II der grösste Handlungsbedarf ausgemacht wurde.

Welche weiteren Teilprojekte gibt es dann noch?
Es sind im Moment keine weiteren Teilprojekte in Arbeit. Einige Elemente des neugestalteten 9. Schuljahres können aber schon im 7. oder 8. Schuljahr - allenfalls angepasst - eingeführt werden. Dies ist auch sinnvoll, damit im 9. Schuljahr die Voraussetzungen vorhanden sind, um das letzte obligatorische Schuljahr effektiv und zielführend angehen zu können.

Im Konzept zur Neugestaltung des 9. Schuljahres werden Ziele sowohl für die Schülerinnen und Schüler als auch für die Schulen genannt. Wer soll welche Ziele erreichen?
Schulen können ein möglichst gutes Angebot machen - das heisst Rahmenbedingungen schaffen. Innerhalb dieser Rahmenbedingungen, mit guten "unterrichtlichen Settings", unterstützen die Lehrpersonen die Schülerinnen und Schüler dabei, dass sie möglichst effektiv und motiviert arbeiten und lernen können. Die Schülerinnen und Schüler schliesslich sind es, die diese Angebote nutzen und ihre Lernprozesse zunehmend eigenverantwortlicher gestalten. Entsprechend richten sich die Ziele an die verschiedenen Beteiligten im schulischen Kontext.

Ebenfalls dem Konzept ist zu entnehmen, dass die Ziele über die vier Elemente "Berufsorientierung", "Individuelle Profilbildung", "Unterrichts- und Arbeitsformen" sowie "Abschlussdossier" erreicht werden sollen. Beginnen wir mit dem Element "Berufsorientierung". Als ein Mittel wird hier der "Vergleich mit Anforderungen Laufbahn" genannt. Wie muss ich mir die Anwendung dieses Mittels vorstellen?
Die Ergebnisse aus dem Test Stellwerk 8 zeigen den IST-Stand der Leistungen in den getesteten Bereichen auf. Aussagekräftig werden diese Ergebnisse aber vielmehr dann, wenn sie reflektiert werden. Zudem werden sie mit den Anforderungen der Berufslehre oder schulischen Laufbahn, welche die Schülerinnen und Schüler anstreben möchten, verglichen. Im Mittel "Vergleich mit Anforderungen Laufbahn" wird eben diese Reflexion bzw. dieser Vergleich ganz bewusst gemacht. Die Leistungen werden somit nicht mit deren der anderen Mitschülerinnen oder Mitschüler verglichen, sondern in den Kontext der eigenen weiteren schulischen oder beruflichen Laufbahn gestellt.

Auch dem Element "Individuelle Profilbildung" werden Mittel zugeordnet, so zum Bsp. die "Lernvereinbarung". Wie und wann kommt es zu dieser Lernvereinbarung?
Jede Schülerin, jeder Schüler schliesst mit der Lehrperson und den Eltern eine Lernvereinbarung ab. Darin wird festgehalten, welche individuellen Ziele die Schülerin bzw. der Schüler im 9. Schuljahr verfolgt, welche Wahlfächer besucht oder welche Themen im begleiteten Studium bearbeitet werden. Die Schülerinnen und Schüler besprechen die Lernvereinbarung im Standortgespräch mit den Eltern und der Lehrperson.

Muss ich mir eher ein Formular mit Kästchen und Kreuzchen vorstellen oder geht es hier um Prosa?
Es gibt dazu eine Vorlage. In einfacher Form kann darin festgehalten werden, woran gearbeitet werden wird. Am Ende des 9. Schuljahres wird diese Lernvereinbarung im Zeugnis dokumentiert. Das heisst, im Rahmen des Abschlussdossiers wird ausgewiesen, welche individuellen Ziele oder Themen die Schülerin oder der Schüler bearbeitet und welche Wahlfächer sie oder er besucht hat.

Das dritte Element sind die Unterrichts- und Arbeitsformen. Hier wird bspw. das "Lernstudio" als Mittel genannt. Darunter kann ich mir viel und nichts vorstellen. Aber was ist es genau?
Das Lernstudio ist eine Arbeits- und Lernform, die es den Schülerinnen und Schülern - normalerweise einer Real- und einer Sekundarklasse - ermöglicht, sowohl selbstständig als auch mit anderen während längerer Arbeitsphasen vertieft zu arbeiten. Es wird ein Rahmen geschaffen, wo eigenverantwortliches und kooperatives Lernen gefördert werden kann. Zum einen gibt es kürzere Inputphasen, die von der Lehrperson strukturiert werden und wo beispielsweise neue Inhalte oder Lernaufgaben präsentiert und erarbeitet werden. Zum anderen haben die Schülerinnen und Schüler einen eigenen Arbeitsplatz. Hier vertiefen sie die Inhalte, arbeiten selbstständig an ihren Aufgaben und auch an eigenen individuellen Zielen. Innerhalb einer über das Schuljahr bestehenden Lerngruppe, die sich aus Schülerinnen und Schülern der zwei Klassen zusammensetzt, lernen sie, ihren Lernprozess zu planen, gemeinsam zu reflektieren und voneinander zu lernen. Überfachliche Kompetenzen sind im Lernstudio - genauso wie dies auch von den Abnehmern gefordert wird - wesentlich.

Welche Rolle fällt im Lernstudio den Lehrpersonen zu?
Wie bisher übernimmt die Lehrperson insbesondere beim Input eine anleitende Rolle, in der Vertiefung am eigenen Arbeitsplatz aber auch vermehrt eine beratende und begleitende Funktion.

Das vierte Element ist das Abschlussdossier. Als Mittel figuriert hier u. a. die Abschlussarbeit auf der Liste. Um was geht es dabei und wie kommt so eine Abschlussarbeit zustande?
Die Abschlussarbeit ist das "Gesellenstück" der Schülerinnen und Schüler am Ende der obligatorischen Schulzeit. Im Rahmen dieser Arbeit bearbeiten sie selbstständig ein Thema über eine längere Zeit. Das Thema soll einen Bezug haben zur gewählten beruflichen oder schulischen Laufbahn und auch die Interessen der Schülerinnen und Schüler berücksichtigen. Die Schülerinnen und Schüler entscheiden sich für ein Thema, planen die Arbeit, reflektieren den Prozess laufend, erstellen am Schluss eine Dokumentation und präsentieren ihr Produkt interessierten Personen.

Ich habe jetzt pro Element nur je ein Mittel genannt. Es gibt aber noch mehr. Aus Sicht der Lehrpersonen kommt da einiges auf sie zu. Wie werden jetzt die Lehrerinnen und Lehrer an Bord geholt? Oder sind sie schon an Bord?
Die Neugestaltung des 9. Schuljahres sammelt Bewährtes und schafft für alle Gemeinden ähnliche Rahmenbedingungen und gleiche Standards. Vieles wird in den Gemeinden bereits heute gemacht.
Es geht darum, gemeinsam auf den Weg zu gehen, wie stets, wenn Neues ansteht. Vor dem Start ist es wichtig, die Lehrpersonen darüber zu informieren, wie das Endziel 2021 aussehen soll. Und dann braucht es vor allem auch eine genaue "Landkarte". Die Schlüsselpersonen werden mit den Lehrpersonen eine genaue Analyse vornehmen, wo die eigene Schule in diesem Prozess hin zum umgesetzten, neugestalteten 9. Schuljahr zurzeit steht und daraus eine sorgfältige Umsetzungsplanung entwickeln. Ein wesentlicher Aspekt wird sein, beim Vorhandenen anzuknüpfen und die Umsetzung schrittweise anzugehen.

Du hast die Schlüsselpersonen erwähnt. Welche Funktion erfüllen die Schlüsselpersonen und wer sind sie?
Die Schlüsselpersonen sind das Bindeglied zwischen den gemeindlichen Schulen und dem kantonalen Kernteam und der Projektleitung. Sie sind zuständig für die Umsetzung des neugestalteten 9. Schuljahres in den Gemeinden. Die Schulen haben diese Personen mandatiert. Die Schlüsselpersonen, das Kernteam und die Projektleitung treffen sich regelmässig und bringen ihre Erfahrungen mit der Umsetzung in das Netzwerk ein. So können gute Beispiele ausgetauscht und bei Schwierigkeiten gemeinsam Lösungen gefunden werden.

Im Zusammenhang mit der Umsetzung der Neugestaltung wurden Standards festgelegt — ähnlich wie im Zusammenhang mit dem Projekt "Gute Schulen". Diese Standards, wenn ich es richtig verstehe, sind verbindlich, was darüber hinaus geht, ist Sache der Gemeinden. Ist das korrekt?
Die Standards beschreiben die zu erreichenden Entwicklungsziele der Zuger Schulen. Formal verbindlich sind die rechtlichen Vorgaben. Alles Weitere, ja, liegt im Handlungsspielraum der Gemeinden.

Für die Lehrpersonen wird bis im Herbst eine Planungshilfe erarbeitet. Diese soll konkret aufzeigen, wie die Standards umgesetzt werden können. Können Sie ein ein oder zwei Beispiele einer solchen Anleitung machen?
Die Planungshilfen zu jedem Element werden bis zu den Herbstferien auf unserer Webseite aufgeschaltet. Zu jedem Mittel gibt es beispielsweise eine Liste zum Vorgehen. Die notwendigen Schritte sind übersichtlich aufgelistet und unterstützen insbesondere bei der ersten Einführung. Zudem wird auf die vorhandenen Vorlagen und Formulare hingewiesen.

Ich habe weiter oben das Projekt "Gute Schulen" erwähnt. Inwiefern besteht ein Zusammenhang zwischen Sek I plus und diesem oder auch weiteren Projekten?
Schulentwicklung und Veränderung brauchen Zeit. In diesem Sinne können die Schulen wie beim Projekt "Gute Schulen" auch bei der Umsetzung des neugestalteten 9. Schuljahres ihre individuelle Umsetzungsplanung machen. Es gibt keine Vorgaben über das WIE. Aber es gibt Unterstützung via das Netzwerk der Schlüsselpersonen und des Kernteams beim WIE und WAS. Die Schulen haben Handlungsspielraum und können in diesem die Umsetzung im Rahmen ihres Entwicklungsprozesses einordnen und priorisieren. Klar ist das Ziel, wie es mit den Standards formuliert wird - eben auch wie bei "Gute Schulen".  Diese Form der Schulentwicklung hat sich im Kanton Zug bewährt.

In meinen Augen ist der Weg zwischen zu viel Reformen und Stillstand im Schulwesen oft eine Gratwanderung. Auf dem Grat sind verschiedene Bergsteiger unterwegs und der Wind pfeift einmal von dieser und einmal von der anderen Seite. Als Leiterin der Abteilung Schulentwicklung sind Sie sozusagen die Bergführerin auf diesem Grat. Was ist aus Ihrer Sicht für das Gelingen der Bergtour entscheidend?
Grundsätzlich sollten mal alle Beteiligten mindestens ein Quäntchen Freude an Bewegung haben. Dann braucht es eine exakte Karte und eine Bergführerin, die sie lesen kann und auch einmal  - falls nötig - einen Umweg machen kann,  ohne den Blick auf den Gipfel  zu verlieren. Es hilft, wenn man mit Humor "singing in the rain" losträllert und eine dichte Regenjacke zur Hand hat, wenn einem schlechtes Wetter überrascht, statt sich einen Klumpen in den Bauch zu ärgern. Und dann braucht es die Gewissheit, dass diejenigen, die uns losgeschickt haben, hinter dem Vorhaben stehen. Und nicht zu vergessen: Sicherstellen, dass das Gipfelrestaurant geöffnet ist... ;-)

Luzia Annen blickt auf 5 erfolgreiche Jahre als Leiterin der Abteilung Schulentwicklung zurück. Während die PH Zürich eine kompetente neue Bereichsleiterin Schule und Entwicklung bekommt, verliert der Kanton Zug eine hoch qualifizierte und engagierte Fachfrau.

Von Werner Bachmann

Im Februar 2009 hatte Luzia Annen die Leitung der Abteilung Schulentwicklung im Amt für gemeindliche Schulen AgS übernommen. Als erfahrene Lehrerin und Erziehungswissenschaftlerin setzte sie in den nachfolgenden 5½ Jahren die vielfältigen Aufgaben der Schulentwicklung mit viel Herzblut und Sachverstand um und formierte die Abteilung sorgfältig neu. Sie koordinierte Projekte und Themen der Schulentwicklung, leitete selber Projekte und Gremien und war Ansprechperson für die unterschiedlichen Themen der Schul- und Unterrichtsentwicklung.

Die Abteilung Schulentwicklung hat sich in dieser Zeit erfolgreich mit den "Grundsätzen Beurteilen und Fördern" sowie in Zusammenarbeit mit der Pädagogischen Hochschule Zug mit der Erstellung des entsprechenden Handbuches beschäftigt. Des Weiteren ging es um die Innovationsschule, die Nachqualifikation für das Fach Ethik und Religion, das Projekt "Gute Schulen", Strategien zur Basis- bzw. Grundstufe, die Umsetzung der Noten ab der 2. Primarklasse, das Projekt Arbeitsplatz Schule und um den Lehrplan 21.

Luzia Annen leitete selber die Einführung des "Stellwerk 8", die Erarbeitung der Richtlinien "Besondere Förderung", das Projekt Partizipation mit der Einführung der Fachgruppen sowie die Nachqualifikationen in den Fremdsprachen. Besonders prägte sie das Projekt Weiterentwicklung Sekundarstufe I (Sek I plus / Neugestaltung 9. Schuljahr), welches Mitte dieses Jahres vom Bildungsrat und anschliessend von Regierungsrat verabschiedet wurde.

Luzia Annen schätzte und pflegte den Kontakt mit Rektorinnen und Rektoren und auch mit den Lehrpersonen.

Während nun die Pädagogische Hochschule Zürich mit Luzia Annen im Prorektorat Weiterbildung und Forschung eine kompetente neue Bereichsleiterin Schule und Entwicklung bekommt, verliert der Kanton Zug eine hoch qualifizierte und engagierte Fachfrau.

Wir wünschen ihr viel Erfolg am neuen Wirkungsort!

Werner Bachmann, Leiter Amt für gemeindliche Schulen



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