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05.05.2020

Schulrecht – die Schwarze Liste

05.05.2020
Schulrecht – die Schwarze Liste: Beitrag Rechtsdienst der Direktion für Bildung und Kultur für www.schulinfozug.ch
DBO
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Seit 2008 müssen sämtliche Kantone die Lehrpersonen melden, denen die Unterrichtsbefugnis entzogen worden war. Die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) führt dazu die sogenannte «Schwarze Liste». Was hat es damit auf sich?

Von Denise Buxtorf Otter*

Wie läuft das Verfahren bei Entzug der Lehrberechtigung ab? Wer ist bei einer sexuellen oder körperlichen Verfehlung einer Lehrperson berechtigt, dieser die Lehrberechtigung zu entziehen? Gibt es dafür eine rechtliche Grundlage? Was geschieht, wenn sich diese Lehrperson andernorts wieder um eine Anstellung bewirbt?

Einführung ins Thema mit Einbezug Haltung EDK
Sobald einer Lehrperson die Lehrberechtigung aufgrund eines Vorfalls von sexueller oder körperlicher Gewalt an Schülerinnen und Schülern entzogen wird, soll diese nicht mehr als Lehrperson tätig sein dürfen, und zwar in der ganzen Schweiz. Das zumindest ist die Meinung der Bevölkerung. Kann sich nun eine solche Lehrperson einfach andernorts wieder um eine Lehrerstelle bewerben, so löst dies grossen Unmut aus. Damit die Kantone rechtmässig die Daten dieser vorbelasteten Lehrpersonen sammeln dürfen, hat die EDK im Jahr 2004 die Rechtsgrundlage für die «Schwarze Liste» erlassen und diese ab 2008 für obligatorisch erklärt. Seit Anfang 2008 müssen sämtliche Kantone die Lehrpersonen melden, denen die Unterrichtsbefugnis entzogen worden war.

Welchen Sinn hat die «Schwarze Liste»?
Sinn der «Schwarzen-Liste» bzw. von Art. 12bis Abs. 2 der Interkantonalen Vereinbarung über die Anerkennung von Ausbildungsabschlüssen ist, dass verhindert werden soll, dass Lehrpersonen, denen aus schwerwiegenden Gründen in einem Kanton die Lehrberechtigung entzogen wurde, in einem anderen Kanton unterrichten können.

Rechtliche Lage und Situation im Kanton Zug
Es stellt sich die Frage, ob der Kanton Zug über eine rechtliche Grundlage für den Entzug der Lehrbewilligung verfügt. Gemäss § 45a des Schulgesetzes vom 27. September 1990 (SchulG; BGS 412.11) kann einer Lehrperson bei Vorliegen wichtiger Gründe auf Antrag der Gemeinde die Lehrberechtigung für den Unterricht im ganzen Kanton Zug entzogen werden. Gemäss § 66 Abs. 3 Bst. i SchulG entscheidet die Direktion für Bildung und Kultur (DBK) über den Entzug der Lehrberechtigung. Sofern die Lehrberechtigung entzogen wird, meldet die DBK dem Generalsekretariat der EDK nach Erlangung der Rechtskraft des Entscheids den entsprechenden Entzug. Die EDK ihrerseits führt die betroffene Lehrperson fortan auf der «Schwarzen Liste».

Verfahren bei Entzug der Lehrberechtigung
Liegen Verfehlungen vor, bei denen eine Weiterbeschäftigung der Lehrperson unter Berücksichtigung des Kindeswohls und -interesses und unter Berücksichtigung der Interessen der Schule nicht weiter verantwortet werden kann und gegenüber den Schülerinnen und Schülern, den Eltern, den übrigen Lehrpersonen und der Gemeinde nicht weiter zumutbar ist, ist mit der DBK Kontakt aufzunehmen bzw. bei der DBK ein Antrag auf Entzug der Lehrberechtigung zu stellen. Der Entscheid, ob eine solche Verfehlung vorliegt, muss in jedem Einzelfall individuell geprüft und getroffen werden. Der Entscheid der DBK erfolgt nach Durchführung eines Schriftenwechsels bei den Parteien, also der Gemeinde als Arbeitgeber und bei der betreffenden Lehrperson. Der Entscheid der DBK ist anfechtbar. Nach Rechtskraft des Entscheides sind die Kantone verpflichtet, dem Generalsekretariat der EDK den Entzug zu melden. Ein Entzug ist aus unterschiedlichen Gründen denkbar. Entgegen der weit verbreiteten Meinung, handelt es sich bei der sogenannten «Schwarzen Liste» nicht um eine «Pädophilen Liste». Denn der Entzug der Lehrberechtigung ist auch aus anderen Gründen möglich und denkbar, – beispielsweise bei Alkoholmissbrauch, bei einer Verurteilung wegen schwerer Straftaten gegen Leib und Leben, wegen Drogenmissbrauchs oder -handel, bei einer konkreten Gefährdung von Schülerinnen und Schülern, von Lehrpersonen oder den Schulbehörden oder bei ähnlich gravierenden Vorkommnissen. Im Einzelnen bezeichnete Voraussetzungen, unter denen der Entzug zu erfolgen hat, können nicht abschliessend aufgelistet werden. Es gilt in jedem Einzelfall abzuwägen und den Umständen entsprechend verhältnismässig zu entscheiden.

Praktische Probleme mit der «Schwarzen Liste»
Ein Problem stellt die zeitlich verzögerte Meldung der verdächtigen bzw. noch nicht rechtskräftig verurteilten Lehrpersonen an die EDK dar. Denn ist ein Strafverfahren am Laufen oder liegt ein (noch nicht rechtskräftiger) Entscheid vor, so wurde die betreffende Lehrperson trotz eines (möglichen) Vorfalls der EDK bisher nicht gemeldet und erscheint entsprechend nicht auf der «Schwarzen Liste».

Für dieses Problem gibt es keine einheitliche Handhabung in den Kantonen. Der Kanton Luzern ist beispielsweise gewillt, die verdächtigen Lehrpersonen der EDK bereits vor der Rechtskraft des Urteils zu melden; der Kanton Bern hat vorsorgliche Massnahmen vorgesehen.

Allerdings dürfen die Persönlichkeitsrechte der (noch) nicht rechtskräftig verurteilten Lehrpersonen nicht ausser Acht gelassen werden und es ist nicht zulässig, sie zu Unrecht einer Straftat zu bezichtigen. Solange eine Lehrperson nicht rechtskräftig verurteilt wurde, gilt sie als unschuldig.

Der Kanton Zug möchte sich grundsätzlich an die Meldung von rechtskräftig verurteilten Lehrpersonen halten, behält sich jedoch vor, in dringend angezeigten und objektiv klar scheinenden Fällen die Lehrperson bereits vor dem Vorliegen eines rechtskräftigen Strafurteils im Sinne einer vorsorglichen Massnahme der EDK zu melden, zumal es gerade bei der Anstellung von Lehrpersonen auch das «öffentliche Interesse» zu berücksichtigen gilt.

Es hat sich zudem herausgestellt, dass die «Schwarze Liste» nicht immer funktioniert, da nicht alle Kantone den Entzug der Lehrbewilligung an die EDK melden bzw. da es Kantone gibt, die eine «Lehrbewilligung» nicht kennen und somit eine solche nicht entziehen können 1. Aus diesem Grund ist es zwingend notwendig, dass die Gemeinden bei der Anstellung einer neuen Lehrperson nebst Konsultation der «Schwarzen Liste» auch Referenzen sowie einen sogenannten Sonderprivatauszug bzw. Privatauszug einholen (vgl. dazu auch § 46 des Schulgesetzes; BGS 412.11). Der Sonderprivatauszug ist ein Teil des Strafregisterauszugs, den es seit fünf Jahren gibt. Darin sind alle Vergehen festgehalten, welche im Zusammenhang mit dem Umgang mit Jugendlichen relevant sind. Dazu gehören etwa körperliche und sexuelle Übergriffe.


1) (Link:) zum SRF Beitrag «Jugendschutz auf dem Prüfstand».

*Denise Buxtorf Otter ist Anwältin und arbeitet im Rechtsdienst der Direktion für Bildung und Kultur.

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