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Art. 318 ZPO

Regeste:

Art. 318 ZPO – Der  Berufungskläger hat grundsätzlich einen Antrag in der Sache selbst zu stellen. Anträge auf Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zu neuer Entscheidung ober blosse Aufhebungsanträge sind unzulässig.

Aus den Erwägungen:

(...)

3.1 Der Kläger beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung. Anträge, wie die Berufungsinstanz in der Sache selbst entscheiden soll, hat er nicht gestellt.

3.2 Gestützt auf Art. 318 ZPO bestätigt die Berufungsinstanz den angefochtenen Entscheid oder entscheidet neu; eine Rückweisung an die erste Instanz erfolgt nur ausnahmsweise (BGE 137 III 617 E. 4.3 S. 619). Entsprechend ist in der Berufung grundsätzlich ein reformatorischer Antrag zu stellen (vgl. Gasser/Rickli, Kurzkommentar ZPO, Zürich/St. Gallen 2010, Art. 311 N 5). Der Berufungskläger darf sich deshalb grundsätzlich nicht darauf beschränken, lediglich die Aufhebung des angefochtenen erstinstanzlichen Entscheides zu beantragen, sondern er muss einen Antrag in der Sache stellen, und zwar in den Rechtsbegehren der Berufungsschrift selbst, d.h. in den Berufungsanträgen, und nicht bloss in der Begründung. Anträge auf Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zu neuer Entscheidung oder blosse Aufhebungsanträge machen die Beschwerde unzulässig (BGE 133 III 489 E. 3.1). Da die kantonale Berufungsinstanz volle Kognition in Tat- und Rechtsfragen besitzt (Art. 310 ZPO), reicht es folglich auch im Fall, in dem der Sachverhalt von der ersten kantonalen Instanz unvollständig festgestellt wurde, nicht aus, lediglich die Aufhebung des erstinstanzlichen Entscheides und die Rückweisung der Sache an die erste kantonale Instanz zu verlangen. Mit den Berufungsanträgen soll (präzise) zum Ausdruck gebracht werden, wie genau die kantonale Berufungsinstanz entscheiden soll bzw. welche Punkte des erstinstanzlichen Entscheides (bzw. dessen Dispositives) angefochten werden und inwiefern der erstinstanzliche Entscheid abzuändern ist (Reetz/Theiler, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Kommentar zur ZPO, 2. A., Zürich/Basel/Genf 2013, Art. 311 N 34). Sind die Anforderungen an die Berufungsanträge nicht eingehalten, so mangelt es an einer Zulässigkeitsvoraussetzung für die Berufung und es kann darauf nicht eingetreten werden. Es handelt sich dabei nicht um einen verbesserlichen Mangel im Sinne von Art. 132 ZPO (ius.focus 1/2012, S. 17, Kommentar zum Urteil vom 9. März 2011 des Obergerichts Solothurn; Seiler, Die Berufung nach ZPO, Zürich/Basel/Genf 2013, S. 392 Rz 910; Reetz/Theiler, a.a.O., Art. 311 N 12).

3.3 Zur Begründung seines Antrags auf Aufhebung des erstinstanzlichen Entscheids und Rückweisung an die Vorinstanz bringt der Kläger vor, die Überprüfung der Prozesschancen hätte die Abnahme der von ihm offerierten Beweise vorausgesetzt. Mithin habe die Vorinstanz den Sachverhalt unrichtig festgestellt. Wie erwähnt, reicht das nicht aus, weshalb auf die Berufung nicht eingetreten werden kann.

Selbst wenn man analog der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur Beschwerde in Zivilsachen annehmen wollte, ein blosser Rückweisungsantrag reiche ausnahmsweise aus, wenn das Gericht im Falle der Gutheissung in der Sache nicht selbst entscheiden könnte, weil die erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen bzw. Beweisabnahmen der Vorinstanz fehlen (vgl. BGE 132 III 186 E. 1.2 S. 188; BGE 130 III 136 E. 1.2 S. 139; BGE 125 III 412 E. 1b S. 414 mit Hinweisen) und den Parteien eine Instanz verloren ginge, wenn die Rechtsmittelinstanz diese Versäumnisse selbst nachholen und auf dieser neuen Grundlage entscheiden würde, wäre für den Kläger in casu nichts gewonnen. Die Begründung des Rückweisungsantrages hält nämlich einer näheren Prüfung nicht stand. Das Gericht hat die Prozesschancen aufgrund der gegenwärtigen Aktenlage zu beurteilen (Brönnimann, in: Hunkeler [Hrsg.], Kurzkommentar zum SchKG, Basel 2009, Art. 85a N 11). Daraus erhellt, dass zur Beurteilung der Prozesschancen nicht bereits sämtliche offerierten Beweise abgenommen und gewürdigt werden müssen. Da es sich bei der Einstellung der Betreibung nach Art. 85a Abs. 2 SchKG um eine vorsorgliche Massnahme handelt (Brönnimann, a.a.O., Art. 85a N 13; Urteil des Bundesgerichts 4A_223/2011 vom 12. Juli 2011), ist grundsätzlich auf die eingereichten Urkunden abzustellen (Art. 248 lit. d i.V.m. Art. 254 Abs. 1 ZPO). Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz die beantragte Parteibefragung sowie die Zeugeneinvernahme zur Abschätzung der Erfolgsaussichten der Klage nicht vorgängig durchgeführt hat. Im Übrigen wären die betreffenden Beweise bei der Beurteilung der Prozesschancen ohnehin nicht ausschlaggebend, wie sich aus der nachfolgenden Erwägung Ziff. 4 ergibt. Die Rüge des Klägers, die Vorinstanz habe den Sachverhalt nicht richtig festgestellt, ist somit unbegründet. Dem Begehren auf Rückweisung könnte daher auch bei analoger Anwendung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur Beschwerde in Zivilsachen kein Erfolg beschieden sein.

Obergericht, II. Zivilabteilung, 28. Mai 2014

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