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  • Ausländerrecht
  • Art. 43, 51 Abs. 2, 61 Abs. 2, 62 lit. b, 63 Abs. 1 lit. b, Abs. 2, 96 AuG, Art. 79, 80 lit. a VZAE, Art. 13 Abs. 1 BV, Art. 8 EMRK, Art. 27 VRG

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Art. 43, 51 Abs. 2, 61 Abs. 2, 62 lit. b, 63 Abs. 1 lit. b, Abs. 2, 96 AuG, Art. 79, 80 lit. a VZAE, Art. 13 Abs. 1 BV, Art. 8 EMRK, Art. 27 VRG

Regeste:

Art. 43, 51 Abs. 2, 61 Abs. 2, 62 lit. b, 63 Abs. 1 lit. b, Abs. 2, 96 AuG, Art. 79, 80 lit. a VZAE, Art. 13 Abs. 1 BV, Art. 8 EMRK, Art. 27 VRG – Die  Niederlassungsbewilligung erlischt von Gesetzes wegen, wenn sich eine ausländische Person mehr als sechs Monate lang im Ausland aufhält. Sie kann widerrufen werden, wenn der Ausländer zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist oder wenn er in schwerwiegender Weise gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung verstossen hat. Der Anspruch auf (umgekehrten)  Familiennachzug scheitert am Vorliegen von Widerrufsgründen. In der aufgrund der Kann-Vorschrift notwendigen Interessenabwägung überwiegt das öffentliche Interesse an der Fernhaltung des Ausländers insbesondere dann, wenn er von seiner Ehefrau getrennt ist, sich nicht mehr bei ihr und den Kindern aufgehalten und diese auch nicht finanziell unterstützt hat. Die Rückkehr in die Heimat ist in casu selbst einem 31-Jährigen zumutbar, der seit seinem dritten Lebensjahr in der Schweiz lebt.

Aus dem Sachverhalt:

Das AFM verfügte am 15. Januar 2014 den Widerruf der Niederlassungsbewilligung von XY. Es begründete die Verfügung damit, dass er sich vom 20. Februar 2013 bis 23. Oktober 2013 im Ausland aufgehalten habe. Er mache geltend, er sei vom 4. bis 6. Juni 2013 bei der Schwiegermutter in der Schweiz gewesen. Diese Aussage werde jedoch in keiner Weise substantiiert und sei anzuzweifeln. Sollte die Niederlassungsbewilligung trotz der vom AFM skizzierten Sach- und Rechtslage gestützt auf Art. 61 Abs. 2 des Ausländergesetzes (AuG, SR 142.20) nicht als erloschen qualifiziert werden können, so sei sie zu widerrufen. Dies sei gestützt auf Art. 63 Abs. 1 Bst. a AuG i.V.m. Art. 62 Bst. b AuG möglich, wenn der Ausländer zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe verurteilt worden sei. XY sei 2012 zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten und bereits 2006 bedingt zu 15 Monaten Gefängnis verurteilt worden. Gleichzeitig stehe fest, dass er mit seinen zahlreichen Delikten wiederholt und in schwerwiegender Weise gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung verstossen habe und somit auch einen Widerrufsgrund gemäss Art. 63 Abs. 1 Bst. b AuG gesetzt habe. Die öffentliche Hand habe auch für die Alimenten-Bevorschussung gegenüber seiner Familie einspringen müssen. Aufgrund der Vorgeschichte bestehe eine erhebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Das öffentliche Interesse an seiner Fernhaltung überwiege somit dessen privates Interesse am weiteren Verbleib in der Schweiz. Eine Berufung auf Art. 8 Ziff. 1 EMRK sei in Frage gestellt, da er von seiner Ehefrau getrennt sei, sich nicht mehr bei der Ehefrau und den Kindern aufgehalten und diese auch nicht finanziell unterstützt habe. Schliesslich sei die Rückkehr in seine Heimat zumutbar, da er die Sprache beherrsche und zur Verhinderung der Inhaftierung sogar freiwillig in die Heimat gereist sei. Die von XY beim Regierungsrat erhobene Beschwerde gegen diesen Entscheid wies dieser mit Beschluss vom 19. August 2014 ab, unter Abweisung des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 18. September 2014 beantragte er, der Regierungsratsbeschluss sei vollumfänglich aufzuheben, unter Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Rechtsverbeiständung vor dem Gericht wie vor der Vorinstanz. Mit Verfügung vom 27. November 2014 wies der Kammervorsitzende das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wegen Aussichtslosigkeit des Rechtsbegehrens ab. Mit Urteil vom 25. Februar 2015 wies die Kammer die Beschwerde gegen die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege und -verbeiständung ab. In der Folge bezahlte der Beschwerdeführer den erhobenen Kostenvorschuss. Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde ab.

Aus den Erwägungen:

2. a) Gemäss Art. 61 Abs. 2 AuG erlöschen die Aufenthalts- und die Niederlassungsbewilligung nach sechs Monaten, wenn die Ausländerin oder der Ausländer die Schweiz verlässt, ohne sich abzumelden. Gemäss der Rechtsprechung zu Art. 61 Abs. 2 AuG bzw. zum früheren Art. 9 Abs. 3 lit. c ANAG (vgl. zu ihrer Massgeblichkeit Urteil 2C_853/2010 vom 22. März 2011 E. 5.1) erlischt demgemäss die Niederlassungsbewilligung, wenn sich ein Ausländer während sechs aufeinanderfolgenden Monaten ununterbrochen im Ausland aufhält, wobei es weder auf die Motive der Landesabwesenheit noch auf die Absichten des Betroffenen (z.B. gesundheitliche Gründe oder Freiheitsentzug im Ausland) ankommt (BGE 120 Ib 369 E. 2c und d S. 372 f.; 112 Ib 1 E. 2a S. 2 f.; vgl. auch Urteile 2C_831/2010 vom 27. Mai 2011 E. 5.1 und 2C_43/2011 vom 4. Februar 2011 E. 2). Beim Ablauf der Frist liegt ein zwingender Untergangsgrund vor (Entscheid 2A.51/2003 vom 5. November 2003 E. 3.2). Auf Gesuch hin kann die Niederlassungsbewilligung während vier Jahren aufrechterhalten werden. Gemäss Art. 79 VZAE werden die Fristen nach Art. 61 Abs. 2 AuG durch vorübergehende Besuchs-, Tourismus- oder Geschäftsaufenthalte in der Schweiz nicht unterbrochen (Abs. 1), d.h. die Niederlassungsbewilligung erlischt, wenn die ausländische Person während eines grösseren Zeitraums landesabwesend ist und jeweils vor Ablauf von sechs Monaten für beschränkte Zeit in die Schweiz zurückkehrt, so zu Besuchszwecken (vgl. Urteil 2C_471/2012 vom 18. Januar 2013 E. 4.1 mit Hinweisen; Silvia Hunziker, in: Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer [AuG], 2010, Art. 61 N. 21). Das Gesuch um Aufrechterhaltung der Niederlassung muss vor Ablauf der sechsmonatigen Frist nach Art. 61 Abs. 2 AuG eingereicht werden (Abs. 2).

b) Gemäss den Akten war der Beschwerdeführer unmittelbar vor dem auf den 18. März 2013 anberaumten Antritt der Verbüssung seiner Freiheitsstrafe in der Strafanstalt Wauwilermoos untergetaucht, worauf er im RIPOL ausgeschrieben wurde. Gemäss den vorliegenden Akten hielt er sich anlässlich eines missbräuchlichen Benzinbezugs vom 20. Februar 2013 letztmals nachweislich in der Schweiz auf, bevor er am 23. Oktober 2013 im Rahmen der Auslieferung wieder in die Schweiz kam. Zur Überstellung kam es, nachdem XY am 29. Juni 2013 am Flughafen in Montenegro verhaftet worden war. Damit erscheint die rechtliche Beurteilung dieses Sachverhaltselements durch Vorinstanz und Kammervorsitzenden ohne Weiteres als zutreffend. Der Beschwerdeführer erbringt in keiner Weise irgendwelche Nachweise, dass er die Schweiz tatsächlich später verlassen hätte, vielmehr bestätigte er selber, der Schweiz «Anfang März 2013» den Rücken zugekehrt zu haben. Abgesehen davon, dass das letzte Lebenszeichen in der Schweiz eine deliktische Handlung darstellt, ist unter den gegebenen Umständen der Beginn der gesetzlichen Frist von 6 Monaten ohne Willkür spätestens am Termin des unterlassenen Strafantritts vom 18. März 2013 festzumachen, womit bis zur Rückkehr in die Schweiz am 23. Oktober 2013 die Frist für den Verfall der Niederlassungsbewilligung klar erreicht worden ist. Die sechsmonatige Frist wird aber durch angebliche vorübergehende Besuchs-, Tourismus- oder Geschäftsaufenthalte in der Schweiz nicht unterbrochen (Art. 79 Abs. 1 VZAE). Im Übrigen trifft den Beschwerdeführer im Verfahren eine Mitwirkungspflicht (Urteil 2C_471/2012 vom 18. Januar 2013 E. 4.2.1). Auch vor Gericht hat er aber nichts Substantielles zur Erhellung dieses für den Fall so wichtigen Sachverhaltselements beigetragen. Allenfalls nachzusuchende, nicht einmal anerbotene Aussagen von Verwandten oder Bekannten wären demgegenüber nicht geeignet, die behaupteten Tatsachen nachzuweisen. Wenn er ganz offensichtlich zur Vermeidung des drohenden Strafvollzugs seinen Lebensmittelpunkt in seine Heimat verlegte, kann er sich nicht sinngemäss nachträglich mit dem von ihm gar nicht erst versuchten Nachweis seines genauen Ausreisetermins ausländerrechtlich zu entlasten versuchen, um das Erlöschen der Niederlassungsbewilligung zu vermeiden. Auch das unfreiwillige Verweilen im Ausland, z.B. aus gesundheitlichen Gründen, geschweige denn aus Gründen der Flucht vor seiner strafrechtlichen Verantwortung, hat das Erlöschen der Bewilligung zur Folge. Deren Verlust steht die – unfreiwillige, durch Auslieferung erzwungene – Rückkehr des Beschwerdeführers in die Schweiz nicht entgegen. Die Rückkehr alleine lässt eine vor dieser Rückkehr erloschene Bewilligung nicht wieder automatisch aufleben (Urteil 2C_609/2011 vom 3. April 2012 E. 3.8). Sind die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, erlischt die Niederlassungsbewilligung von Gesetzes wegen (Art. 61 AuG; Urteil 2C_831/2010 vom 27. Mai 2011 E. 5.4). Bei dieser zwingenden Rechtsfolge kann eine Prüfung der Verhältnismässigkeit bzw. eine Güterabwägung gar nicht mehr stattfinden. Daher ist davon auszugehen, dass die Vorinstanzen zu Recht entschieden haben, dass die Niederlassungsbewilligung gemäss Art. 61 Abs. 2 AuG erloschen ist. Besteht gar kein Ermessensspielraum, innerhalb dessen eine Verhältnismässigkeitsprüfung vorzunehmen wäre (Art. 96 Abs. 1 AuG), laufen alle entsprechenden Argumente des Beschwerdeführers an dieser Stelle ins Leere. Gestützt darauf ist auf die entsprechenden Vorbringen hier nicht näher einzugehen.

c) Aufgrund des Erlöschens seiner Niederlassungsbewilligung untersteht der Beschwerdeführer wie ein Neueinreisender den allgemeinen Zulassungsbestimmungen des AuG und der VZAE, wobei eine erleichterte Wiederzulassung gemäss Art. 30 Abs. 1 lit. k AuG i.V.m. Art. 49 und 50 VZAE oder allenfalls in Anerkennung eines persönlichen Härtefalls im Sinne von Art. 30 Abs. 1 lit. b AuG möglich ist (vgl. Silvia Hunziker, a.a.O., Art. 61 N 30). Grundsätzlich ist das entsprechende Gesuch an das Amt für Migration zur Beurteilung zurückzuweisen, da im Beschwerdeverfahren zwar neue Begehren gestellt werden dürfen, indes nur im Rahmen des Anfechtungsgegenstands. Zudem würde eine Wiederzulassung erst aktuell, wenn das Erlöschen der Niederlassung rechtskräftig festgestellt wäre. Anderseits kann erwogen werden, dass der Beschwerdeführer eventualiter die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung im Sinne einer – im Vergleich zum Widerruf der Niederlassungsbewilligung – milderen Massnahme beantragt, und sich die Vorinstanz auch unter diesem Gesichtspunkt bereits zu den – grundsätzlich übereinstimmenden – Bewilligungsvoraussetzungen geäussert hat. Sollte der Beschwerdeführer aber den Widerrufsgrund nach Art. 62 lit. b AuG gesetzt haben und der Widerruf verhältnismässig sein, sind auch die Voraussetzungen zur Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nicht erfüllt (vgl. Urteil 2C_254/2010 vom 15. Juli 2010 E. 4.3) und somit der Eventualantrag erst recht ebenfalls abzuweisen, worauf unter Ziffer 3 zurückzukommen ist.

d) Was im Weiteren die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung mit dem Zweck des Verbleibs bei der Ehegattin betrifft, so ist festzustellen, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt. Gemäss Art. 44 AuG ist der Familiennachzug aber nur möglich, wenn die Ehegatten zusammenwohnen, eine bedarfsgerechte Wohnung vorhanden ist und wenn sie nicht auf Sozialhilfe angewiesen sind. Gemäss eigenen Aussagen gegenüber den Vorinstanzen und dem Gericht lebt der Beschwerdeführer seit der Entlassung aus der Strafanstalt nicht mit seiner Ehefrau und den Kindern zusammen. Er pflegt aber wieder einen regelmässigen Kontakt mit Ehefrau und Kindern. Ausserdem ist die Ehefrau von der Sozialhilfe und der Alimenten-Bevorschussung abhängig und somit nicht in der Lage, selbst für sich und ihre beiden Kinder zu sorgen. Folglich spricht Art. 44 Bst. c AuG gegen die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung für den Beschwerdeführer.

3. a) Abgesehen von der klar festzustellenden Verwirkung der Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers ist zu deren von der Vorinstanz gleichzeitig ausgesprochenem Widerruf festzustellen, dass gemäss Art. 63 AuG die Niederlassungsbewilligung widerrufen werden kann, wenn: a. die Voraussetzungen nach Artikel 62 Buchstabe a oder b erfüllt sind; b. die Ausländerin oder der Ausländer in schwerwiegender Weise gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen hat oder diese gefährdet oder die innere oder die äussere Sicherheit gefährdet; c. die Ausländerin oder der Ausländer oder eine Person, für die sie oder er zu sorgen hat, dauerhaft und in erheblichem Mass auf Sozialhilfe angewiesen ist (Abs. 1). Die Niederlassungsbewilligung von Ausländerinnen und Ausländern, die sich seit mehr als 15 Jahren ununterbrochen und ordnungsgemäss in der Schweiz aufhalten, kann nur aus Gründen von Absatz 1 Buchstabe b und Artikel 62 Buchstabe b widerrufen werden (Abs. 2). Nach Art. 62 lit. b AuG kann die zuständige Behörde Bewilligungen und andere Verfügungen nach diesem Gesetz u.a. widerrufen, wenn die Ausländerin oder der Ausländer: b. zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde oder gegen sie eine strafrechtliche Massnahme im Sinne von Art. 64 oder Artikel 61 des Strafgesetzbuches vom 21. Dezember 1937 (StGB, SR 311.0) angeordnet wurde.

b) Der Beschwerdeführer hält sich seit 1987 und damit mehr als fünfzehn Jahren in der Schweiz auf. Seine Niederlassungsbewilligung kann widerrufen werden, da eine längerfristige Freiheitsstrafe im Sinne von Art. 62 lit. b AuG dann gegeben ist, wenn die ausländische Person zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr verurteilt wurde (BGE 135 II 377 E. 4.2). Ob die Strafe bedingt, teilbedingt oder unbedingt ausgesprochen wurde, spielt keine Rolle (vgl. BGer 2C_453/2011 vom 28. November 2011 E. 2.2.1 mit Hinweis). Der Beschwerdeführer wurde zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt, die er in der Strafanstalt Zug verbüsste. Im Jahr 2006 wurde er bereits zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt. Bei beiden Freiheitsstrafen handelt es sich somit um solche, die länger als ein Jahr dauern. Was der Beschwerdeführer diesbezüglich vorbringt, kann nicht gehört werden, so etwa, dass seine Vorgeschichte zwar alles andere als vorbildlich sei, doch die Summe der kleinen Verstösse, ja «Bagatelldelikte», die bedingt ausgesprochene und unbedingte, aber nicht mehr als zweijährige Freiheitsstrafe nicht die Normanforderungen von Art. 62 AuG mit der wortwörtlichen Bedingung der «langjährigen» – recte aber «längerfristigen» – Freiheitsstrafe erfüllten. Die Widerrufsregelung ist gerade Teil des Gesetzes, das gemäss den Worten des Beschwerdeführers als «weiteren Zweck» die Integration der Ausländer und die Einzelfallbetrachtung hat. Vielmehr verfängt seine beschönigende Darstellung, in Berücksichtigung der klaren bundesgerichtlichen Rechtsprechung und der in Tat und Wahrheit schwerwiegenden Delikte offensichtlich nicht. Beispielsweise hat der Beschwerdeführer am 21. Juni 2008 mit einem Metallrohr mehrfach gegen den Kopf, den Oberkörper und die Beine einer Person eingeschlagen sowie dieser Person Faustschläge gegen die Beine, die Schulter und das Gesicht versetzt und damit deren körperliche Integrität verletzt. Das Opfer erlitt ein perforiertes Trommelfell sowie Rissquetschwunden, die genäht werden mussten. Der Widerrufsgrund von Art. 62 lit. b AuG liegt beim Beschwerdeführer klarerweise vor.

c) Die Bewilligung kann sodann gemäss Art. 62 Ingress und lit. c AuG auch widerrufen werden, wenn der Ausländer erheblich oder wiederholt gegen die Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen hat. Davon ist auszugehen, wenn die betreffende Person «wiederholt, erheblich und unbeeindruckt von strafrechtlichen Massnahmen gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung unseres Landes verstossen hat und damit zeigt, dass sie auch zukünftig weder gewillt noch fähig ist, sich an die Rechtsordnung zu halten» (BBl 2002 3810). Das Strafgericht hielt in seinem Urteil vom 21. November 2011 fest, das Verschulden des Beschwerdeführers wiege schwer. Ausserdem habe er die Straftat während einer laufenden Probezeit begangen. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer auch mit seinen weiteren zahlreichen Delikten wiederholt und auf Grund ihrer Gesamtheit in schwerwiegender Weise gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung verstossen. Nicht zuletzt zeigte auch seine Abreise bzw. Flucht nach Serbien, mit der er der anzutretenden Freiheitsstrafe entgehen wollte, die Gleichgültigkeit und Geringschätzung des Beschwerdeführers gegenüber der schweizerischen Rechtsordnung. Dem AFM hatte er kurz vorher im rechtlichen Gehör zum Entzug der Niederlassungsbewilligung noch erklärt, zu seinen Verfehlungen zu stehen und am 18. März 2013 seine Strafe anzutreten. Darüber hinaus liegt nach Art. 80 Bst. a VZAE auch bei mutwilliger Nichterfüllung von öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Verpflichtungen ein Verstoss gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung vor. Durch das Verhalten des Beschwerdeführers musste die öffentliche Hand für die von ihm gegenüber seiner Frau und seinen Kindern geschuldeten Alimente aufkommen. Er ist somit seinen Verpflichtungen in schwerwiegender Weise nicht nachgekommen, womit offensichtlich auch der Widerrufsgrund von Art. 62 Bst. c AuG beim Beschwerdeführer gegeben ist. Weiter liegt nach Art. 62 Bst. e AuG ein Widerrufsgrund vor, wenn die Ausländerin oder der Ausländer oder eine Person, für die sie oder er zu sorgen hat, auf Sozialhilfe angewiesen ist. Wie aus den Akten hervorgeht, sind die Ehefrau und die Kinder des Beschwerdeführers seit 1. Januar 2012 von der Sozialhilfe abhängig. Die Alimentenschulden beliefen sich per 1. November 2014 auf Fr. 54'000.-. Demnach ist auch dieser zusätzliche Widerrufsgrund gegeben und liegen beim Beschwerdeführer somit mehrere Widerrufsgründe nach Art. 62 AuG vor.

4. a) Die Kinder des Beschwerdeführers besitzen eine Niederlassungsbewilligung, weshalb sich der Beschwerdeführer diesbezüglich auf den sogenannten umgekehrten Familiennachzug nach Art. 43 AuG beruft. Gemäss dieser Bestimmung haben ausländische Ehegatten und ledige Kinder unter 18 Jahren von Personen mit Niederlassungsbewilligung Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, wenn sie mit diesen zusammenwohnen (Abs. 1). Nach einem ordnungsgemässen und ununterbrochenen Aufenthalt von fünf Jahren haben die Ehegatten Anspruch auf Erteilung der Niederlassungsbewilligung (Abs. 2). Kinder unter zwölf Jahren haben Anspruch auf Erteilung der Niederlassungsbewilligung (Abs. 3). Allerdings erlischt gemäss Art. 51 AuG (Erlöschen des Anspruchs auf Familiennachzug) der Anspruch nach Art. 43 AuG, wenn Widerrufsgründe nach Artikel 62 vorliegen, was hier wie erwähnt der Fall ist.

b) Diesbezüglich gilt, dass das Vorliegen von Erlöschensgründen nach Art. 51 AuG nicht automatisch zum Erlöschen des Anspruchs führt, da es sich bei der Bestimmung, auf welche verwiesen wird (Art. 62 AuG), um eine «Kann-Vorschrift» handelt. Eine Nichterteilung ist nur dann gerechtfertigt, wenn diese Massnahme im Einzelfall gestützt auf eine Güterabwägung verhältnismässig erscheint (Martina Caroni, in: Caroni/Gächter/Thurnherr, Stämpflis Handkommentar zum Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer, Art. 51 N 3), wobei die Anforderungen an die Verweigerung der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung grundsätzlich weniger hoch liegen als bei einem Widerruf. Beim Beschwerdeführer sind wie erwähnt schon die Voraussetzungen für den Widerruf gegeben, sodass die Nichterteilung einer Aufenthaltsbewilligung umso mehr als verhältnismässig anzusehen ist. Bei der im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung sind namentlich die Schwere des Verschuldens, die Dauer der Anwesenheit sowie die dem Betroffenen und seiner Familie drohenden Nachteile zu berücksichtigen (vgl. Art. 96 AuG; Urteil 2C_515/2009 vom 27. Januar 2010 E. 2.2 mit Hinweisen, auch zum Folgenden). Die Notwendigkeit einer Verhältnismässigkeitsprüfung ergibt sich insbesondere aus dem Anspruch auf Achtung des Familienlebens: Hat ein Ausländer nahe Verwandte mit einem gefestigten Anwesenheitsrecht in der Schweiz und wird die intakte familiäre Beziehung tatsächlich gelebt, kann es Art. 8 EMRK (bzw. Art. 13 Abs. 1 BV) verletzen, wenn ihm die Anwesenheit in der Schweiz untersagt und damit sein Familienleben vereitelt wird (BGE 130 II 281 E. 3.1 S. 285 mit Hinweisen). Der betreffende Anspruch gilt indessen nicht absolut. Nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK ist ein Eingriff in das durch Ziff. 1 geschützte Rechtsgut statthaft, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Massnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesellschaft und Moral sowie der Rechte und Freiheiten Anderer notwendig ist. Bei der Interessenabwägung im Rahmen von Art. 8 Ziff. 2 EMRK sind die Schwere des begangenen Delikts, der seit der Tat vergangene Zeitraum, das Verhalten des Ausländers während dieser Periode, die Auswirkungen auf die betroffene Person sowie deren familiäre Situation zu berücksichtigen. Von Bedeutung sind auch die Nachteile, welche einem Ehepartner oder Kindern erwachsen würden, müssten sie dem Betroffenen in dessen Heimatstaat folgen (Urteile 2C_36/2009 vom 20. Oktober 2009 E. 2.2; 2C_295/2009 vom 25. September 2009 E. 4.3; 2C_793/2008 vom 27. März 2009 E. 2.1; 2A.65/2006 vom 23. Juni 2006 E. 2 mit Hinweisen auch auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte). Zu Recht hat diesbezüglich die Vorinstanz erwogen, dass die Niederlassungsbewilligung eines Ausländers, der sich schon seit langer Zeit hier aufhält, zwar nur mit besonderer Zurückhaltung widerrufen werden kann, dies jedoch bei wiederholter bzw. schwerer Straffälligkeit selbst dann nicht ausgeschlossen ist, wenn er hier geboren ist und sein ganzes bisheriges Leben im Land verbracht hat (BGE 139 I 16 E. 2.2.1 S. 19).

c) Konkret ist hierzu zu erwägen, dass der Beschwerdeführer zwar seit seinem dritten Lebensjahr in der Schweiz lebt, dass sein bisheriges Verhalten jedoch zeigt, dass er offensichtlich grosse Mühe hat, die hier geltende Ordnung zu respektieren und sich entsprechend zu benehmen. Er wurde trotz der wiederholten Strafurteile und der ausländerrechtlichen Verwarnungen immer wieder neu und massiv straffällig. Es muss ganz offensichtlich davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer auch in Zukunft die schweizerische Rechtsordnung missachten wird. Seit der letzten Tat ist nicht viel Zeit vergangen und nicht zuletzt die gegenüber seiner Familie rücksichtslose Absetzung ins Ausland, um der Freiheitsstrafe zu entgehen, zeigt, dass er die schweizerische Rechtsordnung entgegen seiner wiederholt gemachten Deklarationen in keiner Weise respektiert. Sein Wohlverhalten im Strafvollzug fällt im Verhältnis dazu kaum ins Gewicht. Demzufolge sind für die Familie des Beschwerdeführers die drohenden Nachteile vergleichbar mit der Situation, als sich der Beschwerdeführer in der Strafanstalt befand, oder auch mit der Zeit, welche er freiwillig und ohne Rücksicht auf die – darüber bestimmt informierte (zwischenzeitlicher Besuch in der Schweiz) – Familie in Serbien verbrachte, nur um seiner gerechten Bestrafung zu entgehen. Wenn der Beschwerdeführer jetzt klagt, seine Kinder und seine Frau bräuchten ihn, kann dem nur sehr eingeschränkt Gewicht zukommen. Schliesslich wäre es sowohl seiner serbischen Ehefrau wie auch den Kindern möglich, mit dem Beschwerdeführer zusammen nach Serbien zurückzukehren, das immerhin ein EU-Beitrittskandidat ist. Die beiden Kinder sind noch relativ klein und könnten sich an einen neuen Ort gewöhnen. Auch allfällige Probleme von ihm bei einer Rückkehr nach Serbien und die Zumutbarkeit einer solchen sind in einem anderen Licht zu sehen, nachdem sich der Beschwerdeführer mit seiner Heimreise nach Serbien Anfang März 2013 freiwillig dafür entschieden hatte, dort zu leben, und er nur unfreiwillig in die Schweiz zurückkehrte, weil er in Montenegro verhaftet und in die Schweiz ausgeliefert wurde. Unter diesen Umständen ist darum selbst der Widerruf der aber als erloschen zu betrachtenden Niederlassungsbewilligung als verhältnismässig zu beurteilen. Dies muss im Weiteren umso mehr für die Nichterteilung einer Aufenthaltsbewilligung an den Beschwerdeführer gelten.

d) Weiter ist für die Erteilung oder Verlängerung der Bewilligung im Sinne des umgekehrten Familiennachzuges – d.h., ob das gefestigte Anwesenheitsrecht eines Kindes einem Elternteil ein Aufenthaltsrecht zu verschaffen vermag – gestützt auf Art. 8 EMRK resp. Art. 13 Abs. 1 BV einerseits erforderlich, dass eine besonders intensive Beziehung in affektiver und wirtschaftlicher Hinsicht zwischen dem hier anwesenden besuchsberechtigten Elternteil und dem aufenthaltsberechtigten oder niedergelassenen ausländischen Kind besteht, und andererseits, dass sich der obhutsberechtigte Elternteil, über dessen Bewilligung zu befinden ist, tadellos verhalten hat. Dabei ist mit noch grösserer Zurückhaltung auf eine Pflicht zur Bewilligungserteilung zu schliessen als im Falle des besuchsberechtigten Ausländers, der selber, im Hinblick auf die Ausübung seines Besuchsrechts, um die Bewilligung ersucht (vgl. BGE 137 I 247; BGer 2C_364 /2010 vom 23. September 2010 E. 2.2.4, jeweils mit Hinweis auf 2A.508/2005 vom 16. September 2005 E. 2.2.3). Zu Recht erwog die Vorinstanz, dass der Beschwerdeführer mit seinen Kindern, welche eine Niederlassungsbewilligung haben, nahe Verwandte in der Schweiz hat, und dass seine Ehefrau über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt. Allerdings hat sich der Beschwerdeführer gerade keineswegs «tadellos» verhalten, und vor allem bestehen weiterhin Zweifel an der tatsächlich gelebten familiären Beziehung, der beim umgekehrten Familiennachzug besondere Bedeutung zukommt. (...) Das öffentliche Interesse an der Entfernung des Beschwerdeführers aus der Schweiz ist vorliegend eindeutig höher einzustufen als sein privates Interesse an einem Aufenthalt in der Schweiz.

(...)

5. Noch formell zu bestätigen ist im Weiteren, dass auch der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Rechtsverbeiständung im Verfahren vor der Vorinstanz in Berücksichtigung des auch für das Gerichtsverfahren gefällten Entscheids über die unentgeltliche Rechtspflege vom 25. Februar 2015 abzuweisen ist. Die Vorinstanz hat zu Recht auf die Aussichtslosigkeit der Beschwerdebegehren im Sinne von § 27 Abs. 1 VRG erkannt und das Begehren abgelehnt.

Urteil des Verwaltungsgerichts vom 26. Mai 2015, V 2014 119

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