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Gerichtspraxis

Verwaltungspraxis

Grundsätzliche Stellungnahmen

Aus der Praxis der Datenschutzstelle

Vorbemerkungen

Geburtenmeldungen der Gemeinde an die Pro Juventute

Aktenführung, Aufzeichnungspflicht und Archivierung oder Vernichtung

Regeste:

§ 44 Abs. 1 Bst. a Schulgesetz i.V.m. § 18 Verordnung zum Schulgesetz sowie § 3, § 5 und § 8 Verordnung über die Aktenführung; § 4, § 5 und § 13 DSG sowie §§ 1 ff. DSV; § 11 DSG i.V.m. § 6 Archivgesetz – Die Mitarbeitenden des Schulpsychologischen Dienstes müssen Tätigkeiten, die sie im Rahmen ihrer gesetzlich umschriebenen Aufgaben ausüben, dokumentieren. Die Vorschriften über den Datenschutz und die Datensicherheit sind zu beachten, sofern Personendaten  bearbeitet werden. Betroffene haben ein Recht auf Auskunft über und Einsicht in ihre Personendaten. Sobald Unterlagen mit Personendaten nicht mehr aktiv bearbeitet werden und auch nicht mehr unmittelbaren Beweiszwecken dienen, sind sie zu anonymisieren oder zu vernichten, sofern sie nicht dem Staatsarchiv abzuliefern sind.

Aus dem Sachverhalt:

Der Schulpsychologische Dienst (SPD) steht Schulbehörden, Lehr- und Fachpersonen, Erziehungsberechtigten und Schülerinnen und Schülern für Information, Beratung und Begleitung zur Verfügung. Im Rahmen dieser Aufgaben erhält der SPD je nach Umfang seines Engagements mehr oder weniger Angaben zu einzelnen Schülerinnen und Schülern. Bis anhin wurden die betreffenden Unterlagen bei umfangreichen Beratungen bzw. Abklärungen zentral, in eigentlichen Dossiers abgespeichert bzw. abgelegt, bei kleineren und weniger umfangreichen Anfragen bzw. Beratungen bei den zuständigen Mitarbeitenden. Eine neue, einheitliche Organisation der Aktenführung sollte nun mehr Klarheit für die Abspeicherung und Ablage aller Unterlagen bringen. In diesem Zusammenhang gelangte der SPD an die Datenschutzstelle. Insbesondere stellte sich die Frage, ob Angaben über Schülerinnen und Schüler auch ohne Information bzw. Einwilligung der Eltern bearbeitet bzw. in entsprechenden Dossiers abgelegt werden dürfen. Unklar war auch die Handhabung von Aufzeichnungen über Kinder, für welche kein eigentliches Dossier eröffnet wird, und wie lange solche Unterlagen aufbewahrt werden dürfen.

Aus den Erwägungen:

Für die kantonale Verwaltung legt die  Verordnung über die Aktenführung (BGS 152.42) die Grundsätze zur Aktenführung fest. Gemäss § 3 Abs. 1 der Verordnung muss jedes staatliche Handeln aus Transparenzgründen dokumentiert werden und nachvollziehbar sein. Geschäfte sind grundsätzlich schriftlich zu führen und mit den dafür bestimmten Mitteln aufzuzeichnen (§ 5 Abs. 1). Die Aktenführung muss zudem den Grundsatz der Geschäftsrelevanz berücksichtigen (§ 5 Abs. 2). Zuständigkeiten, Aufbau und Ablauf der Aktenführung sind grundsätzlich durch die Generalsekretärinnen und Generalsekretäre bzw. die Amtsleitenden zu regeln. Sie sind denn auch verantwortlich für den rechtskonformen Umgang der Mitarbeitenden mit den Unterlagen (§ 8 Abs. 1). Die Verordnung verpflichtet aber ausdrücklich alle mit der Erfüllung öffentlicher Aufgaben des Kantons betrauten Personen zur ordnungsgemässen Aktenführung (§ 8 Abs. 3).

Sobald von der Aktenführung Personendaten betroffen sind, müssen bei der Aktenführung auch die Vorgaben des Datenschutzgesetzes (DSG; BGS 157.1) und der Datensicherheitsverordnung (DSV; BGS 157.12) beachtet werden. Einerseits müssen also die Voraussetzungen für das Bearbeiten von Personendaten erfüllt sein (vgl. insbesondere § 4 und § 5 Abs. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 Bst. b DSG: bei den vom SPD bearbeiteten Daten handelt es sich in aller Regel um besonders schützenswerte Personendaten bzw. Persönlichkeitsprofile). Andererseits müssen die Daten durch angemessene Sicherheitsmassnahmen vor missbräuchlicher bzw. widerrechtlicher Bearbeitung – etwa vor Kenntnisnahme durch unbefugte Dritte und vor Vernichtung, Verlust, Fälschung oder Entwendung – geschützt werden (§ 2 DSV).

Die Datenschutzstelle wies bezüglich Datensicherheit insbesondere darauf hin, dass alle geschäftsrelevanten Personendaten (aber grundsätzlich auch Sachdaten), die elektronisch bearbeitet bzw. abgespeichert werden, an dem Ort im Netzwerk abgelegt werden müssen, der von den für die Aktenführung Verantwortlichen selbst oder vom Amt für Informatik und Organisation (AIO) zur Verfügung gestellt wird. Stellt der Arbeitgeber eine Fachapplikation zur Verfügung (z.B. GEVER oder eine bereichsspezifische Geschäftsverwaltungsapplikation), müssen alle Mitarbeitenden sämtliche geschäftsrelevanten Daten darin erfassen und abspeichern. Werden keine Geschäftsverwaltungsapplikationen verwendet, sind Daten in der Regel auf dem vom AIO zur Verfügung gestellten O-Laufwerk abzuspeichern. Nur bei der Abspeicherung in einer Geschäftsverwaltungsapplikation oder auf dem O-Laufwerk ist sichergestellt, dass ausschliesslich Berechtigte Zugang zu den Daten haben und dass die Daten durch das AIO regelmässig gesichert werden (vgl. «Merkblätter zur Datensicherheit» der Datenschutzstelle, Ausgabe 2013, S. 2, abrufbar unter http:// www.datenschutz-zug.ch).

Der SPD wird u.a. auch anlässlich von Schul- bzw. Klassenbesuchen vor Ort sowie anlässlich von telefonischen Anfragen von Mitgliedern der Schulbehörden oder von Lehr- und Fachpersonen um Beratungen zu Problemen mit einzelnen Kindern gebeten. Solche Beratungen erfolgen sozusagen formlos; dies im Gegensatz zu den formellen Anmeldungen von Kindern durch eine Schule nach § 18 Abs. 2 Bst. a und b der Verordnung zum Schulgesetz (BGS 412.111). Letztere erfolgen nur nach Rücksprache mit den Erziehungsberechtigten (bzw. mit den mündigen Schülerinnen oder Schülern bzw. Lernenden). Für den SPD stellte sich die Frage, ob die Mitarbeitenden bei solchen Beratungsdienstleistungen ausserhalb der formellen Anmeldungen auch ohne vorherige Information bzw. Einwilligung der Erziehungsberechtigten Angaben über die betroffenen Schülerinnen und Schüler erfassen und abspeichern bzw. ein Beratungs-Dossier eröffnen dürfen. Zu den Aufgaben des SPD gehört auch die Beratung und Begleitung der Lehr- und Fachpersonen sowie der Schulbehörden (§ 44 Abs. 1 Bst. a des Schulgesetzes [BGS 412.11] i.V.m. § 18 Abs. 1 Bst. c der Verordnung zum Schulgesetz). Diese Beratungen bzw. Begleitungen können sich auf ein bestimmtes Kind beziehen. Eine Einwilligung der Erziehungsberechtigten ist nicht erforderlich, wenn die Bearbeitung von Personendaten des Kindes für die Erfüllung dieser Aufgabe offensichtlich unentbehrlich ist (vgl. § 5 Abs. 2 Bst. b DSG). Unabhängig davon, ob Personendaten bearbeitet werden oder nicht: die erbrachten Dienstleistungen sind auch in diesen Beratungsfällen gemäss Verordnung über die Aktenführung nachvollziehbar zu dokumentieren. Allenfalls stellt sich die Frage, inwiefern es notwendig ist, die betroffenen Schülerinnen und Schüler tatsächlich namentlich zu erwähnen. Eventuell könnten solche Beratungen nach der Person oder Schule abgelegt werden, welche die Anfrage gestellt hat und die Probleme oder Beratungsergebnisse in anonymisierter Form beschrieben bzw. abgelegt werden.

Sobald Personen (Kinder, Lehrpersonen, Eltern etc.) in Notizen und Aufzeichnungen namentlich erwähnt werden, ist zu berücksichtigen, dass diese (oder bei Kindern deren gesetzliche Vertretung) gegenüber dem verantwortlichen Organ jederzeit Anspruch auf Auskunft über und Einsicht in die sie betreffenden Daten haben (§ 13 DSG). Entsprechend sind die Unterlagen so abzulegen, dass das Auskunftsrecht jederzeit gewährt werden kann. Ob dazu ein offizielles Dossier eröffnet wird oder ob Unterlagen z.B. in einem Sammelordner abgelegt werden, ist von den für die Aktenführung verantwortlichen Personen zu entscheiden.

Es empfiehlt sich, klare Kriterien festzulegen, nach denen beurteilt werden kann, wann und nach welchen Ordnungskriterien ein Dossier zu eröffnen ist (z.B. zeitlicher Aufwand bzw. Umfang, nach Name und Vorname des Kindes oder der anfragenden Person bzw. Schule etc.). Auch wenn beispielsweise über einen längeren Zeitraum wiederholt Beratungen zu einem bestimmten Kind geleistet werden, ohne dass die entsprechenden Notizen und Aufzeichnungen letztlich in ein offizielles Dossier überführt werden, müssen diese Unterlagen somit gemäss den Grundsätzen des Datenschutzes und der Datensicherheit bzw. der Aktenführung bearbeitet, gespeichert und abgelegt werden.

Für die Dauer der Aufbewahrung von Unterlagen mit Personendaten gilt grundsätzlich: Solange Unterlagen aktiv in Bearbeitung sind, bewahrt das verantwortliche Organ (hier der SPD) diese sicher bei sich auf. Danach verbleiben die Unterlagen noch solange beim verantwortlichen Organ, als Zahlungs-, Rechtsmittel-, gesetzliche Aufbewahrungs- oder Verjährungsfristen laufen. Nach Ablauf der entsprechenden Fristen müssen die Unterlagen dem Staatsarchiv zur Archivierung angeboten werden. Das Staatsarchiv legt im Einvernehmen mit dem verantwortlichen Organ fest, welche Unterlagen archivwürdig sind und welche nicht (§ 6 Archivgesetz; BGS 152.4). Übernimmt das Staatsarchiv Unterlagen nicht, müssen sie vernichtet oder allenfalls vollständig anonymisiert werden (§ 11 DSG). Unterlagen mit Personendaten dürfen somit in keinem Fall beim verantwortlichen Organ selbst «archiviert» werden. Anzumerken bleibt, dass sich die Vernichtung (bzw. die vollständige Anonymisierung) nicht nur auf Papier-, sondern auch auf elektronische Unterlagen bezieht.

Zu den Themen Aufbewahrung, Archivierung und Vernichtung wies die Datenschutzstelle ergänzend auf die in Zusammenarbeit mit dem Staatsarchiv erarbeitete «Checkliste zur Aufbewahrung und Archivierung von Unterlagen mit Personendaten» hin (abrufbar unter http://www.datenschutz-zug.ch).

Der Leiter des SPD erstellte in der Folge für alle Mitarbeitenden ein Merkblatt zum Umgang mit den geschäftsrelevanten Daten, das wertvolle Hinweise zu Geschäftsrelevanz, Aufbau und Führung von Dossiers, Ablage, Einsichtsrecht, Aufbewahrung sowie zur Archivierungsvereinbarung mit dem Staatsarchiv enthält.

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