Navigieren auf Kanton Zug

Gerichtspraxis

Staats- und Verwaltungsrecht

Zivilrecht

Schuldbetreibungs- und Konkursrecht

Rechtspflege

Anwaltsrecht

Zivilprozessrecht

Zivilrechtspflege

Art. 1 IPRG, Art. II Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958

Regeste:

Art. 1 IPRG, Art. II Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958 – Sieht eine Schiedsvereinbarung ein Schiedsgericht mit Sitz ausserhalb der Schweiz vor, gelangt das Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958 zur Anwendung. Nach diesem Übereinkommen hat jeder Vertragsstaat eine schriftliche Schiedsvereinbarung anzuerkennen und auf Antrag die Parteien auf das schiedsrichterliche Verfahren zu verweisen, sofern es nicht feststellt, dass die Vereinbarung hinfällig, unwirksam oder nicht erfüllbar ist.

Aus den Erwägungen:

1. Die Beklagte bestreitet die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts. Sie stellt sich auf den Standpunkt, die norwegische E. ASA als Konzernobergesellschaft der E. Gruppe – und damit auch der Beklagten – habe mit den Klägern am 19. Januar 1999 ein sog. «Settlement Agreement B» sowie ein zugehöriges «Mutual Release» abgeschlossen. Das «Settlement Agreement B» enthalte in Section 10.04 eine Schiedsklausel, aus welcher auch die Tochtergesellschaften der E. ASA berechtigt seien. Demnach sei für sämtliche Streitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit dem Vergleich ein Schiedsgericht in New York zuständig. Das «Settlement Agreement B» sei abgeschlossen worden, um sämtliche gegenwärtigen und künftigen Ansprüche zu bereinigen, welche die Kläger sowie weitere zugewandte Gesellschaften im Zusammenhang mit dem angeblich vom Kläger 1 entdeckten Erdöl- und Gasvorkommen in Kasachstan gegenüber D. und/oder E. ASA oder deren Tochtergesellschaften, verbundenen Gesellschaften, Arbeitnehmern etc. allenfalls geltend machen könnten (act. 10 S. 7 ff.).

2. Die Kläger haben Wohnsitz bzw. Sitz in den USA. Die Beklagte hat ihren Sitz in Zug. Es liegt damit ein internationales Verhältnis i.S. von Art. 1 IPRG vor. Das «Settlement Agreement B» vom 19. Januar 1999 enthält eine Schiedsklausel, wonach über Streitigkeiten aus dem Agreement oder aus dem gleichentags abgeschlossenen «Mutual Release» ein Schiedsgericht mit Sitz in New York zu entscheiden hat. Als Schiedsrichter wurde J. bestimmt (act. 10/2 section 10.4 S. 59 f.). Sieht eine Schiedsvereinbarung ein Schiedsgericht mit Sitz ausserhalb der Schweiz vor, gelangen nicht die Bestimmungen des IPRG zur Anwendung, sondern das Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958 (nachfolgend: New Yorker Übereinkommen oder abgekürzt NYÜ; SR 0.277.12, für die Schweiz 1965 in Kraft getreten; Berti/Droese, Basler Kommentar, 3. A. 2013, Art. 7 IPRG N 4 mit Hinweis auf BGE 138 III 681 E. 3.1). Das IPRG behält in Art. 1 Abs. 2 denn auch ausdrücklich völkerrechtliche Verträge vor.

Gemäss Art. II NYÜ hat jeder Vertragsstaat eine schriftliche Schiedsvereinbarung anzuerkennen und auf Antrag die Parteien auf das schiedsrichterliche Verfahren zu verweisen, sofern es nicht feststellt, dass die Vereinbarung hinfällig, unwirksam oder nicht erfüllbar ist. Der staatliche Richter hat dabei die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung mit voller Kognition zu prüfen (BGE 121 III 38 E. 2b). Die Schiedsvereinbarung ist nur gültig, wenn sie der in Art. II Ziff. 2 NYÜ vorgeschriebenen Schriftform genügt. Allgemeine Voraussetzung einer Schiedsvereinbarung ist zudem ihre Klarheit und Bestimmtheit hinsichtlich der privaten Jurisdiktion, d.h. das zur Entscheidung berufene Schiedsgericht muss entweder eindeutig bestimmt oder jedenfalls bestimmbar sein (Urteil des Bundesgerichts 4A_279/2010 vom 25. Oktober 2010 E. 2; BGE 121 III 38 E. 2 = Pra 84 Nr. 205). Die Prüfung der Gültigkeit der Schiedsvereinbarung in materieller Hinsicht erfolgt grundsätzlich nach der lex arbitri, d.h. das Recht des Landes in dem der Schiedsspruch ergehen würde. Vorbehalten bleibt eine hinsichtlich der Schiedsklausel getroffene Rechtswahl (vgl. Urteil des Bundesgerichts 4A_279/2010 vom 25. Oktober 2010 E. 2).

2.1 Die D. Company Ltd. und die Kläger schlossen das erwähnte «Settlement Agreement B» am 19. Januar 1999 in Denver ab. Die Vereinbarung wurde von den Parteien und einem Zeugen im Beisein eines Notars unterzeichnet (act. 10/2 S. 66 ff.). Die vom Übereinkommen verlangte Schriftform ist damit grundsätzlich erfüllt. Section 5.04 des «Settlement Agreement B» sieht die Möglichkeit einer Parteiänderung (als Novation bezeichnet) vor, so dass die E. ASA die D. Company Ltd. als Partei vollständig ersetzt (act. 10/2 S. 42 f.). Davon haben die Parteien mit Vereinbarung vom 19. Januar 1999 Gebrauch gemacht, da D. ihre strategische Zusammenarbeit mit E. ASA beendet hatte (act. 10/4, 10/5). Damit wurden die E. ASA und ihre «affiliates» (direkt oder indirekt kontrollierten Gesellschaften; act. 10/2 S. 2) selber Partei des «Settlement Agreement B» vom 19. Januar 1999. Bei der Beklagten handelt es sich unbestrittenermassen um eine Tochtergesellschaft der E. ASA (act. 10 Rz 49). Damit die Schiedsvereinbarung auch hinsichtlich der Tochtergesellschaften gilt, ist es nicht notwendig, dass die Tochtergesellschaften in der Vereinbarung namentlich genannt werden und sie diese ebenfalls unterzeichnet haben (Gränicher, Basler Kommentar, 3. A. 2013, Art. 178 IPRG N 8). Dies gilt auch unter dem New Yorker Recht, was sich aus dem von der Beklagten eingereichten Urteil des «District Court New York» vom 3. März 2011 ergibt (act. 10/6). Aus dem Agreement geht sodann unmissverständlich hervor, dass die Parteien ein Schiedsgericht mit Sitz in New York bestimmt haben, wobei sie sich – wie bereits erwähnt – auch auf einen Schiedsrichter geeinigt haben (act. 10/2 section 10.4 S. 59). Das Schiedsverfahren ist gemäss den «Commercial Arbitration Rules» der «American Association» durchzuführen. Allfällige Streitigkeiten in Bezug auf die Durchführung und das Verfahren sollen vor einem «state court in the state of New York» vorgetragen werden (act. 10/2 section 10.4 S. 59). Damit ist das zur Entscheidung berufene Schiedsgericht eindeutig bestimmt (vgl. BGE 133 III 66 E. 3.1 S. 70). Der Notar bestätigte, dass die Parteien den Inhalt der Vereinbarung verstanden haben (act. 10/2 S. 68). Dementsprechend stellen die Kläger die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung denn auch nicht in Abrede. Der staatliche Richter hat aber grundsätzlich nicht von Amtes wegen zu prüfen, ob die Schiedsvereinbarung über eine schiedsfähige Streitsache abgeschlossen wurde (Berger/Kellerhals, Internationale und interne Schiedsgerichtsbarkeit in der Schweiz, 2006, Rz 660, a.M. namentlich Lalive/Poudret/Reymond, Le droit de l'arbitrage interne et international en Suisse, 1989, Art. 7 N 2).

2.2 Mit dem «Settlement Agreement B» wollten die Parteien allfällige Ansprüche im Zusammenhang mit Kasachstan bzw. den dortigen Rohstoffen regeln (act. 10/2 Präambel und section 6.02 S. 44 f.). Gemäss dem zugehörigen «Mutual Release» vom 19. Januar 1999 – für welches die Schiedsklausel im «Settlement Agreement B» ebenfalls gilt (act. 10/2 section 10.4 S. 59) – wurde die E. ASA und damit auch die Beklagte als Tochtergesellschaft derselben von sämtlichen Ansprüchen der Kläger im Zusammenhang mit der kasachischen sozialistischen Sowjetrepublik, der Republik Kasachstan oder deren Öl, Gas oder natürlichen Rohstoffen befreit (act. 10/3 Ziff. II S. 1, Incident Ziff. 4 S. 3 und S. 5 Ziff. 2). Die geltend gemachten Ansprüche fallen somit unter die Regelungen des «Settlement Agreement B» und des «Mutual Release», was die Kläger denn auch nicht bestreiten. Dementsprechend gelangt die vereinbarte Schiedsklausel zur Anwendung.

2.3 Im Geltungsbereich des New Yorker Übereinkommens führt der Umstand, dass eine Partei vor einem ordentlichen Gericht die Schiedseinrede erhebt, unter den Voraussetzungen von Art. II Ziff. 3 NYÜ wie erwähnt dazu, dass die Zuständigkeit des staatlichen Gerichts zur Beurteilung der Streitsache derogiert wird (BGE 124 III 83 E. 5b).

3. Nach dem Gesagten ist auf die Klage nicht einzutreten und die Parteien sind auf das schiedsgerichtliche Verfahren gemäss dem «Settlement Agreement B» vom 19. Januar 1999 zu verweisen.

(...)

Weitere Informationen

Fusszeile

Deutsch