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Art. 1 IPRG, Art. II Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958
Art. 29 Abs. 2 BV
Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK
Art. 74 ZPO, Art. 731b OR
Art. 90 Abs. 2 IPRG, Art. 15 Abs. 1 IPRG

Art. 234 Abs. 1 ZPO, Art. 245 Abs. 1 ZPO

Regeste:

Art. 234 Abs. 1 ZPO, Art. 245 Abs. 1 ZPO – Enthält die Klage keine Begründung, sind die Parteien zur Hauptverhandlung vorzuladen. Erscheint die beklagte Partei, die bereits der Schlichtungsverhandlung unentschuldigt ferngeblieben ist, nicht zur Hauptverhandlung, ist sie nicht erneut vorzuladen. Das Gericht kann seinem Entscheid – unter Vorbehalt von Art. 153 ZPO – die Akten und die Vorbringen der an der Hauptverhandlung anwesenden klagenden Partei zu Grunde legen. Vorausgesetzt ist, dass in der Vorladung zur Hauptverhandlung auf die Säumnisfolgen hingewiesen wird.

Aus den Erwägungen:

(...)

2. Die Klage enthält keine Begründung im Sinne von Art. 245 Abs. 1 ZPO, weshalb direkt zur Hauptverhandlung vorgeladen wurde. Die Beklagte blieb der Hauptverhandlung unentschuldigt fern. Gemäss Art. 234 Abs. 1 i.V.m. Art. 219 ZPO hat das Gericht daher jene Eingaben, die nach Massgabe der Zivilprozessordnung eingereicht worden sind, sowie die Akten und Vorbringen der anwesenden Partei an der Hauptverhandlung dem Entscheid zu Grunde zu legen. Darauf wurde in der Vorladung zur Hauptverhandlung hingewiesen (act. 4). Art. 234 Abs. 1 ZPO behält Art. 153 ZPO vor. Gemäss dieser Bestimmung erhebt das Gericht von Amtes wegen Beweis, wenn der Sachverhalt von Amtes wegen festzustellen ist, und es kann von Amtes wegen Beweise erheben, wenn an der Richtigkeit einer nicht streitigen Tatsache erhebliche Zweifel bestehen. Diese Bestimmung ist hier nicht einschlägig. Vorliegend ist somit ohne Beweiserhebung auf die (unbegründete) Klageschrift, auf die von der Klägerin mit der Klage und an der Hauptverhandlung eingereichten Belege sowie auf die klägerischen Vorbringen an der Hauptverhandlung abzustellen. Gestützt auf diese Unterlagen ist die Angelegenheit, wie zu zeigen sein wird, spruchreif. Eine erneute Vorladung zur Hauptverhandlung – dies wird von einem Teil der Lehre analog zur Nachfristansetzung bei versäumter Klageantwort (vgl. Art. 223 Abs. 1 ZPO) gefordert (Literaturhinweise sogleich) – ist in der Zivilprozessordnung nicht vorgesehen und zwar auch nicht, wenn bei einer unbegründeten Klage (im vereinfachten Verfahren) direkt zur Hauptverhandlung vorgeladen wird. Mithin kann bei Säumnis der beklagten Partei ein Endentscheid ohne erneute Vorladung gefällt werden (vgl. Art. 245 Abs. 1 ZPO; Berti, Einführung in die schweizerische Zivilprozessordnung, 2011, N 262; Grütter, Das vereinfachte Verfahren in seiner mündlichen Variante, Jusletter 14. November 2011, Rz 36; a.M. Scheiwiller, Säumnisfolgen nach der Schweizerischen Zivilprozessordnung, 2016, N 425 f. mit Hinweisen auf die wohl überwiegende Lehre, die eine erneute Vorladung für erforderlich hält). Gegen das Erfordernis einer erneuten Vorladung spricht insbesondere der Grundsatz der Prozessbeschleunigung, der im vereinfachten Verfahren besonders hoch gewichtet wird (vgl. Art. 246 Abs. 1 ZPO). Währenddem beim Nichteinreichen einer Klageantwort bloss eine kurze Nachfrist – nach Praxis des Kantonsgerichts Zug eine Frist von fünf Tagen – angesetzt wird, dauern das Finden eines neuen Termins für eine Hauptverhandlung, die neuerliche Vorladung und die Protokollierung der Verhandlung bedeutend länger. Ausserdem müsste die klagende Partei zum neuen Verhandlungstermin nochmals erscheinen mit dem Risiko, dass die neuerliche Vorladung infolge wiederholten Ausbleibens der beklagten Partei obsolet ist. Bei der Nachfristansetzung für eine Klageantwort ergeben sich für die klagende Partei hingegen keine zusätzlichen Aufwendungen. Solche Aufwendungen bzw. Verfahrensverzögerungen sind einer klagenden Partei nicht zuzumuten, insbesondere dann nicht, wenn die beklagte Partei – wie vorliegend – bereits der Schlichtungsverhandlung beim Friedensrichter als auch der Hauptverhandlung vor Gericht unentschuldigt ferngeblieben ist und sie sich im Verfahren (...) nie hat vernehmen lassen. Ob es sich bei der beklagten Partei um eine Laiin handelt oder nicht, spielt dabei keine Rolle.

Kantonsgericht Zug, Einzelrichter, 18. Oktober 2016

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