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Gerichtspraxis

Staats- und Verwaltungsrecht

Verfahrensrecht

§§ 25 Abs. 1 lit. c und 26 Abs. 1 VRG, § 6 Organisationsgesetz, §§ 3 Abs. 2 und Abs. 4 lit. g Delegationsverordnung
§§ 11 und 26 VRG; Art. 101 OR

§ 25 PolOrgG; Art. 5, 9 und 29 BV

Regeste:

§ 25 PolOrgG. Art. 5, 9 und 29 BV – Nach § 25 Abs. 1 des Gesetzes über die Organisation der Polizei werden die Kosten für polizeiliche Leistungen in Rechnung gestellt, wenn die Gesetzgebung es vorsieht. Ersatz der gesamten Kosten für polizeiliche Leistungen wird u.a. verlangt von Personen, die mutwillig eine Alarmierung auslösen (§ 25 Abs. 3 lit. a PolOrgG), oder aus deren privater Sicherheitseinrichtung sich ein Fehlalarm löst (lit. b). Wird einer Person jedoch erst rund drei Monate nach einem Fehlalarm eine Gebührenrechnung auferlegt, ohne dass ihr bezüglich des zugrundeliegenden Sachverhalts und der bezüglichen Rechtsgrundlage das rechtliche Gehör gewährt wurde, werden der Anspruch auf rechtliches Gehör sowie das Gebot der Fairness im Verfahren verletzt (Erw. 4d und e).

Aus dem Sachverhalt:

X. kontaktierte am 5. Mai 2014 um 22.21 Uhr die Einsatzleitzentrale der Zuger Polizei und meldete, gerade per Telefon bzw. SMS einen Einbruchalarm von der Alarmanlage in seinem Einfamilienhaus an der Musterstrasse in Z. übermittelt erhalten zu haben. In der Folge wurde eine Polizeipatrouille zum Wohnhaus von X. beordert. Die Polizeibeamten umstellten das Gebäude und kontrollierten sämtliche Türen und Fenster auf Einbruchspuren. Weder bei der Aussen- noch bei der Innenkontrolle des Gebäudes konnten sie irgendwelche Einbruchspuren feststellen. Nach Orientierung von X. über den Fehlalarm wurde der Einsatz beendet. Am 22. Juli 2014 auferlegte die Zuger Polizei X. die Kosten für den Polizeieinsatz vom 5. Mai 2014 in der Höhe von Fr. 440.95 inkl. MWST unter Verweis auf § 25 Abs. 3 Bst. b des Gesetzes über die Organisation der Polizei vom 30. November 2006 (Polizei-Organisationsgesetz [PolOrgG]; BGS 512.2) i.V.m. § 3 Abs. 1 Bst. a der Verordnung über den Kostenersatz für polizeiliche Leistungen vom 11. Dezember 2007 (BGS 512.26). Zur Begründung wurde angegeben, dass es sich um einen Fehlalarm seiner Alarmanlage gehandelt habe. Gegen diese Rechnung erhob X. mit Eingabe vom 26. Juli 2014 Beschwerde an den Regierungsrat des Kantons Zug und beantragte sinngemäss deren Aufhebung. Zur Begründung brachte er vor, nach dem Alarm vom 5. Mai 2014 habe er am darauffolgenden Tag sämtliche Türen- und Fensterkontakte sowie die Bewegungsmelder kontrolliert. Dabei habe sich herausgestellt, dass diese ordnungsgemäss funktioniert hätten. An der Terrassentür der Küche sowie an deren Rahmen habe er aber frische Einbruchspuren festgestellt. Es sei somit sehr wahrscheinlich, dass der Alarm durch diesen Einbruchversuch ausgelöst worden sei und die Einbrecher zur Flucht veranlasst habe. Seiner Beschwerde legte X. Fotos der Terrassentür und deren Rahmen bei. Am 11. August 2014 kontaktierte X. die Zuger Polizei und erkundigte sich danach, wo er eine Anzeige wegen eines Einbruchversuchs einreichen könne. Zwei Polizeibeamte rückten in der Folge zu einer nachträglichen Sachverhaltsaufnahme aus. Gemäss Polizeirapport vom 19. August 2014 konnten sie indes keine Einbruchspuren feststellen, sondern lediglich ein leicht verbogenes Aluminiumblech im Schwellenbereich des Rahmens der Terrassentüre. Einbruchspuren, namentlich von Werkzeugen, hätten keine gesichert werden können und auf den Beizug des kriminaltechnischen Dienstes sei verzichtet worden. X. habe angegeben, er habe diesen Schaden erst am 11. August 2014 festgestellt. X. stellte gleichentags Strafantrag wegen Sachbeschädigung und Hausfriedensbruchs gegen unbekannt. Mit Beschluss vom 9. Dezember 2014 hiess der Regierungsrat die von X. erhobene Beschwerde teilweise gut und änderte die Rechnung der Zuger Polizei vom 22. Juli 2014 in dem Sinne ab, dass X. für den Polizeieinsatz für den Fehlalarm seiner Wertschutzanlage vom 5. Mai 2014 Kosten im Betrag von Fr. 408.30 zu tragen habe, somit ohne Mehrwertsteuer im Umfang von 8 % bzw. Fr. 32.65. Es wurden ihm die Verfahrenskosten in Höhe von Fr. 400.– auferlegt.

Aus den Erwägungen:

(...)

2. a) Nach § 25 Abs. 1 des Gesetzes über die Organisation der Polizei (Polizei-Organisationsgesetz vom 30. November 2006, PolOrgG, BGS 512.2) werden die Kosten für polizeiliche Leistungen in Rechnung gestellt, wenn die Gesetzgebung es vorsieht. Ersatz der gesamten Kosten für polizeiliche Leistungen wird u.a. verlangt von Personen, die mutwillig eine Alarmierung auslösen (§ 25 Abs. 3 lit. a PolOrgG), oder aus deren privater Sicherheitseinrichtung sich ein Fehlalarm löst (lit. b).

b) Umstritten ist, ob der Polizeieinsatz der Zuger Polizei vom späten Abend des 5. Mai 2014 nach der Alarmierung durch den Beschwerdeführer in dessen Liegenschaft kostenpflichtig war oder nicht, bzw. ob es sich bei der die Alarmierung durch den Beschwerdeführer auslösenden Meldung aus dessen privater Alarmanlage am 5. Mai 2014 um einen kostenpflichtigen Fehlalarm im Sinne des Gesetzes gehandelt hat oder nicht. Der Beschwerdeführer moniert insbesondere, dass die Polizei einen Fehlalarm nie definiert habe. Einzugehen ist somit zunächst auf den vom Gesetz verwendeten Begriff des Fehlalarms.

(...)

g) Somit ergibt sich, dass der Gesetzgeber wegen der Schwierigkeit eines sicheren Nachweises von Fehlalarmen ganz bewusst eine Kausalhaftung statuiert hat. Diese Rechtsfolge muss notwendigerweise generell, d.h. auch für andere als rein technische Fehlalarme bzw. für andere Ursachen von Fehlalarmen gelten. Demgemäss muss es für die Kostenpflicht des Privaten für den ergebnislosen polizeilichen Einsatz genügen, dass kein Beweis für eine Präsenz und Einwirkung von Tätern oder anderer verantwortlicher Drittpersonen vorhanden ist. Der Besitzer einer Alarmanlage soll also selbst dann kostenpflichtig werden, wenn eventuell tatsächlich Täter zu Werke gewesen sind, sich nachträglich aber keine verbrecherischen Spuren beweisen lassen. Denn der Staat soll für die Rechnungstellung nach einem erfolglosen Einsatz nicht zum Nachweis verpflichtet sein, was im konkreten Fall einen Fehlalarm ausgelöst hat. Kausalhaftung bedeutet somit, dass zum vorneherein der Besitzer der Alarmanlage für die Kosten von Polizeieinsätzen aufzukommen hat, die er aufgrund bzw. im Vertrauen auf seine Alarmmeldung ausgelöst hat, ohne dass Täter oder eindeutige Einbruchspuren vorgefunden wurden.

3.

(...)

f) Ist vorliegend somit nicht (mehr) nachweisbar, ob es sich um einen technischen Fehlalarm handelte oder ob tatsächlich ein Einbruchsversuch den Alarm auslöste, bzw. auf welche Ursache der von der privaten Alarmanlage des Beschwerdeführers ausgegangene Alarm zurückzuführen ist, sind grundsätzlich die Voraussetzungen für die Kausalhaftung und damit die Entschädigungspflicht des Beschwerdeführers erfüllt.

g) Festzustellen ist schliesslich noch, dass zur Erhebung der hier umstrittenen Gebühr im Sinne eines Kausalhaftungstatbestandes im Polizei-Organisationsgesetz eine genügende gesetzliche Grundlage besteht, was vom Beschwerdeführer im Übrigen auch nicht in Zweifel gezogen wird. Ebenso wenig umstritten ist die vom Regierungsrat als Beschwerdeinstanz noch reduzierte Höhe des Kostenersatzes von Fr. 408.30 gestützt auf § 3 lit. a der Verordnung über den Kostenersatz für polizeiliche Leistungen (BGS 512.26).

4. a) Polizeiliches Handeln unterliegt den allgemeinen Grundsätzen rechtsstaatlichen Handelns (vgl. allgemein BGE 136 I 87, 91 ff. E. 3.2). Wie auch im Bericht und Antrag des Regierungsrates zum Polizei-Organisationsgesetz (S. 64) festgehalten worden ist, muss sich polizeiliches Handeln wie jede andere Verwaltungstätigkeit auf Verfassung und Gesetz stützen. Unter diesem Aspekt sind im Folgenden in Berücksichtigung des zu beurteilenden Beschwerdefalles und der entsprechenden Vorbringen des Beschwerdeführers die sich daraus ergebenden Anforderungen an Verfahren und Rechtsschutz zu prüfen.

b) Der Beschwerdeführer macht geltend, dass für den umstrittenen Polizeieinsatz vom 5. Mai 2014 erst am 22. Juli 2014 Rechnung gestellt worden sei. Die beiden Polizisten hätten am Schluss des Einsatzes vom 5. Mai 2014 davon gesprochen, dass es sich wahrscheinlich um einen Fehlalarm gehandelt habe, sie hätten ihn aber nicht auf seine Verantwortung für einen – von ihm nie anerkannten – «Fehlalarm» aufmerksam gemacht. Auch habe vor der Rechnungstellung kein Kontakt mehr mit der Polizei stattgefunden, worin er einen Verstoss gegen Treu und Glauben erblickt.

Die Zuger Polizei hielt in ihrer Stellungnahme vom 30. September 2014 fest, dass zwischen dem 5. Mai 2014 und der nachträglichen Schadensmeldung eine doch beachtliche Zeit vergangen sei. Die Frage, ob die vom Beschwerdeführer nachträglich festgestellten leichten Beschädigungen an der Terrassentür wirklich ursächlich für den Alarm vom 5. Mai 2014 gewesen seien, würde sich nicht mehr mit Bestimmtheit beantworten lassen. Die Vorinstanz argumentiert im angefochtenen Entscheid, der Beschwerdeführer habe sich nach dem 5. Mai 2014 nicht mehr wegen dieses Vorfalls bei der Zuger Polizei gemeldet. Erst nach Erhalt der Rechnung der Zuger Polizei vom 22. Juli 2014 habe er sein Wohnhaus erneut auf Einbruchspuren kontrolliert. Es könne sein, dass die erst nachträglich durch den Beschwerdeführer und die Polizeipatrouille entdeckte Beschädigung an der Terrassentüre erst nach dem 5. Mai 2014 entstanden sei. Es wird auch von der Sicherheitsdirektion dem Beschwerdeführer entgegengehalten, nur frische Spuren seien aussagekräftig.

Auf das Ersuchen des Gerichts um vollständige Aktenedition betreffend den Polizeieinsatz vom 5. Mai 2014 berief sich die Zuger Polizei darauf, dass es sich bei Journaleintragungen um chronologische verwaltungsinterne Aufzeichnungen handle, die für interne Zwecke polizeiliche Einsätze dokumentierten. Die Daten seien erste Information und Orientierungshilfe und seien in der Regel nicht überprüft und nicht gesichert. Das Auskunftsrecht werde konsequenterweise eingeschränkt, da Daten gemäss dem Datenschutzgesetz aktuell, richtig und vollständig sein müssten.

c) Im Verwaltungsverfahren gilt grundsätzlich das Untersuchungsprinzip (§ 12 VRG). Dies bedeutet, dass namentlich die Verwaltungsbehörden den Sachverhalt von Amtes wegen abklären. Sie sind für die Beschaffung der Entscheidungsgrundlagen verantwortlich (vgl. BGE 135 II 161, Erw. 3; Häfelin / Müller / Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. A., Zürich / St. Gallen, Rz. 1623). Der Untersuchungsgrundsatz wird durch die Mitwirkungspflicht der Parteien relativiert. Im Beschwerdeverfahren ist es in erster Linie Aufgabe des Beschwerdeführers, die Beanstandungen vorzutragen, die er anzubringen hat. Er trägt die Substantiierungslast. Artikel 29 Abs. 2 der Bundesverfassung vom 18. April 1999 (BV, SR 101) gewährleistet den Anspruch auf rechtliches Gehör. Kerngehalt des Gehörsanspruchs ist gerade, dass derjenige, dessen Rechtsstellung berührt wird oder berührt werden könnte, am Verfahren teilnehmen und sich insbesondere vor Erlass einer Verfügung äussern kann. Die Behörde hat dessen Vorbringen auch tatsächlich zu hören, sorgfältig und ernsthaft zu prüfen und in der Entscheidfindung zu berücksichtigen, woraus sich die grundsätzliche Pflicht der Behörden zur Begründung ihrer Entscheide ergibt. Dieser verfassungsrechtliche Anspruch hat im kantonalen Verwaltungsverfahrensrecht seinen positivrechtlichen Niederschlag in § 15 VRG gefunden, wonach die Behörden den Parteien das rechtliche Gehör gewährt, bevor sie entscheidet. Insbesondere besteht ein Anspruch auf Stellungnahme zu einer Frage tatsächlicher Natur, die – wie hier – zweifelhaft und für die Entscheidung der Streitsache erheblich ist (vgl. BGE 94 I 15., E. 2). Dies muss erst recht gelten, wenn ein Beweisverfahren in einem späteren Rechtsmittelverfahren aufgrund der zeitlichen Verzögerung gar nicht mehr möglich ist (Erkennbarkeit in der Regel nur von frischen Einbruchspuren). Einem betroffenen Privaten muss deshalb im Sinne seines Anspruchs auf rechtliches Gehör für die Bestreitung einer doch erheblichen Kostenbelastung die Möglichkeit des Nachweises offenstehen, dass kein Fehlalarm vorliegt, d.h. dass die Einwirkung Dritter bzw. von Straftätern Ursache der Alarmierung durch die Alarmanlage gewesen ist.

d) Vorliegend wurde dem Beschwerdeführer aber der Polizeieinsatz vom 5. Mai 2014 erst nach knapp elf Wochen in Rechnung gestellt, ohne dass ihm bezüglich des zugrundeliegenden Sachverhalts und der bezüglichen Rechtsgrundlage das rechtliche Gehör gewährt worden ist. Weder ist ihm nachweisbar am Einsatzabend die polizeiliche Beurteilung eines Fehlalarms und die sich daraus ergebende Kostenfolge für ihn kommuniziert worden, noch war dies anschliessend vor der Rechnungstellung der Fall. Der Beschwerdeführer ging nicht von einem – ihm zuzurechnenden – Fehlalarm aus, zumal er am 15. Februar 2014 bereits einmal Opfer eines Einbruchdiebstahls mit einem Schaden von Fr. 26'000.– geworden ist. Auf seine Beschwerde hin wurde dem Beschwerdeführer aber schliesslich gerade vorgeworfen, dass er seine Feststellungen über Einbruchspuren sofort nach dem Vorfall an die Polizei hätte melden müssen, d.h. nicht erst nach Wochen, weshalb Beweise nicht mehr erhoben werden könnten. Tatsächlich hatte aber der Beschwerdeführer in Unkenntnis der Rechts- bzw. Kostenfolge eines allfälligen Fehlalarms erst nach Erhalt der Rechnung überhaupt Anlass dazu, mit sachverhaltlichen Einwänden und Beweisofferten seine Rechte zu wahren. Wenn die Vorinstanz ihm vorhält, dass die Zuger Polizei nicht auf die Einschätzung der von ihm beigezogenen Handwerker habe eingehen können, da er diese zu keinem Zeitpunkt als Zeugen benannt oder ein schriftliches Parteigutachten eingereicht habe, ist sie hierfür gerade selber verantwortlich. Bestimmt hätte der Beschwerdeführer in Kenntnis der Kostenpflicht eines von der Polizei festgestellten Fehlalarms seine Mitwirkung schon unmittelbar nach dem Vorfall angeboten, wie er denn auch darlegt. Wie die Vorinstanz hingegen zu Recht feststellt, war und ist inzwischen zu viel Zeit verstrichen, als dass eine Beweisführung noch möglich (gewesen) wäre, weshalb auch das Gericht auf einen Augenschein verzichtet hat. Daraus kann aber offensichtlich nicht dem Beschwerdeführer ein Vorwurf gemacht werden. Vielmehr sind ihm von der Zuger Polizei die elementaren Verfahrensrechte vorenthalten worden, die eben auch im Falle einer gesetzlichen Kausalhaftung zu greifen haben. Sein Anspruch auf rechtliches Gehör wurde dadurch verletzt, dass er vor der Kostenauferlegung zu dem von ihm nie anerkannten Sachverhalt nicht angehört worden ist. Stattdessen wurde ihm einzig gestützt auf einen Polizeirapport bzw. auf einen grundsätzlich niemandem zugänglichen «Journaleintrag» mit als «intern» bezeichnetem Inhalt, der von der Polizei sogar als nicht «aktuell, richtig und vollständig» im Sinne eines Anspruchs auf Datenherausgabe bezeichnet wird, eine Gebührenrechnung auferlegt.

e) Es ist deshalb festzustellen, dass der Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) bzw. das Gebot der Fairness im Verfahren (Art. 5 und 9 BV) verletzt worden sind. Laut bundesgerichtlicher Rechtsprechung (vgl. BGE 127 V 431) führt die Verletzung des rechtlichen Gehörs wegen seiner formellen Natur ungeachtet der Erfolgsaussichten der Beschwerde selbst zur Aufhebung der angefochtenen Verfügung. Wenn die Verletzung als nicht schwerwiegend erscheint, kann die Verletzung des rechtlichen Gehörs ausnahmsweise als geheilt gelten, wenn die betroffene Person die Möglichkeit erhält, sich vor einer Beschwerdeinstanz zu äussern, die sowohl den Sachverhalt als auch die Rechtslage frei überprüfen kann (BGE 127 V 431). Nachdem hier auch das Verwaltungsgericht – wie schon die Vorinstanz – als Rechtsmittelinstanz den ungenügend erhobenen Sachverhalt infolge des bereits eingetretenen Zeitablaufs nicht mehr mit eigenen Beweismassnahmen und Sachverhaltsfeststellungen ergänzen kann, muss der angefochtene Entscheid bzw. die Kostenrechnung aufgehoben und die Beschwerde somit gutgeheissen werden.

f) Die Zuger Polizei wird wohl nicht darum herumkommen, das Verfahren in solchen Fällen zu überprüfen. Es reicht nicht, dass mit den Worten der Zuger Polizei in Fällen wie diesem hier, wo die ausgerückten Polizisten auf einen Alarm hin nichts feststellen können, nur Rückmeldungen an die Zentrale und strikt «interne» Journaleinträge ergehen, und gestützt auf diese jeweils im «monatlichen» Rhythmus, vorliegend aber fast drei Monate später, an die Betroffenen Rechnung für die Einsätze gestellt wird. Die äusserst knapp gehaltenen, als «intern» gehandhabten Informationen der Polizei mögen im Sinne der Auskunft der Polizei für die Rapportierung genügen, nicht aber auch für die erst Monate später erfolgende Auferlegung der Einsatzkosten durch eine Verfügung. Vielmehr ist verfahrensmässig sicherzustellen, dass betroffene Personen rechtzeitig und aktenkundig über die für die spätere polizeiliche Verrechnung der Einsatzkosten massgebliche Beurteilung der Polizeikräfte informiert werden und sich dazu umgehend bzw. rechtzeitig äussern können. Beispielsweise könnte unmittelbar im Anschluss an einen Einsatz von den Polizeikräften ein – eventuell vom betroffenen Bürger bzw. der Bürgerin zum Nachweis der Kenntnisnahme zu unterzeichnendes – Formular mit der polizeilichen Einschätzung als echter oder Fehlalarm abgegeben werden, auf dem eine angemessene Frist zur allfälligen Stellungnahme bzw. Bestreitung des Sachverhalts und der Kostenpflicht angesetzt würde. Nur solcherart könnte allenfalls auch ein Beweisverfahren noch sinnvoll erfolgen, sei es durch die Polizei, sei es allenfalls durch eine Beschwerdeinstanz.

(...)

Urteil des Verwaltungsgerichts vom 30. März 2016, V 2015 4
Das Urteil ist rechtskräftig.

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