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Art. 938a OR i.V.m. Art. 155 HRegV

Regeste:

Art. 938a OR i.V.m. Art. 155 HRegV – Der Handelsregisterführer kann eine Gesellschaft nach dreimaligem ergebnislosem Rechnungsruf im Handelsregister löschen, wenn diese keine Geschäftstätigkeit mehr aufweist und sie keine verwertbaren Aktiven mehr hat. Macht ein Gläubiger ein Interesse an der Aufrechterhaltung der Eintragung geltend, so entscheidet der Richter. Dabei hat der Gläubiger den Bestand einer Forderung und auch ein Interesse an der Beibehaltung der Gesellschaft geltend zu machen.

Aus den Erwägungen:

1. Die Gesuchsgegnerin 2 hat ihren Sitz während des laufenden Berufungsverfahrens nach Zürich verlegt. Im dortigen Handelsregister wurde die Gesellschaft am 4. Februar 2016 eingetragen. Die Sitzverlegung hat indes keinen Einfluss auf die einmal begründete örtliche Zuständigkeit, da sich diese nach den Tatsachen im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit bestimmt (Courvoisier, in: Baker & McKenzie [Hrsg.], Handkommentar zur ZPO, 2010, Art. 59 ZPO N 16 m.H. auf BGE 116 II 209 E. 2b/bb).

2. Gegenstand dieses Verfahrens ist die Löschung bzw. die Aufrechterhaltung des Eintrages der Gesellschaft im Handelsregister. Aufgrund der erwähnten Sitzverlegung der Gesuchsgegnerin 2 wurde ihr Eintrag im Handelsregister des Kantons Zug zwar mittlerweile gelöscht. Damit hat sich dieses Verfahren aber nicht ohne Weiteres erledigt, da die Gesuchsgegnerin 2 im Handelsregister des Kantons Zürich eingetragen wurde und ihr Eintrag somit auch im Zentralregister des Eidgenössischen Amtes für das Handelsregister enthalten ist, welches das öffentlich einsehbare Firmenzentralregister («Zefix») speist (Art. 13 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 HRegV; vgl. Siffert, in: Siffert/Turin [Hrsg.], Handkommentar zur HRegV, 2013, Art. 13 HRegV N 1, 3). Die Bestimmung von Art. 155 HRegV, wonach eine Rechtseinheit ohne Geschäftstätigkeit und ohne verwertbare Aktiven aus dem Handelsregister zu löschen ist, soll den Handel mit Aktienmänteln verhindern und dient zudem der Registerwahrheit (Rüetsch, in: Siffert/Turin [Hrsg.], a.a.O., Art. 155 HRegV N 1). Solange der Eintrag in einem kantonalen Handelsregister und damit auch im Zentralregister besteht, ist das aktuelle und praktische Interesse an der Fortführung bzw. Entscheidung des Rechtsstreites weiterhin gegeben, wie dies der Gesuchsgegner 1 zu Recht sinngemäss geltend macht (act. 7 S. 1; vgl. Liebster, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], 3. A. 2016, Art. 242 ZPO N 3). Mithin ist über die Löschung bzw. die beantragte Aufrechterhaltung des Eintrages im Handelsregister zu befinden.

3. Vorab verlangt die Gesuchstellerin erneut eine Prüfung, ob sie als Gläubigerin der zu löschenden Gesellschaft tatsächlich selbst Prozesspartei sei. Diesbezüglich kann auf die zu-treffenden Erwägungen im angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Vi act. 11 E. 9). Im vorliegenden Verfahren verlangt die Gesuchstellerin die Aufrechterhaltung des Eintrages im Handelsregister, weshalb ihr der erstinstanzliche Richter zu Recht die Rolle der gesuchstellenden Partei zugeschrieben hat.

4. Die Gesuchstellerin macht eine Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend, da der Gesuchsgegnerin 2 im erstinstanzlichen Verfahren zwar Parteistellung zuerkannt, sie aber nicht angehört worden sei (act. 1). Auf eine Gehörsverletzung kann sich indes nur berufen, wer selbst davon betroffen ist. Richtet sich der behauptete Verstoss gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör gegen Dritte, kann dies nicht geltend gemacht werden (Sutter-Somm / Chevalier, in: Sutter-Somm / Hasenböhler / Leuenberger [Hrsg.], a.a.O., Art. 53 ZPO N 26 m.H. auf Urteil des Bundesgerichts 1C_320/2011 vom 30. Mai 2012 E. 4.3.1). Die Rüge ist aber auch haltlos. Der erstinstanzliche Richter hat der Gesuchsgegnerin 2 mit Schreiben vom 29. Oktober 2015 die Eingabe des Gesuchsgegners 1 vom 24. August 2015 sowie die Stellungnahme der Gesuchstellerin vom 13. Oktober 2015 zur Wahrung des rechtlichen Gehörs zugestellt. Das Schreiben wurde von der Gesuchsgegnerin 2 am 2. November 2015 in Empfang genommen (Vi act. 9). Mithin kann von einer Verletzung des rechtlichen Gehörs keine Rede sein.

5. Gemäss Art. 938a Abs. 1 OR kann der Handelsregisterführer eine Gesellschaft nach dreima-ligem ergebnislosem Rechnungsruf im Handelsregister löschen, wenn diese keine Geschäftstätigkeit mehr aufweist und sie keine verwertbaren Aktiven mehr hat. Macht ein Gläubiger ein Interesse an der Aufrechterhaltung der Eintragung geltend, so entscheidet der Richter (Art. 938a Abs. 2 OR). Dabei hat der Gläubiger mehr geltend zu machen als nur den Bestand einer Forderung, nämlich ein Interesse an der Beibehaltung der Gesellschaft (Eckert, Basler Kommentar, 4. A. 2012, Art. 938b OR N 5). Die Vorinstanz zog dabei zu Recht die Rechtsprechung zur Frage der Wiedereintragung heran (vgl. Eckert, a.a.O., Art. 938b OR N 5). Es kann auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Vi act. 11 E. 8).

5.1 Die Gesuchstellerin hält im Berufungsverfahren daran fest, dass die Gesuchsgegnerin 2 über Aktiven verfüge, diese aber gemäss Abtretungsvertrag vom 22. März 2011 im vollen Umfang an sie abgetreten worden seien. Die Ausstellung eines definitiven Verlustscheines bedeute nicht, dass keine verwertbaren Aktiven mehr vorhanden seien. Als Gläubigerin könne sie nicht Kenntnis von weiteren verwertbaren Aktiven beim Schuldner haben. Nach Löschung einer juristischen Person bestehe keine Möglichkeit mehr, die Forderung erfüllt zu erhalten.

5.1.1 Die Vorinstanz zog im angefochtenen Entscheid zutreffend in Erwägung, dass die Gesuchstellerin ihre Behauptung, wonach ihr eine Forderung gegenüber der Gesuchsgegnerin 2 zustehe, nicht rechtsgenüglich dargelegt habe (Vi act. 11 E. 11.3). Auch im Berufungsverfahren macht sie keine substanziierten Angaben dazu, aus welchem Rechtsgeschäft und in welcher Höhe ihr eine Forderung gegenüber der Gesuchsgegnerin 2 zustehen soll. Ist sie aber nicht Gläubigerin, fehlt es an der Aktivlegitimation, wie dies die Vorinstanz zur Recht festgehalten hat. Die Berufung ist bereits aus diesem Grund abzuweisen.

5.1.2 Im Übrigen lässt das Vorliegen eines Verlustscheines - entgegen der Ansicht der Gesuchstellerin - durchaus vermuten, dass die Geschäftstätigkeit aufgehört hat und keine verwertbaren Aktiven mehr vorhanden sind (Eckert, a.a.O., Art. 938a OR N 3; Rüetsch, a.a.O., Art. 155 HRegV N 8). Der Gesuchstellerin ist es nicht ansatzweise gelungen, diese Vermutung umzustossen. Sie behauptet zwar weiterhin, dass die Gesuchsgegnerin 2 mit Abtretungsvertrag vom 22. März 2011 sämtliche Aktiven an sie abgetreten habe. In ihrer Eingabe vom 13. Oktober 2015 im erstinstanzlichen Verfahren führte sie die angebliche Abtretungsvereinbarung als Beilage 2 auf, ohne diese aber tatsächlich einzureichen (Vi act. 7). Die vom erstinstanzlichen Richter angesetzte Frist zur Einreichung der Vereinbarung liess die Gesuchstellerin unbenutzt verstreichen (Vi act. 8). Im Berufungsverfahren verlangt sie nun die Wiederherstellung der Frist. Zur Begründung trägt sie vor, der zuständige Sachbearbeiter sei krankheitsbedingt abwesend gewesen, weshalb das Versäumnis entschuldbar sei. Das Gericht kann eine Frist gestützt auf Art. 148 ZPO nur wiederherstellen bzw. eine Nachfirst gewähren, wenn die säumige Partei glaubhaft macht, dass sie kein oder nur ein leichtes Verschulden trifft. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Gesuchstellerin - hätte sie die zu erwartende Sorgfalt nur ansatzweise beachtet - innerhalb der laufenden Frist nicht eine Fristerstreckung zur Einreichung der Abtretungsvereinbarung verlangt hat. Sollte sie dazu aufgrund der angeblichen Krankheit eines Mitarbeiters innerhalb der laufenden Frist nicht in der Lage gewesen sein, was sie aber nicht geltend macht und was ohnehin nicht plausibel wäre, so hätte sie immerhin noch im erstinstanzlichen Verfahren um Wiederherstellung der Frist ersuchen müssen. Die Editionsaufforderung hat die Gesuchstellerin am 4. November 2015 in Empfang genommen (Vi act. 8), der Entscheid erging erst am 25. November 2015. Die Gesuchstellerin hat keine Ausführungen gemacht, wie lange der zuständige Mitarbeiter krankheitsbedingt abwesend gewesen sein soll. Ein Arztzeugnis hat sie nicht eingereicht, obschon die Wiederherstellungsgründe genau anzugeben und durch entsprechende Nachweise zu belegen sind (Merz, in: Brunner / Gasser / Schwander [Hrsg.], Kommentar zur ZPO, 2011, Art. 148 ZPO N 19). Im Übrigen ist ohnehin nicht nachvollziehbar, dass aufgrund des angeblichen krankheitsbedingten Ausfalls eines Sachbearbeiters der Aufforderung zur Einreichung des Abtretungsvertrages nicht hätte Folge geleistet werden können. Arbeitsunfähigkeit ist zudem nicht mit Verhandlungsunfähigkeit gleichzusetzen (vgl. Merz, a.a.O., Art. 148 ZPO N 21). Die Gesuchstellerin hat somit nicht ansatzweise glaubhaft dargelegt, dass sie im erstinstanzlichen Verfahren die angesetzte Frist aufgrund eines nur leichten Verschuldens verpasst hat. Keine Erklärung liefert die Gesuchstellerin zudem, weshalb sie die als Beilage aufgeführte Vereinbarung nicht bereits ihrer Eingabe vom 13. Oktober 2015 beigelegt hat, was zu erwarten gewesen wäre. Auch im Berufungsverfahren hat sie die erwähnte Abtretungsvereinbarung vom 22. März 2011 weiterhin nicht eingereicht, sondern verlangt nun – anders als noch im erstin-stanzlichen Verfahren – deren Edition, ohne Angaben zu machen, durch wen der Vertrag ediert werden soll. Dieses Verhalten ist trölerisch und treuwidrig. Da sie um Wiederherstellung der Frist zur Einreichung der Vereinbarung ersucht, ist sie offenbar in der Lage, den Vertrag selber beizubringen, weshalb dem Editionsbegehren ohnehin nicht Folge geleistet werden könnte (Higi, in: Brunner/Gasser/Schwander [Hrsg.], a.a.O., Art. 160 ZPO N 11). Die Gesuchstellerin hat somit auch ihre Behauptung, wonach die Gesuchsgegnerin 2 über Aktiven verfüge, diese aber an sie abgetreten worden seien, nicht ansatzweise glaubhaft gemacht.

5.1.3 Sodann hat die Gesuchstellerin auch ihr Interesse am Weiterbestand der Gesuchsgegnerin 2 nicht dargetan. Wie vorstehend bereits ausgeführt, behauptet die Gesuchstellerin, dass die Aktiven der Gesuchsgegnerin 2 an sie abgetreten worden seien. Zur Höhe der angeblichen Forderung gegenüber der Gesuchsgegnerin 2 machte sie keinerlei Angaben. Würde ihrer Darstellung gefolgt, wäre von ihr vernünftigerweise zu erwarten, dass sie zur Befriedigung der angeblichen Schuld die an sie abgetretenen Aktiven verwertet. Somit hat sie aber kein schützenswertes Interesse am Weiterbestand der Gesuchsgegnerin 2 (vgl. BGE 132 III 734 = Pra 2007 Nr. 17).

6. Zusammenfassend hat die Gesuchstellerin nicht belegt, dass sie überhaupt Gläubigerin der Gesuchsgegnerin 2 ist und ihr somit die Aktivlegitimation zukommt. Sodann vermochte sie aber auch nicht glaubhaft darzutun, dass die Gesuchsgegnerin 2 über verwertbare Aktiven verfügt und eine Geschäftstätigkeit betreibt. Schliesslich hat die Gesuchstellerin nicht substanziiert vorgetragen, inwiefern sie überhaupt ein schutzwürdiges Interesse am Weiterbestehen der Gesuchsgegnerin 2 hat. Die Berufung erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen. Der angefochtene Entscheid ist demnach zu bestätigen und – aufgrund der vorgenommenen Sitzverlegung – das Handelsregisteramt des Kantons Zürich anzuweisen, die Gesuchsgegnerin 2 aus dem Handelsregister zu löschen.

(...)

Obergericht, II. Zivilabteilung, 16. März 2016

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