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Art. 31 ff. und 80 ff. GSchG

Regeste:

Art. 31 ff. und 80 ff. GSchG – Die Restwassersanierung hat bei einem Wasserkraftwerk, das kraft eines ehehaften Wasserrechts Wasser nutzt, nach Art. 80 ff. und nicht nach Art. 31 ff. GSchG zu erfolgen.

Aus dem Sachverhalt:

A. Z. ist Eigentümer der Liegenschaft X. in der Gemeinde A. sowie Inhaber eines ehehaften Wassernutzungsrechts für die Energieproduktion im gleichnamigen Wasserkraftwerk.

Am 5. Oktober 2015 liess Z. bei der Einwohnergemeinde A. zwei Baugesuche betreffend die Sanierung des Wasserkraftwerks X. einreichen. Mit Beschluss vom 4. Oktober 2016 wies der Regierungsrat des Kantons Zug eine Einsprache des WWF Schweiz und des WWF Zug bezüglich der Sanierung des Wasserkraftwerks X. ab, soweit er darauf eintrat. Gleichentags legte der Regierungsrat gestützt auf Art. 80 ff. des Bundesgesetzes über den Gewässerschutz (GSchG) mit separatem Beschluss die entschädigungslose Restwassermenge des Kraftwerks X. wie folgt fest: Die Restwasserabgabe beträgt ganzjährig mindestens 400 l/s und ist in die Restwasserstrecke abzugeben. Gegen die regierungsrätlichen Beschlüsse liess der WWF Schweiz am 14. November 2016 Verwaltungsgerichtsbeschwerde einreichen und beantragte, die angefochtenen Entscheide aufzuheben und die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zur Begründung rügte der Beschwerdeführer insbesondere, dass der Regierungsrat unter Berufung auf das ehehafte Wasserrecht von Z. das geltende Umweltrecht, insbesondere Art. 31 ff. GSchG, zu Unrecht nicht umfassend angewendet und damit auch deutlich zu tiefe Restwassermengen verfügt habe.

Aus den Erwägungen:

(...)

4. Nachfolgend zu prüfen ist, welche gesetzlichen Bestimmungen im vorliegenden Fall bezüglich Restwassermengen anzuwenden sind. Für den Regierungsrat und Z. ist im Zusammenhang mit der Sanierung des Wasserkraftwerks X. die (entschädigungslose) Restwassermenge gestützt auf Art. 80 ff. GSchG festzulegen. Der Beschwerdeführer stellt sich auf den Standpunkt, für diese Festlegung gälten die Art. 31 ff. GSchG.

(...)

c) Das Bundesgericht subsumiert die ehehaften Wasserrechte unter die bestehenden Wassernutzungsrechte im Sinne von Art. 80 Abs. 1 GSchG (Urteil 1A.320/2000 vom 20. September 2001 E. 3a/bb und cc = URP 2001 S. 1053 ff.). Ehehafte Rechte sind so genannte vorbestandene oder wohlerworbene Rechte. Wohlerworbene Rechte sind vermögenswerte Ansprüche der Privaten gegenüber dem Staat, die sich durch besondere Rechtsbeständigkeit auszeichnen. Sie stehen unter dem Schutz der Eigentumsgarantie sowie des Prinzips des Vertrauensschutzes und sind durch das Gesetz nicht abänderbar (Urteil des Bundesgerichts 2P.256/2002 vom 24. März 2003 E. 3; Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Auflage, Zürich 2016, Rz. 1237). Wohlerworbene Rechte entstehen entweder durch Gesetz, durch verwaltungsrechtlichen Vertrag bzw. Konzession oder durch die Geschichte, wobei die durch die Geschichte entstandenen wohlerworbenen Rechte auf einer früheren Rechtsordnung beruhen und nach neuem Recht nicht mehr begründet werden können, aber weiter gültig sind, oder es sich dabei um Rechte handelt, die seit unvordenklicher Zeit anerkannt werden; die durch die Geschichte entstandenen wohlerworbenen Rechte werden zum Teil als «ehehaft» bezeichnet (Häfelin/Müller/Uhlmann, a.a.O., Rzn. 1238 ff.).

d) Sowohl die nach Abs. 1 als auch die nach Abs. 2 von Art. 80 GSchG festgelegten Restwassermengen liegen in der Regel unter den Restwassermengen nach Art. 31 GSchG. Das ist denn auch der Grund, warum der Beschwerdeführer trotz des bestehenden ehehaften Rechts im vorliegenden Fall (entschädigungslose) Restwassermengen gemäss Art. 31 ff. GSchG fordert. Er gesteht zwar ein, dass gemäss bisheriger Rechtspraxis Inhaber von ehehaften Rechten Restwassersanierungen lediglich gestützt auf die Übergangsbestimmungen des GSchG (Art. 80 ff.) durchführen müssen. Die Sicherung von Restwassermengen nach Art. 31 ff. GSchG werde hingegen nicht verlangt. Damit stellt der Beschwerdeführer die aktuelle Situation korrekt dar. Er ist jedoch der Meinung, dass diese Praxis einer näheren rechtlichen Prüfung und umfassenden Interessenabwägung nicht standhalte.

d/aa) Als Erstes führt der Beschwerdeführer deshalb an, die Auslegung des GSchG ergebe, dass das Gesetz keine zeitlich unbeschränkte Befreiung von den ordentlichen Restwasservorschriften (Art. 31–34 GSchG) zulasse. Alle, auch die bestehenden Wasserentnahmen, müssten früher oder später diese Vorschriften vollständig einhalten. Der Beschwerdeführer äussert sich in diesem Zusammenhang zu den vier Auslegungselementen Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte und Zweck (ratio legis), worauf nachfolgend einzugehen ist.

Bezüglich des Wortlauts von Art. 80 Abs. 1 GSchG räumt der Beschwerdeführer selber ein, dass dieser tendenziell dafür spreche, dass die ehehaften Rechte unter die bestehenden Wassernutzungsrechte zu zählen seien, zumal es sich bei ihnen um historische bzw. vorbestandene Rechte handle, welche vom Bundesgericht anerkannt und als eine Unterkategorie der wohlerworbenen Rechte verstanden würden. Beim gegebenen Wortlaut, so der Beschwerdeführer, bedeute dies, dass jene Wasserentnahmen, die aufgrund eines ehehaften Rechts betrieben würden, nie den ordentlichen Restwasservorschriften von Art. 31 ff. GSchG unterliegen würden.

Art. 80 Abs. 1 GSchG lautet wie folgt:

«Wird ein Fliessgewässer durch Wasserentnahmen wesentlich beeinflusst, so muss es unterhalb der Entnahmestelle nach den Anordnungen der Behörde so weit saniert werden, als dies ohne entschädigungsbegründende Eingriffe in bestehende Wassernutzungsrechte möglich ist.»

Für das Verwaltungsgericht ergibt sich aus dem Wortlaut von Art. 80 GSchG nicht nur tendenziell sondern eindeutig, dass für Wasserentnahmen aufgrund von ehehaften Wassernutzungsrechten eine Restwassersanierung gemäss dieser Gesetzesbestimmung und nicht nach Art. 31 ff. GSchG durchzuführen ist. Wie erwähnt und vom Beschwerdeführer eingestanden, versteht das Bundesgericht mit den bestehenden Wassernutzungsrechten im Sinne von Art. 80 Abs. 1 GSchG alle wohlerworbenen Rechte, also somit sowohl die Rechte der Konzessionäre aus Wasserkraft als auch die ehehaften Rechte. Vom eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut eines Rechtssatzes darf nur dann abgewichen werden, wenn triftige Gründe zur Annahme bestehen, dass der scheinbar klare Wortlaut nicht dem «wahren Sinn» der Norm entspricht (BGE 140 II 129 E. 3.2; 140 II 80 E. 2.5.3 f.). Solche Gründe sind, wie nachfolgend darzulegen ist, für das Verwaltungsgericht nicht erkennbar.

Insbesondere trifft dies auch für die Tatsache zu, dass Art. 80 Abs. 1 GSchG zu den Übergangsbestimmungen gehört. Entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers kann das Gericht daraus kein Indiz erkennen, dass die Art. 80 ff. GSchG nur für eine Übergangszeit Geltung haben und nach Ablauf dieser Übergangszeit das Regime von Art. 31 ff. GSchG gelten soll. Vielmehr schliesst sich das Gericht dem vom Beschwerdeführer selber als Möglichkeit eingeräumten Verständnis an, dass damit eine zeitlich unbeschränkte Weitergeltung der reduzierten Restwasseranforderungen gemeint ist, denn Übergangsrecht kann einer bestimmten Rechtsposition durchaus auch für eine sehr lange oder unbeschränkte Dauer Anerkennung und weitere Geltung verschaffen, muss also nicht per se eine Begrenzung zur Folge haben. Somit spricht auch das Auslegungselement Systematik nicht für die Auffassung des Beschwerdeführers.

Bezüglich Entstehungsgeschichte der Restwasservorschriften des GSchG macht der Beschwerdeführer geltend, das GSchG von 1991 habe den indirekten Gegenvorschlag zu der im Jahr 1984 eingereichten Volksinitiative «zur Rettung unserer Gewässer» dargestellt. Eine sofortige Behebung ungenügender Restwassersituationen hätten der Bundesrat und die Bundesversammlung abgelehnt. Ihr Versprechen sei dahin gegangen, mit dem neuen GSchG werde zwar nicht sofort, aber innert absehbarer Zeit überall eine akzeptable Restwassersituation herbeigeführt (Botschaft zum GSchG; BBl 1987 II 1090 f., 1099). Das spreche eindeutig gegen eine Auslegung, welche die ehehaften Wasserrechte auf Dauer von einer Einhaltung der ordentlichen Restwasservorschriften befreien würde. Analysiert man die vom Beschwerdeführer zitierte Stelle der Botschaft, so ist jedoch zu sagen, dass sich der Bundesrat dort nicht mit der vom Beschwerdeführer behaupteten Klarheit geäussert hat. Er führte lediglich aus, «mit Rücksicht auf die grossen finanziellen Konsequenzen, welche die integrale Durchsetzung der Restwasservorschriften bei bestehenden Wassernutzungsrechten hätte, müsse die Regelung so ausgestaltet werden, dass sie in erster Linie für neue Werke sowie für die Erneuerung (bzw. den Heimfall) bestehender Konzessionen gelte» (BBl, a.a.O., S. 1090). Und: «Hinsichtlich der Gewährleistung einer ausreichenden Wasserführung bei bestehenden Stauhaltungen und Wasserentnahmen geht der Revisionsentwurf weniger weit als die Initiative. Der Entwurf sieht eine umfassende Sanierung bestehender Restwasserstrecken, d.h. ein Anpassen an die für neue Anlagen geltenden Vorschriften, erst für den Zeitpunkt der Konzessionserneuerung vor. Dies liegt im Wesentlichen darin begründet, dass für eine rasche Sanierung aller bestehenden Restwasserstrecken grosse finanzielle Mittel eingesetzt werden müssten» (BBl, a.a.O., S. 1099). Daraus kann keineswegs abgeleitet werden, der Bundesrat sei davon ausgegangen, dass die damalige Revision des GSchG zur Folge habe, dass auch für Inhaber von ehehaften Wasserrechten die Restwassermengen gemäss Art. 31 ff. GSchG gälten. Einerseits fällt auf, dass der Bundesrat in der vom Beschwerdeführer zitierten Stelle der Botschaft von Konzessionen spricht, bei welchen die für neue Anlagen geltenden Vorschriften anzuwenden sind (und zwar für den Zeitpunkt der Konzessionserneuerung). Damit unterscheidet er die Konzessionen ausdrücklich von den ehehaften Rechten und bringt damit zum Ausdruck, dass für letztere diese Vorschriften eben nicht gelten. Andererseits war es dem Bundesrat mit Sicherheit bewusst, dass angesichts der klaren Formulierungen des GSchG weder aus Art. 80 GSchG noch aus den übrigen revidierten Bestimmungen herausgelesen werden kann, dass die Restwasservorschriften von Art. 31 ff. GSchG auch für Inhaber von ehehaften Rechten gelten, sondern dafür auf jeden Fall eine weitere Revision des GSchG erforderlich wäre. Aus der Entstehungsgeschichte der Restwasservorschriften des GSchG kann somit nichts zu Gunsten des Beschwerdeführers abgeleitet werden.

Auch der Zweck des GSchG spricht nicht für die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Auslegung. Entgegen seiner Ansicht kann nicht gesagt werden, Restwassermengen, welche unter den Vorgaben von Art. 31 ff. GSchG blieben, erfüllten den Verfassungsauftrag von Art. 24bis aBV (Art. 76 in der geltenden BV von 1999), gemäss dem der Bund angehalten worden sei, «Bestimmungen über (...) die Sicherung angemessener Restwassermengen» zu erlassen, nicht. Der Gesetzgeber hatte in diesem Zusammenhang durchaus einen gewissen Spielraum, den er nicht überschritten hat, indem er auf die ehehaften Wasserrechte Rücksicht nahm, umso mehr als er mit Art. 80 Abs. 2 GSchG eine Regelung traf, wonach bei überwiegendem öffentlichem Interesse auch bei ehehaften Rechten weitergehende (allerdings entschädigungspflichtige) Sanierungsmassnahmen verlangt werden können.

d/bb) Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, der Gesetzgeber habe die Frage, ob die auf ehehaften Rechten beruhenden Wasserentnahmen dauerhaft von den Restwassermengen gemäss Art. 31–34 GSchG befreit würden, nicht explizit geregelt. Der Gesetzgeber sei bei seiner Regelung für die bestehenden Rechte in Art. 80 ff. GSchG vom Fall der konzedierten Rechte ausgegangen. Das Sonderproblem der ehehaften Wasserrechte habe der Gesetzgeber ganz offensichtlich übersehen, denn er habe nur die Konzessionen im Auge gehabt. Es sei von einer Lücke bzw. unvollständigen Regelung auszugehen, welche nach den Grundsätzen von Art. 1 ZGB zu füllen sei. Die Restwasservorschriften des GSchG seien dabei für die ehehaften Wasserrechte anders zu verstehen und anzuwenden.

Eine Gesetzeslücke, die vom Gericht zu füllen ist, liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts dann vor, wenn der Gesetzgeber etwas zu regeln unterlassen hat, was er hätte regeln sollen, und dem Gesetz diesbezüglich weder nach seinem Wortlaut noch nach dem durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt eine Vorschrift entnommen werden kann (BGE 140 III 206 E. 3.5.1). Wie vorangehend ausgeführt, ist der Wortlaut von Art. 80 Abs. 1 GSchG klar. Mit den in Art. 80 Abs. 1 GSchG erwähnten bestehenden Wassernutzungsrechten sind eindeutig die wohlerworbenen Rechte, wozu auch die ehehaften Rechte gehören, gemeint. Der Gesetzgeber unterschied in den Art. 80 ff. GSchG zwischen dem Überbegriff der «Wassernutzungsrechte» und den davon umfassten «Konzessionen». Wäre der Gesetzgeber beim Erlass dieser Bestimmungen tatsächlich nur auf die Konzessionen fokussiert gewesen, so wäre nicht einzusehen, weshalb er dann in Art. 80 Abs. 1 GSchG im Gegensatz zum Wortlaut in Art. 83 GSchG die Formulierung «bestehende Wassernutzungsrechte» und nicht «erteilte Konzessionen» wählte. Darauf, dass der Gesetzgeber mit der Formulierung «bestehende Wassernutzung» auch über die auf unbestimmte Dauer bestehenden und unbefristeten ehehaften Wassernutzungsrechte mitentschied, deutet auch die Abbildung in der Botschaft des Bundesrates zur Volksinitiative «zur Rettung unserer Gewässer» und zur Revision des Bundesgesetzes über den Schutz der Gewässer hin. In BBl 1987 II 1091 wird eine Grafik gezeigt, die neben einer Darstellung des Ablaufs der Konzessionsdauer der grösseren Wasserkraftanlagen in der Schweiz einen Balken «Konzessionsdauer unbeschränkt» enthält. Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber beim Erlass der Bestimmungen von Art. 80 ff. GSchG durchaus auch mit zeitlich nicht beschränkten bzw. mit unbefristeten Wassernutzungsrechten gerechnet hat, welche als Konsequenz dieser Bestimmung auf unbegrenzte Zeit der Restwassersanierung gemäss Art. 80 Abs. 1 GSchG und nicht den Restwasserbestimmungen von Art. 31 ff. GSchG unterstehen. Der Gesetzgeber hat somit die ehehaften Rechte nicht einfach im Sinne einer echten Lücke vergessen. Hat nun aber der Gesetzgeber eine Rechtsfrage nicht übersehen, sondern stillschweigend – im negativen Sinn – mitentschieden (qualifiziertes Schweigen), bleibt kein Raum für richterliche Lückenfüllung (BGE 140 III 636 E. 2.1). (...)

Es ergibt sich somit als erstes Zwischenfazit, dass die Auslegung des GSchG nichts anderes bedeutet, als dass beim Vorliegen eines ehehaften Wasserrechts die Restwassersanierung nach Art. 80 ff. und nicht nach Art. 31 ff. GSchG zu erfolgen hat.

d/cc) Der Beschwerdeführer führt aus, zum Ergebnis, dass beim Kraftwerk X. die Vorschriften von Art. 31 ff. GSchG eingehalten werden müssten, indem das ehehafte Recht eingeschränkt werde, gelange man auch aufgrund einer Harmonisierung bzw. umfassenden Abwägung der sich widerstreitenden öffentlichen und privaten Interessen. Dabei stellt sich der Beschwerdeführer auf den Standpunkt, dass die ehehaften Rechte nicht unter dem Schutz des verfassungsmässigen Anspruchs auf Treu und Glauben (Art. 9 BV) stünden, dies aufgrund des langen Zeitablaufs und aufgrund der Tatsache, dass solche Rechte in der geltenden Rechtsordnung nicht mehr begründet werden könnten. Die ehehaften Rechte stünden lediglich unter dem Schutz der Eigentumsgarantie von Art. 26 BV, gingen jedoch nicht darüber hinaus; mit anderen Worten könnten sie nicht stärker wirken als ein «gewöhnliches» Eigentumsrecht. Dem Urteil des Bundesgerichts 2P.256/2002 E. 3 könne zudem entnommen werden, dass die Ausübung eines ehehaften Rechts die Rechtsentwicklung der Gesetzgebung mitmache und in diesem Umfang auch Einschränkungen hinnehmen müsse. Ebenfalls gemäss Bundesgericht (BGE 117 Ib 243 E. 3a) kämen Verfassungsbestimmungen, wie z.B. Art. 73 BV (Nachhaltigkeit), Art. 74 BV (Umweltschutz), (...), Art. 76 BV (Wasser), (...), Art. 79 (Fischerei und Jagd), (...), welche die jeweilige Ausgestaltung des Eigentums mitbestimmten, grundsätzlich Gleichrangigkeit zu. Vorliegend stünden der Gewässerschutz (Einhaltung von Art. 31 ff. GSchG) und das Interesse von Z. an einer möglichst uneingeschränkten Ausübung seines ehehaften Rechts in einem Zielkonflikt. In einem solchen Fall seien die divergierenden öffentlichen und privaten Interessen zu harmonisieren. Dies im Sinne einer ganzheitlichen Betrachtungsweise («Ganzheitlichkeitsprinzip») bzw. einer umfassenden Interessenabwägung. Bei dieser Abwägung sei das Interesse an der Einheit bzw. Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung mit zu berücksichtigen. Dieser Aspekt bedinge, dass ehehafte Rechte bei der Anpassung an die Restwasservorgaben des GSchG weder gegenüber «normalem» Privateigentum noch gegenüber Wassernutzungskonzessionen privilegiert behandelt würden. Mit Blick auf das Privateigentum bedeute das, dass starke öffentlichrechtliche Einschränkungen entschädigungslos hinzunehmen seien, zumal die Schwelle zur materiellen Enteignung bei normalem Privateigentum sehr hoch liege. Z. ist zuzustimmen, dass es sich bei dieser Argumentation eigentlich nur um eine Wiederholung der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Auslegung des GSchG handelt. Dazu hat das Gericht bereits in den vorangehenden Erwägungen Stellung genommen. Nachfolgend ist zu diesem Thema daher lediglich Folgendes auszuführen: Entgegen dem Standpunkt des Beschwerdeführers stehen die ehehaften Wasserrechte unter dem Schutz sowohl der Eigentumsgarantie als auch des Prinzips des Vertrauensschutzes und sind durch das Gesetz nicht abänderbar. Das führt das Bundesgericht im Urteil 2P.256/2002 vom 24. März 2003 E. 3 aus, in welchem es die ehehaften Wasserrechte als so genannte vorbestandene oder wohlerworbene Rechte bezeichnet, die sich durch eine besondere Rechtsbeständigkeit auszeichnen, und die unter dem Schutz der Eigentumsgarantie sowie des Prinzips des Vertrauensschutzes stehen und auch durch das Gesetz nicht abänderbar sind. Der Schutz von ehehaften Rechten geht somit über Art. 26 BV (Eigentumsgarantie) hinaus, und es genügt nicht, eine Interessenabwägung lediglich auf dieser Basis vorzunehmen. Ehehafte Wasserrechte geniessen einen über die Eigentumsgarantie hinausgehenden Schutz und sind grundsätzlich durch das Gesetz nicht abänderbar. Auch aus dem vom Beschwerdeführer angeführten «Ganzheitlichkeitsprinzip» (Alain Griffel/Heribert Rausch, Kommentar zum Umweltschutzgesetz, Ergänzungsband zur 2. Auflage, N 2 zu Art. 8) kann nichts zu dessen Gunsten abgeleitet werden. Einerseits handelt es sich bei diesem Prinzip nicht um einen allgemein anerkannten Verfassungsgrundsatz. Andererseits räumen die Autoren des Kommentars USG selber ein, dass sich aus diesem Prinzip eine generelle Verpflichtung zur umfassenden Interessenabwägung nur ergibt, sofern und soweit das positive Recht hierfür Raum lässt. Das positive Recht gewährt mit der Anerkennung der wohlerworbenen Rechte für die vom Beschwerdeführer beantragte Interessenabwägung aber eben gerade keinen Raum, soweit in die Substanz dieser wohlerworbenen Rechte eingegriffen würde. Im Übrigen ist mit nochmaligem Hinweis auf die Bundesgerichtspraxis, wonach es sich bei den ehehaften Wasserrechten um wohlerworbene Rechte handelt, darauf hinzuweisen, dass Eingriffe in wohlerworbene Rechte dann entschädigungspflichtig sind, wenn sie die Substanz des Rechtes verletzen. (...)

Als weiteres Zwischenfazit ergibt sich somit, dass das geltende Recht die vom Beschwerdeführer verlangte Abwägung der sich widerstreitenden öffentlichen und privaten Interessen gar nicht zulässt bzw. diese Interessenabwägung aufgrund der besonderen Rechtsbeständigkeit der ehehaften Rechte, die insbesondere aus dem Prinzip des Vertrauensschutzes entsteht, zu Gunsten des im vorliegenden Fall bestehenden ehehaften Wasserrechts ausfällt. Auch auf diesem vom Beschwerdeführer aufgezeigten Weg kann somit nicht erreicht werden, dass beim Wasserkraftwerk X. die Festlegung der Restwassermenge gemäss Art. 31 ff. GSchG zu erfolgen hat. (...)

d/dd) Nachdem sich aus diesen (Zwischen-)Faziten ergibt, dass das geltende Umweltrecht bei ehehaften Rechten nicht in dem Umfang Anwendung findet, wie das der Beschwerdeführer verlangt, erübrigt sich die Beantwortung der Frage, zu welchem Zeitpunkt eine solche Anwendung zu erfolgen hätte. Unbestrittenermassen unterliegen ehehafte Wasserrechte – im Unterschied zu den Wassernutzungskonzessionen – angesichts ihres dinglichen Charakters keiner Befristung. Das ist denn auch so dem vom Beschwerdeführer ins Recht gelegten Gutachten A./B. zu entnehmen. Insbesondere aufgrund der bereits dargelegten Gesetzesbeständigkeit von wohlerworbenen Rechten bzw. ehehaften Rechten sieht das Gericht auch keine Gründe, die Substanzerhaltung für Inhaber ehehafter Wasserrechte bei bestehenden Wassernutzungsrechten auf eine Dauer von 80 Jahren bzw. bei längerer Dauer bis zur Gegenwart zu beschränken. Im BGE 127 II 69, der die entsprechende Beschränkung einführte, ging es ausschliesslich um Konzessionen, nicht um ehehafte Rechte. Das Bundesgericht wies dabei ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei den konzedierten Wasserrechten nicht um ehehafte Rechte handelt (E. 4b). Es unterschied somit explizit zwischen Konzessionen und ehehaften Wasserrechten. Weiter führte das Bundesgericht aus, gerade das Vorhandensein der ehehaften Wasserrechte habe ursprünglich auch zu einem privatrechtlichen und «dinglichen» Verständnis der mit der Konzession erteilten Rechte geführt. Gemäss Bundesgericht könnte diese zivilrechtliche, ja dingliche Betrachtungsweise dazu beigetragen haben, dass das öffentliche Interesse bisher bei Konzessionen zu wenig Berücksichtigung gefunden habe, welches einer definitiven Entäusserung der Gewässerhoheit durch Erteilung einer Sondernutzungskonzession entgegenstehe. In diesem Entscheid gestand somit das Bundesgericht den ehehaften Wasserrechten gegenüber den Wassernutzungskonzessionen eine höhere Qualität zu, weshalb es sich verbietet, die in diesem Entscheid vorgesehene Befristung von Wassernutzungskonzessionen auch bei ehehaften Rechten anzuwenden bzw. daraus abzuleiten, dass bei letzteren nach 80 Jahren Restwassermengen gemäss Art. 31 ff. GSchG zu verfügen wären.

(...)

d/ff) Somit ergibt sich definitiv, dass im vorliegenden Fall die Restwassersanierung nach Art. 80 ff. und nicht nach Art. 31 ff. GSchG zu erfolgen hat.

(...)

Urteil des Verwaltungsgerichts vom 5. Oktober 2017, V 2016 115

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Verfahrensnummer am Bundesgericht 1C_631/2017

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