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Art. 3 KVG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 lit. b KVV
Art. 25-31 KVG i.V.m. Art. 32-34 KVG, Art. 17-19 KLV
Art. 37 Abs. 4 ATSG
Art. 9 AVIG
Art. 51 Abs. 1 AVIG i.V.m. Art. 29 AVIG und 15 Abs. 1 AVIG
Art. 95 AVIG i.V.m. Art. 25 Abs. 1 ATSG
EG Nr. 883/2004 vom 29. April 2004 i.V.m. EG Nr. 988/2009 vom 16. September 2009, Wegleitung über die Versicherungspflicht in der AHV/IV (WVP), Stand 1. April 2012, Art. 20 Abs. 3 AHVV
Art. 25 ATSG i.V.m. Art. 24 ELV
Art. 16b ff EOG i.V.m. Art. 29 EOV, KS MSE Rz. 1072

Art. 73 BVG

Regeste:

Art. 73 BVG – Der Gerichtsstand bei einer Klage gegen mehrere Beklagte in verschiedenen Kantonen muss nicht zwingendermassen dem Wohnort des Klägers entsprechen. Vielmehr hat der Kläger freie Wahl bezüglich des Gerichtsstands, wobei zu beachten gilt, dass ein einheitlicher Gerichtsstand besteht, um sowohl sich widersprechende Urteile zu vermeiden, wie auch aus prozessökonomischen Gründen. In casu hat sich der im Kanton Zürich wohnhafte Kläger entschieden, die Klage im Kanton Zug, dem Sitz zweier Beklagter, einzureichen, womit das Verfahren in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Zug fällt (Erw. 1.2).

Aus dem Sachverhalt:

A., geboren 1973, leidet seit seiner Geburt an einer vererbten Nierenkrankheit, dem sogenannten Bartter-Syndrom, bei welchem es zum Verlust der körpereigenen Salze und Flüssigkeiten kommt. Mit Verfügungen vom 28. Mai 2013 sprach die IV A. eine Viertelsrente ab 1. Januar 2011 und eine halbe Rente ab 1. April 2011 zu. Die IV ging davon aus, dass seit Februar 2007 eine 20%ige Einschränkung in der angestammten Tätigkeit bestehe. Die Wartezeit wurde per Februar 2007 eröffnet, eine durchschnittliche Arbeitsunfähigkeit von 40 % sei per 24. Januar 2011 erreicht worden (Arbeitsunfähigkeit 50 % seit Juni 2010).

Mit Klage vom 22. Dezember 2015 liess A. beim Verwaltungsgericht des Kantons Zug beantragen, es sei festzustellen, ob die Personalvorsorgestiftung der V., die W. Personalvorsorge, die X. Pension AG, die Personalvorsorgestiftung der Y. oder die Personalvorsorgestiftung Z. leistungspflichtig sei und es seien ihm zu Lasten der als leistungspflichtig erkannten Beklagten folgende Leistungen zuzusprechen: (...)

Aus den Erwägungen:

1.1 Jeder Kanton bezeichnet gemäss Art. 73 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 25. Juni 1982 (BVG, SR 831.40) ein Gericht, das als letzte kantonale Instanz über Streitigkeiten zwischen Vorsorgeeinrichtungen, Arbeitgebern und Anspruchsberechtigten entscheidet. Gemäss § 82 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 1. April 1976 (VRG, BGS 162.1) beurteilt das Verwaltungsgericht als einzige kantonale Instanz Klagen aus dem Gebiet der eidgenössischen Sozialversicherung, für deren Beurteilung das Bundesrecht eine einzige kantonale Gerichtsbehörde vorschreibt. Gerichtsstand für Streitigkeiten zwischen einem Anspruchsberechtigten und einer Vorsorgeeinrichtung ist der schweizerische Sitz oder Wohnsitz des bzw. der Beklagten oder der Ort des Betriebes, bei dem die versicherte Person angestellt war (Art. 73 Abs. 3 BVG).

1.2 Die Beklagte 3 macht geltend, aus dem Urteil des Bundesgerichts vom 12. März 2012, 9C_41/2012, sei zu schliessen, dass bei Klage gegen mehrere Vorsorgeeinrichtungen mit Sitz in verschiedenen Kantonen nicht freie Wahl bestehe, in welchem Kanton Klage eingereicht werde, sondern dass als Gerichtsstand der Wohnort des Klägers gelte. Der Kläger habe Wohnsitz im Kanton Zürich und klage gegen verschiedene Vorsorgeeinrichtungen mit Sitz in verschiedenen Kantonen, unter anderem die Beklagte 3 mit Sitz im Kanton Zürich. Zum Kanton Zug bestehe in diesem Rechtsverhältnis keinerlei Bezug. Um einen einheitlichen Gerichtsstand für die Klage gegen alle Vorsorgeeinrichtungen zu haben, stehe dem Kläger der Gerichtsstand in seinem Wohnsitzkanton offen, d.h. im Kanton Zürich.

Der Entscheid, welcher Gerichtsstand gilt (Sitz oder Wohnsitz des bzw. der Beklagten oder Ort des Betriebes, bei welchem die versicherte Person angestellt war), liegt bei der jeweils klagenden Partei (Hans-Ulrich Stauffer, Berufliche Vorsorge, 2. Aufl., Zürich 2012, Rz. 1956). Die Beklagte 3 verweist auf das Urteil des Bundesgerichts vom 30. März 2009, 9C_944/2008, in welchem auch ein Gerichtsstand am Wohnsitz des Versicherungsnehmers, d.h. am Wohnsitz des Klägers, zugelassen worden war. Dabei ging es um die Beurteilung von Ansprüchen aus der gebundenen Vorsorgeversicherung. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Versicherers sahen als alternativen Gerichtsstand den Wohnsitz des Versicherungsnehmers vor. Das Bundesgericht führte aus, aus dem Zweck und der Systematik von Art. 73 BVG ergebe sich, dass der Gesetzgeber den Zugang der Rechtssuchenden an die Gerichte so weit wie möglich habe erleichtern wollen. Insoweit als der Wortlaut von Abs. 3 den Versicherungsnehmer gegebenenfalls dazu zwinge, an einem Ort und in einer Sprache zu klagen, mit welchem er im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vernünftigerweise nicht habe rechnen müssen, sei dieser Wortlaut nicht vereinbar mit dem in Abs. 2 festgehaltenen Grundsatz der Einfachheit und genereller mit der ratio legis von Art. 73 BVG. Aus der Auslegung von Art. 73 BVG ergebe sich, dass bei Streitigkeiten im Bereich der gebundenen Selbstvorsorge ein alternativer Gerichtsstand zum in Art. 73 Abs. 3 BVG vorgesehenen Gerichtsstand am schweizerischen Sitz oder Wohnsitz des Beklagten zugestanden werden müsse. Weder diesem Urteil noch dem von der Beklagten 3 ebenfalls zitierten Urteil des Bundesgerichts vom 12. März 2012, 9C_41/2012, kann entnommen werden, dass bei Klagen gegen mehrere Vorsorgeeinrichtungen mit Sitz in verschiedenen Kantonen nur der Wohnort des Klägers als Gerichtsstand in Frage kommt. Vielmehr hat der Kläger in einem solchen Fall weiterhin die freie Wahl. Gemäss Bundesgericht ist einzig darauf zu achten, dass sich ein einheitlicher Gerichtsstand ergibt, um sich widersprechende Urteile zu vermeiden, sowie aus prozessökonomischen Gründen (Prinzip des einfachen und raschen Verfahrens, Art. 73 Abs. 2 BVG). Der Kläger hat sich dazu entschieden, seine Klage an den Sitzen der Beklagten 1 und 5 einzureichen, welche sich im Kanton Zug befinden. Damit wird auch für die Beklagten 2, 3 und 4 der Kanton Zug als Gerichtsstand gültig. Mithin ist das Verwaltungsgericht des Kantons Zug zur Beurteilung der vorliegenden Klage örtlich und sachlich zuständig.

(...)

Urteil des Verwaltungsgerichts vom 16. März 2017, S 2015 169
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Verfahrensnummer am Bundesgericht: 9C_333/2017

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