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Gerichtspraxis

Staats- und Verwaltungsrecht

Verfahrensrecht

Art. 29 Abs. 2 BV, Art. 8 ZGB, § 122 Abs. 1 StG

Regeste:

Art. 8 ZGB – Versendet eine Behörde – hier die Grundstückgewinnsteuer-Kommission – einen Entscheid per A- oder B-Post ist der Beweis für die erfolgte Zustellung an einem bestimmten Tag durch den blossen Verweis auf das Verfügungsdatum, den üblichen administrativen Ablauf und die die übliche Zustelldauer gemäss Postauskunft nicht erbracht. Wird die Tatsache oder das Datum der Zustellung in der Folge bestritten, muss im Zweifel auf die Darstellung der Empfängerin oder des Empfängers abgestellt werden (Erw. 3d).

Art. 29 Abs. 2 BV – Als wesentlicher Bestandteil des Anspruchs auf rechtliches Gehör muss sich die Behörde mit den für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkten auseinandersetzen. Vorliegend hat die Behörde es unterlassen im Einspracheentscheid zu begründen, weshalb die Einsprache ihrer Ansicht nach verspätet erfolgt sei und damit das rechtliche Gehör verletzt (Erw. 3f-h).

§ 122 Abs. 1 StG – Jede auf Feststellung oder Geltendmachung der Steuerforderung gerichtete Amtshandlung, die einer steuerpflichtigen Person zur Kenntnis gebracht wird, unterbricht die 5-jährige Veranlagungsverjährung (Erw. 4a). Das gilt auch für ein Schreiben der Grundstückgewinnsteuer-Kommission, in dem vier Jahre nach der Veranlagungsperiode auf die Abrechnung eines Grundstücksteuerfalls aufmerksam gemacht wird (Erw. 4c). Die Behörde muss den Zugang dieses Schreibens an den Steuerpflichtigen allerdings belegen können, was hier nicht der Fall war (4e und f).

Aus dem Sachverhalt:

Mit öffentlich beurkundetem Kaufvertrag vom 30. April 2009 verkaufte C. sein Einfamilienhaus in der Gemeinde A. Am 17. März 2016 veranlagte die Grundstückgewinnsteuer-Kommission von A. den Grundstückgewinn. Mit Einsprache vom 9. Mai 2016 wandte sich der Rekurrent gegen die Veranlagung und machte insbesondere geltend, dass die Steuer knapp sieben Jahre nach der Handänderung infolge Verjährung nicht mehr veranlagt werden könne. Mit Entscheid vom 12. Mai 2016 trat die Rekursgegnerin infolge Verpassens der Frist nicht auf die Einsprache ein. Mit Steuerrekurs vom 13. Juni 2016 gelangte C. an das Verwaltungsgericht und beantragte u.a., der Einspracheentscheid sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass die Grundstückgewinnsteuer verjährt sei. Am 7. Juli 2016 beantragte die Grundstückgewinnsteuer-Kommission die Abweisung des Rekurses. Rekursgegnerin sinngemäss, die Anträge des Rekurrenten seien abzulehnen. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Es hätten zwischen der Einwohnergemeinde und dem Rekurrenten Gespräche und persönliche Treffen stattgefunden. Mit Schreiben vom 12. März 2013 sei er nochmals darauf hingewiesen worden, dass die Grundstückgewinnsteuer abzurechnen und zu veranlagen sei. Der Rekurrent habe eine Abrechnung «Investitionen B.» eingereicht. Am 7. Oktober 2015 sei dem Rekurrenten nochmals eine Steuererklärung zugestellt worden. Die Veranlagung sei am 17. März 2016 per A-Post zugestellt worden. Die Einsprache vom 9. Mai 2016 sei somit verspätet erfolgt. Die Verjährung sei nicht eingetreten, weil Unterbrechungshandlungen vorgenommen worden seien. Die Veranlagung des Falles sei nach langjähriger, einheitlicher Praxis im Kanton Zug vorgenommen worden. Mit Schreiben vom 22. September 2016 reichte der Rekurrent eine Replik ein, in welcher er im Wesentlichen ausführt, dass er bestreite, zwischen ihm und der Rekursgegnerin hätten Gespräche und persönliche Treffen stattgefunden. Den Akten lasse sich auch nichts Derartiges entnehmen. Das Schreiben vom 12. März 2013 sei ihm nicht bekannt. (...) Zum im Schreiben erwähnten Treffen bestünden keine Aktennotizen, was zeige, dass dieses eben nie stattgefunden habe. Aktenwidrig sei auch die Behauptung der Rekursgegnerin, dass am 7. Oktober 2015 «nochmals» eine Steuererklärung zugestellt worden sei. Es sei die erste zugestellte Steuererklärung gewesen. Mit Duplik vom 18. November 2016 führte die Rekursgegnerin im Wesentlichen aus, dass die Unterstellungen der unseriösen Dossierführung und groben Nachlässigkeit entschieden zurückgewiesen werde. Die Rekursgegnerin habe sich nichts entgegen zu halten. Ein offizielles Schreiben der Einwohnergemeinde A. als wenig glaubwürdig zu beschreiben, sei inakzeptabel. Die Aussagen des Rekurrenten seien nachweislich falsch. Es werde daran festgehalten, dass die Eröffnung der Veranlagung am 17. März 2016 erfolgt und die Verfügung per A-Post zugestellt worden sei. Aufgrund der konkreten Umstände sei der Zeitraum hinreichend klar bestimmt worden. Die Verfügung sei am Freitag, 18. März 2016 in den Machtbereich des Rekurrenten gelangt und somit aktenkundig gewesen.

Aus den Erwägungen:

(...)

2. Anfechtungsgegenstand des vorliegenden Rekurses bildet der Einspracheentscheid vom 12. Mai 2016. Streitgegenstand bilden die Fragen, ob der Rekurrent seine Einsprache verspätet eingereicht hat, ob die Veranlagungsverjährung eingetreten ist und schliesslich allenfalls die Frage, ob ein Steueraufschubtatbestand vorliegt.

3. a) Zuerst ist die Frage zu klären, ob die Einsprache fristgerecht eingereicht wurde. Für die Beweislast gilt wie erwähnt auch im Bereich des öffentlichen Rechts Art. 8 ZGB als allgemeiner Rechtsgrundsatz (...). Demnach hat jene Partei das Vorhandensein einer Tatsache zu beweisen, die aus ihr Rechte ableitet (BGE 133 V 205 E. 5.5). Im vorliegenden Fall beansprucht die Rekursgegnerin das Recht, auf die Einsprache nicht einzutreten. Sie hat folglich die fristauslösende Zustellung ihrer Veranlagungsverfügung zu belegen.

b) Für die Frage des Zeitpunkts der Zustellung einer Verfügung ist die Behörde objektiv beweisbelastet (vgl. BGE 136 V 295 E. 5.9, mit Hinweisen). Demnach hat die Steuerbehörde auf geeignete Art den Beweis dafür zu erbringen, dass und wann die Zustellung erfolgt ist. Dabei ist kein strikter Beweis vorausgesetzt; im Rahmen der Beweiswürdigung genügt es, dass aufgrund der konkreten Umstände der Zeitraum hinreichend klar bestimmt werden kann, in dem die Sendung in den Machtbereich des Empfängers gelangt sein muss (Urteile des Bundesgerichts vom 7. Februar 2006, 2A.494/2005, E. 2.1; vom 17. November 1999, 2A.271/1999, E. 3a, in: NStP [53, 1999], 173). Aufgrund von Indizien oder gestützt auf die gesamten Umstände kann allenfalls ein indirekter Zustellbeweis erbracht werden.

c) Die Rekursgegnerin macht in der Vernehmlassung vom 7. Juli 2016 geltend, die Grundstückgewinnsteuer-Kommission treffe sich in der Regel viermal jährlich zur Kommissionssitzung (gemäss Pflichtenheft vom 11. Januar 2011) und bearbeite seit Jahren die zur Beurteilung vorliegenden Fälle nach einem bestimmten Ablauf: Sitzungsdatum + 2 Arbeitstage = Versanddatum mit A-Post (§ 114 StG ZG); Ablauf Einsprachefrist: Versanddatum + 1 Tag + 30 Tage (§117 StG ZG); anschliessend Auszahlung / Rechnungsstellung je nach Verfügung. An der Sitzung vom Dienstag, 15. März 2016 seien 35 Fälle bearbeitet worden. Die Verfügungen seien mit Datum Donnerstag, 17. März 2016 eröffnet worden («Fristauslösung») und am selben Tag per A-Post den Pflichtigen zugestellt worden («zwingend wegen Fristauslösung»). Am Montag, den 18. April 2016, seien diese Verfügungen rechtskräftig geworden. Aufgrund der Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit- und Schnelligkeit der Post sowie nach geschäftlicher Usanz sei dieser Brief wie die anderen 34 Zustellungen am Freitag, 18. März 2016 in den Machtbereich des Empfängers gelangt. Am Mittwoch, den 20. April 2016 (Fristauslösung), nach Ablauf der Einsprachefrist, sei per A-Post («zwingend wegen Fristauslösung») die Rechnung zum Fall 2009_026 dem Rekurrenten zugestellt worden. Der Rekurrent habe im Rekursschreiben vom Montag, 13. Juni 2016 unter Ziffer II.1.2 bestätigt, die Rechnung am Donnerstag, den 21. April 2016 erhalten zu haben und beweise somit indirekt, dass der bestimmte Ablauf zur Bearbeitung der Grundstückgewinnsteuerfälle gemäss obiger Beschreibung durchgeführt werde und die Zustellung der A-Post bestens funktioniere. Die Einsprache vom Montag, den 9. Mai 2016, sei aufgrund der Rechnungszustellung vom Mittwoch, den 20. April 2016, erfolgt und sei definitiv verspätet.

Der Rekurrent will hingegen erst am 21. April 2016 oder am 22. April 2016 die Rechnung der Rekursgegnerin mit Datum vom 20. April 2016 betreffend die Grundstückgewinnsteuer erhalten haben, worauf sich sein Sohn bei der Gemeinde telefonisch am 26. April 2016 über den Hintergrund der Rechnung erkundigt und er in der Folge eine Kopie der Verfügung habe abholen können.

d) Zunächst ist festzustellen, dass bei aller Glaubwürdigkeit der Rekursgegnerin aus ihrer dargelegten, festen Praxis beim Ausfertigen der Verfügungen und beim gleichzeitigen Versand meist einer Vielzahl von Veranlagungen kein Beweis und auch kein beweisfestes Indiz für die im Einzelfall auch wirklich erfolgte Zustellung einer Verfügung abgeleitet werden kann. Denn wie erwähnt ist auch im Prozessrecht der allgemeine Grundsatz von Art. 8 ZGB massgeblich, wonach diejenige Person das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache beweisen muss, die aus ihr Rechte ableitet. Wie das Verwaltungsgericht des Kantons Zug bereits im Urteil A 2016 14 vom 29. November 2016 in Erwägung 2c gegenüber der Rekursgegnerin – als der hier zu beurteilende Fall aber bereits hängig war – feststellte, ist für Vollzug und Zeitpunkt der Zustellung einer Verfügung oder eines Entscheids, wovon die Auslösung und der Lauf einer Rechtsmittelfrist abhängen, die zustellende Behörde beweispflichtig (BGE 99 Ib 356 E. 2). Die Behörde, welche die Beweislast für die erfolgte Zustellung trägt, kann dies nicht durch den blossen Hinweis auf den üblichen administrativen Ablauf nachweisen, sondern hat den Beweis aufgrund weiterer Indizien oder der Gesamtumstände (wie der Erfüllung einer Forderung, dem Schriftenwechsel, dem Verhalten einer Person oder Zeugenaussage) zu erbringen. Die Postaufgabe beweist nicht zwingend, dass die Adressatin oder der Adressat die Sendung auch erhalten hat, denn ein Fehler der Postzustellung liegt nicht derart ausserhalb jeder Wahrscheinlichkeit, dass mit dieser Möglichkeit nicht gerechnet werden müsste (BGE 105 III 43 E. 2a; Uhlmann / Schilling-Schwank, in: Waldmann / Weissenberger, Praxiskommentar Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl., Zürich / Basel / Genf 2016, N 13 zu Art. 34 VwVG). Wird die Tatsache oder das Datum der Zustellung bestritten, muss im Zweifel auf die Darstellung der Empfängerin oder des Empfängers abgestellt werden (Uhlmann / Schilling-Schwank, a.a.O., N 13 zu Art. 34 VwVG; Richner / Frei / Kaufmann / Meuter, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. Aufl., Bern 2013, N 34 zu § 126 StG; vgl. BGE 103 V 63 E. 2a).

Unbestrittenermassen hat die Grundstückgewinnsteuer-Kommission ihre Veranlagungsverfügung – ihrer bisherigen Praxis gemäss – dem Rekurrenten nicht eingeschrieben und auch nicht mit A-Post Plus zugestellt. Es ist weder ein Barcode auf einem Couvert aktenkundig noch liegt ein Zustellnachweis über Track & Trace der Post oder durch ein anderweitiges Dokument vor. Im Unterschied zu herkömmlichen Postsendungen sind insbesondere auch «A-Post Plus»-Sendungen mit einer Nummer versehen, was die elektronische Sendungsverfolgung im Internet («Track & Trace») ermöglicht. Daraus ist u.a. ersichtlich, wann dem Empfänger die Sendung durch die Post zugestellt wurde. Das Bundesgericht erachtet den Zustellnachweis durch einen Track & Trace-Auszug als rechtsgenüglich (vgl. Urteile des Bundesgerichts vom 26. November 2014, 8C_573/2014, E. 2.2; vom 24. Januar 2012, 2C_570/2011 und 2C_577/2011, E. 4.2; vom 13. Februar 2014, 2C_68/2014 und 2C_69/2014, E. 2.3; vom 14. Januar 2010, 2C_430/2009, E. 2.3, publ. in; StR 65 [2010] 396, jeweils mit weiteren Hinweisen). Bei der Zustellung mit A- oder B-Post ist der Wahrscheinlichkeitsbeweis für den Zustellungszeitpunkt einer Verfügung nicht allein durch den blossen Hinweis auf das Verfügungsdatum und die übliche Zustelldauer gemäss Auskunft der Post erbracht. Allein aus dem Verfügungsdatum kann nicht ohne weiteres auf den Versandzeitpunkt geschlossen werden und A- und B-Post-Briefe werden mitunter durchaus auch erst mehrere Tage nach der Aufgabe zugestellt oder gar nicht. So sind in den letzten 10 Jahren verschiedene Stichproben mit jeweils zwischen 100 und 200 Briefen gemacht worden, und alle diese Stichproben führten zum selben Ergebnis: Nämlich, dass die Post ihre Regelversandzeiten nicht immer einhält. In der Zeitschrift Saldo Nr. 17 vom 27. Oktober 2010 wird eine Stichprobe aus dem Jahre 2010 mit je 100 Briefen A- und B-Post beschrieben, wobei 12% beziehungsweise 5% aller Briefe zu spät angekommen sind und 1% aller Briefe nie. In der Zeitschrift Saldo Nr. 5 vom 18. März 2008 wird eine Stichprobe aus dem Jahre 2008 mit 200 Briefen B-Post (durchgeführt vom Schweizerischen Beobachter, zitiert in Saldo) beschrieben, wobei 11.5% aller B-Post-Briefe länger als 3 Tage (ohne Samstage) unterwegs waren. (...) Damit ist aus Sicht des Gerichts klar erwiesen, dass nicht unbesehen auf die von der Post in eigener Sache kommunizierten Regelzustelldauern abgestellt werden darf (BGE 142 IV 125 E. 4.4 und BGE 129 I 8). Wer die Vorteile des billigeren Versandes mit A-Post in Anspruch nimmt, hat die Folgen (nämlich die Beweislosigkeit) zu tragen.

(...)

e) Demzufolge ist festzustellen, dass die Rekursgegnerin auf die Einsprache des Rekurrenten vom 9. Mai 2016 hätte eintreten müssen, da sie als beweisbelastete Partei nach Art. 8 ZGB die Folgen der Beweislosigkeit zu tragen hat. Im Einspracheentscheid wie auch vor Gericht hat sich die Rekurrentin weder mit dem Sachverhalt auseinandergesetzt noch hat sie eine rechtliche Würdigung vorgenommen und sich mit dem Ungenügen der Zustellung per A-Post befasst. Hätte sich die Rekursgegnerin mit den Vorbringen des Rekurrenten auseinandergesetzt, hätte sie festgestellt, dass auf die Einsprache einzutreten gewesen wäre (...).

f) Gegen den Einspracheentscheid vom 12. Mai 2016 wird zusätzlich eine Verletzung der behördlichen Begründungspflicht geltend gemacht. So führte der Rekurrent in der Einsprache aus, die Veranlagungsverfügung sei ihm vor weniger als 30 Tagen zugegangen, womit die Einsprache fristgerecht erfolge. Die Rekursgegnerin führte dazu in ihrem Einspracheentscheid aus, dass «infolge Verpassung der Frist auf die Einsprache nicht eingetreten» werde. Weiter wurde einzig ausgeführt, dass am 29. Januar 2016 eine ausgefüllte und rechtsgültig unterschriebene Steuererklärung für die Grundstückgewinnsteuer eingereicht worden sei und man die Angaben überprüft habe. Die Verfügung sei dem Steuerpflichtigen am 17. März 2016 und die Rechnung nach Ablauf der Einsprachefrist am 20. April 2016 zugestellt worden.

Vor Gericht führt der Rekurrent aus, dass der Einspracheentscheid unzureichend begründet worden sei. Zu den jeweiligen Punkten seien von der Rekursgegnerin ausschliesslich nicht brauchbare Kurzaussagen ohne irgendwelche Substantiierung und ohne Bezug zum vorliegenden Fall gemacht worden. So werde betreffend die Frist ausgeführt, dass sie verpasst worden sei, ohne auszuführen, weshalb. Betreffend die Verjährungsthematik führe die Rekursgegnerin im Einspracheentscheid lediglich aus, dass «persönliche Gespräche und Schriftverkehr» stattgefunden hätten. Diese würden jedoch nicht spezifiziert.

Die Rekursgegnerin macht demgegenüber geltend, der Nichteintretensentscheid auf die Einsprache sei zureichend begründet worden, wonach die Einsprachefrist nicht eingehalten worden sei. Die Begründungspflicht im Rahmen der Einsprache sei nicht verletzt, sondern sogar kundenfreundlich ausgelegt worden mit den Hinweisen und Begründungen, dass die Einsprache auch bei Eintreten abgelehnt worden wäre.

g) Das rechtliche Gehör nach Art. 29 Abs. 2 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV, SR 101) verlangt, dass die Behörde die Vorbringen des Rechtsunterworfenen auch tatsächlich hört, prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt (BGE 124 I 49 E. 3a; BGE 124 I 241 E. 2, je mit Hinweisen). Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist formeller Natur. Seine Verletzung führt ungeachtet der Erfolgsaussichten der Beschwerde in der Sache selbst zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids (BGE 118 Ia 17 E. 1a; BGE 117 Ia 5 E. 1a; BGE 115 Ia 8 E. 2a, mit Hinweisen). Die Entscheidadressaten haben das Recht, sich vor Erlass von Entscheiden, die in ihre Rechtsstellung eingreifen, zur Sache zu äussern. Dazu gehört insbesondere das Recht, Einsicht in die Akten zu nehmen, mit erheblichen Beweisanträgen gehört zu werden und an der Erhebung wesentlicher Beweise entweder mitzuwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern, wenn es geeignet ist, den Entscheid zu beeinflussen (BGE 127 I 54 E. 2b). Wesentlicher Bestandteil des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist die Begründungspflicht. Die Begründung soll verhindern, dass sich die Behörde von unsachlichen Motiven leiten lässt, und dem Betroffenen ermöglichen, die Verfügung gegebenenfalls sachgerecht anzufechten. Dies ist nur möglich, wenn sowohl er wie auch die Rechtsmittelinstanz sich über die Tragweite des Entscheids ein Bild machen können. In diesem Sinn müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf welche sich ihr Entscheid stützt. Dies bedeutet indessen nicht, dass sie sich ausdrücklich mit jeder tatbestandlichen Behauptung und jedem rechtlichen Einwand auseinandersetzen muss. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränken (BGE 136 I 229 E. 5.2; BGE 133 I 270 E. 3.1; BGE 129 I 232 E. 3.2; BGE 126 I 97 E. 2b, mit Hinweisen).

h) Vorliegend hätte die Rekursgegnerin nicht nur auf die Einsprache eintreten müssen, da sie nicht in der Lage ist, die Zustellung ihrer Veranlagungsverfügung und damit den Beginn der Einsprachefrist zu beweisen. Sie wäre zudem verfahrensmässig verpflichtet gewesen, in ihrem Einspracheentscheid zu begründen, warum die Einsprache nach ihrer Ansicht verspätet erhoben worden sei, nachdem der anwaltlich vertretene Rekurrent ausdrücklich geltend machte, er habe den Einspracheentscheid vor weniger als 30 Tagen zugestellt erhalten. Die Rekursgegnerin hätte abgesehen von der Möglichkeit und Angemessenheit einer mündlichen oder schriftlichen Anhörung des Rekurrenten zu dem von ihm in der Einsprache geltend gemachten Sachverhalt wenigstens in ihrem Entscheid anführen müssen, was sie vor Gericht geltend macht. So wäre anzuführen gewesen, dass sie an der Sitzung vom Dienstag, den 15. März 2016, mit dem Fall des Rekurrenten insgesamt 35 Fälle bearbeitet habe und alle Verfügungen mit Datum Donnerstag, den 17. März 2016, eröffnet worden und praxisgemäss am selben Tag per A-Post den Pflichtigen zugestellt worden seien, weshalb sie nach ihrer Ansicht am Montag, 18. April 2016, rechtskräftig geworden seien. Nur auf eine solche, substanziierte – wenn auch im Rekursverfahren nicht durchdringende – Begründung hin wäre der Rekurrent in der Lage gewesen, konkret Stellung nehmen zu können.

i) Nach der Rechtsprechung kann eine – nicht besonders schwerwiegende – Verletzung des rechtlichen Gehörs ausnahmsweise als geheilt gelten, wenn die betroffene Person die Möglichkeit erhält, sich vor einer Beschwerdeinstanz zu äussern, die sowohl den Sachverhalt als auch die Rechtslage frei überprüfen kann. Von einer Rückweisung der Sache ist selbst bei einer schwerwiegenden Verletzung des rechtlichen Gehörs dann abzusehen, wenn und soweit die Rückweisung zu einem formalistischen Leerlauf und damit zu unnötigen Verzögerungen führen würde, die mit dem (der Anhörung gleichgestellten) Interesse der betroffenen Partei an einer beförderlichen Beurteilung der Sache nicht zu vereinbaren wären (BGE 133 I 201 E. 2.2 mit Hinweisen).

Hier würde eine Rückweisung der Sache zu einem formalistischen Leerlauf führen, wie die weiteren Ausführungen des Gerichts zeigen. Die Verletzungen des rechtlichen Gehörs sind indessen bei der Kostenauflage zu berücksichtigen. Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, dass die Rekursgegnerin das rechtliche Gehör des Rekurrenten durch den Nichteintretensentscheid und mangels Begründung desselben verletzt hat, diese Verletzung aber vom Verwaltungsgericht geheilt werden kann. Demzufolge ist auf eine Rückweisung der Sache zur Beurteilung der Einsprache und entsprechender neuer Verfügung durch die Rekursgegnerin zu verzichten.

4. a) Gemäss § 122 Abs. 1 StG verjährt das Recht, eine Steuer zu veranlagen, fünf Jahre nach Ablauf der Steuerperiode (relative Verjährungsfrist). Nach Abs. 3 beginnt die Verjährung neu zu laufen mit jeder auf Feststellung oder Geltendmachung der Steuerforderung gerichteten Amtshandlung, die einer steuerpflichtigen Person zur Kenntnis gebracht wird (lit. a) oder mit jeder ausdrücklichen Anerkennung der Steuerforderung durch die steuerpflichtige Person (lit. b). Das Recht, eine Steuer zu veranlagen, ist 15 Jahre nach Ablauf der Steuerperiode auf jeden Fall verjährt (absolute Verjährungsfrist, Abs. 4).

b) Das zu veranlagende Handänderungsgeschäft datiert vom 30. April 2009. Die Veranlagung der Grundstückgewinnsteuer erfolgte mit Verfügung vom 17. März 2016 und ging dem Rekurrenten nach eigenen Aussagen Ende April 2016 zu, nachdem er sich nach Erhalt der Rechnung der Rekursgegnerin bei dieser nach dem Grund für die Rechnung erkundigte. Die relative Verjährungsfrist beträgt – wie erwähnt – fünf Jahre, d.h. an sich ist die relative Verjährungsfrist vorliegend eingetreten. Es bleibt zu prüfen, ob die relative Verjährungsfrist nachweisbar unterbrochen worden ist oder nicht, d.h. ob die Rekursgegnerin rechtsgenüglich belegen kann, dass Unterbrechungshandlungen stattgefunden haben.

c) Bei den Akten liegt ein Schreiben des Sekretärs der Grundstückgewinnsteuer-Kommission vom 12. März 2013 an den Rekurrenten, in welchem dieser unter anderem ausführte: «Es gilt, den vorgenannten Grundstückgewinnsteuerfall noch abzurechnen und zu veranlagen. Bitte setze Dich doch demnächst mit mir in Verbindung, damit wir einen Termin vereinbaren können.» Da es gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 18. Juni 2010, 2C_115/2010, E. 2.3.1) für eine Unterbrechung der Verjährung bereits ausreicht, wenn die zuständige Behörde «unmissverständlich auf die Besteuerung der fraglichen Liegenschaftsgewinne aufmerksam» macht, oder wenn sie zu Sitzungen lädt, «bei der es ebenfalls um die Besteuerung des Gewinns aus der Überbauung» geht, dann reicht das hier ergangene Schreiben ebenfalls aus, um die Verjährung zu unterbrechen. Denn dieses macht unmissverständlich darauf aufmerksam, dass dieser «Grundstückgewinnsteuerfall noch abzurechnen und [zu] veranlagen» sei und es wird auch (zumindest indirekt) zu einer entsprechenden Sitzung geladen. Das Schreiben vom 12. März 2013 war also entgegen der Ansicht des Rekurrenten geeignet, die Verjährung zu unterbrechen, falls es an ihn zugestellt worden ist.

d) Die Rekursgegnerin beruft sich darauf, dass mit dem Rekurrenten, nachdem er entgegen seiner Pflicht gemäss § 200 StG keine Steuererklärung eingereicht habe, Gespräche und persönliche Treffen stattgefunden hätten und er mit Schreiben vom 12. März 2013 nochmals darauf hingewiesen worden sei, dass der Grundstückgewinnsteuerfall 2009_026 abzurechnen und zu veranlagen sei. Der Rekurrent habe in dieser Zeit das A4-Blatt über die «Investitionen B.» eingereicht. Der Rekurrent habe bei den Kontakten immer betont, weitere Unterlagen, insbesondere Rechnungen etc., seien keine mehr vorhanden.

Der Rekurrent bestreitet, dass zwischen der Rekursgegnerin und ihm Gespräche und persönliche Treffen stattgefunden hätten, bei denen es um die Veranlagung der Grundstückgewinnsteuer oder das Veranlagungsverfahren gegangen sei. Hiervon wisse er schlichtweg nichts. Auch aus den Akten könne nichts Entsprechendes entnommen werden. Die Treffen hätten denn auch keinerlei Aktennotizen entstehen lassen. Das Schreiben vom 12. März 2013 sei dem Rekurrenten nicht bekannt. Es sei auch wenig glaubwürdig. Einerseits werde auf ein kürzliches Treffen verwiesen, andererseits sei der Inhalt des Schreibens dahingehend, dass ein Termin vereinbart werden müsse und man um Kontaktnahme bitte. Entsprechendes hätte jedoch bereits anlässlich des angeblichen «kürzlichen Treffens» vereinbart werden können. Das angebliche Schreiben vom 12. März 2013 sei denn auch ohne irgendwelche Nachverfolgung geblieben. Vielmehr habe die Angelegenheit weitere zwei Jahre geruht. Dem Schreiben sei kein aktenkundiges Telefongespräch oder eine weitere Rückfrage gefolgt. Auch dies mache es sehr wahrscheinlich, dass das Schreiben dem Rekurrenten gar nie zugestellt worden sei. Zu dem im Dokument mit Datum vom 12. März 2013 behaupteten Treffen, dessen Datum und/oder Ort nicht einmal genannt werden könne, bestünden keinerlei Aktennotizen oder Ausführungen der Rekursgegnerin. Dies zeige umso mehr, dass das behauptete Treffen gar nie stattgefunden habe. Auch sei die Aussage der Rekursgegnerin, dass in der Zeit vom März 2013 ein A4-Blatt über die «Investitionen B.» eingereicht worden sei, schlichtweg falsch. Der Rekurrent habe keinerlei Veranlassung gehabt, irgendwelche Dokumente einzureichen, da er hierzu ja gar nicht aufgefordert worden sei. Das Dokument sei erst im Zusammenhang mit der Grundstückgewinnsteuer-Deklaration vom Januar 2016 eingereicht worden. Die Rekursgegnerin habe sich entgegenhalten zu lassen, dass weder auf dem A4-Blatt «Investitionen B.» ein Datum des Zuganges vermerkt sei, noch irgendwelche weiteren Aktennotizen oder Korrespondenzen dazu im Dossier auffindbar seien.

e) Wie bereits (...) erläutert, obliegt es demjenigen, der aus einer Tatsache Rechte (hier: Verjährungsunterbrechung) ableitet, diese zu belegen. Die Rekursgegnerin hat weder behauptet noch dargetan, dass sie das Schreiben vom 12. März 2013 dem Rekurrenten per Einschreiben oder mit A-Post Plus geschickt hat. Auch dem in den Akten vorhandenen Schreiben vom 12. März 2013 lässt sich kein Hinweis auf eine derartige Versandart entnehmen (...). Die Rekursgegnerin kann somit auch den Beweis, dass dieses Schreiben an den Rekurrenten zugestellt worden ist, nicht erbringen.

f) Die Rekursgegnerin bringt weiter vor, dass «zwischen der Einwohnergemeinde und dem Rekurrenten Gespräche und persönliche Treffen stattgefunden» hätten (...). Es fehlen aber Zeugenaussagen und insbesondere Aktennotizen über solche Kontakte, weshalb diese Vorbringen keinen Beweis erbringen können. Auch hier ist (...) darauf hinzuweisen, dass nicht belegbare Behauptungen Beweise nicht zu ersetzen vermögen, weshalb die Rekursgegnerin abermals die Folgen der Beweislosigkeit zu tragen hat.

5. Es ergibt sich somit, dass die Rekursgegnerin auf die Einsprache des Rekurrenten zu Unrecht nicht eingetreten und der Einspracheentscheid vom 12. Mai 2016 aufzuheben ist. Auf eine Rückweisung der Sache an die Vorinstanz ist zu verzichten und festzustellen, dass eine (allfällige) Grundstückgewinnsteuer aus der Liegenschaftsveräusserung des Rekurrenten vom 30. April 2009 infolge eingetretener Veranlagungsverjährung nicht mehr geltend gemacht werden kann und die Veranlagungsverfügung vom 17. März 2016 somit aufzuheben ist. Eine Prüfung der Angelegenheit in materieller Hinsicht (insbesondere die Streitfrage der steuerlichen Bewertungsmethode bei gemischten Schenkungen) entfällt damit.

(...)

Urteil des Verwaltungsgerichts vom 30. Mai 2017, A 2016 15
Das Urteil ist rechtskräftig

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