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Art. 29 Abs. 1 und 2 BV, § 15 Abs. 1 VRG, § 5 Abs. 2 kant. BüG

Regeste:

Art. 29 Abs. 1 und 2 BV, § 15 Abs. 1 VRG, § 5 Abs. 2 kant. BüG – Sofern die Bürgergemeinde zur Prüfung der Eignung der Einbürgerungswilligen eine Wissensprüfung durchführen will, anlässlich derer Kenntnisse geprüft werden, die typischerweise spezifisch vorbereitet werden müssen, gebietet es der Anspruch auf rechtliches Gehör bzw. der allgemeine Grundsatz der Verfahrensfairness, dass die Bewerberinnen und Bewerber vorgängig über die gestellten Anforderungen informiert, und die verlangten Kenntnisse umschrieben werden (Ziff II. E. 2.5.4.). Indem der Beschwerdegegner die Beschwerdeführenden vorliegend nicht einmal in den Grundzügen über die verlangten Kenntnisse orientierte und sodann trotzdem eine detaillierte Wissensprüfung vorgenommmen hat, ohne ihnen vorgängig die Chance auf eine angemessene Vorbereitung ermöglicht zu haben, hat er deren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) bzw. in allgemeiner Weise den Grundsatz der Verfahrensfairness (Art. 29 Abs. 1 BV) in schwerer Weise verletzt (Ziff. II E. 2.5.5.).

Aus dem Sachverhalt:

Am 10. Mai 2016 reichten B.Y. und A.Y. beim Zivilstands- und Bürgerrechtsdienst des Kantons Zug ein Gesuch um Erteilung der eidgenössischen Einbürgerungsbewilligung ein. In das Einbürgerungsgesuch einbezogen waren die beiden Töchter C.Y. und D.Y. Dieses Gesuch stellte der Zivilstands- und Bürgerrechtsdienst mit Schreiben vom 19. Juli 2016 der Bürgergemeinde X zur Prüfung zu. Der Bürgerrat X führte am 24. Oktober 2016 ein Einbürgerungsgespräch mit Familie Y. durch.

Mit Beschluss vom 22. Dezember 2016 sprach sich der Bürgerrat X gegen die Erteilung des Gemeindebürgerrechts an A.Y. und B.Y. aus. Der Bürgerrat begründete dies im Wesentlichen mit ungenügenden Kenntnissen über die Schweiz und ihre Einwohnerschaft sowie mit ungenügenden Kenntnissen über die Schweizer Geschichte im Rahmen des Einbürgerungsgesprächs. So hätten A.Y. und B.Y. zwar die ihnen gezeigten Fotoaufnahmen, nicht aber die Aufgaben der Bürgergemeinde benennen können. Ebenso wenig sei es ihnen gelungen, eine Liegenschaft der Bürgergemeinde zu bezeichnen. Auch die Fragen zur näheren Schweizer Geschichte hätten nicht genügend beantwortet werden können. Zwar hätten sie die Schlacht am Morgarten sowie diejenige von Marignano, nicht aber den Sonderbundskrieg oder die Burgunderkriege gekannt. Auch zum Löwendenkmal in Luzern oder zum Zusammenhang zwischen der Schlacht am Morgarten und der (Legoren) Fasnacht hätten keine geschichtlich relevanten Angaben gemacht werden können. Die Einbürgerungsgesuche der Töchter C.Y. und D.Y. hiess der Bürgerrat X dagegen an der Sitzung vom 20. Dezember 2016 gut.

Mit Verwaltungsbeschwerde vom 19. Januar 2017 haben B.Y. und A.Y. (nachfolgend «Beschwerdeführende» genannt) den Beschluss des Bürgerrats X vom 22. Dezember 2016 beim Regierungsrat des Kantons Zug angefochten und beantragten dessen Aufhebung; dies unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Staatskasse. Zur Begründung führten sie aus, indem der Bürgerrat X sie nicht über den Inhalt des Einbürgerungsgesprächs informiert habe, habe er ihren Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV; SR 101) verletzt bzw. in allgemeiner Weise gegen das Prinzip der Verfahrensfairness nach Art. 29 Abs. 1 BV und den Grundsatz von Treu und Glauben nach Art. 9 und Art. 5 Abs. 3 BV verstossen. Es sei zudem nicht zutreffend, dass sie mangelhaft integriert seien. Bei der Durchführung der entsprechenden Eignungsprüfung sei der Bürgerrat X in mehreren Punkten willkürlich und somit bundesrechtswidrig vorgegangen.

In seiner Stellungnahme vom 27. April 2017 hielt der Bürgerrat X (nachfolgend «Beschwerdegegner» genannt) an der angefochtenen Verfügung fest und beantragte unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beschwerdeführenden die Abweisung der Verwaltungsbeschwerde. Er machte im Wesentlichen geltend, er habe in der Einladung zum Einbürgerungsgespräch darauf hingewiesen, dass mit diesem Gespräch die Eignung zur Einbürgerung geprüft werde. Es entspreche weder der kantonalen Einbürgerungspraxis noch der Usanz, dass vor einer Überprüfung der Eignung zur Einbürgerung detailliert auf die Themen hingewiesen werde. Er habe zudem nicht willkürlich entschieden. Dies ergebe sich schon alleine aus dem Umstand, dass die Einbürgerungsgesuche der beiden Töchter gutgeheissen worden seien. Daraus ergebe sich, dass der Bürgerrat differenziert und sachgerecht entschieden habe.

Aus den Erwägungen:

I.

(...)

II.

1.

1.1. Bei der ordentlichen Einbürgerung wird das Schweizer Bürgerrecht mit der Einbürgerung in einem Kanton und einer Gemeinde erworben (Art. 12 Abs. 1 des Bundesgesetzes über Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts vom 29. September 1952 [eidgenössisches Bürgerrechtsgesetz, eidg. BüG; SR 141.0]). Die Einbürgerung ist nur gültig, wenn zudem eine entsprechende Bewilligung des zuständigen Bundesamtes vorliegt (Art. 12 Abs. 2 eidg. BüG). Die Bewerberin oder der Bewerber muss gemäss Art. 14 eidg. BüG zur Einbürgerung geeignet sein, das heisst insbesondere in die schweizerischen Verhältnisse eingegliedert (lit. a) sowie mit den schweizerischen Lebensgewohnheiten, Sitten und Gebräuchen vertraut sein (lit. b), die schweizerische Rechtsordnung beachten (lit. c) und darf weder die innere noch die äussere Sicherheit gefährden (lit. d).

1.2. Das Gemeinde- und Kantonsbürgerrecht darf nur Bewerberinnen und Bewerbern erteilt werden, die aufgrund ihrer persönlichen Verhältnisse hierzu geeignet sind (§ 5 Abs. 1 kant. BüG). § 5 Abs. 2 kant. BüG zählt hierzu beispielhaft und nicht abschliessend («insbesondere») verschiedene Kriterien auf, anhand derer die Eignung zu überprüfen ist, wie namentlich, ob die Bewerberin oder der Bewerber mit den schweizerischen, kantonalen und örtlichen Lebensgewohnheiten vertraut ist, die mit dem Bürgerrecht verbundenen Rechte und Pflichten kennt und beachten will, genügende Sprachkenntnisse zur Verständigung mit Behörden sowie Mitbürgerinnen und Mitbürgern besitzt sowie geordnete persönliche, familiäre und finanzielle Verhältnisse nachweisen kann.

1.3. Das kantonale Bürgerrechtsgesetz gewährt keinen Anspruch auf Einbürgerung. Insofern verfügen die Bürgergemeinden, die das Gemeindebürgerrecht zusichern, über einen gewissen Ermessensspielraum. Das bedeutet aber nicht, dass sie in ihrem Entscheid völlig frei sind. Gemeinwesen, welche staatliche Aufgaben wahrnehmen, sind an die Grundrechte gebunden und haben zu ihrer Verwirklichung beizutragen (Art. 35 Abs. 2 BV; vgl. BGE 135 I 265 E. 4.2). Sie haben ihr Ermessen pflichtgemäss auszuüben. Die gesuchstellenden Personen können sich auf die verfassungsmässigen und gesetzlichen Garantien berufen, dass die Behörden bei ihrem Entscheid die allgemeinen Rechts- und Verfahrensgrundsätze befolgen. So haben sie insbesondere das Willkürverbot sowie den Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu beachten und sie müssen sich von sachlichen Motiven leiten lassen. Die Betroffenen haben Anspruch auf die Gewährung des rechtlichen Gehörs und – bei Gesuchsablehnung – auf eine rechtsgenügende Begründung (Art. 15b eidg. BüG; vgl. BGE 135 I 265 E. 4.3; GVP 2008 S. 105).

2.

2.1. Die Beschwerdeführenden rügen, dass das Einladungsschreiben des Beschwerdegegners vom 1. September 2016 zum Einbürgerungsgespräch keine Anhaltspunkte zu den einzelnen Gesprächsbestandteilen enthalten habe. Es fehle dem Schreiben an der Information, dass anlässlich dieses Gesprächs eine vertiefte Eignungsprüfung stattfinden würde, und insbesondere an der vorgängigen Orientierung über die Befragung zu detaillierten historischen Punkten, aufgrund welcher das Einbürgerungsgesuch schliesslich abgelehnt worden sei. Dieses Vorgehen des Beschwerdegegners verstosse gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV bzw. in allgemeiner Weise gegen den Grundsatz der Verfahrensfairness gemäss Art. 29 Abs. 1 BV. Überdies verletze das Vorgehen des Beschwerdegegners in prozessualer Hinsicht das Prinzip von Treu und Glauben nach Art. 5 Abs. 3 BV.

2.2. Der Beschwerdegegner macht geltend, im Einladungsschreiben zum Einbürgerungsgespräch sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass mit diesem Gespräch die Eignung zur Einbürgerung geprüft werde. Damit seien sämtliche Behauptungen zur angeblichen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, des Grundsatzes der Fairness im Verfahren sowie des Prinzips von Treu und Glauben widerlegt. Dass mit der Einladung zum Einbürgerungsgespräch detailliert auf die Gesprächsthemen und die einzelnen Gesprächsteile hingewiesen werden müsse, sei weder vorgeschrieben noch üblich.

2.3. Zu der durch Art. 29 BV geschützten Verfahrensfairness gehört der in Art. 29 Abs. 2 BV besonders aufgeführte Anspruch auf rechtliches Gehör (vgl. RENÉ RHINOW et al., Öffentliches Prozessrecht, 3. Aufl. 2014, Rz. 309). Dieser dient der Sachaufklärung und garantiert den Verfahrensbeteiligten ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht. Sie haben insbesondere Anspruch auf Äusserung zur Sache vor Fällung des Entscheids, auf Abnahme ihrer erheblichen, rechtzeitig und formrichtig angebotenen Beweise und auf Mitwirkung an der Erhebung von Beweisen oder zumindest auf Stellungnahme zum Beweisergebnis. Voraussetzung dafür sind genügende Kenntnisse über den Verfahrensverlauf, was auf das Recht hinausläuft, in geeigneter Weise über die entscheidwesentlichen Vorgänge und Grundlagen vorweg orientiert zu werden. Dabei geht es nicht nur um formelle Abläufe wie insbesondere die Abnahme von Beweisen, sondern auch um inhaltliche Anforderungen (BGE 140 I 99 E. 3.4).

2.4. Obwohl dem Einbürgerungsentscheid auch eine politische Komponente innewohnt, ist das Einbürgerungsverfahren kein rechtsfreier Vorgang, wird doch darin über den rechtlichen Status von Einzelpersonen entschieden (BGE 141 I 60 E. 3.2). Die verfassungsrechtlichen Verfahrensgarantien gelten daher in geeigneter Weise auch im Verfahren der ordentlichen Einbürgerung (vgl. weiter oben Ziff. II. E. 1.3). Dazu zählt das Recht auf vorgängige Orientierung. Die Gesuchstellenden sind jedenfalls über diejenigen Verfahrensschritte vorweg zu informieren, die geeignet sind, den Entscheid über die Einbürgerung zu beeinflussen, und auf die sie sich gezielt vorbereiten können (BGE 141 I 60 E. 3.3; BGE 140 I 99 E. 3.5; Urteil des Bundesgerichts 1D_1/2017 vom 24. Mai 2017, E. 5.2). Wird anlässlich eines Einbürgerungsgesprächs Wissen geprüft, so drängt sich eine vorgängige Orientierung darüber auf (BGE 140 I 99 E. 3.7.2).

2.5.

2.5.1. Das Einladungsschreiben des Beschwerdegegners vom 1. September 2016 hielt fest, dass mit diesem Gespräch (d.h. dem Einbürgerungsgespräch) die Eignung zur Einbürgerung geprüft wird. Darüber hinausgehende Informationen zum Inhalt des Einbürgerungsgesprächs sind dem Schreiben nicht zu entnehmen.

2.5.2. Die Beurteilung der Eignung von Bewerberinnen und Bewerbern zur Erteilung des Gemeindebürgerrechts richtet sich nach den Grundsätzen von § 5 kant. BüG. Die Ausgestaltung des Verfahrens dieser Eignungsprüfung ist gesetzlich nicht geregelt und liegt insoweit in der Kompetenz der Bürgergemeinden, welchen in diesem Bereich ein Ermessensspielraum zukommt. Die Bürgergemeinden können unter Vorbehalt der Beachtung höherrangigen Rechts die Prüfung des zur Eignung erforderlichen Wissens nach eigenen Vorstellungen regeln, sofern sich das gewählte Verfahren zur Überprüfung der infrage stehenden Voraussetzung eignet (vgl. Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, VB.2015.00381 vom 11. November 2015, E. 4.3.2). Doch gerade weil die Bürgergemeinden in inhaltlicher Hinsicht über einen Ermessensspielraum verfügen, ist die Beachtung der formellen Verfahrensanforderungen umso bedeutsamer (BGE 141 I 60 E. 3.3).

2.5.3. Gemäss § 5 Abs. 2 kant. BüG ist insbesondere zu prüfen, ob die Bewerberinnen und Bewerber mit den schweizerischen, kantonalen und örtlichen Lebensgewohnheiten vertraut sind und die mit dem Bürgerrecht verbundenen Rechte und Pflichten kennen und beachten wollen (vgl. auch Art. 14 eidg. BüG).

Aus dem angefochtenen Entscheid ergibt sich, dass der Beschwerdegegner diese Kriterien dahingehend auslegt, dass die Bewerberinnen und Bewerber spezifische Fragen zur näheren Geschichte der Schweiz beantworten können müssen. Der Beschwerdegegner bringt im angefochtenen Entscheid zum Ausdruck, dass er dabei nicht nur geschichtliches Allgemeinwissen (wie zum Beispiel das Kennen der vom Beschwerdegegner als naheliegend bezeichneten Schlachten von Morgarten und Marignano) voraussetzt, sondern zusätzlich Kenntnisse über weniger bekannte historische Ereignisse (wie zum Beispiel die Burgunderkriege) verlangt. Weiter sollen die Einbürgerungswilligen gemäss dem angefochtenen Entscheid in der Lage sein, diese historischen Ereignisse in einen Zusammenhang mit örtlichen Brauchtümern zu setzen (beispielsweise den Zusammenhang der Schlacht am Morgarten und der Legoren Fasnacht) sowie geschichtlich relevante Angaben zu ausserkantonalen Denkmälern (beispielsweise zum Luzerner Löwendenkmal) zu machen.

Es kann somit festgestellt werden, dass der Beschwerdegegner überaus hohe, insbesondere geschichtsspezifische, Wissensanforderungen an das Kriterium der Vertrautheit mit den schweizerischen, kantonalen und örtlichen Lebensgewohnheiten stellt. Mehrere Fragen des Einbürgerungstests gingen klar über generell als bekannt vorauszusetzendes Allgemeinwissen hinaus.

2.5.4. Unabhängig davon, ob das Vorliegen solch detaillierter, historischer Kenntnisse zum Nachweis der Eignung zur Einbürgerung überhaupt als geeignet erachtet werden kann (vgl. dazu nachfolgend Ziff. II. E. 3.2), wird im Hinblick auf den Ermessensspielraum bei der inhaltlichen Prüfung der Einbürgerungsvoraussetzungen jedenfalls nach einer entsprechend einwandfreien Beachtung der formellen Verfahrensanforderungen verlangt (vgl. BGE 141 I 60 E. 3.3). Wird wie im vorliegenden Fall detailliertes Wissen geprüft, drängt sich daher die bereits erwähnte vorgängige Orientierung (vgl. weiter oben Ziff. II. E. 2.4) geradezu auf. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung soll den Bewerberinnen und Bewerbern dadurch ermöglicht werden, sich sowohl inhaltlich als auch mental auf die Prüfung einzustellen, um so durch den Überraschungseffekt bewirkte kurzfristige Wissenslücken zu vermeiden (vgl. BGE 140 I 99 E. 3.7.2). Denn um eine Prüfung bestehen zu können, benötigt man die Möglichkeit, sich angemessen auf sie vorbereiten zu können. Es ist notorisch, dass sich Bewerberinnen und Bewerber für eine Einbürgerung – ähnlich wie bei schulischen Examen – teilweise vertieft und unter Verwendung spezifischer Lehrmittel auf die Prüfung des Wissens vorbereiten, das ihre Integration belegen soll (BGE 140 I 99 E. 3.7.2). Dies gilt vor allem dann, wenn eine Einbürgerungsbehörde Wissen prüft, dass die durchschnittliche Schweizerin bzw. der durchschnittliche Schweizer typischerweise nicht jederzeit und ohne entsprechende Vorbereitung abrufen kann.

Dieser Charakter kommt den im vorliegenden Fall verlangten, tiefer gehenden Geschichtskenntnissen klarerweise zu. Selbst eine vorzüglich integrierte Person müsste sich auf solche Fragen vorbereiten, da die durchschnittliche Schweizerin bzw. der durchschnittliche Schweizer im Alltag erfahrungsgemäss erheblich seltener mit solch detaillierten geschichtlichen Fragestellungen konfrontiert wird, als mit anderen einbürgerungsrelevanten Themengebieten wie zum Beispiel der Staatsorganisation oder der Schweizer Rechtsordnung. Sofern die prüfende Behörde eine Wissensprüfung durchführen will, anlässlich derer Kenntnisse geprüft werden, die typischerweise spezifisch vorbereitet werden müssen, gebietet es der Anspruch auf rechtliches Gehör bzw. der allgemeine Grundsatz der Verfahrensfairness, dass die Bewerberinnen und Bewerber vorgängig über die gestellten Anforderungen informiert, und die verlangten Kenntnisse umschrieben werden (vgl. weiter oben Ziff. II. E. 2.4).

Den Bürgergemeinden stehen darüber hinaus verschiedenste Möglichkeiten zu Verfügung, um den Einbürgerungswilligen eine faire und chancengleiche Wissensprüfung im Einbürgerungsverfahren zu ermöglichen. Diese reichen vom zur Verfügung stellen von Unterlagen mit Informationen zum Prüfungsinhalt über die Angabe von entsprechenden Literaturhinweisen bis hin zur Durchführung von entsprechenden Einbürgerungskursen. So bietet denn auch der Zivilstands- und Bürgerrechtsdienst des Kantons Zug, welcher mit den Bewerberinnen und Bewerbern das staatsbürgerliche Gespräch durchführt, einen entsprechenden Vorbereitungskurs an und stellt den Einbürgerungswilligen schriftliche Unterlagen zur Verfügung. Kenntnisse, welche über den durch diese Hilfsmittel vermittelten Inhalt hinausgehen, werden anlässlich des staatsbürgerlichen Gesprächs nicht verlangt.

2.5.5. Der Beschwerdegegner hat den Beschwerdeführenden gemäss dem vorliegenden Sachverhalt keine dieser aufgezeigten Möglichkeiten angeboten. Das vorliegende Einladungsschreiben weist nicht einmal in den Grundzügen darauf hin, welche Kenntnisse von den Beschwerdeführenden an der Eignungsprüfung verlangt werden. Zudem kann von den Bewerberinnen und Bewerbern nicht verlangt werden, gestützt auf § 5 kant. BüG davon auszugehen, solch vertieftes Wissen in einem Einbürgerungsgespräch ohne entsprechende Vorankündigung wiedergeben zu müssen. Der Beschwerdegegner irrt somit, wenn er davon ausgeht, dass er mit dem schlichten Hinweis auf die allgemeine Eignungsprüfung sämtliche einschlägigen Verfahrensanforderungen erfüllt habe. Vielmehr offenbart sich bei der Würdigung des vorliegenden Sachverhalts eine stossende Diskrepanz zwischen dem Schwierigkeitsgrad der gestellten Wissensanforderungen auf der einen, und der den Beschwerdeführenden gewährten Vorbereitungsmöglichkeiten auf der anderen Seite.

Indem der Beschwerdegegner die Beschwerdeführenden nicht einmal in den Grundzügen über die verlangten Kenntnisse orientierte und sodann trotzdem eine detaillierte Wissensprüfung vorgenommen hat, ohne ihnen vorgängig die Chance auf eine angemessene Vorbereitung ermöglicht zu haben, hat er deren Anspruch auf rechtliches Gehör im Sinne von Art. 29 Abs. 2 BV bzw. in allgemeiner Weise den Grundsatz der Verfahrensfairness gemäss Art. 29 Abs. 1 BV in schwerer Weise verletzt.

2.6. Als Zwischenergebnis ist somit Folgendes festzuhalten: Der Beschwerdegegner hat in Zusammenhang mit dem vorliegenden Einbürgerungsverfahren den Anspruch der Beschwerdeführenden auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV und § 15 Abs. 1 VRG) bzw. in allgemeiner Weise den Grundsatz der Verfahrensfairness gemäss Art. 29 Abs. 1 BV verletzt. Nicht besonders schwerwiegende Verletzungen des rechtlichen Gehörs können ausnahmsweise als geheilt gelten, wenn die betroffenen Personen die Möglichkeit erhalten, sich vor einer Beschwerdeinstanz zu äussern, die sowohl den Sachverhalt wie die Rechtslage frei überprüfen kann (BGE 137 I 195 E. 2.3.2). In diesem Fall kann eine ausnahmsweise Heilung jedoch schon alleine aufgrund der Schwere der vorliegenden Gehörsverletzung nicht in Erwägung gezogen werden. Zudem würde eine solche ohnehin nicht in Betracht kommen, da sich der Regierungsrat bei der Überprüfung von Entscheiden der Bürgerräte gemäss § 30 Abs. 2 kant. BüG auf die Rechtskontrolle zu beschränken hat und ihm somit keine volle Kognition zusteht (vgl. weiter oben Ziff. I. E. 4). Folglich ist der angefochtene Beschluss aufgrund der formellen Natur des Verfahrensmangels unabhängig von dessen inhaltlicher Rechtmässigkeit aufzuheben (vgl. BGE 140 I 99 E. 3.8; Urteil des Bundesgerichts 1D_1/2015 vom 1. Juli 2015 E. 2.7).

3. Nach dem Gesagten erübrigt sich eine Überprüfung der weiteren Rügen der Beschwerdeführenden. Im Hinblick auf die Neubeurteilung der Eignung der Beschwerdeführenden zur Einbürgerung sind allerdings folgende Bemerkungen anzufügen:

3.1. Der Beschwerdegegner ist auch bezüglich der inhaltlichen Anforderungen der Eignungsprüfung nachdrücklich auf die entsprechenden bundesrechtlichen Vorgaben und die einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichts hinzuweisen. Demnach hat die Eignungsprüfung anlässlich des Einbürgerungsverfahrens nicht nur vom Verfahren her, sondern auch mit Blick auf deren Inhalt fair zu sein. Die verlangten Anforderungen müssen sinnvoll erscheinen und namentlich einen massgeblichen Zusammenhang zur Einbürgerungsfrage aufweisen. Es darf von den Einbürgerungswilligen nicht mehr verlangt werden, als auch von einer durchschnittlichen Schweizerin bzw. einem durchschnittlichen Schweizer zu erwarten ist (Urteil des Bundesgerichts 1D_7/2015 vom 14. Juli 2016 E. 4.3 mit Hinweisen). Die Ermessensbetätigung der Einbürgerungsbehörde muss zudem pflichtgemäss erfolgen. Sie hat sich an den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, den verwaltungsrechtlichen Grundprinzipien und den weiteren verfassungsrechtlichen Schranken zu orientieren (vgl. MARCO DONATSCH, in: Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 3. Aufl. 2014, § 50 N. 26).

Die vorliegende Eignungsprüfung bestand im Wesentlichen aus einigen wenigen, sehr selektiv anmutenden Wissensfragen. Anstatt in allgemeiner und grundsätzlicher Weise die Kenntnisse der Beschwerdeführenden zu testen, schien sich die gewählte Fragenauswahl viel eher in wiederholter und tiefgehender Weise auf einige bestimmte Themengebiete zu fokussieren. Den von den Beschwerdeführenden korrekt beantworteten Fragen betreffend Vertrautheit mit den schweizerischen, kantonalen und örtlichen Lebensgewohnheiten schenkte der Beschwerdegegner dagegen in seinem Entscheid wenig Beachtung. Auch kommt im angefochtenen Entscheid nicht zum Ausdruck, dass die Beschwerdeführenden Kontakte zu Nachbarinnen und Nachbarn pflegen und in einem Verein aktiv sind. Es erscheint fraglich, ob eine solche Eignungsprüfung den bundesrechtlichen Anforderungen genügt; insbesondere ob sie dem Willkürverbot gemäss Art. 9 BV, dem Rechtsgleichheitsgebot nach Art. 8 Abs. 1 BV, sowie dem verfassungsmässigen Grundsatz der Verhältnismässigkeit standhalten kann. Überdies ist darauf hinzuweisen, dass der Zivilstands- und Bürgerrechtsdienst im Rahmen des staatsbürgerlichen Gesprächs – welches die Beschwerdeführenden noch nicht absolviert haben – insbesondere auch historisches Wissen erfragt. Wie bereits erwähnt, bietet er zur Vorbereitung dieses Gesprächs Kurse an und stellt den Bewerberinnen und Bewerbern Unterlagen zur Verfügung. In diesem Kurs bzw. den Unterlagen wird in keiner Weise auf derart detailliertes historisches Wissen eingegangen, wie der Beschwerdegegner voraussetzt.

3.2. Im angefochtenen Beschluss führte der Beschwerdegegner weiter aus, dass gegen den Beschwerdeführer A.Y. ein Verdacht bestünde, gegen die schweizerische Rechtsordnung zu verstossen. Sein Einbürgerungsgesuch müsste demgemäss auch aus diesem Grund abgelehnt werden. Der Beschwerdegegner stützte diese Annahme auf eine von Beschwerdeführer A.Y. anlässlich des Einbürgerungsgesprächs gemachte Aussage, wonach er beim Vorführen «manchmal Hilfe habe». Aus den eingereichten Jahresabschlüssen gehe jedoch nicht hervor, dass für diese «Hilfe» ein Lohn bezahlt und Sozialversicherungsbeiträge abgerechnet würden. Dies würde einen Verstoss gegen die schweizerische Rechtsordnung darstellen.

Diese Ausführungen sind bedenklich. Der angebliche Verdacht eines Verstosses gegen die schweizerische Rechtsordnung kann vom Beschwerdegegner nicht ansatzweise rechtsgenügend nachgewiesen werden. So haben die entsprechenden Abklärungen des Beschwerdegegners bei den Strafbehörden des Kantons Schwyz doch gerade ergeben, dass gegen den Beschwerdeführer A.Y. eben keine strafrechtlichen Verfahren hängig sind (Schreiben Kantonspolizei Schwyz vom 8. November 2016). Mithin handelt es sich beim vorliegenden Vorwurf um eine reine Behauptung. Es liegt nicht im Kompetenzbereich der Einbürgerungsbehörde, allfällige Straftatbestände zu untersuchen und zu würdigen, vielmehr ist dies die Aufgabe der Strafbehörden. Diese haben den Sachverhalt zu untersuchen und abzuklären, ob ein strafrechtlich relevantes Verhalten vorliegt. Zudem ist auch im Einbürgerungsverfahren die Unschuldsvermutung (Art. 32 Abs. 1 BV) zu beachten.

III.

(...)

Entscheid des Regierungsrates vom 19. Dezember 2017

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