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Art. 8 Abs. 1 lit. b BGFA, Art. 9 BGFA
Art. 12 lit. i BGFA
Art. 12 lit. a BGFA

Art. 33c BeurkG, a§ 12 Abs. 2 BeurkG, § 16 Abs. 5 EG BGFA

Regeste:

Begeht eine freiberufliche Urkundsperson besonders schwerwiegende Pflichtverletzungen, kann ihr die Beurkundungsbefugnis selbst dann dauernd entzogen werden, wenn ihr Eintrag im  Anwaltsregister auf eigenes Gesuch gelöscht wurde und die Beurkundungsbefugnis aus diesem Grund bereits dahingefallen ist.

Aus den Erwägungen:

1.4 Im Zusammenhang mit der A. AG beurkundete oder beglaubigte der Verzeigte als Urkundsperson an folgenden Daten auf folgenden Dokumenten die Anwesenheit und Erklärungen B. oder die Echtheit der gefälschten Unterschriften von B.:

1.4.1 Öffentliche Beurkundung des Protokolls der ausserordentlichen Generalversammlung der A. AG vom 22. Juni 2009, gemäss welchem B. erklärte, er habe die vorstehende Urkunde gelesen und sei mit dem Inhalt einverstanden, sowie die Erklärung des Verzeigten, B. habe die Urkunde in seiner Gegenwart unterzeichnet;

1.4.2 amtliche Beglaubigung der Statuten der A. AG vom 22. Juni 2009 mit der Unterschrift von B., mit welcher bestätigt wurde, dass die Statuten die Beschlüsse der von B. als Vorsitzendem geleiteten ausserordentlichen Generalversammlung vom 22. Juni 2009 enthalten;

1.4.3 amtliche Beglaubigung der Unterschrift von B. auf der Anmeldung an das Handelsregisteramt vom 22. Juni 2009;

1.4.4 amtliche Beglaubigung der Unterschrift von B. auf einer weiteren Anmeldung an das Handelsregisteramt vom 11. Juni 2010.

2.1 Der Verzeigte hat an der Hauptverhandlung vom 11. September 2017 vor der Einzelrichterin den der Anklage vom 3. Juli 2017 zugrunde liegenden Sachverhalt und sonach auch die Begehung der in den vorstehenden Ziffern 1.4.1 bis 1.4.4 aufgeführten Delikte anerkannt und ist hierfür rechtskräftig der mehrfachen Urkundenfälschung im Amt gemäss Art. 317 Ziff. 1 StGB schuldig gesprochen worden.

2.2 Zwar stellen die in Ziffer 1.4.1 bis 1.4.4 aufgeführten Beurkundungen und Beglaubigungen auch Urkundenfälschungen und Falschbeurkundungen gemäss Art. 251 Ziff. 1 StGB dar. Doch geht Art. 317 StGB als lex specialis vor, wenn Art. 251 Ziff. 1 StGB und Art. 317 StGB aufeinandertreffen (Boog, Basler Kommentar, 3. A. 2013, Art. 317 StGB N 24 mit weiteren Verweisen).

2.3 Nicht zu berücksichtigen sind im vorliegenden Disziplinarverfahren die weiteren Urkundenfälschungen, welche vom Verzeigten im Zeitraum von Ende 2002 bis Mitte 2014 begangen worden sind. Zwar hat er zwischen 2002 und 2009 auf 29 Revisionsberichten der A. AG die Unterschrift B. entweder selbst gefälscht oder toleriert, dass die Unterschrift von Dritten gefälscht wurde; zudem hat er in der Zeit von 2009 bis 2014 auf 37 Zahlungsaufträgen an die Postfinance die Unterschrift von C. gefälscht. Ferner hat der Verzeigte Mitte 2014 auf dem Saldierungsauftrag an die Postfinance die Unterschrift von D. gefälscht. Schliesslich sind vom Verzeigten zwischen 2002 und 2013 auf elf Jahresrechnungen der A. AG sowie einer Mahnung die Unterschriften von B. gefälscht worden. Doch erfolgten alle diese Unterschriftenfälschungen, soweit ersichtlich, immer im Zusammenhang mit der A. AG, nicht aber im Rahmen der Ausübung seiner Tätigkeit als Urkundsperson. Für diese Urkundenfälschungen können den Akten keine weiteren Hinweise auf Amtspflichtverletzungen entnommen werden. Die Delikte lassen aber Rückschlüsse auf die Mentalität des Verzeigten zu, wie nachfolgend zu zeigen ist.

3.1 Gemäss § 33 Abs. 1bis lit. d BeurkG übt die Aufsichtsbehörde bei Amtspflichtverletzungen die Disziplinargewalt aus. Demnach ist zu prüfen, ob und gegebenenfalls welche Disziplinarmassen auszusprechen sind für die in Ziffer 1.4 hiervor aufgeführten mehrfachen Urkundenfälschungen im Amt gemäss Art. 317 StGB. Als Disziplinarmassnahmen vorgesehen sind in § 33c Abs. 1 BeurkG die Verwarnung (lit. a), der Verweis (lit. b), die Busse bis CHF 20'000.00 (lit. c), der befristete Entzug der Beurkundungsbefugnis für längstens zwei Jahre (lit. d) sowie der dauernde Entzug der Beurkundungsbefugnis (lit. e). Zudem kann eine Busse zusätzlich zum befristeten oder dauernden Entzug der Beurkundungsbefugnis ausgesprochen werden (§ 33c Abs. 2 BeurkG). Die Bestimmung von § 33c BeurkG ist am 1. April 2015 im Rahmen der Teilrevision in das Beurkundungsgesetz eingefügt worden. Vor diesem Zeitpunkt waren die Sanktionen in a§ 12 Abs. 2 BeurkG geregelt, welcher als Disziplinarmassnahmen den Verweis und die Ordnungsbusse bis auf CHF 300.00 vorsah. In schweren Fällen konnte die Beurkundungsbefugnis vorübergehend oder dauernd entzogen werden. Der Entzug war im Amtsblatt zu veröffentlichen. Eines der Hauptziele der Teilrevision war es, die Disziplinarmassnahmen zu erweitern und den Bussenrahmen substantiell zu erhöhen (vgl. Bericht und Antrag des Regierungsrates und Obergerichtes vom 3. Dezember 2013 betreffend Teilrevision des Gesetzes über die öffentliche Beurkundung und Beglaubigung in Zivilsachen vom 3. Juni 1946, S. 2 und 6). Mit der Einfügung von § 33c BeurkG wurden neu namentlich die Verwarnung, der vorsorgliche Entzug sowie die Erhöhung der maximal zulässigen Busse von CHF 300.00 auf CHF 20'000.00 eingeführt. Werden die Sanktionen von § 33c BeurkG mit denjenigen in a§ 12 Abs. 2 BeurkG verglichen, so sind die Disziplinarmassnahmen nach a§ 12 Abs. 2 BeurkG als das im Vergleich zu den Disziplinarmassnahmen gemäss § 33c BeurkG mildere und somit anwendbare Recht zu bezeichnen.

3.2 Die Aufsichtsbehörde hat diejenige Massnahme zu wählen, die dem Zweck des Disziplinarrechts am besten entspricht. Es ist zu fragen, welche Massnahme am ehesten geeignet ist, die durch das Disziplinarrecht geschützten Interessen vor weiterer Verletzung zu bewahren. Dabei ist auch dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit Rechnung zu tragen, und der Disziplinarbehörde steht bei der Festlegung der Sanktion ein gewisser Ermessensspielraum zu, wobei sie gehalten ist, das unterschiedliche Gewicht der verschiedenen Sanktionen und die darin zum Ausdruck kommende Rangordnung zu beachten. Die Behörde kann von einer Disziplinierung absehen, wenn eine Pflichtverletzung geringfügig ist, weit zurückliegt oder wenn eine Wiederholungsgefahr nicht besteht. Verweis und Busse sind für leichtere und solche Fälle bestimmt, die an sich die Vertrauenswürdigkeit der Urkundsperson nicht ohne weiteres beeinträchtigen können. Sie haben primär Strafcharakter; mit ihnen soll der Disziplinarverstoss gesühnt und der Fehlbare spezialpräventiv von der Wiederholung ähnlicher Handlungen abgehalten werden. Für schwere Fälle ist der vorübergehende oder dauernde Entzug der Beurkundungsbefugnis vorgesehen.

4. Der Verzeigte macht in diesem Zusammenhang geltend, die ihm vorgeworfenen und diszipli-narrechtlich relevanten Amtshandlungen datierten vom 22. Juni 2009 und vom 11. Juni 2010. Der gegen ihn erhobene Vorwurf beinhalte die mehrfache Falschbeurkundung lediglich eines einzigen unrichtigen Sachverhalts. Davon betroffen gewesen seien insgesamt vier Dokumente, welche in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang stünden. Es handle sich um die amtliche Beglaubigung der gefälschten Unterschrift des verstorbenen B. im Zusammenhang mit der A. AG. Die genannten Verfehlungen seien vor mehr als sieben Jahren erfolgt. Seither habe sich der Verzeigte in seiner Funktion als Urkundsperson keine weiteren Pflicht-verletzungen zu Schulden kommen lassen. Vielmehr sei er zwischenzeitlich aus eigenem An-trieb dafür besorgt gewesen, den unrechtmässigen Zustand zu beseitigen, indem er der A. AG am 12. September 2013 das Domizil gekündigt habe, worauf die Gesellschaft mit Entscheid des Einzelrichters vom 8. Juli 2014 von Amtes wegen aufgelöst worden sei. Die Revi-sionstätigkeit der A. AG sei nie beanstandet worden und durch deren Tätigkeit sei auch nie-mand zu Schaden gekommen. Der Verzeigte habe mit Schreiben vom 4. Oktober 2017 nicht zuletzt aus gesundheitlichen Gründen die sofortige Löschung seines Eintrags im Anwaltsre-gister beantragt, und diesem Antrag sei mit Verfügung vom 9. Oktober 2017 entsprochen worden. Damit sei auch die Zulassung als Urkundsperson erloschen. Der Verzeigte beab-sichtige keine Wiederaufnahme der Berufstätigkeit als Anwalt und/oder Urkundsperson. Der Verzeigte habe mit seinen rechtswidrigen Handlungen Dritten keinen Schaden zugefügt und damit auch keine wirtschaftlichen Vorteile erzielt. Die Taten lägen schon über sieben Jahre zurück, und seither habe der Verzeigte bewiesen, dass er die Funktion als Urkundsperson sorgfältig und korrekt auszuüben in der Lage sei. Aufgrund der gezeigten Einsicht in sein Fehlverhalten, die von ihm veranlasste Beseitigung des unrechtmässigen Zustands und der gelebten Reue erweise sich ein dauernder Entzug der Beurkundungsbefugnis nicht mehr als erforderlich, um das öffentliche Interesse an der korrekten Beurkundung von Tatsachen öffentlichen Glaubens zu schützen. Vielmehr könne den eingestandenen Pflichtverletzungen mit einem befristeten Entzug der Beurkundungsbefugnis genügend Rechnung getragen werden.

5.1 Mit Verfügung des Präsidenten der Aufsichtskommission vom 9. Oktober 2017 wurde der Eintrag des Verzeigten im Anwaltsregister gelöscht, und aufgrund der Löschung ist die dem Verzeigten erteilte Beurkundungsbefugnis dahingefallen, was aber nichts an der Zuständigkeit der Aufsichtsbehörde ändert. Damit die Disziplinaraufsicht wirkungsvoll durchgeführt und der Eingriff von Disziplinarmassnahmen sichergestellt werden können, darf die Disziplinargewalt gegenüber der Urkundsperson nicht in jedem Fall mit der Löschung des Eintrags im Anwaltsregister enden. Würde die Disziplinargewalt gegenüber einer im Anwaltsregister nicht mehr eingetragenen Urkundsperson entfallen, wäre es ein Leichtes, sich durch Löschung des Eintrags einer disziplinarischen Sanktion zu entziehen. Kommt hinzu, dass für die (erneute) Eintragung im Anwaltsregister zwar keine strafrechtliche Verurteilung vorliegen darf wegen Handlungen, die mit dem Anwaltsberuf nicht zu vereinbaren sind und deren Eintrag im Strafregister nicht gelöscht ist (Art. 8 Abs. 1 lit. b BGFA). Doch muss der Eintrag ins An-waltsregister und damit die Erteilung der Beurkundungsermächtigung erfolgen, wenn der Ein-trag im Strafregister gelöscht wurde. Aus diesen Gründen muss die Aufsichtskommission analog zu § 16 Abs. 5 EG BGFA unter Abwägung der Interessen entscheiden können, ob sie das Verfahren gegen eine im Anwaltsregister nicht mehr eingetragene Urkundsperson fort-setzen oder als gegenstandslos abschreiben will. Es wird in der Rechtslehre denn auch die Auffassung vertreten, zeitlich erstrecke sich der Geltungsbereich des Disziplinarrechtes auf die Zeitspanne von der Erteilung der Berufsausübungsbewilligung bis zu ihrem Erlöschen. Eine Ausnahme gelte für den disziplinarischen Entzug des Patents. Da dieser für eine allfällige Neuzulassung zum Notariatsberuf und für deren frühest möglichen Zeitpunkt präjudiziell sei, schliesse der freiwillige Verzicht auf die Berufsausübung den disziplinarischen Patententzug nicht aus (vgl. Brückner, Schweizerisches Beurkundungsrecht, 1993, N 3546 f.). Angesichts der Art der Delikte und der Schwere der Gesetzesverletzungen sowie unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen erachtet es die Aufsichtskommission als geboten, das Disziplinarverfahren gegen den Verzeigten fortzusetzen.

5.2 Primärer Zweck der öffentlichen Beurkundung ist die Schaffung schriftlicher Belege mit recht-lich zuerkannter Wahrheitsgeltung. Diese Wahrheitsgeltung wird auch als öffentlicher Glaube bezeichnet. Die rechtliche Zuerkennung des öffentlichen Glaubens erfolgt für die öffentlichen Urkunden des schweizerischen Bundesprivatrechts in Art. 9 ZGB, und zwar durch die den öf-fentlichen Urkunden in dieser Gesetzesvorschrift verliehene verstärkte Beweiskraft (Brückner, a.a.O., N 241 f.). So erbringen nach Art. 9 Abs. 1 ZGB öffentliche Register und öffentliche Urkunden für die durch sie bezeugten Tatsachen vollen Beweis, solange nicht die Unrichtigkeit ihres Inhaltes nachgewiesen ist. Wo das Gesetz die öffentliche Beurkundung für individuelle rechtsgeschäftliche Erklärungen verlangt, dient das Beurkundungsverfahren neben der Belegschaffung dem Schutz der Erklärenden vor Unbedacht anlässlich der Begründung, Änderung oder Aufhebung von Rechten und Pflichten (Brückner, a.a.O., N 258). Aus diesen Gründen hat der Gesetzgeber für die Errichtung öffentlicher Beurkundungen strenge formelle Vorschriften aufgestellt (§§ 13 ff. BeurkG) und die Ermächtigung zur öffentlichen Beurkundung einem besonderen Personenkreis vorbehalten (§§ 1 f. BeurkG), der durch seine fachlichen und persönlichen Voraussetzungen Gewähr für eine korrekte Durchführung der Beurkundungen bietet. Geschützes Rechtsgut beim Straftatbestand der Urkundenfälschung im Amt gemäss Art. 317 StGB ist denn auch das besondere Vertrauen, das die Öffentlichkeit den Amtshandlungen des Staates entgegenbringt, und ebenso das Interesse des Staates an einer zuverlässigen Amtsführung seiner Beamten, mithin das Vertrauen in die Verlässlichkeit der Beamten und die Amtspflichttreue (Boog, a.a.O., Art. 317 StGB N 1 mit Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts). Die korrekte Errichtung öffentlicher Urkunden ist daher von zentraler Bedeutung. Demgemäss begeht eine Urkundsperson, die vorsätzlich dagegen verstösst, eine schwere Verfehlung.

5.3 Der Verzeigte beurkundete respektive beglaubigte in seiner Eigenschaft als Urkundsperson am 22. Juni 2009 und am 11. Juni 2010 auf vier Urkunden die Anwesenheit und Erklärungen B. respektive die Echtheit der vom Verzeigten gefälschten Unterschrift B. im Wissen darum, dass es sich bei B. um eine fiktive Person handelte, die nie vor ihm erschienen war. Damit verstiess der Verzeigte gegen zentrale Pflichten, die ihm als Person öffentlichen Glaubens zukamen. Dieses Verhalten stellt eine gravierende Verletzung seiner Pflichten als Urkundsperson dar. Soweit der Verzeigte dagegen vorbringt, die A. AG sei inzwischen aufgelöst worden und weitere Verletzungen seiner Amtspflicht seien nicht zu erwarten, da diese einzig im Zusammenhang mit seiner Geschäftstätigkeit bei der A. AG vorgekommen seien, vermag ihn das nicht zu entlasten. Gleiches gilt für die Argumente des Verzeigten, wonach er mit seinen rechtswidrigen Handlungen keinen Schaden verursacht und keine wirtschaftlichen Vorteile erzielt respektive seither bewiesen habe, dass er die Funktion als Urkundsperson sorgfältig und korrekt auszuüben in der Lage sei, weswegen aufgrund der gezeigten Einsicht in sein Fehlverhalten, die von ihm veranlasste Beseitigung des unrechtmässigen Zustands und der gelebten Reue einzig ein vorübergehendes Berufsausübungsverbot verhältnismässig sei. Dem ist entgegenzuhalten, dass die vom Verzeigten eingestandenen Urkundenfälschungen im Amt gemäss Art. 317 StGB nicht isoliert betrachtet werden dürfen. Vielmehr ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass der Verzeigte eingestandenermassen Urkundendelikte in zahlreichen weiteren Fällen bis Mitte 2014 begangen hat. Auch wenn diese Urkundenfälschungen keine Amtspflichtverletzungen darstellen, kann nicht übersehen werden, dass der Verzeigte aus wirtschaftlichen (u.a. nach eigenen Angaben aus steuerlichen) Gründen bereit war, unbestimmt viele Urkundendelikte zu begehen, wobei er auch vor Urkundenfälschungen im Amt nicht zurückschreckte. Er setzte die Urkundenfälschungen auch zur Vertuschung seiner Delikte, unter anderem die Urkundenfälschungen im Amt, über Jahre hinaus fort, brachte seine Taten nicht selber zur Anzeige und legte ein Geständnis erst nach Vorliegen einer erdrückenden Beweislage ab. Der Verzeigte hat zwar die A. AG löschen und damit verschwinden, nicht aber die Urkundenfälschungen beseitigen lassen. Von einer Beseitigung des unrechtmässigen Zustands und von gelebter Reue kann nicht gesprochen werden. Vielmehr offenbarte der Verzeigte mit seinem Vorgehen ein skrupelloses Handeln und stellte mit Bezug auf die eingestandenen Urkundenfälschungen im Amt seine persönlichen Interessen über die Berufspflichten als Urkundsperson. Sein Verschulden wiegt sehr schwer. Eine Disziplinierung mit einer Ordnungsbusse von CHF 300.00 kommt deshalb nicht mehr in Frage. Vielmehr ist es angezeigt, dem Verzeigten die Beurkundungsbefugnis zu entziehen.

5.4 Ein befristeter Entzug der Beurkundungsbefugnis ist auszusprechen, wenn angenommen werden kann, dass die auf Besserung zielende Sanktion Wirkung zeitigt. Ist demgegenüber davon auszugehen, dass ein vorübergehender Entzug wirkungslos bleibt, kann einzig ein dauernder Entzug der Beurkundungsbefugnis ausgesprochen werden. Der dauernde Entzug ist dann anzuordnen, wenn das Verhalten der Urkundsperson eine Mentalität aufzeigt, die mit der Stellung, Funktion und Tätigkeit einer Urkundsperson schlechterdings nicht zu vereinbaren ist und die Würdigung der konkreten Umstände zur Schlussfolgerung führen würde, dass mildere Massnahmen künftig kein korrektes Verhalten gewährleisten könnten (AK 2004 4; vgl. zum dauernden Berufsausübungsverbot bei Rechtsanwälten auch Poledna, in: Fellmann/Zindel [Hrsg.], Kommentar zum Anwaltsgesetz, 2. A. 2011, Art. 17 BGFA N 38 ff.).

5.5 Der Verzeigte hat in seiner beruflichen Funktion als Urkundsperson vorsätzlich seine Pflichten mehrfach und über eine Zeitdauer von einem Jahr krass verletzt und sich dadurch der mehrfachen Urkundenfälschung im Amt schuldig gemacht. Die strafbaren Amtspflichtverlet-zungen des Verzeigten betteten sich ein in das von diesem errichtete System von Urkundenfälschungen, das vom Verzeigten über einen Zeitraum von fast zwanzig Jahren mit erheblicher krimineller Energie betrieben worden ist. Zwar hat der Verzeigte in seiner Stellungnahme vom 13. Oktober 2017 ausgeführt, er habe seit Begehung der strafbaren Amtspflichtverletzungen bewiesen, dass er die Funktion als Urkundsperson sorgfältig und korrekt auszuüben in der Lage sei. Doch ist erstellt und vom Verzeigten anerkannt, dass er auch nach 2010 weiterhin und in erheblichem Umfang Urkunden fälschte und damit eine Mentalität offenlegte, die mit der Stellung, Funktion und Tätigkeit einer Urkundsperson schlechterdings nicht zu vereinbaren ist. Sein Verhalten widerspricht den zentralen Anliegen, um nicht zu sagen dem Kern des Beurkundungsrechts. Der Verzeigte bietet keine Gewähr mehr für eine einwandfreie Beurkundungstätigkeit. Deshalb und weil es sich bei den eingestandenen Ur-kundenfälschungen im Amt um schwerwiegende Verfehlungen handelt, ist ein dauernder Entzug der Berufsausübungsbefugnis angezeigt. Die Würdigung der konkreten Umstände führt zur Schlussfolgerung, dass mildere Massnahmen künftig kein korrektes Verhalten ge-währleisten könnten. Angesichts der Tatsache, dass der Verzeigte nach eigenen Angaben keine Wiederaufnahme der Berufstätigkeit als Anwalt und/oder Urkundsperson beabsichtigt, derzeit aus gesundheitlichen Gründen nicht im Register eingetragen ist und eine Wiedereintragung frühestens nach Ablauf der Probezeit von zwei Jahren, d.h. im September 2019 und damit im Alter von 63 Jahren beantragen könnte, verstösst ein dauernder Entzug der Berufsausübungsbefugnis auch nicht gegen das Prinzip der Verhältnismässigkeit.

Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte, 28. März 2018 (AK 2016 4)

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