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Handelsregister

Art. 153a Abs. 2 lit. a HRegV, Art. 153b Abs. 1 HRegV i.V.m Art. 943 Abs. 1 OR

Regeste:

Artikel 153a Abs. 2 lit. a HRegV – Das Handelsregisteramt hat die Aufforderung zur Anmeldung eines gültigen Rechtsdomizils an die im Handelsregister angegebene Adresse der Rechtseinheit zu senden. Es muss nicht versuchen, die Anmeldepflichtigen an ihrer Privatadresse zu erreichen (Erw. 5.1).

Art. 153b HRegV – Erst nach erfolglosem Aufforderungsverfahren wird die Auflösungsverfügung an die Privatadresse der Inhaber oder Liquidatoren zugestellt (Erw. 5.1).

Art. 153b Abs. 1 HRegV i.V.m. Art. 943 Abs. 1 OR – Gegen verantwortliche Organe einer Rechtseinheit ist eine Ordnungsbusse auszufällen, wenn diese ihrer Pflicht zur Eintragung der Rechtseinheit im Handelsregister nicht nachkommen (Erw. 5.2).

Art. 5 und Art. 12 Kostenverordnung Handelsregister – Überprüfung der Rechtmässigkeit der Gebühren für das Aufforderungsverfahren nach Art. 153a HRegV und für die Auflösungsverfügung nach Art. 153b HRegV (Erw. 6).

Aus dem Sachverhalt:

Mit Verfügung vom 13. Juni 2017 löste das Handelsregisteramt des Kantons Zug die X. GmbH gestützt auf Art. 153b HRegV auf. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Gesellschaft habe den gesetzmässigen Zustand innert Frist nicht hergestellt. Das Amt auferlegte der Gesellschaft gleichzeitig die Kosten des Aufforderungsverfahrens von Fr. 300.– und der Verfügung von Fr. 130.– sowie den Mitgliedern des obersten Leitungs- und Verwaltungsorgans der Gesellschaft eine Ordnungsbusse von Fr. 300.–. Diese Verfügung wurde dem Gesellschafter und Geschäftsführer, Y., an seiner neuen Privatadresse in A. zugestellt. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 20. Juni 2017 gelangte die X. GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Y., an das Verwaltungsgericht des Kantons Zug und beantragte u.a., die Verfügung des Handelsregisteramtes sei bezüglich der Bussen aufzuheben. Mit Vernehmlassung vom 2. August 2017 beantragte das Handelsregisteramt des Kantons Zug die Abweisung der Beschwerde unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten der Beschwerdeführerin.

Aus den Erwägungen:

(...)

2.

2.1 Wird dem Handelsregisteramt gemäss Art. 153a Abs. 1 HRegV von Dritten mitgeteilt, dass eine Rechtseinheit angeblich über kein Rechtsdomizil mehr verfügt, fordert es das oberste Leitungs- oder Verwaltungsorgan der Rechtseinheit auf, innert 30 Tagen ein neues Rechtsdomizil am Ort des Sitzes zur Eintragung anzumelden oder zu bestätigen, dass das eingetragene Rechtsdomizil noch gültig ist. Gemäss Art. 153a Abs. 2 HRegV weist die Aufforderung auf die massgebenden Vorschriften und Rechtsfolgen der Verletzung dieser Pflicht hin und wird zugestellt gemäss lit. a) mit einem eingeschriebenen Brief an das im Handelsregister eingetragene Rechtsdomizil sowie an allfällige im Handelsregister eingetragene weitere Adressen der Rechtseinheit; oder gemäss lit. b) nach den Bestimmungen über den elektronischen Geschäftsverkehr. Wird gemäss Art. 153a Abs. 3 der HRegV innert dieser Frist keine Anmeldung oder keine Bestätigung eingereicht, veröffentlicht das Handelsregisteramt die Aufforderung im Schweizerischen Handelsamtsblatt. Dabei weist die Aufforderung auf die massgebenden Vorschriften und die Rechtsfolgen der Verletzung dieser Pflicht hin.

2.2 Leistet die Rechtseinheit der im Schweizerischen Handelsamtsblatt publizierten Aufforderung innert Frist keine Folge, so erlässt das Handelsregisteramt gemäss Art. 153b Abs. 1 HRegV eine Verfügung über: lit. a) die Auflösung der juristischen Person und der Personengesellschaft beziehungsweise die Löschung des Einzelunternehmens und der Zweigniederlassung; lit. b) über die Einsetzung der Mitglieder des obersten Leitungs- oder Verwaltungsorgans als Liquidatorinnen und Liquidatoren; lit. c) über den weiteren Inhalt des Eintrags im Handelsregister; lit. d) über die Gebühren; lit. e) gegebenenfalls über die Ordnungsbusse gemäss Art. 943 OR. Nach Abs. 2 lit. a dieser Bestimmung eröffnet das Handelsregisteramt seine Verfügung nach Massgabe des kantonalen Rechts oder nach den Bestimmungen über den elektronischen Geschäftsverkehr an: (Ziff. 1) die in der Schweiz wohnhafte Inhaberin oder den in der Schweiz wohnhaften Inhaber eines Einzelunternehmens; (Ziff. 2) die in der Schweiz wohnhaften Liquidatorinnen oder Liquidatoren einer Personengesellschaft oder einer juristischen Person; oder (Ziff. 3) die in der Schweiz wohnhaften zur Vertretung der Zweigniederlassung berechtigten Personen. Gemäss Abs. 2 lit. b dieser Norm eröffnet das Handelsregisteramt die Publikation der Verfügung zudem im Schweizerischen Handelsamtsblatt, sollten nicht alle unter Buchstaben a genannten Personen einen Wohnsitz in der Schweiz haben. Wird gemäss Art. 153b Abs. 3 HRegV innerhalb von drei Monaten nach der Eintragung der Auflösung einer juristischen Person oder einer Personengesellschaft der gesetzliche Zustand wieder hergestellt, indem das neue Rechtsdomizil rechtskonform zur Eintragung angemeldet wird, kann das Handelsregisteramt die Auflösung widerrufen.

(...)

5. Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin beantragte den Erlass der ihm auferlegten Busse, da die Briefe des Beschwerdegegners nicht korrekt zugestellt worden seien. Dieser habe die Pflicht gehabt, die eingeschriebenen Briefe an die Adresse in A. zu senden, zumal es auch für andere Behörden möglich gewesen sei, diese Adresse herauszufinden.

5.1 Dem Geschäftsführer ist zu widersprechen. Artikel 153a Abs. 2 lit. a HRegV hält ausdrücklich fest, dass das Handelsregisteramt die Aufforderung zur Anmeldung eines gültigen Rechtsdomizils bei einem angeblich fehlenden Rechtsdomizil an die Adresse zu senden hat, welche die betroffene Gesellschaft im Handelsregister eingetragen hat. Wird die Gesellschaft nicht erreicht, muss nicht versucht werden, die Anmeldepflichtigen an ihrer Privatadresse zu erreichen. In diesem Fall ist die Aufforderung lediglich im Schweizerischen Handelsamtsblatt zu publizieren (Michael Gwelessiani, Praxiskommentar zur Handelsregisterverordnung, 3. Aufl., Zürich/ Basel/ Genf 2016, Art. 152 N 522). Erst nach einem erfolglosen Aufforderungsverfahren an die Adresse der Gesellschaft muss die Verfügung nach Massgabe von Art. 153b Abs. 2 lit. a Ziff. 1 und 2 HRegV an die Privatadresse der Inhaber oder Liquidatoren erfolgen (Michael Gwelessiani, a.a.O., Art. 153b N 532). In casu ist das Handelsregisteramt korrekt vorgegangen, indem es die Aufforderung vom 14. Februar 2017 an die Z.-Strasse in B. verschickte und – nach erfolgloser SHAB-Publikation vom (...) – die Verfügung vom 13. Juni 2017 an die Adresse des Geschäftsführers in A. (HRA-act. 1-4).

5.2 Die vom Handelsregisteramt ausgesprochene Busse erweist sich entgegen der Ansicht des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin im Übrigen als rechtmässig. Gemäss Art. 943 Abs. 1 des Obligationenrechts vom 30. März 1911 (OR, SR 220) hat die Registerbehörde von Amtes wegen gegen Fehlbare mit Ordnungsbussen zwischen Fr. 10.– und Fr. 500.– einzuschreiten, wenn das Gesetz die Beteiligten zur Anmeldung verpflichtet hat. Die Handelsregisterbehörde ist auf die Mitwirkung der anmeldepflichtigen Personen angewiesen und kann gemäss Art. 152 HRegV die Eintragungspflicht durchsetzen. Die Ordnungsbusse ist gegen fehlbare Beteiligte als Zwangsmittel vorgesehen. Zu büssen ist jeder absichtliche oder fahrlässige Verstoss gegen die im Gesetz und Verordnung geregelte Pflicht, eine Eintragung im Handelsregister anzumelden. Bei juristischen Personen werden die verantwortlichen Organe, d.h. die anmeldungspflichtigen Personen bestraft. Auch bei einem fehlenden Rechtsdomizil nach Art. 153b Abs. 1 HRegV ist eine Ordnungsbusse im Sinne von Art. 934 Abs. 1 OR auszusprechen (BSK-OR II, Eckert, N 1 zu Art. 943 OR). Gemäss Art. 123 Abs. 1 HRegV muss eine Gesellschaft bei einer Sitzverlegung an ihrem neuen Sitz angemeldet werden. Bei einer GmbH, wie vorliegend, muss jede Anmeldung von zwei Mitgliedern des obersten Leitungs- oder Verwaltungsorgans oder von einem Mitglied mit Einzelzeichnungsberechtigung unterzeichnet werden (Art. 931a Abs. 1 OR, Art. 17 Abs. 1 lit. c HRegV). Bei der Beschwerdeführerin ist Y. als Geschäftsführer mit Einzelunterschrift im Handelsregister eingetragen. Keine weitere Person ist in der Gesellschaft zur Unterschrift berechtigt (vgl. HRA-act. 2). Er wäre somit von Gesetzes wegen zur Anmeldung der Sitzverlegung der Beschwerdeführerin verpflichtet gewesen, was er aber – wie er selber zugibt – nicht tat. Damit hat er es fahrlässig unterlassen, den ihm durch das Handelsregisterrecht auferlegten Pflichten nachzukommen. Bei dieser Ausgangslage musste das Handelsregisteramt ihm gegenüber eine Ordnungsbusse aussprechen. Diesbezüglich gab es für die Behörde gar keinen Spielraum. Die Höhe der auferlegten Ordnungsbusse erweist sich im Weiteren auch nicht als unverhältnismässig. Letzteres wurde vom Geschäftsführer der Beschwerdeführerin denn auch gar nicht behauptet.

6. Es sind nunmehr die der Beschwerdeführerin auferlegten Verfahrenskosten zu prüfen. Der Beschwerdeführerin wurden einerseits Kosten für das Aufforderungsverfahren gemäss Art. 153a HRegV im Umfang von Fr. 300.– (Ziff. 2 der angefochtenen Verfügung vom 13. Juni 2017) und andererseits Kosten für die Verfügung selbst von Fr. 130.– (Ziff. 3 der Verfügung vom 13. Juni 2017) auferlegt.

6.1 Zu den geltend gemachten Kosten für das Aufforderungsverfahren ist festzustellen, dass sich diese gemäss der mit der Verfügung vom 13. Juni 2017 mitverschickten Aufstellung (HRA-act. 4) wiederum in zwei Untergruppen unterteilen lassen: Einerseits in Gebühren von Fr. 180.– für die im Handelsregister vorgenommenen Änderungen, welche auf die Liquidation zurückzuführen sind (Gebühren unter Ziffer 16.1), und andererseits in Gebühren von Fr. 120.–, welche mit dem eigentlichen Aufforderungsverfahren gemäss Art. 153a HRegV zusammenhängen (Gebühren unter Ziffer 16.3).

Für all diese Gebühren existiert eine Rechtsgrundlage, wie nachfolgend zu zeigen ist. In der ersten Gruppe wurden für die Domiziländerung Fr. 40.– in Rechnung gestellt. Rechtsgrundlage für die Erhebung dieses Betrags ist Art. 5 lit. a Ziff. 1 der Verordnung über die Gebühren für das Handelsregister vom 3. Dezember 1954 (KostenVO, SR 221.411.1). Weiter wurden in der Verfügung gestützt auf Art. 5 lit. a Ziff. 2 KostenVO für die Änderung der Funktion – der Geschäftsführer wurde zum Liquidator der Gesellschaft bestimmt – richtigerweise Fr. 20.– in Rechnung gestellt. Die dritte Position betraf die Kosten der Eintragung der Auflösung der Gesellschaft im Handelsregister, wofür Fr. 100.– veranschlagt wurden. Auch für diese Gebühr gibt es mit Art. 5 lit. d Ziff. 6 KostenVO eine Rechtsgrundlage. Schliesslich betrifft die Personalienänderung, für welche die Beschwerdeführerin Fr. 20.– zu zahlen hatte, die Tatsache, dass der Wohnort des Geschäftsführers im Handelsregister nicht mehr mit B., sondern mit A. angegeben wurde. Gesetzlich ist diese Gebühr wie die Eintragung der Funktionsänderung in Art. 5 lit. a Ziff. 2 KostenVO verankert.

Für das Aufforderungsverfahren nach Art. 153a HRegV regelt Art. 12 KostenVO, dass dafür zwischen Fr. 50.– und Fr. 200.– zu erheben sind. Das Handelsregisteramt hat der Beschwerdeführerin Fr. 120.– in Rechnung gestellt, was angesichts des möglichen Spielraums als nicht unangemessen hoch bezeichnet werden kann. Die fragliche Gebührenerhebung erweist sich als korrekt und angemessen.

6.2 Schliesslich hat das Handelsregisteramt von der Beschwerdeführerin Fr. 130.– für die Verfügung vom 13. Juni 2017 verlangt. Diese Verfügung wurde gestützt auf Art. 153b HRegV erlassen und ist nicht zu verwechseln mit dem Aufwand, welcher das Handelsregisteramt im Zusammenhang mit dem Aufforderungsverfahren nach Art. 153a HRegV betrieben hat, und wofür es, wie dargelegt, richtigerweise Fr. 120.– in Rechnung stellte. Für die Verrechnung des Aufwands, welcher dem Amt für den Erlass der eigentlichen Verfügung entstanden ist, stellt erneut Art. 12 KostenVO die Rechtsgrundlage dar. Die vom Amt verlangte Gebühr von Fr. 130.– lässt sich auch in diesem Fall nicht als unangemessen hoch bezeichnen. Sie entspricht nach Erfahrung des Gerichts im Übrigen der langjährigen Praxis des Amts. Die Verfügungskosten von Fr. 130.– sind mithin nicht zu beanstanden.

Das Handelsregisteramt hat bezüglich der Gebühren im Übrigen keinen Spielraum; denn Art. 16 KostenVO hält im Grundsatz fest, dass geschuldete Gebühren weder erlassen noch ermässigt werden dürfen. Auch das Gericht ist an diese Bestimmung gebunden, so dass die Beschwerdeführerin nicht darum herumkommen wird, die im Zusammenhang mit dem Aufforderungsverfahren und der Auflösung der Gesellschaft aufgelaufenen und verfügten Gebühren im Umfang von Fr. 430.– vollständig zu zahlen.

7. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Beschwerdeführerin resp. der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin dem Beschwerdegegner die erhobenen Kosten von Fr. 300.– für das Aufforderungsverfahren und der nachfolgenden Eintragung sowie Fr. 130.– für die Verfügung vom 13. Juni 2017 und Fr. 300.– als Ordnungsbusse gestützt auf Art. 943 Abs. 1 OR schuldet. Die angefochtene Verfügung erweist sich als zutreffend und die dagegen erhobene Beschwerde ist abzuweisen.

(...)

Urteil des Verwaltungsgerichts vom 19. Dezember 2017, V 2017 77
Das Urteil ist rechtskräftig.

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