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Art. 18d IVG i.V.m. Art. 7 Abs. 1 IVV

Art. 4 lit. d FamZG i.V.m., Art. 24 FamZG, Art. 6 Abs. 1 lit. b FamZV, Art. 7 Abs. 1 FamZV

Regeste:

Art. 4 lit. d FamZG i.V.m. Art. 24 FamZG, Art. 6 Abs. 1 lit. b FamZV und Art. 7 Abs. 1 FamZV – Erwerbstätige Grosseltern können für ihre im Ausland lebenden Enkelkinder Kinderzulagen beanspruchen, wenn sie für deren Unterhalt in überwiegendem Masse aufkommen. Dabei wird unter anderem vorausgesetzt, dass sie pro Kind mindestens einen monatlichen Geldbetrag in der Höhe der maximalen vollen Waisenrente nach AHVG überweisen. Dies ist der Fall, wenn eine Grossmutter monatlich pro Enkelkind einen Betrag von EUR 1'000.– nach Portugal überweist (Erw. 5.2.1). Das Doppelbezugsverbot gilt im Inland und hat beim Zusammenfallen von bundesrechtlichen Zulagen und Zulagen nach ausländischem Recht keine Bedeutung (Erw. 5.2.3).

Aus dem Sachverhalt:

Die Versicherte meldete sich im April 2015 bei der Familienausgleichskasse Zug zum Bezug von Kinderzulagen für ihre in Portugal lebenden Enkelkinder A und B an. Die Familienausgleichskasse Zug leitete daraufhin diverse Abklärungen ein und lehnte einen Anspruch mit Verfügung vom 26. Juli 2016 ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen dargelegt, die Leistungsansprecherin komme nicht in überwiegendem Masse im Sinne von Art. 6 Abs. 1 lit. b FamZV für den Unterhalt der Kinder auf. Diese Verfügung erwuchs unangefochten in Rechtskraft. In der Folge erhöhte die Leistungsansprecherin ihre monatlichen Zahlungen von rund EUR 400.– auf rund EUR 2'000.– und meldete sich Ende Dezember 2016 erneut zum Bezug von Familienzulagen an. Mit Verfügung vom 12. Mai 2017 wurde der Anspruch wiederum abgelehnt und begründend ausgeführt, die Erhöhung der Zahlungen sei einzig zum Zwecke erfolgt, in rechtswidriger Weise einen Kinderzulagenanspruch zu erwirken, dies obgleich die finanzielle Belastung durch die Enkelkinder nicht mehr als EUR 400.– betrage.

Die am 7. Juni 2017 dagegen erhobene Einsprache wies die Familienausgleichskasse mit Entscheid vom 3. November 2017 ab. Begründend wurde im Wesentlichen dargelegt, mit Schreiben vom 18. Juli 2017 habe die Einsprecherin bestätigt, dass ihre Enkel bei der leiblichen Mutter, C, sowie beim Kindsvater in Portugal lebten und dass die leibliche Mutter Sozialhilfe, in diesem Zusammenhang auch «abonos de familia» beziehe, was den hiesigen Kinderzulagen entspreche. Bei dieser Ausgangslage sei nach portugiesischem Recht zu prüfen, ob die Familie Anspruch auf Kinderzulagen habe. Dies sei offensichtlich der Fall. Die in Portugal lebenden Enkel der Leistungsansprecherin wie auch deren Eltern hätten sodann keinen Bezug zum Ausland, da sie in Portugal lebten und die Eltern denn auch nicht im Ausland arbeiteten. Da es sich somit gar nicht um einen internationalen Sachverhalt mit Beteiligung der Schweiz handle, könne auch kein Anspruch auf Kinderzulagen der Schweiz begründet werden. Andernorts wurde ausgeführt, selbst wenn die Leistungsansprecherin die Voraussetzungen nach Art. 4 lit. d FamZG – Anspruch für Enkel der bezugsberechtigten Person, wenn letztere für deren Unterhalt in überwiegendem Masse aufkommt – und Art. 6 FamZG – Verbot des Doppelbezugs – erfüllen würde, bestehe kein Spielraum für eine Erweiterung des Bezügerkreises über die Kindeseltern hinaus. So greife Art. 4 lit. d FamZG auch nur dann, wenn die bezugsberechtigte Person in überwiegendem Masse für den Unterhalt der Enkel aufkomme und wenn die Kinder in der Schweiz wohnten und nicht bereits ihre Eltern für sie Zulagen bezögen. Nur in solchen Fallkonstellationen sei die Bezugsberechtigung von Grosseltern zu prüfen. Schliesslich handle es sich bei den von der Leistungsansprecherin getätigten Zahlungen nicht um eine rechtliche Verpflichtung, weshalb nicht erkennbar sei, wieso die Schweiz in diesem Zusammenhang Zulagen ausrichten sollte. Zu guter Letzt seien Kinderzulagen ins Ausland nach FamZG nur auszurichten, wenn eine zwischenstaatliche Vereinbarung dies vorsehe (Art. 7 Abs. 2 FamZV). Sodann sei der Anspruch auf schweizerische Kinderzulagen auch nur subsidiär. Wenn die Person, die in der Schweiz arbeite, oder eine andere Person Familienzulagen beziehen könne, entfalle der Anspruch in der Schweiz. Nach dem Gesagten entfalle der Anspruch auf Familienzulagen nach Schweizer Recht vorliegend.

Aus den Erwägungen:

(...)

2.1.1 Gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. a FamZG wird ab dem Geburtsdatum eines Kindes bis zum Ende des Monats, in dem das Kind das 16. Altersjahr vollendet, eine Kinderzulage ausgerichtet. Ab dem Ende des Monats, in dem das Kind das 16. Altersjahr vollendet, bis zum Abschluss der Ausbildung, längstens jedoch bis zum Ende des Monats, in dem es das 25. Altersjahr vollendet, wird gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. b FamZG eine Ausbildungszulage ausgerichtet. Artikel 1 Abs. 1 der Verordnung über die Familienzulagen vom 31. Oktober 2007 (FamZV, SR 836.21) legt dabei präzisierend fest, dass ein Anspruch auf eine Ausbildungszulage für Kinder besteht, die eine Ausbildung im Sinne von Art. 25 Abs. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG, SR 831.10) – diese Bestimmung regelt den Anspruch auf Waisenrenten bis zum vollendeten 25. Altersjahr – absolvieren.

2.1.2 Als im Sinne von Art. 4 FamZG anspruchsberechtigt gelten Kinder, zu denen ein Kindesverhältnis im Sinne des ZGB besteht (Art. 4 Abs. 1 lit. a FamZG), Stiefkinder (lit. b), Pflegekinder (lit. c), und Geschwister oder Enkelkinder der bezugsberechtigten Person, wenn diese für deren Unterhalt in überwiegendem Masse aufkommen (lit. d). Für Kinder, die im Ausland wohnen, regelt der Bundesrat die Anspruchsberechtigung. Dabei verweist Art 24 FamZG auf das Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU, auf die Protokolle zur Ausdehnung des Abkommens auf weitere EU-Mitgliedstaaten sowie auf die EU-Verordnungen 1408/71 und 574/72. In diesem Zusammenhang wird auch auf die VO 883/2004 sowie die VO 988/2009 verwiesen. Nach Art. 7 FamZV werden für Kinder mit Wohnsitz im Ausland Familienzulagen ausgerichtet, wenn zwischenstaatliche Vereinbarungen dies vorschreiben. Vorbehalten bleiben Spezialvorschriften für Schweizer, die in öffentlichen Funktionen für die Schweiz im Ausland tätig sind oder entsendete Arbeitnehmer). Artikel 8 FamZV regelt sodann die Kaufkraftanpassung für Kinder mit Wohnsitz im Ausland.

Nach Art. 6 FamZV (Geschwister und Enkelkinder; überwiegender Unterhalt) kommt eine Person in überwiegendem Masse für den Unterhalt auf, wenn das Kind a) in ihrem Haushalt lebt und der von dritter Seite für den Unterhalt des Kindes bezahlte Betrag die maximale volle Waisenrente der AHV (Stand 2017: Fr. 940.– pro Monat) nicht übersteigt; oder b) die Person an den Unterhalt des Kindes, das nicht in ihrem Haushalt lebt, einen Betrag von mindestens der maximalen vollen Waisenrente der AHV zahlt.

2.1.3 Nach Art. 6 FamZG wird für das gleiche Kind nur eine Zulage derselben Art ausgerichtet, wobei die Differenzzahlung nach Art. 7 vorbehalten bleibt. Artikel 7 FamZG sodann regelt die Anspruchskonkurrenz. Haben mehrere Personen für das gleiche Kind Anspruch auf Familienzulagen, so steht der Anspruch zunächst der erwerbstätigen Person; dann der Person, die die elterliche Sorge inne hat bzw. bis zur Mündigkeit inne hatte; danach der Person, bei der das Kind überwiegend lebt(e); der Person, auf die die Familienzulagenordnung im Wohnsitzkanton des Kindes anwendbar ist; der Person mit dem höheren AHV-pflichtigen Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit; schliesslich der Person mit dem höheren AHV-pflichtigen Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit zu (Abs. 1). Bei konkurrenzierenden Ansprüchen nach zwei verschiedenen kantonalen Zulageordnungen hat die zweitberechtigte Person Anspruch auf den Betrag, um den der gesetzliche Mindestansatz in ihrem Kanton jenen des anderen Kantons übersteigt (Differenz-zahlung; Abs. 2).

2.2 Zu Art. 4 Abs. 1 lit. d FamZG halten die Kommentatoren Kieser und Reichmuth unter anderem fest, nach dem BSV könne es sich bei dieser Konstellation nur um wenige Fälle handeln, weshalb sich die Frage ergebe, ob eine spezielle Regelung überhaupt erforderlich gewesen sei oder ob die wenigen Fälle nicht auch über die Pflegekinderregelung hätten erfasst werden können (Ueli Kieser/Marco Reichmuth, Praxiskommentar FamZG, Zürich/St.Gallen 2010, Art. 4 N. 48). Die Fallkonstellation, dass Kinder mit ihren nicht erwerbstätigen Eltern im Ausland leben, dort auch Fürsorgegelder inklusive Kinderzulagen erhalten und überdies von den Grosseltern aus der Schweiz unterstützt werden, handeln die Kommentatoren nicht speziell ab.

Zum Aspekt des Verbots des Doppelbezugs halten Kieser und Reichmuth unter anderem fest, Art. 6 FamZG habe beim Zusammenfallen von bundesrechtlichen Familienzulagen und Zulagen nach ausländischem Recht keine Bedeutung. Soweit die Materialien noch etwas anderes besagten, müsse bedacht werden, dass der Gesetzestext später noch Änderungen erfahren habe (Kieser/Reichmuth a.a.O., Art. 6 N. 22 f.).

2.3 Der Wegleitung zum Bundesgesetz über die Familienzulagen FamZG (FamZWL), Stand 1. Januar 2017, ist zum Zulagenanspruch für Enkelkinder nur zu entnehmen, was sich auch direkt aus Art. 4 Abs. 1 lit. d FamZG sowie Art. 6 FamZV ergibt (vgl. FamZWL Rzn. 241 bis 243). Zum Thema Kinder mit Wohnsitz im Ausland wird in FamZWL Rz. 301 grundsätzlich festgehalten, eine Zulagenausrichtung erfolge nur, wenn zwischenstaatliche Vereinbarungen dies vorschreiben würden, was bei Kindern, die in EU/EFTA-Staaten wohnten, der Fall sei. Die Einschränkungen beim Bezug von Familienzulagen für im Ausland wohnhafte Kinder gelten nicht nur für die bundesrechtlichen Minimal-, sondern auch für die höheren Beiträge, die die Kantone festsetzen. Es findet somit kein Splitting zwischen dem bundesrechtlichen Minimum und dem diese Limite übersteigenden kantonalrechtlichen Betrag statt (FamZWL Rz. 302). Zum Thema Anspruchskonkurrenz im Verhältnis zu Ländern der EU und der EFTA wird ausgeführt, Leistungen, auf welche aufgrund einer Erwerbstätigkeit ein Anspruch bestehe, hätten Vorrang von rentenabhängigen Leistungen; sodann gingen Leistungen aufgrund einer Erwerbstätigkeit oder einer Rente wohnsitzabhängigen Leistungen vor. Bei mehreren aufgrund einer Erwerbstätigkeit anspruchsberechtigten Personen sei die Person erstanspruchsberechtigt, die im Staat erwerbstätig sei, wo die Familie wohne (FamZWL Rz. 434). FamWZL Rzn. 435 bis 437 regeln alsdann die Differenzzahlungen bei Anspruchskonkurrenz mit internationalen Verhältnissen.

3. Fest steht vorliegend, dass die Beschwerdeführerin, die Grossmutter der in Portugal lebenden Kinder A und B, bereits im April 2015 Anspruch auf Kinderzulagen für ihre Enkel beantragte und dass die Familienausgleichskasse des Kantons Zug den Anspruch mit Hinweis auf Art. 6 Abs. 1 lit. b FamZV verneinte, da sie, die Beschwerdeführerin und Grossmutter, nicht in überwiegendem Masse im Sinne der Verordnungsbestimmung für die Kinder aufkomme. In der Folge erhöhte die Beschwerdeführerin ihre monatlichen Zahlungen an die beiden in Portugal lebenden Kinder von EUR 400.– auf EUR 2'000.– und meldete sich wiederum zum Leistungsbezug an. Während die Beschwerdeführerin einen Anspruch gestützt auf Art. 4 Abs. 1 lit. d FamZG nun als erstellt sieht, sieht die Beschwerdegegnerin einen Verstoss gegen das Verbot des Doppelbezugs bzw. ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen.

(...)

5. In der Folge ist aufgrund der Akten die aktuelle Situation zu erstellen und zu entscheiden, ob diese einen Anspruch der Grossmutter auf Kinderzulagen rechtfertigt oder ob vorliegend wirklich ein Fall offenen Rechtsmissbrauchs vorliegt.

5.1 Aus den vorliegenden Akten ergibt sich, dass ein Familien- und Jugendgericht in Porto, Portugal, im Oktober 2010 festhielt, dass die elterliche Sorge über die Kinder A und B dem Kindsvater übertragen worden sei, dass die Kinder aber bei der Grossmutter leben würden. Der portugiesische Familiengerichtsentscheid nennt keine konkrete Adresse. Aus den weiteren Akten ergibt sich indes, dass die Grossmutter zum damaligen Zeitpunkt offenbar noch in Portugal lebte, wo sie über ein eigenes Haus verfügt. Ein damaliger Wohnsitz in der Schweiz ist jedenfalls nicht erstellt und es ist anzunehmen, dass die psychisch kranke Kindsmutter damals ebenfalls im Haus der Grossmutter lebte. Da der fragliche Entscheid mithin nicht auf einen gemeinsamen Wohnsitz der Kinder und der Grossmutter in der Schweiz hindeutet, lässt sich daraus für die Beurteilung der eingangs gestellten Frage nichts ableiten. Aus den Akten ergibt sich nämlich unzweifelhaft, dass die Kinder nach einem knapp fünf-monatigen Aufenthalt in der Schweiz – von August 2015 bis zum 7. Januar 2016 – wieder in Portugal lebten und noch immer dort leben. Zwar zeigen dieselben Akten, dass während dieser fünf Monate zwischen August 2015 und Januar 2016 ein Gesuch um Gewährung der Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei der Grossmutter in der Schweiz sowie ein Antrag auf eine Pflegeplatzbewilligung für die Grossmutter bearbeitet wurden. Nach der Rückkehr der Kinder nach Portugal wurden das Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung sowie der Antrag auf eine Pflegeplatzbewilligung hinfällig. Im Oktober 2016 wurde dann ein neuerlicher Antrag auf eine Pflegeplatzbewilligung eingereicht und mit diversen Akten – Beitreibungsauszüge, Leumundsberichte, Lohnausweise und Unterhaltsverpflichtungen – untermauert, wobei einige wichtige Dokumente – Berichte über den Gesundheitszustand – gemäss dem dem Gericht bekannten Aktenstand noch fehlten. Dass eine Pflegeplatzbewilligung schliesslich dann auch erteilt worden wäre, ist allerdings bis dato nicht aktenkundig. Mithin darf derzeit wohl vom Fehlen einer entsprechenden Bewilligung ausgegangen werden. Aktenkundig ist sodann, dass der Inhaber der elterlichen Sorge für die beiden Kinder, Kindsvater D, mit einer Wohnsitznahme der Kinder in der Schweiz einverstanden wäre, obgleich er die Verhältnisse bei der Grossmutter eingestandenermassen nicht kennt, und dass die Kinder- und Jugendschutzbehörde von Porto im Interesse des Kindeswohl einen Umzug der Kinder zur Grossmutter in der Schweiz begrüssen würde. Zu guter Letzt ist aktenmässig erstellt, dass die Grossmutter und ihr Lebenspartner seit ihrer Einreise in die Schweiz regelmässig Geldbeträge an die Adresse der Tochter und zur Verwendung für die Enkel nach Portugal überwiesen haben und noch immer überweisen und dass diese Beträge sich seit Herbst 2016, soweit ersichtlich, regelmässig auf EUR 2'000.– belaufen.

5.2
5.2.1 Nach Art. 4 Abs. 1 lit. d FamZG können auch erwerbstätige Grosseltern für ihre Enkelkinder Kinderzulagen beanspruchen, so sie für deren Unterhalt in überwiegendem Masse aufkommen. Wohnen die fraglichen Enkel nicht im selben Haushalt wie die Grosseltern, gilt die Unterhaltsleistung in überwiegendem Masse als erstellt, wenn die Grosseltern pro Kind mindestens einen monatlichen Geldbetrag in der Höhe der maximalen vollen Waisenrente nach AHVG – Stand derzeit Fr. 940.– – überweisen. Soweit vorliegend als erstellt gilt, dass die Beschwerdeführerin monatlich und pro Enkelkind einen Betrag von EUR 1'000.– nach Portugal überweist, erweist sich die Anspruchsvoraussetzung von Art. 4 Abs. 1 lit. d FamZG i.V.m. Art. 6 FamZV ergo als grundsätzlich erfüllt.

5.2.2 Die Ausrichtung von Kinderzulagen ins Ausland, weil die Kinder im Ausland wohnen, ist im Lichte von Erwägung 2.1.2 resp. Art. 24 FamZG und den dort zitierten EU-Verordnungen sowie dem Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU, schliesslich auch im Lichte von Rz. 302 FamWZL für zwei Kinder mit Wohnsitz in Portugal grundsätzlich nicht zu beanstanden, zumal die andernorts zitierten Abkommen als ausreichende zwischenstaatliche Vereinbarungen im Sinne von Gesetz und Verordnung gelten.

5.2.3 Dem weiteren Argument der Beschwerdegegnerschaft, Art. 6 FamZG statuiere ein Doppelbezugsverbot, ist unter Verweis auf Erwägung 2.2 bzw. auf Kieser/Reichmuth festzuhalten, dass das fragliche Doppelbezugsverbot jedenfalls nach der einschlägigen Lehre im Falle des Zusammenfallens von bundesrechtlichen Zulagen und Zulagen nach ausländischem Recht keine Bedeutung haben, dass es mithin nur darum geht, dass innerhalb der Schweiz für dasselbe Kind nicht zweimal Zulagen bezogen werden. Vorbehalten bleibt der Anspruch auf Differenzzahlungen. Höchstrichterliche Praxis, die diese Einschätzung von Kieser/Reichmuth als unrichtig erscheinen liesse, findet sich nicht. Die Tatsache, dass der portugiesische Staat vorliegend für die Kinder A und B im Rahmen der Sozialhilfezahlungen an die Mutter monatliche Familienzulagen in der Höhe von EUR 35.19 pro Kind ausrichtet, spricht mithin nach Lehre und Rechtsprechung nicht grundsätzlich gegen den zu beurteilenden Zulagenanspruch der Grossmutter. Allerdings gilt es nach den Randziffern 434 und 435 ff. der Wegleitung FamWZL zu beachten, dass in internationalen Verhältnissen mit Staatsangehörigen der EU und der EFTA der Anspruch des Erwerbstätigen dem Anspruch des Bezügers rentenabhängiger Leistungen vorgeht bzw. dass der Anspruch des Erwerbstätigen auch dem Anspruch auf wohnsitzabhängige Leistungen vorgeht und dass bei gewissen Konstellationen der Anspruchskonkurrenz Differenzzahlungen erfolgen sollen. Nach dem Gesagten erweist sich ein Anspruch zumindest im Differenzbetrage zwischen der Zulage nach schweizerischen, nach zugerischen Recht und den in Portugal pro Kind effektiv ausgerichteten EUR 35.19 als nicht ausgeschlossen.

5.2.4 Wie bereits in Erwägung 2.1.3 angesprochen, regelt Art. 7 FamZG die Anspruchskonkurrenzen nach Schweizer Recht. Die in Abs.1 enumerierte Anspruchskaskade hält fest, dass ein Zulagenanspruch zunächst der erwerbstätigen Person, erst in zweiter Linie der Person, die die elterliche Sorge innehat und erst in dritter Linie jener, bei welcher das Kind lebt, zukommt. Auch im Lichte dieser Bestimmung ist gegen einen Zulagenanspruch der Grossmutter in casu nichts vorzubringen und Erwägung 5.2.3 vorstehend verdeutlicht überdies, dass auch in grenzübergreifenden Verhältnissen im EU/EFTA-Raum erste Anspruchspriorität der erwerbstätigen Person zukommt.

5.2.5 Wenngleich Art. 6 FamZG im internationalen Verkehr grundsätzlich unbeachtlich ist, erscheint eine Berücksichtigung der dort pro Kind im Rahmen der Sozialhilfe an die Mutter erbrachten Leistungen von EUR 35.19 dem Gericht als gerechtfertigt, führte eine Nichtberücksichtigung dieser zugegebenermassen geringen Beträge nach portugiesischem Recht – so diese durch die Gewährung der Schweizer Zulagen im Sinne der internationalen Anspruchskonkurrenz-Regelung nicht ohnehin hinfällig werden – doch zu einer Besserstellung gegenüber landesinternen Verhältnissen, was dem Gleichheitsgebot wie dem Verbot des Rechtsmissbrauchs zuwider liefe. Schliesslich ist auch auf Art. 8 FamZV hinzuweisen, führte doch auch das Ausserachtlassen der Regeln über die Kaufkraftanpassung zu einer nicht gerechtfertigten Besserstellung von Kindern im Ausland gegenüber Kindern in der Schweiz.

6. Zusammenfassend ist festzustellen, dass der grundsätzliche Anspruch der Beschwerdeführerin auf Kinderzulagen zugunsten ihrer in Portugal lebenden Enkel nicht per se verneint werden kann. Sehen Gesetz und Verordnung, Praxis und Lehre auch einen Anspruch für Grosskinder vor, sofern die Unterhaltsleistungen zu deren Gunsten ein gewisses Mass überschreiten, sehen die hier zur Anwendung kommenden internationalen Vereinbarungen denn auch Leistungen ins europäische Ausland vor und steht der Anspruch überdies im Einklang mit den national und international geltenden Regeln über die Anspruchskonkurrenz, so vermögen auch Zweifel an der schlussendlichen Verwendung der Gelder – solche können auch bei "innerschweizerischen" Verhältnissen auftreten – der Anspruchsberechtigung nicht entgegenstehen. Ein offenbarer Rechtsmissbrauch ist für das Gericht hier nicht ersichtlich und allein aufgrund der internationalen Komponente darf nicht auf einen solchen geschlossen werden. Hingegen wird es Sache der Familienausgleichskasse sein, den Fortbestand des Anspruchs regelmässig zu überprüfen, unter Vorbehalt der Rückforderung, sollten beispielsweise die Unterhaltsleistungen nicht mehr den Anforderungen von Art. 6 FamZV genügen. Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als begründet. Die Beschwerde ist gutzuheissen und die Sache ist zur Festsetzung der Ansprüche im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen.

(...)

Die Beschwerde wird insoweit gutgeheissen, als die Verfügung vom 12. Mai 2017 und der Einspracheentscheid vom 3. November 2017 aufgehoben und die Sache zur Festsetzung von Kinderzulagen für die A und B, wohnhaft in Portugal, im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.

(...)

Urteil des Verwaltungsgerichts vom 12. April 2018, S 2017 164
Das Urteil ist rechtskräftig.

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