Navigieren auf Kanton Zug

Gerichtspraxis

Staats- und Verwaltungsrecht

Sozialversicherungsrecht

Verfahrensrecht

Zivilstandswesen

Steuerrecht

Verlegung Steuerwohnsitz ins Ausland
Nichteintreten auf Einsprache gegen Ermessenseinschätzung
Rückerstattung der Verrechnungssteuer

Grundstückgewinnsteuer: Verkehrswert vor 25 Jahren

Regeste:

Art. 29 Abs. 2 BV – Setzt eine Grundstückgewinnsteuer-Kommission einen Landwert vor 25 Jahren gestützt auf Vergleichshandänderungen von vor 25 Jahren fest, hat sie einem Steuerpflichtigen im Einspracheverfahren auf Gesuch hin Einsicht in diese Handänderungen zu geben. Unterlässt sie dies, verletzt sie das rechtliche Gehör; Bestätigung der Rechtsprechung (Erw. 4.5 und 4.7).

§ 112 Abs. 2 StG – Aus Gründen des Steuergeheimnisses ist das volle Akteneinsichtsrecht auf die Amtsstelle beschränkt. Ausgehändigte Angaben zu den Vergleichsgrundstücken sind derart zu anonymisieren, dass Rückschlüsse auf die Eigentümer der Vergleichsgrundstücke nicht mehr möglich sind; Präzisierung der Rechtsprechung (Erw. 4.7).

Aus dem Sachverhalt:

Mit Veranlagungsentscheid vom 15. Mai 2018 setzte die Grundstückgewinnsteuer-Kommission der Gemeinde A. den Grundstückgewinn aus der Veräusserung des Grundstücks X. auf Fr. fest. Die Kommission ging dabei für das Grundstück von einem Verkehrswert vor 25 Jahren von Fr. aus. Dagegen liess die Erbengemeinschaft Y. Einsprache einreichen und beantragte die Festlegung eines höheren Verkehrswerts vor 25 Jahren. Am 19. November 2018 hiess die Kommission die Einsprache teilweise gut und erhöhte den in der Veranlagung angesetzten Verkehrswert, jedoch nicht im von den Einsprechern verlangten Ausmass. Am 19. Dezember 2018 liess die Erbengemeinschaft Y. dagegen Rekurs beim Verwaltungsgericht einreichen und verlangte wie schon in der Einsprache die Festsetzung des Verkehrswerts vor 25 Jahren auf Fr..

Aus den Erwägungen:

(…)

2. Die Rekurrenten werfen der Grundstückgewinnsteuer-Kommission (fortan: Rekursgegnerin) vorerst vor, sie habe weder im Veranlagungsentscheid vom 15. Mai 2018 noch im Einspracheentscheid vom 19. November 2018 substantiiert begründet, wie sie auf den Landwert gekommen sei, den sie letztlich für die Berechnung des Verkehrswerts des Grundstücks X. (fortan: GS X.) vor 25 Jahren (1992) beigezogen habe (Fr./m2 gemäss Einspracheentscheid der Rekursgegnerin). Die Rekursgegnerin habe es unterlassen, den Rekurrenten bekannt zu geben, wie viele und welche Grundstücke als Vergleichsobjekte herangezogen worden seien. Entsprechend habe sie auch keine Möglichkeit gehabt zu überprüfen, ob die von der Kommission zu Vergleichszwecken herangezogenen Objekte mit dem GS X. vergleichbar seien.

Die Nichtoffenlegung der einzelnen zum Vergleich herangezogenen Handänderungen zum relevanten Bewertungszeitpunkt (1992) wird von der Rekursgegnerin nicht bestritten, sondern damit gerechtfertigt, dass die Wahrung des Steuergeheimnisses die Offenlegung der Details zu den Vergleichshandänderungen verbiete.

Streitgegenstand bildet vorliegend daher vorderhand eine Frage der Gehörsverweigerung, über welche vorab, das heisst vor der Beurteilung der materiellen Streitfragen zu entscheiden ist, wie dies den Parteien durch das Gericht mit Schreiben vom 13. März 2019 mitgeteilt wurde (BGE 126 I 15 vom 24. November 1999; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. Auflage, 2013, § 124 Rz 11).

3.
3.1 Gemäss § 189 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 25. Mai 2000 (StG, BGS 632.1) unterliegen der Grundstückgewinnsteuer Gewinne, die aus der Veräusserung von Grundstücken des Privatvermögens oder von Anteilen an solchen erzielt werden. Steuerobjekt ist der Grundstückgewinn. Der Grundstückgewinn ist gemäss § 193 Abs. 1 StG der Betrag, um welchen der Erlös die Anlagekosten (Erwerbspreis und anrechenbare Aufwendungen sowie der bei der Überführung ins Privatvermögen besteuerte Gewinn) übersteigt. Als Erwerbspreis gilt der Kaufpreis mit allen weiteren Leistungen der erwerbenden Person. Liegt die massgebende Handänderung wie vorliegend mehr als 25 Jahre zurück, kann die steuerpflichtige Person anstelle des Erwerbspreises den Verkehrswert des Grundstückes vor 25 Jahren in Anrechnung bringen (§ 195 Abs. 2 StG).

3.2 Bei der Veranlagung der Grundstückgewinnsteuer ist der Verkehrswert – abweichend von der Steuereinschätzung für die Kantons- und Gemeindesteuern, bei der der «Verkehrswert» einer Liegenschaft im Interesse einer rationellen Veranlagung mit Hilfe von generellen Richtlinien als Formelwert festgelegt werden kann – individuell nach allgemeinen Bewertungsgrundsätzen zu schätzen. Der Grund für dieses unterschiedliche Vorgehen liegt in der aperiodischen Erhebung der Grundstückgewinnsteuer und der im Gegensatz zur Vermögenssteuer erheblich grösseren Steuerbelastung. Bei der relativ geringfügigen Steuerbelastung bei der Vermögenssteuer (0.5 – 2 ‰ gemäss § 44 Abs. 2 StG) kann aus verwaltungsökonomischen Überlegungen viel eher zu einer verallgemeinernden Typisierung geschritten werden als bei der Grundstückgewinnsteuer, wo mit Steuersätzen bis maximal 60 % gerechnet werden muss (§ 199 Abs. 3 StG). Hier ist den besonderen Verhältnissen jedes Einzelfalls Rechnung zu tragen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., § 220 N 121). Der Verkehrswert eines Grundstücks ist nach objektiven Grundsätzen zu ermitteln und entspricht dem Preis, der für das Grundstück nach dessen rechtlichen Gegebenheiten und dessen tatsächlichen Eigenschaften im gewöhnlichen Geschäftsverkehr am fraglichen Bewertungsstichtag (hier: per Dezember 1992) zu erzielen gewesen wäre. Als gewöhnlicher Geschäftsverkehr wird der Handel am freien Markt bezeichnet, bei dem sich die Preise nach marktwirtschaftlichen Gegebenheiten auf der Grundlage von Angebot und Nachfrage bilden und bei dem jeder Vertragspartner nicht aus Zwang und Not, sondern freiwillig und in Wahrung seiner Interessen zu handeln in der Lage ist (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., § 220 N 123 f.). Der Verkehrswert kann nicht mit dem bezahlten Preis gleichgesetzt werden, denn der Preis eines Grundstücks muss nicht seinem Wert entsprechen. Es ist daher grundsätzlich untauglich, aus einem erzielten heutigen Verkaufserlös auf einen ebenso hohen Verkehrswert vor 25 Jahren mittels Diskontierung schliessen zu wollen. Der Verkehrswert kann auch nicht durch Rechtsgeschäfte bestimmt werden, die durch ausserordentliche Umstände zustande gekommen sind (wie z.B. Notverkäufe, Zwangsvollstreckung, Spekulationskäufe). Bei Grundstücken bestimmt der Markt am Ort der gelegenen Sache den Verkehrswert. Der Bewertungsstichtag ist massgebend für die Beantwortung aller relevanten Fragen, d.h. auf diesen Zeitpunkt ist eine Momentaufnahme vorzunehmen. So ist der Zustand des Grundstücks in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht massgebend wie auch allfällige Indexzahlen (Baukostenindex, Gebäudeversicherungswerte, Mietpreisindex etc.). Auch der Hypothekarzinssatz, die bau- und mietrechtlichen Rahmenbedingungen, das allgemeine wirtschaftliche Umfeld sowie die Infrastruktur am Bewertungsstichtag sind festzulegen (Richner/Frei/ Kaufmann/Meuter, a.a.O., § 220 N 132.).

3.3 Der Verkehrswert kann nach verschiedenen Methoden ermittelt werden, nämlich der Preisvergleichsmethode, der Sachwertmethode und der Ertragswertmethode. Als weitere Modelle kommen die Rückwärtsrechnung, die Lagenklassenmethode und die Strukturzahlenmethode in Frage. Die Vergleichsmethode wird bei der Schätzung von unüberbauten Grundstücken als Haupt-, die anderen als Hilfsmethoden bezeichnet. Auch bei Wohngrundstücken gilt die Vergleichsmethode als die objektivste aller Bewertungsverfahren. Die Vergleichsmethode basiert darauf, dass aufgrund von vergleichbaren Objekten, welche in der fraglichen Zeit tatsächlich verkauft wurden, auf den Wert des zu schätzenden Grundstückes geschlossen wird. Die Vergleichsmethode wird in der Gerichts- und Verwaltungspraxis deutlich favorisiert, und zwar unabhängig davon, ob es sich um überbaute oder unüberbaute Grundstücke handelt (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., § 220 N 139). Bei der Schätzung von unüberbauten Grundstücken soll – soweit möglich – auf die Vergleichspreise abgestellt werden, die im gleichen Zeitraum für ähnliche unüberbaute Grundstücke erzielt wurden. Dies gilt im Grundsatz auch für den Landwert überbauter Grundstücke unter Berücksichtigung der vorhandenen Überbauung und deren wirtschaftlichen Ausnützungsmöglichkeit; dem Umstand der vorhandenen Überbauung wird bei der Vergleichsmethode mit einem Werteinschlag (Bebauungseinschlag) Rechnung getragen, denn der Umstand einer vorhandenen Überbauung wird in der Regel den Landwert mindern, da der Boden in diesem Fall einem potentiellen Käufer nur noch eingeschränkt zur baulichen Nutzung nach dessen eigenen Vorstellungen zur Verfügung steht (zum Ganzen Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., § 220 Rz 185 f. i.V.m Rz 153; Schätzerhandbuch der Vereinigung kantonale Grundstücksbewertungsexperten, Ausgabe August 1990, Kapitel III/3, Ziff. 3.3.6.1).

Heranzuziehen sind Vergleichspreise von Handänderungen unter Drittpersonen, wobei als Drittperson auch das Gemeinwesen in Frage kommt. Nicht unbesehen dürfen Preise von Handänderungen beigezogen werden, bei denen persönliche Verhältnisse auf den Preis eingewirkt haben (Gefälligkeitspreise unter Verwandten und Freunden). Als vergleichbar können Handänderungen an möglichst nahe gelegenen Grundstücken herangezogen werden, die lage-, zonen- und formmässig sowie hinsichtlich Erschliessungsgrad dem Schätzungsobjekt gleich oder ähnlich sind. Wertbeeinflussende Kriterien sind in erster Linie die folgenden:
- Lage/Standort (Distanz zu Einkaufsmöglichkeiten, öffentlichem Verkehr, Schulen, Kultur- und Freizeitmöglichkeiten, Charakter der näheren Umgebung, zukünftige Entwicklung der Lage);
- Erschliessungsgrad, Grösse und Form des Grundstücks;
- Aussicht und Besonnung, Immissionen und Altlasten;
- Auflagen, Rechte und Lasten;
- Baugrund und Neigung, Baureife, Eignung für Überbauung;
- Zonenzugehörigkeit und Nutzungsmöglichkeiten.

Die einzelnen massgebenden Vergleichsgrundstücke sind unter Würdigung ihrer Vor- und Nachteile dem Schätzungsobjekt gegenüberzustellen. Auf diese Weise ist ein angemessener Mittelwert festzulegen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., § 220 N 153 ff., 161). Bei der Verkehrswertschätzung überbauter Grundstücke wird in der Regel sowohl der Realwert (bestehend aus Landwert, Bauwert, Nebenkosten) wie auch der Ertragswert berücksichtigt (BGE 134 II 49 E. 15.1). Der Ertragswert muss aber nicht notwendigerweise bei allen Grundstücken berücksichtigt werden. Bei Wohnliegenschaften, die aufgrund ihrer Gestaltung in erster Linie der Eigennutzung dienen, kommt dem Realwert ausschlaggebende Bedeutung zu, weshalb hier kein Ertragswert berücksichtigt werden muss.

4.
4.1 In allen Fällen, in denen durch die Veranlagungsbehörden für die Grundstückgewinnsteuer Vergleichspreise beigezogen werden, muss das rechtliche Gehör der steuerpflichtigen Person beachtet werden. Der Anspruch auf rechtliches Gehör im Sinne von Art. 29 Abs. 2 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV, SR 101) umfasst die Rechte und Pflichten der Parteien auf Teilnahme am Verfahren und auf Einflussnahme auf den Prozess der Entscheidfindung. Im Rahmen der Sachverhaltsermittlung im Steuereinschätzungsverfahren verleiht der Gehörsanspruch der steuerpflichtigen Person insbesondere auch das Recht auf Einsicht in die für die Veranlagung relevanten Akten (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., § 124 Rz 1 ff.). Dieses Akteneinsichtsrecht wird auf kantonaler Ebene durch § 112 StG konkretisiert.

4.2 Vorliegend folgt aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör und dem davon abgeleiteten Akteneinsichtsrecht, dass die Rekurrenten sich vor der Veranlagungsbehörde zu den erhobenen Vergleichspreisen und deren Vergleichstauglichkeit müssen äussern können. Hierfür ist dem Steuerpflichtigen regelmässig eine Liste der Vergleichshandänderungen mit den bezahlten Preisen zusammen mit einem Ortsplan und der damals gültigen Bauordnung mit Zonenplan vorzulegen. Um die Vergleichstauglichkeit prüfen zu können, müssen richtig betrachtet auch die Parteien der Vergleichshandänderungen genannt werden, damit überprüft werden kann, ob aussergewöhnliche oder persönliche Verhältnisse den Preis beeinflusst haben könnten. Dies ist angesichts des das Steuerverfahren beherrschenden Steuergeheimnisses nicht unproblematisch, d.h. die Veranlagungsbehörde hat eine Güterabwägung zwischen dem Steuergeheimnis auf der einen und dem rechtlichen Gehör auf der anderen Seite vorzunehmen. In der Regel hat dabei der Anspruch auf rechtliches Gehör zu überwiegen, v.a. wenn es um Vergleichshandänderungen geht, die bereits 20 und mehr Jahre zurückliegen. Gemäss einschlägiger Literatur hat aber auch hier die Geltung des Steuergeheimnisses zur Folge, dass die Einsicht in die Liste der Preise und der Parteien der Vergleichshandänderungen von der steuerpflichtigen Person verlangt werden muss (Darlegung der Praxis des Verwaltungsgerichts in: GVP 2015 272 f.; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., § 220 N 225).

4.3 Im vorliegenden Fall hat die Rekursgegnerin im Einspracheentscheid (…) festgehalten, dass der für GS X. per 1992 im Veranlagungsentscheid festgesetzte Landwert von Fr./m2 zu erhöhen sei, jedoch nicht auf den von den Rekurrenten beantragten Wert von Fr./m2, da dieser deutlich über den Vergleichsobjekten liege, sondern lediglich auf Fr./m2. Die von den Rekurrenten geltend gemachte Vergleichshandänderung (mit Fr./m2) wurde von der Rekursgegnerin als nicht mit dem damaligen Verkehrswert übereinstimmend beurteilt, weil der Kaufpreis deutlich von anderen Veräusserungsgeschäften abgewichen sei (…).

4.4 Die Rekurrenten beantragten im Einspracheverfahren unter Berufung auf das verfassungsmässig garantierte rechtliche Gehör die Offenlegung der von der Rekursgegnerin zitierten und von ihr zum Vergleich herangezogenen «anderen Veräusserungsgeschäften». Dies lehnte die Rekursgegnerin unter Berufung auf das Steuergeheimnis kurzum ab (…). Die Rekursgegnerin erläuterte stattdessen ihr verwaltungsinternes Verfahren zur Eruierung der für die Grundstückgewinnsteuer relevanten Landwerte, nach welchem sie jeweils zu Beginn des Jahres die anzuwendenden Landpreise pro Quadratmeter vor 25 Jahren festlege. Die so von der Veranlagungsbehörde festgelegten Landwerte würden sich auch an der allgemeinen Preisentwicklung für Bauland und den allgemeinen Immobilienpreisen orientieren (…). Die im Einspracheentscheid eingenommenen Positionen zur Ermittlung der Vergleichspreise vor 25 Jahren und deren Nichtoffenlegung gegenüber den Rekurrenten werden von der Rekursgegnerin in der Rekursantwort bekräftigt (…).

4.5 Das grundsätzliche Vorgehen der Rekursgegnerin ist an sich nicht zu beanstanden. Es ist sachgerecht, dass man für die Schaffung eines Richtwertes aus Gründen der Rechtsgleichheit verschiedene Liegenschafts- und Grundstücksverkäufe, die in der Gemeinde zum Bewertungszeitpunkt (hier 1992) stattgefunden haben, zum Vergleich heranzieht. Aus dem Kerngedanken des rechtlichen Gehörs und der daraus hervorgehenden Begründungspflicht ergibt sich aber, dass die zum Vergleich beigezogenen Liegenschafts- und Grundstückverkäufe im Detail offengelegt werden müssen. Wie in Erw. 3. oben bereits ausgeführt, muss für jeden einzelnen der berücksichtigten Vergleichsverkäufe die genaue Lage bzw. der Standort innerhalb der Gemeinde bekannt gegeben werden. Nur so kann die steuerpflichtige Person und in einem Rechtsmittelverfahren die Rekursbehörde beurteilen, welchen Einfluss der Standort des Vergleichsgeschäfts mit Bezug auf öffentlichen Verkehr, Einkaufsmöglichkeiten, Schulen, Kultur- und Freizeitmöglichkeiten etc. hat. Wichtig sind auch die Informationen bezüglich Grösse und Form der Vergleichsgrundstücke, die Aussicht, die Besonnung und die Immissionen. Ebenfalls ganz wesentlich sind die Zonenzugehörigkeit und damit die Frage der Ausnützung. Schliesslich ist es wichtig zu wissen, in welcher Beziehung Käufer und Verkäufer zueinandergestanden haben, denn die Grundstückspreise unter Verwandten und Freunden sind – wie bereits erwähnt – anders zu werten als Preise unter reinen Geschäftspartnern. Allein mit dem Hinweis, dass man vorliegend für das Jahr 1992 unter Zuhilfenahme verschiedener Vergleichsverkäufe einen durchschnittlichen Verkehrswert von erst Fr./m2 (Veranlagungsentscheid) und dann Fr. /m2 (Einspracheentscheid) festgelegt habe, wird dieser Landwert nicht nachvollziehbar und rechtsgenügend begründet.

4.6 An dieser Beurteilung vermag auch die von der Rekursgegnerin erstellte Liste «Landpreise nach Ausnützung (Landpreise vor 25 Jahren)» (Beilage 2.7 der Rekursgegnerin, nachfolgend Landpreisliste genannt) nichts zu ändern. Aus dieser Landpreisliste ergibt sich für die Zone W2a im Jahre 1992 ein Richtpreis von Fr. 470.–/m2 und für die Zone W3 ein solcher von Fr. 600.–/m2. Bei sehr guter Lage und Grösse des Grundstücks wird eine Anpassung vorbehalten. Eine nähere Begründung oder die Aufzählung und Präzisierung bezüglich der angeblich berücksichtigten Grundstückkäufe fehlen auf der Landwertliste. Solange nur dieser nicht näher definierte Richtwert zur Begründung durch die Rekursgegnerin aufgeführt wird, haben die steuerpflichtige Person und die Rekursbehörde keine Möglichkeit, diesen Wert auf seine Rechtmässigkeit und Angemessenheit zu überprüfen (Richner/Kaufmann/Frei/Meuter, a.a.O., § 220 Rz 225 und § 124 Rz 34). Die Begründung eines Entscheides entspricht aber erst dann den Anforderungen von Art. 29 Abs. 2 BV und § 15 des Gesetzes über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen des Kantons Zug vom 1. April 1976 (VRG, BGS 162.1), wenn die betroffene Person in die Lage versetzt wird, die volle Tragweite eines Entscheides zu erkennen, damit sie ihn in voller Kenntnis aller relevanten Fakten an die höhere Instanz weiterziehen kann. Will sich die Einschätzungsbehörde auf Erfahrungszahlen stützen, gebietet es daher der Grundsatz des rechtlichen Gehörs, dass das entsprechende statistische Material der steuerpflichtigen Person zugänglich gemacht wird (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., § 124 Rz 37). Mit der blossen Nennung von "Richtpreisen" auf der Landwertliste bleibt vorliegend das rechtliche Gehör der Rekurrenten verletzt.

4.7. Gestützt auf diese Ausführungen hat die Rekursgegnerin den Rekurrenten demnach grundsätzlich Einsicht in die Vergleichshandänderungen zu geben, insbesondere in jene, welche die Rekursgegnerin veranlasst haben, dem streitbetroffenen GS X. im Einspracheentscheid per 1992 einen Landwert von Fr./m2 zuzumessen. In Präzisierung des von den Parteien erwähnten Urteils A 2015 6 vom 23. September 2015 (GVP 2015 270 ff.) und unter Berücksichtigung des von der Rekursgegnerin angerufenen Steuergeheimnisses erscheint es dem Gericht jedoch gerechtfertigt, in Fällen wie dem vorliegenden dem Steuerpflichtigen ein lediglich eingeschränktes Akteneinsichtsrecht zu gewähren. Das volle Einsichtsrecht zu den Originalakten der Vergleichshandänderungen bleibt dabei beschränkt auf die Einsichtnahme «in der Amtsstelle», d.h. in den Räumlichkeiten der Rekursgegnerin, ohne Möglichkeit der Erstellung von Fotokopien oder Fotografien der Originaldokumente. Dies bedeutet im Gegenzug, dass von der Rekursgegnerin den Rekurrenten allenfalls ausgehändigte Angaben zu den Vergleichsgrundstücken derart zu anonymisieren sind, dass Rückschlüsse auf die Eigentümer der Vergleichsgrundstücke nicht mehr möglich sind. Solche Angaben dürften daher das Datum der Handänderung, die Gebietsangabe, die Zonenzugehörigkeit, die Art des Rechtsgeschäfts (wie Kauf, Schenkung etc.) und den Preis/m2 beinhalten, jedoch keine Informationen zu Namen und Adressen der Eigentümer, Adressen der Vergleichsparzellen, deren Grundbuchnummern und Grundstücksgrössen sowie zum Verkaufspreis.

Die Gewährung eines derart eingeschränkten Einsichtsrechts in die Akten zu den Vergleichshandänderungen erscheint auch deshalb korrekt, da das verfassungsmässig garantierte Akteneinsichtsrecht grundsätzlich nur das Einsichtsrecht «in der Amtsstelle» beinhaltet, nicht aber ein Recht auf Aushändigung oder Zustellung der Akten (Richner/Frei/Kauf¬mann/Meuter, a.a.O., § 124 Rz 17). Sie ist daher auch im Lichte von § 112 Abs. 1 und 2 StG, welcher sich über das Akteneinsichtsrecht ausspricht, als angemessen zu betrachten.

5. Zusammenfassend ergibt sich, dass durch die Nichtoffenlegung der von der Rekursgegnerin zur Landwertermittlung von GS X. per 1992 herangezogenen Vergleichshandänderungen das rechtliche Gehör der Rekurrenten verletzt wurde und der Rekurs in diesem Punkt gutzuheissen ist.

Eine Heilung der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist in diesem Verfahren nicht möglich, obwohl dem Gericht an sich die volle Überprüfungsbefugnis zukommt. Es fehlen aber so gut wie alle Fakten und Beweismittel, welche dem Gericht eine volle Überprüfung der umstrittenen Fragen ermöglichen würden. Es entstehen den Rekurrenten durch eine Rückweisung auch keine nicht-wiedergutzumachende Nachteile (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., § 149 Rz 31).

Bezüglich der Frage nach dem Verkehrswert von GS X. vor 25 Jahren, d.h. per 1992, wird daher der Einspracheentscheid aufgehoben und die Sache zur Neubeurteilung und Neuentscheidung i.S.v. § 137 Abs. 4 StG an die Rekursgegnerin zurückgewiesen. Von der Rekursgegnerin in diesem Verfahren zur Bestimmung des Landwerts von GS X. herangezogene Vergleichspreise sind den Rekurrenten grundsätzlich offenzulegen; es gelten dabei die unter Ziff. 4.7 vorstehend erläuterten Einschränkungen.

(…)

Urteil des Verwaltungsgerichts vom 19. November 2019, A 2018 26
Das Urteil ist rechtskräftig.

Weitere Informationen

Fusszeile

Deutsch