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Nichteintreten auf Einsprache gegen Ermessenseinschätzung

Regeste:

§ 132 Abs. 2 StG, § 133 Abs. 2 StG, Art. 132 Abs. 3 DBG – Die Erfordernisse der Begründung und der Nennung der Beweismittel stellen bei Einsprachen, die gegen  Ermessenseinschätzungen erhoben werden, zwar Prozessvoraussetzungen dar. Bei der Prüfung der Eintretensfrage hat sich die Einspracheinstanz in diesen Fällen allerdings darauf zu beschränken, ob die offensichtliche Unrichtigkeit in der Einsprache rechtsgenügend begründet und die allenfalls erforderlichen Beweismittel angeboten wurden (Erw. 4a/bb).

§ 130 Abs. 3 StG, Art. 130 Abs. 2 DBG – Auch bei fortbestehender Ermessensveranlagung in den Rechtsmittelverfahren ist die Veranlagungsbehörde verpflichtet, die Höhe der Schätzung zu überprüfen. Dabei hat sie keine weiteren Untersuchungen anzustellen. Sie hat indessen alle im Zeitpunkt der Entscheidfällung vorhandenen Schriftstücke zu berücksichtigen, welche ordnungsgemäss in das Verfahren eingeflossen sind und die den sofortigen Beweis oder zumindest eine hohe Wahrscheinlichkeit des behaupteten Sachverhalts für sich beanspruchen können (Erw. 5b/cc).

Aus dem Sachverhalt:

Das steuerpflichtige Ehepaar A. unterliess es, der Steuerverwaltung des Kantons Zug die Steuererklärung für die Kantons- und Gemeindesteuern 2016 sowie für die direkte Bundessteuer 2016 rechtzeitig einzureichen. In der Folge wurden die Steuerpflichtigen mehrfach vergeblich gemahnt, ihren Verfahrenspflichten nachzukommen, ansonsten sie nach Ermessen veranlagt würden. Am 16. Januar 2018 wurden die Steuerpflichtigen nach Ermessen sowohl für die Kantons- und Gemeindesteuern wie auch für die direkte Bundessteuer 2016 veranlagt. Am 10. Februar 2018 erhob das Ehepaar A. Einsprache gegen die Veranlagungen und beantragte, die Ermessensveranlagung sei aufzuheben; das steuerbare Einkommen sei auf Fr. X. (Kanton und Gemeinde) bzw. Fr. Y. (Bund) zu veranlagen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass aus der mitgesandten Steuererklärung und den beiliegenden Buchhaltungsunterlagen hervorgehe, dass das steuerbare Einkommen viel tiefer ausfalle als von der Steuerbehörde geschätzt. In der Folge forderte die Steuerverwaltung die Rekurrenten auf, eine vollständige und korrekt ausgefüllte Steuererklärung einzureichen, inklusive sämtlicher Hilfsblätter und Beilagen, bestimmter Belege und einer strukturierten Zusammenstellung über das Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit des steuerpflichtigen Ehemanns. Trotz mehrfacher Mahnungen reichten die Steuerpflichtigen die verlangten Unterlagen nicht ein. Am 5. Juli 2018 trat die Steuerverwaltung auf die Einsprache nicht ein mit der Begründung, die Steuerpflichtigen hätten es versäumt, ihre Einsprache innert der gewährten Frist zu verbessern, womit sie die gesetzliche Mitwirkungsfrist verletzt und damit das Einspracherecht verwirkt hätten. Dagegen reichte das Ehepaar A. am 6. August 2018 Rekurs und Beschwerde beim Verwaltungsgericht ein und beantragte die Aufhebung des Einspracheentscheids. Ihr steuerbares Einkommen 2016 sei nach pflichtgemässem Ermessen tiefer zu veranlagen als Fr. M. (Kanton und Gemeinde) bzw. Fr. N. (Bund); eventuell sei die Angelegenheit zur Veranlagung des steuerbaren Einkommens 2016 nach pflichtgemässem Ermessen an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen, und zwar tiefer als Fr. M. (Kanton und Gemeinde) bzw. Fr. N. (Bund).

Aus den Erwägungen:

(…)

2. a) Gemäss § 130 Abs. 1 StG prüft die Steuerverwaltung die Steuererklärung und nimmt die erforderlichen Untersuchungen vor. Hat die steuerpflichtige Person trotz Mahnung ihre Verfahrenspflichten nicht erfüllt und können die Steuerfaktoren mangels zuverlässiger Unterlagen nicht einwandfrei ermittelt werden, nimmt die kantonale Steuerverwaltung die Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen vor. Sie kann dabei Erfahrungszahlen, Vermögensentwicklung und Lebensaufwand der steuerpflichtigen Person berücksichtigen (§ 130 Abs. 3 StG). Gegen die Veranlagungsverfügung kann die steuerpflichtige Person bei der kantonalen Steuerverwaltung innert 30 Tagen schriftlich Einsprache erheben (§ 132 Abs. 1 StG). Eine Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen kann die steuerpflichtige Person nur wegen offensichtlicher Unrichtigkeit anfechten. Die Einsprache ist zu begründen und muss allfällige Beweismittel nennen (§ 132 Abs. 2 StG). Genügt eine Einsprache diesen Anforderungen nicht, ist eine angemessene Frist zur Verbesserung anzusetzen unter Androhung des Nichteintretens bei Unterlassung (§ 133 Abs. 2 StG).

b) Das Bundesrecht enthält in Art. 132 DBG weitgehend identische Regelungen. Artikel 132 Abs. 3 DBG bestimmt, dass der Steuerpflichtige eine Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen nur wegen offensichtlicher Unrichtigkeit anfechten kann. Die Einsprache ist zu begründen und muss allfällige Beweismittel nennen. Eine Bestimmung analog zu § 133 Abs. 2 StG existiert im Recht der direkten Bundessteuer nicht.

3. Unbestritten ist die Tatsache, dass die Rekurrenten innert Frist ihre Steuererklärung für die Steuerperiode 2016 nicht einreichten, weswegen sie zweifach gemahnt wurden, zuletzt mit Brief vom 28. September 2017. In diesen Mahnungen wurden die Rekurrenten unmissverständlich auf die Rechtsfolgen aufmerksam gemacht, sollten sie ihren Verfahrenspflichten nicht nachkommen (StV Act. 1 und 2). Trotz dieser Mahnungen reichten die Rekurrenten die Steuererklärung 2016 nicht ein, weshalb sie von der kantonalen Steuerverwaltung mit Verfügung vom 16. Januar 2018 definitiv nach Ermessen für die Kantons- und Gemeindesteuern 2016 sowie für die direkte Bundessteuer 2016 veranlagt wurden (Rek. Act. 2 und 3). Hiernach und in Berücksichtigung der vorangehenden Ausführungen kann festgestellt werden, dass die Steuerverwaltung die Steuerpflichtigen zu Recht nach Ermessen veranlagte.

4. a) Strittig und zu prüfen ist allerdings die Frage, ob die Rekursgegnerin zu Recht nicht auf die Einsprache vom 10. Februar 2018 eingetreten ist.

a/aa) Eine Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen kann der Steuerpflichtige nur wegen offensichtlicher Unrichtigkeit anfechten. Offensichtlich unrichtig ist eine Schätzung, die einen wesentlichen Gesichtspunkt übergangen oder falsch gewürdigt hat (vgl. Urteil des Bundesgerichts [BGer] 2C_279/2011 vom 17. Oktober 2011 E. 3.1 m. H.). Die Erfordernisse der Begründung und der Nennung der Beweismittel stellen bei Einsprachen, die gegen eine Ermessenseinschätzung erhoben werden, Prozessvoraussetzungen dar (BGE 131 II 548 E. 2.3; 123 II 552 E. 4c; BGer 2C_1205/2012 vom 25. April 2013 E. 3.1; 2C_837/2014 vom 23. Februar 2015 E. 3).

a/bb) Mit Blick auf die Eintretensfrage dürfen keine allzu hohen Anforderungen an die Begründung gestellt werden. Immerhin muss ihr entnommen werden können, was der Einsprecher an der angefochtenen Verfügung bemängelt und auf welche sachbezogene tatsächliche oder rechtliche Überlegungen er sich dabei stützt. Der Einsprecher muss sich mit anderen Worten mit der angefochtenen Verfügung sachbezogen befassen. Dazu gehört gegebenenfalls auch eine substantiierte Sachdarstellung. Genügt eine Einsprache diesen Erfordernissen nicht, enthält sie lediglich Beanstandungen allgemeiner Art oder ist sonst wie nicht erkennbar, worauf der Einsprecher hinauswill, ist auf die Einsprache nicht einzutreten (Zweifel / Beusch [Hrsg.]: Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer [DBG], 3. Aufl., Basel 2017, Art. 132 N 35, mit Verweisen auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts). Das Bundesgericht hat in älterer Rechtsprechung festgehalten, dass auf Einsprachen gegen zulässige Ermessensveranlagungen nicht einzutreten sei, wenn der Steuerpflichtige mit der Einsprache seiner Deklarationspflicht nicht nachkomme (vgl. BGE 131 II 548 E. 2.3). Diese Rechtsprechung wurde in der Folge mehrfach präzisiert. Zunächst stellte sich das höchste Gericht auf den Standpunkt, dass die Anfechtung einer Ermessensveranlagung auch dann möglich sei, wenn der Steuerpflichtige aus besonderen Gründen nicht in der Lage gewesen sei, eine vollständig ausgefüllte Steuererklärung einzureichen, z.B. mangels verfügbarer Information von dritter Seite (vgl. BGer 2A.72/2004 vom 4. Juli 2005 E. 6). Im Jahr 2008 präzisierte das Bundesgericht seine Rechtsprechung nochmals weiter, indem es festhielt, dass nur die Einsprachebegründung eine Sachurteilsvoraussetzung darstelle, nicht aber das Nachreichen der Steuererklärung an und für sich. Seien die unterlassenen Mitwirkungshandlungen nur formell mangelhaft nachgeholt worden, könne dies nur dann zu einem Nichteintretensentscheid führen, wenn der Mangel derart gravierender Natur sei, dass es der Einsprache deswegen an einer genügenden Begründung fehle (BGer 2C_620/2007 vom 2. Juli 2008 E.3.2). In einem Entscheid aus dem Jahre 2009 hatte das Bundesgericht einen Fall zu beurteilen, in dem eine steuerpflichtige juristische Person in der Einsprache eine Einschätzung des Reingewinns mit Fr. 0.– verlangte und zum Beleg auf eine unvollständige Jahresrechnung verwies. Eine Steuererklärung reichte sie nicht ein. Das kantonale Steueramt war auf die Einsprache nicht eingetreten, da es der Meinung war, die Einsprecherin habe mit der unvollständigen Jahresrechnung die offensichtliche Unrichtigkeit der Ermessenseinschätzung nicht belegen können. Das Bundesgericht korrigierte das Steueramt und erwog, dass das Begehren der Einsprecherin klar erscheine. Es handle sich nicht um eine blosse pauschale Infragestellung der Ermessenseinschätzung, sondern um die Beanstandung eines Steuerfaktors, der offensichtlich unrichtig sein solle. Ob die Einsprecherin wegen der nicht eingereichten Steuerklärung und der eingereichten unvollständigen Jahresrechnung die offensichtliche Unrichtigkeit der Ermessenseinschätzung habe nachweisen können oder nicht, betreffe eine materielle Frage und nicht die Begründungspflicht. Im Ergebnis musste das Steueramt auf die Einsprache eintreten und diese behandeln (BGer 2C_579/2008 vom 29. April 2009 E. 2.3 und 2.4). Die Einspracheinstanz hat sich nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichts bei der Prüfung der Eintretensfrage somit darauf zu beschränken, ob die offensichtliche Unrichtigkeit in der Einsprache rechtsgenügend begründet und die allenfalls erforderlichen Beweismittel angeboten wurden. Ob die steuerpflichtige Person mit der Rüge der offensichtlichen Unrichtigkeit durchdringt bzw. ob der Unrichtigkeitsnachweis geleistet wird, stellt hingegen eine materiell-rechtliche Frage dar, deren Verneinung die Abweisung der Einsprache nach sich zieht (Zweifel / Beusch, a.a.O., Art. 132 N 35a, mit zahlreichen Verweisen auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts).

b) In ihrer Einsprache vom 10. Februar 2018 beantragten die Rekurrenten, dass die Ermessensveranlagung vom 16. Januar 2018 für das Steuerjahr 2016 aufzuheben, und ihr steuerbares Einkommen auf Fr. X. bei den kantonalen und den kommunalen Steuern und auf Fr. Y. bei den direkten Bundessteuern festzusetzen sei (Rek. Act. 4/1, Seite 1). Im materiellen Teil der Begründung führten sie aus was folgt: «3. Der beiliegenden Steuererklärung und den beiliegenden (zugegebenermassen amateurhaften) Buchhaltungen der Einsprecher ist zu entnehmen, dass das steuerbare Einkommen weniger als die Hälfte der Einschätzung beträgt. Die Ermessensveranlagung ist daher offensichtlich unrichtig und wir ersuchen sie um entsprechende Korrektur. 4. Die Buchhaltung 2017 wird wieder von einem professionellen Buchhalter erledigt. Wir entschuldigen uns für die Verhältnisse 2015 und 2016» (Rek. Act. 4/1, Seite 2). Der Einsprache beigefügt waren:
- eine von den Rekurrenten unterschriebene Steuererklärung, dabei fehlten allerdings das Wertschriftenverzeichnis, Hilfsblätter und weitere üblicherweise einzureichende Belegen wie ein Lohnausweis (Rek. Act. 4/2);
- eine 45 Seiten umfassende Liste mit einer chronologischen Anordnung der Ausgaben und Einnahmen des Rekurrenten, die er unterteilte in «Einzelbetrag», «Aufwand», «Privatbezug», «Verw.unterstützung», «Ertrag erfolgswirksam» und «Privateinlage bzw. nicht», zuletzt mit der Angabe, dass das Einkommenstotal 2016 Fr. Z. betragen haben soll (Rek. Act. 4/3);
- Kontoblätter des Geschäftskontos des Rekurrenten bei der Bank mit sämtlichen Kontobewegungen des Jahres 2016 (Rek. Act. 4/4);
- ein Auszug aus einer Suchabfrage von verschiedenen Zahlungen, die im Laufe des Jahres 2016 ab einem Gewerbekonto bei der Bank an den Rekurrenten geleistet wurden (Rek. Act. 4/5);
- eine Aufstellung über Einnahmen und Ausgaben der Rekurrentin betreffend «J.», mit einem angeblichen Gewinn 2016 von Fr.  (Rek. Act. 4/6);
- eine Aufstellung über Einnahmen und Ausgaben der Rekurrentin betreffend eine selbständige Tätigkeit als H. mit einem angeblichen Gewinn 2016 von Fr. (Rek. Act. 4/7);
- weitere Beilagen, unter anderem Übersichten der bezahlten Krankenkassenprämien, diverse Kontoabschlüsse bei der Bank und der Bank sowie der Nachweis einer Überschussbeteiligung bei einer Versicherungspolice (Rek. Act. 4/8 - 4/14).

c) Der Begründung zur angefochtenen Ermessenseinschätzung ist zu entnehmen, dass die kantonale Steuerverwaltung dann eine Ermessenseinschätzung vornehme, wenn eine steuerpflichtige Person trotz Mahnung ihre Verfahrenspflichten nicht erfüllt habe oder wenn die Steuerfaktoren mangels zuverlässiger Unterlagen nicht einwandfrei hätten ermittelt werden können. Die Steuerverwaltung könne dabei Erfahrungszahlen, Vermögensentwicklung und Lebensaufwand der steuerpflichtigen Person berücksichtigen (Rek. Act. 2 und 3).

d) Mit ihrem Antrag, das steuerbare Einkommen sei bei den kantonalen Steuern auf Fr. X. und bei den direkten Bundessteuern auf Fr. Y. festzusetzen, haben die Rekurrenten klar dargelegt, um wieviel zu hoch sie die Ermessenseinschätzung der Rekursgegnerin erachteten. Auch haben sie deutlich gemacht, weshalb dies ihrer Meinung nach so sei. Sie verwiesen nämlich auf die eingereichten Unterlagen, darunter die von ihnen ausgefüllte und unterschriebene Steuererklärung 2016 und auf Aufstellungen ihrer Ein- und Ausgaben. Die Einsprache enthält in Verbindung mit den eingereichten Beilagen keineswegs Beanstandungen allgemeiner Art, und es ist klar erkennbar, worauf die Einsprecher hinauswollten. Damit war die Einsprache aus Sicht des Gerichts rechtsgenügend begründet, womit die Rekursgegnerin auf die Einsprache hätte eintreten müssen. Der Einspracheentscheid ist daher aufzuheben.

5. a) Sofern zu Unrecht nicht auf eine Einsprache eingetreten wurde, sind die Akten entweder zwecks Wahrung des gesetzlichen Instanzenzugs zur materiell-rechtlichen Überprüfung an die Einspracheinstanz zurückzuweisen oder die Beschwerdeinstanz kann materiell selbst entscheiden, wenn sie hierzu in der Lage ist (BGer 2A.39/2004 vom 29. März 2005 E. 5.2; BGer 2A.72/2004 vom 4. Juli 2005 E. 3). Dies sollte aber nur bei eindeutigen Konstellationen zur Anwendung gelangen, da die steuerpflichtige Person sonst eine Instanz verliert (zum Ganzen: Zweifel / Beusch, a.a.O., Art. 132 N 56).

b) Hier ist die Rekursgegnerin zu Unrecht auf die Einsprache nicht eingetreten. Da aber eine eindeutige Konstellation vorliegt sowie um prozessuale Leerläufe zu vermeiden, entscheidet das Gericht in der Sache materiell selbst ohne Rückweisung an die Rekursgegnerin.

b/aa) Ein Steuerpflichtiger, der im Veranlagungsverfahren nicht gehörig mitgewirkt hat, hat den Unrichtigkeitsnachweis der Ermessenseinschätzung erbracht, wenn er mit der Einsprache die versäumten Verfahrenspflichten erfüllt. Er hat zum Beispiel die nicht abgegebene Steuererklärung oder den nicht belegten Lohnausweis einzureichen oder die unterlassenen Auskünfte zu erteilen. Der Nachweis der offensichtlichen Unrichtigkeit ist umfassend zu führen und kann nicht nur einzelne Positionen der Ermessensveranlagung betreffen (vgl. BGer 2C_837/2014 vom 23. Februar 2015 E. 3, mit weiteren Hinweisen). Die versäumten Mitwirkungshandlungen müssen vollständig und formell ordnungsgemäss nachgeholt werden. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn etwa die Steuererklärung unvollständig ausgefüllt ist, bloss geschätzte Angaben enthält oder Bestandteile des amtlichen Steuererklärungsformulars (z.B. das Hilfsblatt für Selbständigerwerbende) fehlen (Zweifel / Beusch, a.a.O., Art. 132 N 44 ff.).

b/bb) Vorliegend hatten die Rekurrenten mit der Einsprache zwar eine Steuererklärung eingereicht, doch fehlten wichtige Bestandteile, die sie hätten einreichen müssen, so das Wertschriftenverzeichnis und die Fragebögen für Selbständigerwerbende. Ferner unterliess der Rekurrent es, einen Lohnausweis einzureichen, obwohl er in der Steuererklärung einen Lohn aus einer unselbständigen Erwerbstätigkeit in der Höhe von Fr. deklarierte. Ausserdem gaben die Rekurrenten in der Steuererklärung eine Darlehensschuld in der Höhe von Fr. an, ohne diese Schuld zu belegen bzw. einen entsprechenden Vertrag einzureichen. Sogar als die Rekursgegnerin nach Eingang der Einsprache diese fehlenden Unterlagen von den Rekurrenten verlangte (Rek. Act. 5), reichten die Rekurrenten die Unterlagen innert dreimal erstreckter Frist nicht ein. Damit steht für das Gericht fest, dass die Rekurrenten die im Anlageverfahren versäumten Mitwirkungshandlungen im Einspracheverfahren nicht vollständig und formell ordnungsgemäss nachgeholt haben, obwohl es ihnen zumutbar gewesen wäre. Die Rekurrenten haben es somit versäumt, von sich aus die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass das Gericht den materiellen wahren Sachverhalt beweismässig ermitteln und gestützt hierauf die Steuerfaktoren einwandfrei festsetzen kann. Eine Rückkehr zum ordentlichen Veranlagungsverfahren bleibt den Rekurrenten damit verwehrt.

b/cc) Auch bei fortbestehender Ermessensveranlagung ist die Veranlagungsbehörde verpflichtet die Höhe der Schätzung zu überprüfen. Dabei hat sie keine weiteren Untersuchungen anzustellen. Sie hat indessen alle im Zeitpunkt der Entscheidfällung vorhandenen Schriftstücke zu berücksichtigen, welche ordnungsgemäss in das Verfahren eingeflossen sind und die den sofortigen Beweis oder zumindest eine hohe Wahrscheinlichkeit des behaupteten Sachverhalts für sich beanspruchen können (Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich SB.2014.000034 vom 17. Dezember 2014 E. 3.1). Offensichtlich unrichtig ist eine Schätzung, die auf missbräuchlicher Betätigung des Schätzungsermessens beruht, das heisst willkürlich ist (Zweifel / Beusch, a.a.O., Art. 132 N 52). Die Rekurrenten tragen vor, aus den von ihnen eingereichten Buchhaltungen gehe zweifelsfrei hervor, dass ihr steuerbares Einkommen deutlich weniger als die Hälfte der von der Rekursgegnerin vorgenommenen Veranlagungen ausmache (VG Act. 1, S. 5). Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass die Rekurrenten die von ihnen deklarierte Schuld in der Höhe von Fr.  nicht nachgewiesen und kein Wertschriftenverzeichnis eingereicht haben. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass sich ihr Vermögensstand gegenüber der Vorperiode um Fr.  erhöht hat, was sich mangels weiterer Nachweise der Rekurrenten vernünftigerweise nur mit steuerbaren Einkünften in der gleichen Höhe erklären lässt. Insofern ist die Behauptung der Rekurrenten, ihr steuerbares Einkommen habe 2016 Fr. X. (Kanton und Gemeinde) bzw. Fr. Y. (Bund) betragen, bereits erheblich zu relativieren. Ferner sind die eingereichten Zusammenstellungen der Ein- und Ausgaben betreffend die selbständige Erwerbstätigkeit der Rekurrenten, wie sie selber zugeben, amateurhaft. Insbesondere erschliesst sich bei einer Überprüfung der Zusammenstellung des Rekurrenten mangels einer strukturierten Aufstellung der verschiedenen Aufwandpositionen nicht, inwieweit es sich beim geltend gemachten Aufwand von über Fr.  (bei Einnahmen von über Fr., Rek. Act. 4/3, letztes Blatt) tatsächlich immer auch um geschäftlich begründeten Aufwand handelt oder nicht. Die Rekursgegnerin forderte die Rekurrenten vergeblich auf, Unterlagen zu liefern, welche es ihr erlaubt hätten, die Zusammenstellung des Rekurrenten besser nachvollziehen zu können. Es kann ihr bei dieser Ausgangslage nicht vorgeworfen werden, dass sie offenbar davon ausging, dass der geschäftsmässig begründete Aufwand deutlich tiefer sein müsste, als vom Rekurrenten behauptet. Dazu kommt, dass die Rekurrentin in ihrer Zusammenstellung betreffend «H.» die Privatbezüge nicht aussonderte (Rek. Act. 4/7), womit der von ihr angegebene Gewinn noch nach oben korrigiert werden müsste. Schliesslich hat der Rekurrent seinen deklarierten Lohn aus unselbständiger Erwerbstätigkeit nicht mit einem Lohnausweis belegt. Auch hier durfte die Rekursgegnerin im Rahmen ihrer Ermessensbetätigung davon ausgehen, dass dieser Lohn höher war. Gestützt auf diese Überlegungen vermag das Gericht keine Willkür darin zu erkennen, dass die Rekursgegnerin das steuerbare Einkommen 2016 der Rekurrenten bei Kanton und Gemeinde auf Fr. M. und beim Bund auf Fr. N. schätzte. Die ordnungsgemäss ins Verfahren eingeflossenen Akten bieten dem Gericht jedenfalls keine Anhaltspunkte für die Feststellung, dass diese Schätzungen offensichtlich unrichtig waren. Die Veranlagung ist daher zu bestätigen.

6. Da die Rekurrenten mit dem Antrag durchdringen, wonach der angefochtene Einspracheentscheid aufzuheben sei, kommt es zu einer teilweisen Gutheissung von Rekurs und Beschwerde. Indessen unterliegen die Rekurrenten bei ihrem Hauptanliegen, weil das Gericht ihrem Antrag nach einer neuen tieferen Schätzung nach pflichtgemässem Ermessen nicht folgt, und die Ermessensveranlagung der Vorinstanz bestätigt. Bei diesem Ergebnis gelten die Rekurrenten als die unterliegende Partei.
(…)

Urteil des Verwaltungsgerichts vom 9. April 2019, A 2018 12
Das Urteil ist rechtskräftig.

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