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Regeste:

Art. 38 Abs. 3 IPRG i.V.m. Art. 30 Abs. 1 ZGB –  «achtenswerte Gründe» zur Bewilligung der Namensänderung eines Kindes bei einer gemäss dem schweizerischen Namensrecht nicht vorgesehenen Namenskonstellation.

Aus dem Sachverhalt:

Anna B. [in dieser anonymisierten Fassung werden der besseren Lesbarkeit halber ausgeschriebene Vornamen verwendet; diese entsprechen aber nicht den Vornamen der beteiligten Personen] wurde am (…) 2018 in F. (Schweiz) als eheliche Tochter von Laura C. D., kolumbianische Staatsangehörige, und Hans B., Bürger von G., geboren und erhielt das Schweizer Bürgerrecht. Ihre Schwester, Sandra, geboren am (…) 2015, kam in Peru zur Welt und trägt den Doppelnamen «B. C.». Mit Schreiben vom 6. Juni 2018 beantragten die Eltern von Anna B. als gesetzliche Vertretung bei der Direktion des Innern des Kantons Zug die Änderung des Nachnamens von Anna B. in «B. C.». Im Schreiben vom 18. Juni 2018 teilte der Zivilstands- und Bürgerrechtsdienst des Kantons Zug den Eltern mit, dass das Namensänderungsgesuch nicht bewilligt werden könne. Am 9. Juli 2018 reichten die Eltern, vertreten durch RA lic. iur. E., ein Wiedererwägungsgesuch ein. Mit Entscheid vom 17. September 2018 wies der Zivilstands- und Bürgerrechtsdienst des Kantons Zug das Gesuch von Anna B. betreffend Familiennamensänderung in «B. C.» ab. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 19. Oktober 2018 liess Anna B. beantragen, der Entscheid vom 17. September 2018 sei vollumfänglich aufzuheben und ihr sei die Änderung des Familiennamens von «B.» zu «B. C.» zu bewilligen. Eventualiter sei es ihr zu bewilligen, den Allianznamen «B.-C.» im Schweizer Pass und auf der Identitätskarte eintragen zu lassen; alles unter Kosten- und Entschädigungsfolge zzgl. 7,7 % MWST zu Lasten der Beschwerdegegnerin. Mit Vernehmlassung vom 29. November 2018 beantragte die Direktion des Innern, Zivilstands- und Bürgerrechtsdienst, die Abweisung der Beschwerde

Aus den Erwägungen:

(…)

3. a) Vorliegend unbestritten ist, dass ein internationaler Sachverhalt im Sinne von Art. 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht vom 18. Dezember 1987 (IPRG, SR 291) vorliegt. Gemäss Art. 37 Abs. 1 erster Satzteil IPRG untersteht der Name einer Person mit Wohnsitz in der Schweiz schweizerischem Recht; der Name einer Person mit Wohnsitz im Ausland untersteht dem Recht, auf welches das Kollisionsrecht des Wohnsitzstaats verweist (Art. 37 Abs. 1 zweiter Satzteil IPRG). Die strikte Anwendung des Wohnsitzprinzips wird bloss durch Art. 37 Abs. 2 IPRG gelockert, wonach die Namensträgerin bzw. der Namensträger verlangen kann, dass ihr bzw. sein Name dem Heimatrecht untersteht (sogenannte Unterstellungserklärung). Besitzt eine Person mehrere Staatsangehörigkeiten, kann sie ihren Namen allerdings nur dem Recht desjenigen Staats unterstellen, mit dem sie am engsten verbunden ist (Art. 23 Abs. 2 IPRG; sogenannte effektive Staatsangehörigkeit; BGE 136 III 168 Erw. 3.1). Daraus folgt, dass schweizerisch-ausländische Doppelbürgerinnen und -bürger mit Wohnsitz in der Schweiz Art. 37 Abs. 2 IPRG nur äusserst selten anrufen dürften, nämlich nur dann, wenn sie nachzuweisen vermögen, dass ihre Bindung zum ausländischen Heimatstaat wesentlich enger ist als zur Schweiz, obwohl sie hier wohnhaft sind (BGE 131 III 201 Erw. 3.1).

Die Beschwerdeführerin wurde 2018 in F. geboren und wohnt seit ihrer Geburt in G.. Es ist deshalb davon auszugehen, dass sich sowohl der Lebensmittelpunkt der Beschwerdeführerin als auch derjenige ihrer Eltern, mithin der Wohnsitz der Familie in der Schweiz befindet und dies auch in näherer Zukunft der Fall sein wird. Wie die Beschwerdegegnerin korrekterweise festgestellt hat, untersteht der Name der Beschwerdeführerin somit grundsätzlich schweizerischem Recht (vgl. Art. 37 Abs. 1 erster Satzteil IPRG).

Soweit die Eltern der Beschwerdeführerin für die Namensgebung das kolumbianische Recht anwenden wollen und sich hierzu auf Art. 37 Abs. 2 IPRG berufen, müssen sie sich entgegenhalten lassen, dass ihnen der Nachweis i.S.v. Art. 23 Abs. 2 IPRG, dass ihre und die Bindung der Tochter zu Kolumbien wesentlich enger ist als zur Schweiz, nicht gelingt. Allfällige Reisen nach Kolumbien genügen hierfür jedenfalls nicht und ein allfälliger zukünftiger Wegzug nach Kolumbien ist ebenfalls nicht zu berücksichtigen. Es ist deshalb schweizerisches Recht anwendbar.

b) Nach dem insofern massgeblichen Art. 270 des schweizerischen Zivilgesetzbuches vom 10. Dezember 1907 (ZGB, SR 210) erhält das Kind den Familiennamen der Eltern, wenn diese miteinander verheiratet sind und einen gemeinsamen Familiennamen tragen (Abs. 3); sind die Eltern miteinander verheiratet und tragen sie keinen gemeinsamen Familiennamen, sondern verschiedene Namen, so erhält das Kind denjenigen ihrer Ledignamen, den sie bei der Eheschliessung als Namen ihrer gemeinsamen Kinder bestimmt haben (Abs. 1).

Wie sich aus den Unterlagen ergibt, ist die Mutter der Beschwerdeführerin kolumbianische Staatsangehörige. Ihr Nachname setzt sich - kolumbianischem Recht entsprechend - aus dem ersten Nachnamen des Vaters («C.») und dem ersten Nachnamen der Mutter («D.») zusammen. Der Vater der Beschwerdeführerin ist demgegenüber schweizerischer Staatsangehöriger und trägt den Namen «B.». Die Eltern der Beschwerdeführerin tragen somit keinen gemeinsamen Familiennamen, weshalb sie nach Art. 270 Abs. 1 ZGB gehalten waren, einer ihrer beiden Ledignamen, das heisst entweder «C. D.» oder «B.» zum Nachnamen für ihre gemeinsame Tochter, die Beschwerdeführerin, zu bestimmen. Die Bestimmung des Doppelnamens «B. C.» fiel nach schweizerischem Recht demgegenüber ausser Betracht. In Anbetracht dessen hat das Zivilstandsamt Kreis F. die Beurkundung der gewünschten Namensführung «B. C.» abgelehnt und lediglich den Familiennamen «B.» im elektronischen Personenstandsregister beurkundet.

4. Was das daraufhin gestellte Namensänderungsgesuch betrifft, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass bei Namensänderungsgesuchen im internationalen Verhältnis gestützt auf Art. 38 Abs. 3 IPRG schweizerisches Recht anwendbar ist.

Nach Art. 30 Abs. 1 ZGB, in dieser Fassung in Kraft seit 1. Januar 2013, kann die Regierung des Wohnsitzkantons einer Person die Änderung des Namens bewilligen, wenn achtenswerte Gründe vorliegen. Im Grundsatz gilt die Unabänderlichkeit des Namens (vgl. Roland Bühler, in: Basler Kommentar ZGB I, 6. Aufl., Basel 2018, Art. 30 N 1). Ob im einzelnen Fall «achtenswerte Gründe» für eine Namensänderung vorliegen, ist eine Ermessensfrage, die von der zuständigen Behörde nach Recht und Billigkeit zu beantworten ist (Art. 4 ZGB). In der Lehre gehen die Meinungen, wie die «achtenswerten Gründe» zu konkretisieren sind, auseinander. Das Bundesgericht verweist in seinem Entscheid BGE 140 III 577 Erw. 3.3.2 und 3.3.4 auf die in der Literatur vertretenen Ansichten. Einigkeit besteht darin, dass mit der Revision bzw. mit dem Wegfallen der «wichtigen Gründe» als Voraussetzung für eine Namensänderung die Hürden gesenkt wurden und die bisherige strenge Praxis gelockert werden muss. Die Revision von Art. 30 Abs. 1 ZGB erfolgte namentlich im Hinblick auf allfällige stossende Ergebnisse im Bereich des (neuen) Familiennamensrechts (Regina Aebi-Müller, in: Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, 2. Aufl., 2012, ZGB 30-30a N 4). Unter altem Recht wurde ein wichtiger Grund nach aArt. 30 Abs. 1 ZGB dann bejaht, wenn mit der Namensänderung ernstliche Nachteile, die mit dem bisherigen Namen verbunden waren, beseitigt werden konnten, wobei vor allem moralische, geistige und seelische, aber auch wirtschaftliche oder administrative Interessen auf dem Spiele stehen konnten. Diese Interessen waren nach objektiven Kriterien zu werten, die subjektiven Gründe blieben bei dieser Wertung grundsätzlich bedeutungslos (vgl. BGE 136 III 161 Erw. 3.1.1). Unbestritten ist, dass der Name auch nach dem neuen, liberaleren Recht nicht voraussetzungslos nach eigenem Wunsch geändert werden kann. Regina Aebi-Müller (Das neue Familiennamensrecht – eine erste Übersicht, SJZ 108 [2012] Nr. 19, S. 457) neigt zu einer grosszügigen Interpretation von nArt. 30 Abs. 1 ZGB. Nach ihrer Ansicht sollten auch subjektive Gründe für eine Namensänderung genügen, soweit sie nicht geradezu belanglos erschienen bzw. eine gewisse Schwere erreichten (Regina Aebi-Müller, in: Handkommentar, ZGB 30-30a, N 4). Roland Bühler (a.a.O., Art. 30 N 5 und 9) vertritt die Auffassung, dass mit dem Führen des zu ändernden Namens Nachteile für den Namensträger verbunden sein müssten. Allerdings seien dabei neben den durch die Namensführung verursachten schweren Nachteilen auch diesbezügliche blosse Unannehmlichkeiten objektiver oder subjektiver Art achtenswerte Namensänderungsgründe. Als Beispiel führt er das Bestreben eines Trägers eines ausländischen Namens an, seine Herkunft und Abstammung tilgen zu wollen. Damit könne ein Integrationswille dokumentiert werden und dies stelle einen achtenswerten Grund dar. Thomas Geiser (Thomas Geiser, Das neue Namensrecht und die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde, ZKE 5/2012, S. 370 f., Ziff. 3.4.2) hält als Grundsätze für die Auslegung fest, dass der blosse Wille zur Namensänderung nicht genüge, sondern weitere Gründe angegeben werden müssten. Diese Gründe dürften nicht rechtswidrig, missbräuchlich oder sittenwidrig sein und sie müssten einsichtig sein. Die Namensregelung müsse rechtlich zulässig sein. In beweisrechtlicher Hinsicht müsse der behauptete Sachverhalt bewiesen und nicht nur glaubhaft gemacht werden. Als Beispiel für achtenswerte Gründe bringt Geiser Fälle, bei denen das Bundesgericht unter altem Recht die Namensänderung mangels wichtiger Gründe verweigerte. So sei es achtenswert, einen Namen vor dem Aussterben bewahren zu wollen oder den Künstlernamen als amtlichen Namen führen zu können, wenn er im wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben objektiv von Bedeutung sei. Geiser erachtet es unter dem revidierten Recht als möglich, die anlässlich der Heirat getroffene Namenswahl nach der Heirat zu ändern, sofern der Gesuchsteller beweisen kann, dass sein bisheriger Name ihm objektive oder subjektive Unannehmlichkeiten bereitet.

Soweit ersichtlich fällte das Bundesgericht erst zwei Entscheide betreffend Namensänderung nach neuem Recht. Im Entscheid BGE 140 III 577 schützte es die Namensänderung des Kindes, das bei seiner sorgeberechtigten Mutter lebt und deren Namen tragen will. Das Bundesgericht kam im zitierten Entscheid zum Schluss, dass das nachgewiesene Bedürfnis einer Übereinstimmung des gemeinsamen Namens genügt, ohne dass mit dem bisherigen Namen konkrete und ernsthafte soziale Nachteile verbunden sind (Erw. 3.3.4). Beim zweiten Entscheid (Urteil des Bundesgerichts 5A_461/2018 vom 26. Oktober 2018) handelte es sich um einen schweizerisch-französischen Doppelbürger, der im Jahr 2014 im Kanton Wallis eine Änderung seines Nachnamens von A. in A. B. oder A.-B. beantragte. Das Namensänderungsgesuch wurde damit begründet, dass er seit 40 Jahren bei Freunden, Bekannten, in beruflichen Beziehungen sowie bei Behörden und Weiteren unter dem Namen A. B. bekannt sei. Die Vorinstanzen wiesen sein Gesuch hingegen vollumfänglich ab, weil er angeblich nicht nachzuweisen vermochte, dass sein aktueller Name zu konkreten und ernsthaften Nachteilen führte. Die dagegen eingereichte Beschwerde hiess das Bundesgericht gut mit der Begründung, die Vorinstanzen hätten fälschlicherweise noch die Rechtsprechung zum alten Recht (wichtige Gründe) angewandt. Damit hätten sie gegen das eingeräumte Ermessen verstossen. Dem Beschwerdeführer wurde daher die Führung des Doppelnamens A. B. gestattet.

5. a) Was den vorliegenden Fall anbelangt, hat die Beschwerdegegnerin korrekterweise festgestellt, dass die von der Beschwerdeführerin beantragte Namensführung «B. C.» an keine gesetzliche Bestimmung des schweizerischen Namensrechts anzuknüpfen vermag, ist doch dem anwendbaren schweizerischen Namensrecht die Kombination aus dem ersten Nachnamen des Vaters und dem ersten Nachnamen der Mutter als Nachname des Kindes fremd. Die Namensgebung richtet sich vielmehr nach Art. 270 Abs. 1 ZGB, wonach sich miteinander verheiratende Eltern, welche keinen gemeinsamen Familiennamen führen, für den Ledignamen der Mutter oder denjenigen des Vaters als Nachnamen des Kindes zu entscheiden haben. Der Beschwerdegegnerin ist somit grundsätzlich Recht zu geben, dass die Bildung eines Doppelnamens in der schweizerischen Rechtsordnung nicht vorgesehen ist. Hingegen gilt es aber auch zu berücksichtigen, dass dem schweizerischen Recht bis ins Jahr 2012 die Führung eines Doppelnamens durchaus bekannt war und die Rechtskommission des Nationalrates erst am 14. Januar 2019 eine parlamentarische Initiative des Nationalrates Luzi Stamm angenommen hat, mit der die Wiedereinführung des Doppelnamens erreicht werden soll. Es ist somit durchaus möglich, dass Doppelnamen zukünftig auch nach schweizerischem Recht wieder zulässig wären. Vorliegend wäre es somit etwas gar einfach, ausschliesslich damit zu argumentieren, dass die Führung eines Doppelnamens nach schweizerischem Recht nicht zulässig sei.

Soweit die Beschwerdegegnerin in diesem Zusammenhang auf einen Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 19. Dezember 2018 (VB.2018.00414) verweist, ist ihr insofern Recht zu geben, dass es in diesem Entscheid ebenfalls um die Führung eines Doppelnamens eines Kindes ging. Wie im vorliegenden Fall wurde die Eintragung des Doppelnamens verweigert mit der Begründung, dass die gewünschte Namensführung nach schweizerischem Recht nicht möglich sei. Was die Beschwerdegegnerin darüber hinaus für den vorliegenden Fall ableiten will, bleibt indes fraglich. Die Beschwerdegegnerin verkennt nämlich, dass die Frage, ob die Beschwerdeführer auf dem Weg der Namensänderung zu ihrem Ziel gekommen wären, gerade nicht Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens im Kanton Zürich war, ging es doch lediglich darum zu beurteilen, ob das zuständige Zivilstandsamt den Familiennamen «A-B» zu Recht zurückwies.

Einen ähnlichen Fall hatte das Bundesgericht im Urteil 5A_824/2014 vom 2. Juli 2015 zu beurteilen. Dabei ging es um zwei somalische Staatsangehörige (Cabdikarim Goosaar Abuukar und Aamino Yuusef Cadow), welche im Jahr 2007 in Somalia heirateten, wo auch ihre älteste Tochter zur Welt kam. Diese trägt den Nachnamen «Cabdikarim Goosaar», der sich – somalischem Recht entsprechend – aus dem Vornamen (Cabdikarim) und dem ersten Nachnamen (Goosaar) des Vaters zusammensetzt. Eine zweite Tochter kam 2012 in der Schweiz zur Welt und wurde mit dem Nachnamen «Cabdikarim Goosaar» ins Zivilstandsregister eingetragen. Im Februar 2014 wurde sodann in Winterthur die dritte Tochter Sullekha geboren. Die Eltern wollten, dass auch sie den Namen «Cabdikarim Goosaar» trägt. Das Zivilstandsamt verweigerte aber die Beurkundung der Geburt mit der Begründung, dass die gewünschte Namensführung «Sullekha Cabdikarim Goosaar» nach schweizerischem Recht nicht möglich sei. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde sowohl von den Vorinstanzen als auch vom Bundesgericht abgewiesen, wobei das Urteil des Bundesgerichts aufgrund Uneinigkeit des Spruchkörpers im Rahmen einer öffentlichen Beratung gefällt wurde. Wie aus einem Aufsatz des beteiligten Bundesrichters PD Dr. iur. Felix Schöbi (Namensänderungen aus Sicht des Bundesgerichts, Konferenz der kantonalen Aufsichtsbehörden im Zivilstandsdienst, Tagung vom 19. und 20. Mai 2016 in Brunnen) hervorgeht, vertrat er eine andere Meinung und war der Auffassung, dass bei der Namensgebung zu berücksichtigen sei, dass zwei Kinder bereits «Cabdikarim Goosaar» heissen würden. Seines Erachtens hätten die Eltern in dieser speziellen Situation den Namen «Cabdikarim Goosaar» zum Familiennamen gewählt, der nun – zwingend – auch für das dritte Kind, Sullekha, gelte. Zusätzlich hatte er gewisse völkerrechtliche Bedenken: So sei es nur schwer mit Art. 8 EMRK in Einklang zu bringen, wenn der Gesetzgeber Eltern zwingen würde, ihren gemeinsamen Kindern unterschiedliche (Familien-)Namen zu geben. Auch sah er eine Diskriminierung des jüngsten Kindes, wenn es einen anderen Namen tragen muss als seine beiden älteren Geschwister. Trotz dieser Bedenken entschied das Bundesgericht, dass die Namensführung «Cabdikarim Goosaar» nicht in Frage käme.

Wie das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hat sich auch das Bundesgericht nur mit der Frage befasst, ob die Beurkundung des beantragten Doppelnamens möglich sei und dies verneint. Während im Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich die Frage einer allfälligen Namensänderung überhaupt nicht thematisiert wurde, hat das Bundesgericht in Erw. 6 des zitierten Entscheids immerhin darauf hingewiesen, dass nach der seit 1. Januar 2013 gültigen Fassung von Art. 30 Abs. 1 ZGB grundsätzlich der Weg der Namensänderung offen stünde, soweit beachtenswerte Gründe vorliegen sollten. Ob die Beschwerdeführer aber auf dem Weg der Namensänderung wirklich zu ihrem Ziel gekommen wären, liess das Bundesgericht offen, da es nicht Gegenstand des Verfahrens war. Wie Bundesrichter Schöbi in seinem Aufsatz betreffend Namensänderungen aus Sicht des Bundesgerichts angemerkt hat, schliesst er dies aufgrund der im Rahmen der
öffentlichen Beratung abgegebenen Voten indes nicht aus. Bundesrichter Schöbi wies darauf hin, dass sich das Bundesgericht nicht so sehr am Doppelnamen «Cabdikarim Goosaar» gestört habe, sondern vielmehr der Meinung gewesen sei, dass die Beschwerdeführer schlicht das falsche Verfahren eingeschlagen hätten, um ihr möglicherweise legitimes Ziel zu erreichen. So hätten sie sich nicht gegen die Verfügung der Zivilstandsbehörden wehren, sondern gestützt auf Art. 30 Abs. 1 ZGB ein Namensänderungsgesuch einreichen sollen. Wie die vorliegenden Ausführungen zeigen, ist es somit durchaus möglich, dass das Bundesgericht im Fall «Cabdikarim Goosaar» ein Gesuch um Änderung des Nachnamens des dritten Kindes gutgeheissen und ihm die Führung des gleichen Nachnamens wie seine Geschwister, mithin die Führung eines Doppelnamens bewilligt hätte. Im Übrigen ist das von der Beschwerdeführerin zitierte Urteil des Bundesgerichts 5A_461/2018 vom 26. Oktober 2018 zu berücksichtigen, mit welchem das Bundesgericht einem schweizerisch-französischen Doppelbürger die Änderung des Nachnamens A. in den Nachnamen A. B., also einen Doppelnamen, bewilligte.

b) Vorliegend begründet die Beschwerdeführerin das Gesuch um Namensänderung unter anderem mit dem Bedürfnis, den gleichen Familiennamen wie ihre Schwester tragen zu können. Die Schwester der Beschwerdeführerin, Sandra, kam im Jahr 2015 in Peru zur Welt und trägt daher – kolumbianischem Recht entsprechend – den Nachnamen «B. C.», bestehend aus den ersten beiden Nachnamen ihrer Eltern. Zum jetzigen Zeitpunkt tragen die Beschwerdeführerin und ihre Schwester somit unterschiedliche Nachnamen, obwohl sie die gleichen Eltern haben und diese bei beiden Geburten bereits verheiratet waren. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Namenseinheit für die betroffenen Kinder und ihre Eltern in der Regel von grosser Wichtigkeit ist. Dementsprechend sieht das Gesetz in Art. 160 Abs. 3 ZGB auch vor, dass die Eheleute bei Eheschliessung bestimmen müssen, welchen ihrer Ledignamen ihre Kinder tragen sollen. Dabei gilt der Grundsatz, dass für alle Kinder der gleiche Name gewählt werden muss. Angesichts dessen ist das Anliegen der Eltern durchaus nachvollziehbar, dass ihre beiden Kinder gleich heissen sollen. Wie die Beschwerdegegnerin im angefochtenen Entscheid aufgezeigt hat, bestünde diesbezüglich jedoch die Möglichkeit, ein Namensänderungsgesuch für die Schwester der Beschwerdeführerin von «B. C.» in «B.» einzureichen. Ein solches Namensänderungsgesuch würde wohl bewilligt werden, da der Name «B.» der schweizerischen Namensregelung entsprechen würde und hätte zur Folge, dass die Schwestern den gleichen Nachnamen führen könnten.

Mit der Beschwerdeführerin ist indes festzustellen, dass bei der Namensführung «B.» weiterhin der konkrete Bezug zum Nachnamen der Mutter und zur südamerikanischen Herkunft fehlen würde. Gemäss Ausführungen der Beschwerdeführerin würde dies im südamerikanischen Raum zu enormen, nicht wünschenswerten, negativen Konsequenzen führen, dies insbesondere dann, wenn die Mutter der Beschwerdeführerin alleine mit ihr unterwegs sei. In Anbetracht der Tatsache, dass sich der Nachname in Kolumbien aus dem ersten Nachnamen des Vaters und dem ersten Nachnamen der Mutter zusammensetzt, erscheint es für das Gericht durchaus nachvollziehbar, dass es für die Mutter der Beschwerdeführerin momentan sehr schwierig ist, alleine mit ihrer Tochter in Südamerika zu reisen, kann aus dem Nachnamen «B.» doch lediglich die familiäre Beziehung zum Vater nicht hingegen zur Mutter, wie dies in Kolumbien ansonsten üblich ist, abgeleitet werden. Ob die Mutter der Beschwerdeführerin dabei wirklich als Kindsentführerin betrachtet wird, kann dahingestellt bleiben. Für das Gericht erscheint es jedenfalls nachvollziehbar, dass die Mutter mit dem Nachnamen «C. D.» in Kolumbien nicht immer auf Anhieb als Mutter der Beschwerdeführerin mit dem Nachnamen «B.» anerkannt wird und deshalb jeweils ein bürokratischer Aufwand notwendig wird, um die Beziehung darzulegen. Weiter gilt es, wie die Erfahrungen des Vaters der Beschwerdeführerin gezeigt haben, zu berücksichtigen, dass es in Kolumbien im Umgang mit den Behörden immer wieder zu Problemen kommt, wenn man keinen Doppelnamen trägt. Es ist der Beschwerdegegnerin zwar zuzustimmen, dass sich die soeben aufgezeigten Probleme auch für andere Familien, die nach Südamerika reisen und keinen Doppelnamen tragen, ergeben können. Vorliegend darf jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Familie über die kolumbianische Staatsangehörigkeit verfügt und Verwandte auch in Kolumbien leben. Es ist deshalb offensichtlich, dass die Beschwerdeführerin immer wieder nach Kolumbien reisen und sich in Südamerika aufhalten wird. Dabei würde die aktuelle Namensführung immer wieder zu erheblichen Schwierigkeiten führen. Eine Namensänderung in «B. C.» hingegen würde der Beschwerdeführerin und ihrer Familie den Aufenthalt in Kolumbien und den Umgang mit den kolumbianischen Behörden wesentlich erleichtern, mithin die jeweils zu befürchtenden Unannehmlichkeiten beseitigen. In Anbetracht dessen ist das Bedürfnis der Beschwerdeführerin, den gleichen Nachnamen wie ihre Schwester tragen zu dürfen, der auch in südamerikanischen Ländern anerkannt ist und zu keinen Problemen führt, nachvollziehbar. Diese wichtigen privaten Interessen überwiegen hier das öffentliche Interesse an der Unveränderlichkeit des einmal erworbenen Namens. Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin sind für das Gericht somit durchaus achtenswerte Gründe im Sinne von Art. 30 Abs. 1 ZGB gegeben, welche es rechtfertigen, eine gemäss dem schweizerischen Namensrecht nicht vorgesehene Namenskonstellation zu bewilligen. Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die Hürden für eine Namensänderung mit dem Wegfallen der «wichtigen Gründe» gesenkt wurden, mithin die Namensänderung nicht mehr denselben strengen Voraussetzungen untersteht und subjektive Motive für eine Namensänderung gemäss Bundesgericht nicht ohne Weiteres zurückgewiesen werden dürfen (vgl. Urteil des Bundesgerichts 5A_461/2018 vom 26. Oktober 2018). Der Beschwerdeführerin ist somit die gewünschte Änderung ihres Familiennamens von «B.» in «B. C.» zu bewilligen. In diesem Sinne ist die Beschwerde gutzuheissen. Der Eventualantrag auf Eintragung des Allianznamens im Schweizer Pass und auf der Identitätskarte braucht bei diesem Ausgang nicht mehr beurteilt zu werden.

(…)

Urteil des Verwaltungsgerichts vom 4. Juli 2019, V 2018 105
Das Urteil ist rechtskräftig.

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