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Submission

Ausgestaltung der Preiskurve

Regeste:

Art. 11 lit. a und Art. 13 lit. f IVöB, § 12 lit. m SubV – Eine Preisspanne von 200 % ist grundsätzlich als unzulässig zu bezeichnen. Sie gewährleistet im vorliegenden Fall nicht, dass der Preis das vorgesehene Gewicht von 50 % erhält (E. 3).

Aus dem Sachverhalt:

Im Herbst 2019 schrieb die Einwohnergemeinde Baar die Arbeitsgattung BKP 293 Elektroingenieur im Zusammenhang mit der Erweiterung der Schule Sternmatt 1, Baar, in einem offenen Verfahren zur Vergabe aus. Gemäss dem Offertöffnungsprotokoll gingen insgesamt 19 Angebote ein. Das preislich günstigste Angebot war mit Fr. 236'509.20 inkl. MWST jenes der A. GmbH. Der höchste angebotene Preis betrug Fr. 548'462.– inkl. MWST. Mit Verfügung vom 24. März 2020 erteilte der Gemeinderat Baar der B. AG den Zuschlag zum Preis von Fr. 289'166.– inkl. MWST (Rang 6 bezüglich Preis). Die B. AG hatte von maximal 100 Punkten total 83,3 Punkte erhalten, die A. GmbH 81,2 Punkte, womit letztere auf dem zweiten Platz landete.

Gegen diese Verfügung reichte die A. GmbH am 2. April 2020 Verwaltungsgerichtsbeschwerde ein und verlangte u.a. den Einsatz einer praxisüblichen Wertungsskala beim Kriterium Preis für alle Anbieter.

Aus den Erwägungen:

(…)

3. Streitig ist im vorliegenden Verfahren insbesondere die Handhabung des Zuschlagskriteriums Preis bzw. die Ausgestaltung der Preiskurve. Es ist wohl davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin mit der von ihr geltend gemachten fehlenden Transparenz meint, durch die vom Gemeinderat Baar vorgenommene Umrechnung des Preises in Punkte habe ein intransparentes Verfahren stattgefunden, in welchem die Bewerber nicht gleichbehandelt worden seien.

3.1 Der Angebotspreis bildete mit einer Gewichtung von 50 % das Hauptkriterium für den Zuschlag; die übrigen Kriterien «Auftragsanalyse» und «Schlüsselperson Projektleiter Elektroingenieur» wurden mit 30 bzw. 20 % gewichtet. Die Vergabestelle wendete ein lineares Preisbewertungsmodell an, was grundsätzlich korrekt erscheint (Claudia Schneider Heusi, Vergaberecht in a nutshell, 2. Aufl. 2018, S. 120 f.). Bezüglich der Punkteberechnung des Eingabepreises (Offertsumme) erhielt das preislich günstigste Angebot die maximale Punktzahl und das Doppelte der günstigsten Offerte die halbe Punktzahl. Aufgrund der preislich günstigsten Honorarofferte von Fr. 236'509.20 erhielt die Beschwerdeführerin beim Zuschlagskriterium Preis die volle und damit höchste Punktzahl von 50 Punkten zugesprochen, während die Zuschlagsempfängerin gemäss der linearen Skala mit ihrem um Fr. 52'656.80 teureren, sechstbesten Angebot von Fr. 289'166.– 44 Punkte erhielt (und das teuerste Preisangebot in Höhe von Fr. 548'462.– noch 17 Punkte).

3.2 Die konkrete Ausgestaltung der Preiskurve fällt in das (weite) Ermessen der Vergabebehörde (vgl. Urteile BGer 2P.111/2003 vom 21. Januar 2004 E. 3.3 und 2P.172/2002 vom 10. März 2003 E. 3.2). Zu beachten ist jedoch, dass, je nachdem, wie hoch die Bewertungsabzüge für höhere Angebotspreise im Verhältnis zum billigsten erfolgen, das Zuschlagskriterium «Preis» im Evaluationsprozess eine grössere oder kleinere Rolle spielt, mithin die Gewichtung des Preises durch die Art, wie diese Abzüge vorgenommen werden, u.U. wiederum verändert wird (siehe dazu Galli/Moser/Lang/Steiner, a.a.O., Rz. 884). In diesem Zusammenhang ist auf die folgenden zutreffenden Erwägungen des Kantonsgerichts Basel-Landschaft in seinem Entscheid BLKGE 2006 II Nr. 45 E. 7b und 7c hinzuweisen: «Wie eine Bewertungsskala hinsichtlich der Angebotspreise festzulegen ist, lässt sich nicht in allgemeiner Weise bestimmen, sondern hängt stark von den Umständen des Einzelfalles ab. Immerhin muss die in den Ausschreibungsunterlagen bekannt gegebene Gewichtung des Zuschlagskriteriums «Preis» in der Bewertung derart zum Ausdruck kommen, dass das im Voraus bekannt gegebene Gewicht tatsächlich zum Tragen kommt. Mit anderen Worten muss die für das Preiskriterium gewählte Bandbreite der Bewertung realistisch sein. Die Gewichtung des Preiskriteriums darf eine gewisse Mindestgrenze nicht unterschreiten, wenn der Begriff des wirtschaftlich günstigsten Angebots nicht seines Gehalts entleert werden soll. Das Bundesgericht hat diese Untergrenze in BGE 129 I 313 ff. bei 20 % festgelegt. Diese Grenze gilt selbst bei einem komplexen Dienstleistungsvertrag. Die Rechtsprechung hat die Grundsätze zur Bewertung des Preiskriteriums dahingehend konkretisiert, dass die Bewertung oder Benotung des Preiskriteriums die tatsächlich in Frage kommende Bandbreite möglicher Werte zu berücksichtigen hat (sog. «realistische Preiskurve»; vgl. Entscheid des Verwaltungsgerichts Zürich VB 2003.00469 vom 21. April 2004 E. 2.2 und 2.5). Die Bandbreite für das Preiskriterium muss mit anderen Worten realistisch sein (Beat Denzler, Bewertung der Angebotspreise, Baurecht, Sonderheft Vergaberecht 2004, S. 22). Das Bundesgericht hat hierzu ausserdem in BGE 129 I 313 ff. (Pra 2004 Nr. 64) ausgeführt, dass das wirkliche Gewicht des Preiskriteriums beim Zuschlag nicht abgeschwächt werden dürfe (Pra 2004 Nr. 64 E. 9.3). Im vom Bundesgericht zu beurteilenden Fall erhielt das teuerste Angebot im Vergleich zum billigsten immer noch eine beachtliche Punktzahl. Angesichts der Tatsache, dass das Preiskriterium in der Bewertung nur mit 20 % gewichtet wurde, bewirke diese Nivellierung, so das Bundesgericht, dass es gegenüber anderen Kriterien noch weiter in den Hintergrund rücke. Das Zusammenwirken zwischen der sehr tiefen Gewichtung (20 %) sowie der flachen Preiskurve bewirke ein unannehmbares Ergebnis (Pra 2004 Nr. 64 E. 9.3). In einem ähnlichen Sinn hat das Verwaltungsgericht Aargau entschieden, dass die Vergabebehörde der tatsächlich entstandenen Preisspanne angemessen Rechnung tragen müsse. Werde indes die Preiskurve so flach gelegt, dass beim Preis die Vergabe von weniger als der Hälfte der Punkte nur theoretisch in Betracht kommen könne, so werde die Gewichtung des Preises im Verhältnis zu den übrigen Kriterien gegenüber der publizierten Ausschreibung verschoben, was zur Aufhebung des Zuschlags führen müsse (AGVE 2004 S. 232).» Das Kantonsgericht Basel-Landschaft hielt im konkreten Fall fest, dass, nachdem sich vorliegend die Preisofferten im Rahmen von ca. 45 % über der billigsten Offerte bewegten, eine Preiskurve, die erst bei 100 % über der billigsten Offerte 0 Punkte ergebe, als Verletzung des Transparenzgebotes sowie des Grundsatzes, dass der Zuschlag der wirtschaftlich günstigsten Offerte zu erteilen sei, erscheine. Zu beachten sei ferner, so das Kantonsgericht Basel-Landschaft, dass das wirkliche Gewicht des Preiskriteriums, vorliegend 30 %, nicht abgeschwächt werden dürfe. Erhalte nun die teuerste Offerte immer noch mehr als die Hälfte der Punkte, vorliegend 50 von möglichen 90 Punkten für eine Offerte von Fr. 11'877'194.– (preislich tiefste Offerte: Fr. 8'254'979.–), und komme die andere Hälfte der Punkte nur theoretisch in Betracht, werde die Gewichtung des Preises verfälscht; sie betrage tatsächlich noch etwa 14 %, was gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht mehr zulässig sei (BLKGE 2006 II Nr. 45 E. 7d und 7e).

3.3 Im Urteil 2P.111/2003 vom 21. Januar 2004 E. 3.3 (in diesem Verfahren war das Urteil des Verwaltungsgerichts Zug V 2002 22 vom 12. März 2003 angefochten worden) führte das Bundesgericht aus, es möge sich fragen, ob die verwendete Punkteskala, bei welcher ein Angebot, das eineinhalb Mal so teuer sei wie das billigste [somit 50 % teurer als das billigste], immer noch die Hälfte der zu verteilenden Punkte erhalte, zweckmässig sei. Angesichts der Bedeutung, so das Bundesgericht, welche die Vergabebehörde dem Preis als Zuschlagskriterium mit einer Gewichtung von 60 % an sich habe geben wollen, wäre wohl eine steilere Preiskurve vorzuziehen gewesen. In einer Ingenieursubmission, in welcher der Preis mit 30 % gewichtet wurde und die zugehörige Preiskurve so flach festgelegt wurde, dass ein Angebot erst dann auf die Minimalnote kam, wenn dessen Preis 200 % der preisgünstigsten Offerte betrug, hat das Bundesgericht die Unzulässigkeit dieses Preisbewertungssystems angenommen. Es führte aus, eine Skala, bei welcher die Bewertungsobergrenze beim Doppelten des billigsten Angebots liegt und die für ein um 50 % teureres Angebot immer noch die Hälfte der maximalen Punktzahl vorsehe, führe zu einer äusserst flach verlaufenden Preiskurve. Eine relativ geringe Gewichtung des Preises, welche aus der Sicht des Bundesgerichts an und für sich noch nicht zu beanstanden wäre, werde dann unzulässig, wenn sie durch die verwendete Bewertungsskala weiter abgeschwächt werde (und die Bedeutung des Preises damit faktisch unter 20 % falle) (Urteil BGer 2P.230/2006 vom 5. März 2007 E. 4.2). Im Urteil 2C.412/2007 vom 4. Dezember 2007 erklärte das Bundesgericht eine vom Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz festgelegte Preiskurve, die in Berücksichtigung der konkreten Angebote vorsah, dass ein Angebot, das 53 % teurer als das billigste war, die Hälfte der zu verteilenden Punkte erhielt, als nicht verfassungswidrig. Der Angebotspreis hatte mit einer Gewichtung von 50 % das Hauptkriterium für den Zuschlag gebildet. Im Urteil 2C_979/2018 vom 22. Januar 2020 schützte das Bundesgericht einen Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft. Dieses hatte bei einer weitgehend standardisierten Dienstleistung mit tiefem Komplexitäts- und Schwierigkeitsgrad eine Preisspanne von 82 % als unzulässig bezeichnet. Das Kantonsgericht Basel-Landschaft erachtete eine realistische Preiskurve mit einem Nullpunkt bei 30 % über dem tiefsten Preis als sachgerecht, verwendete jedoch im Rahmen seiner Neubewertung eine Preiskurve mit einem Nullpunkt bei 50 % über dem tiefsten Preis, um damit den Ermessensspielraum der Vergabebehörde zu respektieren. Gleichzeitig bezeichnete das Kantonsgericht Basel-Landschaft die von der Vergabebehörde vorgenommene Gewichtung des Preises mit 40 % als klar unterhalb der für derartige Aufträge zu verwendenden Mindestgrenze, korrigierte die Untergewichtung aber nicht mehr, weil die Ausschreibung unangefochten geblieben war.

3.4 Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich erachtete in seinem Entscheid VB. 2003.00188 vom 11. September 2003 eine Berechnungsweise, gemäss der ein Angebot um 400 % teurer sein müsste als das günstigste, um beim Kriterium Preis das Minimum von 0 Punkten zu erhalten, für eine Beschaffung der vorliegenden Art (Baumeisterarbeiten am Neubau eines Klassentrakts eines Schulhauses; Gewichtung des Preises mit 65 %) als nicht vertretbar und ausserhalb jedes begründbaren Ermessensspielraums der Vergabebehörde. Im Entscheid VB.2003.00469 vom 21. April 2004 erwog das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, Ergebnisse, gemäss denen ein Angebot, das doppelt so teuer wie das günstigste wäre, noch immer 30 Punkte, also die Hälfte des Maximalwerts, erhielte und selbst ein fünfmal so teures Angebot (400 % über dem günstigsten) noch 12 Punkte erhielte, machten offensichtlich keinen Sinn und führten nicht zu einer Bewertung, welche die Gewichtung des Kriteriums zutreffend wiedergebe. Im konkreten Fall ging es um die Sanierung von Strassen und Werkleitungen, und der Preis wurde mit 60 % gewichtet. Im Entscheid VB.2005.00582 vom 5. Mai 2006 bezeichnete das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich trotz der von der Vergabebehörde glaubhaft gemachten erheblichen Komplexität der Bauaufgabe (Trasseebauarbeiten auf einer Nationalstrasse) eine Preisspanne von 100 % als unrealistisch. (Der Angebotspreis hatte eine Gewichtung von 80 %.) Das Verwaltungsgericht hielt jedoch ausdrücklich fest, eine Preisspanne von 50 % wäre nicht zu beanstanden gewesen. In einem weiteren Fall (Entscheid VB.2005.00227 vom 21. September 2005) stellte das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich fest, dass die von der Vergabebehörde vorgenommene Preisbewertung, wonach selbst ein Angebot, das doppelt so teuer wäre wie das günstigste, immer noch 40 Punkte, also die Hälfte des Maximalwerts, und ein dreimal so teures (200 % über dem günstigsten) noch 27 Punkte erhielten, nicht zulässig sei (Baumeisterarbeiten am Neubau einer unterirdischen Trafostation; Gewicht des Zuschlagskriteriums Preis: 80 %). Bei einer Vergabe der vorliegenden Art (anspruchsvolle Arbeiten), so das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, erscheine eher eine Preisspanne von 40 bis 50 % als realistisch, wobei auch eine solche von 60 % noch im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens liegen könne. Und schliesslich bezeichnete das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich im Entscheid VB.2009.00047 vom 26. August 2009 im konkreten Fall den Auftrag, bei dem es um Tiefbauarbeiten im Zusammenhang mit der Sanierung und Umgestaltung einer Strasse inklusive Erneuerung von Kanalisation und Werkleitungen ging, als Standardauftrag, bei dem Preisspannen von 30 bis 50 % üblich seien. Die Annahme einer Preisspanne von 70 % sei nicht gerechtfertigt. (Der Angebotspreis hatte eine Gewichtung von 70 %.)

3.5 Im vorliegenden Fall basiert die Punkteberechnung des Eingabepreises (Offertsumme) durch den Gemeinderat Baar. auf der Annahme, dass das preislich günstigste Angebot die maximale Punktezahl und das Doppelte der günstigsten Offerte die halbe Punktzahl habe. Dies bedeutet gleichzeitig, dass erst ein Angebot, das dreimal so teuer ist wie das günstigste, 0 Punkte ergibt, die Preisspanne (gemessen am günstigsten Angebot) somit 200 % beträgt. Vor dem Hintergrund der vorangehend dargelegten Rechtsprechung, aus welcher hervorgeht, dass eine Preisspanne über 100 % in der Regel nicht akzeptabel ist, ist die vom Gemeinderat Baar. offenbar seit dem Jahr 2007 angewandte Preisspanne von 200 % im Regelfall grundsätzlich als unzulässig zu bezeichnen. Sie führt zu einer äusserst flach verlaufenden Preiskurve und damit zu einer zu hohen Abwertung des von der Vergabebehörde in ihrer Ausschreibung bekannt gegebenen Gewichts des Kriteriums Preis. Würde hingegen im vorliegenden Fall eine Preisspanne von 100 % zur Anwendung gelangen, erhielte die Zuschlagsempfängerin statt der ihr beim Kriterium Preis zugesprochenen 44 Punkte (genau gerechnet wären es sogar 44,45 Punkte) lediglich 39 Punkte, womit die Beschwerdeführerin im Gesamtergebnis klar an erster Stelle stünde.

Nun zeichnet sich jedoch das in casu im Streit stehende Vergabeverfahren dadurch aus, dass bei einem Tiefstangebot von Fr. 236'509.20 und einem Höchstangebot von Fr. 548'462.– sowie einer grossen Anzahl eingegangener Offerten, die sich preislich ziemlich regelmässig verteilen, eine tatsächliche Preisspanne von knapp 132 % besteht, ohne dass gesagt werden könnte, dass es unter den Angeboten offensichtliche Ausreisser gebe. Diese Preisspanne ist erstaunlich gross und wäre kaum in dieser Grössenordnung festgelegt worden, hätte man dies im Voraus gemacht. Es rechtfertigt sich daher im vorliegenden Fall als maximales Entgegenkommen gegenüber dem Gemeinderat Baar., die (lineare) Preiskurve von 0 bis 50 Punkten innerhalb dieser tatsächlichen Preisspanne zu legen. Dieses Vorgehen entspricht der «Zürcher Methode», wie sie das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich in seinem Entscheid VB.2003.00469 vom 21. April 2004 mit folgender Formel entwickelt hat:

Tiefstes Angebot + Preisspanne – Beurteiltes Angebot
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––  x Gewichtung
Tiefstes Angebot + Preisspanne – Tiefstes Angebot

Dabei lässt es das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich zu, dass die Bandbreite auch erst nach dem Vorliegen der Angebote festgelegt wird. Diesfalls können gemäss Verwaltungsgericht des Kantons Zürich auch die tatsächlich offerierten, ernsthaften Preise als Anhaltspunkte berücksichtigt werden. Der Gemeinderat X. macht geltend, dass selbst bei Anwendung der hier seiner Ansicht nach nicht massgeblichen Zürcher Methode gerundet beim Preis 42 Punkte für die Zuschlagsempfängerin resultierten. Damit wäre, so der Gemeinderat X., die Zuschlagsempfängerin im Gesamtergebnis noch immer um 0,1 Punkte besser bewertet als die Beschwerdeführerin. Entscheidend ist nun aber, dass – wie der Gemeinderat X. selber darauf hinweist – die Zuschlagsempfängerin beim Kriterium Preis nach der Zürcher Methode nur dann 42 Punkte erhält, wenn aufgerundet wird. Auf die erste Stelle hinter dem Komma gerechnet sind es tatsächlich nicht 42, sondern 41,6 Punkte (exakt 41,56), womit die Beschwerdeführerin im Gesamtergebnis 0,3 Punkte vor der Zuschlagsempfängerin liegt, selbst wenn man im vorliegenden Fall die Zürcher Methode anwendet. Die Ausrechnung auf die erste Stelle hinter dem Komma rechtfertigt sich dabei ohne Weiteres, umso mehr als dies auch beim Kriterium «Referenzen» so gemacht wurde.

3.6 Aus dem Dargelegten lässt sich festhalten, dass die vom Gemeinderat Baar im konkreten Fall angewandte Bewertungsmethode zu einem unannehmbaren Ergebnis führt. Eine Preiskurve, die erst bei 200 % über der billigsten Offerte 0 Punkte ergibt, gewährleistet nicht, dass der Preis das vorgesehene Gewicht von 50 % erhält. Sie erscheint als Verletzung des Transparenzgebots sowie des Grundsatzes, dass der Zuschlag der wirtschaftlich günstigsten Offerte zu erteilen ist. Eine Preisspanne von 200 % führt dazu, dass die Vergabebehörde das Angebot der Zuschlagsempfängerin mit Blick auf den Preis erheblich zu gut bewertet hat. Diese Art der Preisbewertung ist daher nicht zulässig, und der Gemeinderat Baar hat damit das ihm zustehende Ermessen missbraucht. Nichts zu seinen Gunsten kann der Gemeinderat Baar mit seiner Argumentation, dass angesichts des komplexen Vergabegegenstands bei dieser Vergabe der Preis allenfalls auch tiefer, im Bereich zwischen 20 und 30 %, hätte gewichtet werden können, ableiten. Tatsächlich hat der Gemeinderat die Gewichtung des Zuschlagskriteriums Preis im Voraus mit 50 % bekannt gegeben und mit dem von ihm angewendeten Preisbewertungssystem wie ausgeführt das Transparenzgebot verletzt.

(…)

5.

5.1 Zusammenfassend ist der angefochtene Zuschlag demnach in Gutheissung der Beschwerde aufzuheben. Da das Angebot der Beschwerdeführerin damit an erster Stelle steht und keine weiteren Abklärungen erforderlich sind, hat die Vergabe an sie zu erfolgen.

5.2 Das Gericht kann als Beschwerdeinstanz gemäss Art. 18 Abs. 1 IVöB die Zuschlagsverfügung aufheben, in der Sache selber entscheiden oder diese mit oder ohne verbindliche Anweisungen an die Auftraggeberin zurückweisen. Das Beschwerdeverfahren wird vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht. Dies bedeutet, dass das Gericht auch Fragen nachzugehen hat, die von der Beschwerdeführerin nicht ausdrücklich aufgeworfen wurden. Eine umfassende Prüfungspflicht ist vor allem dann angebracht, wenn es um die Frage geht, ob das Gericht allenfalls den Zuschlag selber erteilen soll oder nicht.

5.3 Die Rechtsprechung der Kantone zu Art. 18 Abs. 1 IVöB wird dadurch geprägt, dass die Beschwerdeinstanzen bei Gutheissung einer Beschwerde in der Regel in der Sache nicht selber entscheiden, sondern sie mit oder ohne verbindliche Anordnungen an die Vergabebehörde zurückweisen (Galli/Moser/Lang/Steiner, a.a.O., Rz. 1401). Nur ausnahmsweise spricht die Beschwerdeinstanz den Zuschlag direkt der obsiegenden Beschwerdeführerin zu. Das ist z.B. dann der Fall, wenn der Sachverhalt vollständig abgeklärt ist oder wenn nur noch eine Bewerberin für den Zuschlag in Frage kommt. Steht zum vorneherein fest, dass sich jede Neubewertung zu Gunsten der obsiegenden Beschwerdeführerin auswirken würde, so wäre es ein prozessualer Leerlauf und eine unnötige Verfahrensverzögerung, wenn die Sache erneut an die Vergabebehörde zurückgewiesen würde. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zug hat in seiner bisherigen Praxis in mehreren Fällen den Zuschlag direkt an die zweitplatzierte Beschwerdeführerin erteilt (Urteile V 1999 137 vom 3. Februar 2000, V 2001 46 vom 28. August 2001, V 2004 128 vom 29. Oktober 2004, V 2007 70 vom 16. Juli 2007 und V 2015 39 vom 26. Mai 2015).

5.4 Wegen des durch die Neubeurteilung sowohl des Zuschlagskriteriums Preis als auch des Zuschlagskriteriums Auftragsanalyse je entstehenden Vorsprungs der Beschwerdeführerin im Gesamtergebnis und der Tatsache, dass beim dritten Zuschlagskriterium (Schlüsselperson Projektleiter Elektroingenieur) keine Änderungen zu erfolgen haben, muss der Gemeinderat Baar keine Neubewertung vornehmen. Eine weitere Anbieterin kommt für den Zuschlag zudem nicht in Frage. Eine Rückweisung erübrigt sich daher, und das Gericht kann den Zuschlag selber vornehmen, was auch aus prozessökonomischen Gründen sinnvoll ist.

(…)

Urteil des Verwaltungsgerichts vom 1. Juli 2020, V 2020 14
Das Urteil ist rechtskräftig.
Vollständiges Urteil auf der Entscheiddatenbank https://www.verwaltungsgericht.zg.ch

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