Navigieren auf Kanton Zug

Inhaltsnavigation auf dieser Seite

Navigation

Gerichtspraxis

Verwaltungspraxis

Grundlagen, Organisation, Gemeinden

Finanzen

Finanzrecht

§ 7 FHG

Regeste:

§ 7 FHG – Das Verwaltungsvermögen zeichnet sich gegenüber dem Finanzvermögen dadurch aus, dass es unmittelbar durch seinen Gebrauchswert der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dient. Das Finanzvermögen dient hingegen nur mittelbar durch seinen Ertrag der Erfüllung öffentlicher Aufgaben (§ 7 Abs. 1 lit. a und b Gesetz über den Finanzhaushalt des Kantons und der Gemeinden vom 31. August 2006 [Finanzhaushaltgesetz, FHG; BGS 611.1]; BGE 138 I 274 E. 2.3.2). Die einmal gemachten Zuordnungen zum Finanz- bzw. zum Verwaltungsvermögen sind regelmässig zu überprüfen, da sich die Umstände ändern können. Falls ein Grundstück zum Teil dem Verwaltungs- und zum Teil dem Finanzvermögen zugeordnet werden kann, so ist dies für die korrekte Rechnungslegung zu berücksichtigen. Nur so ist sichergestellt, dass die Teile in der Bilanz korrekt ausgewiesen werden und die damit verbundenen Aufwände (z. B. Abschreibungen und Unterhalt) korrekt verbucht werden.

Aus dem Sachverhalt:

Die X. AG, Zug, ist Eigentümerin des Grundstücks (GS) A., GB Zug, und Y. AG, Zug, Eigentümerin der GS B, C, D und E, GB Zug, welche Teile des Hasenbüelwegs sowie der Gimenenstrasse bilden. Diese dienen wiederum als Fortsetzung der Meisenbergstrasse zur Erschliessung des Gimenenquartiers.

B. Mit Entscheid Nr. 80.19 vom 19. Februar 2019 hat der Stadtrat Zug den Baulinien- und Strassenplan sowie die Änderung des kommunalen Teilrichtplans Verkehr erlassen und dem Kanton zur Genehmigung unterbreitet. Zudem hat der Stadtrat den Perimeterplan Gimenen (Plan Nr. 8501) beschlossen und gleichzeitig die eingegangenen Einsprachen abgewiesen, soweit darauf eingetreten wurde.

Mit separatem Beschluss Nr. 81.19, ebenfalls vom 19. Februar 2019, hat der Stadtrat Zug die Öffentlicherklärung des Hasenbühlwegs und der Gimenenstrasse beschlossen.

Die X. AG und die Y. AG, haben gegen den Beschluss Nr. 80.19 (kommunaler Richtplan, Strassen- und Baulinienplan sowie Perimeterplan) Verwaltungsbeschwerde erhoben. Die Y. AG hat zudem gegen den Beschluss Nr. 81.19 (Öffentlicherklärung) Verwaltungsbeschwerde erhoben.

(…)

D. Am 24. Januar 2020 erhoben die X. AG und die Y. AG (nachfolgend: Anzeigende), beide Zug, Aufsichtsbeschwerde beim Regierungsrat des Kantons Zug betreffend Nichtanwendung des Finanzhaushaltgesetzes des Kantons Zug. Dabei beantragen die An-zeigenden, die Einwohnergemeinde Zug (nachfolgend: Beschwerdegegnerin) sei anzuweisen, den eingezonten Teil von GS F., GB Zug, mit einer Fläche von 8494 m2 in das Finanzvermögen der Stadt zu überführen und dafür eine Schätzung anzuordnen. (…)

Zur Begründung führen die Anzeigenden zusammengefasst aus, die Stadtverwaltung würde das GS F. zu Unrecht ganz im Verwaltungsvermögen aufführen, obwohl es sich teilweise in der Bauzone befinde und verkauft werden sollte, weshalb es Finanzvermögen darstelle. Diese Rechnungslegung würde dem Finanzhaushaltgesetz nicht entsprechen und das Jahresergebnis der Beschwerdegegnerin verfälschen. Dieser Umstand habe Auswirkungen auf die Beschwerdeverfahren betreffend Perimeterplan und Öffentlicherklärung, denn falls die Wohnzone auf GS F. als Finanzvermögen zu qualifizieren sei, würde die Kompetenz der Beschwerdegegnerin entfallen, für deren Erschliessung die Öffentlicherklärung anzuordnen.

E. Die Beschwerdeantwort erfolgte am 28. Februar 2020, wobei die Beschwerdegegnerin beantragte, dass die Aufsichtsbeschwerde nicht an die Hand zu nehmen und eventualiter abzuweisen sei. Die parallellaufenden Beschwerdeverfahren, Laufnummern 53394, 53408, 53411 und 53412, seien sodann nicht zu sistieren.

Zur Begründung führt die Beschwerdegegnerin zusammengefasst aus, das GS F. sei – entsprechend der Praxis der Stadtverwaltung – ungeteilt im Verwaltungsvermögen aufgeführt, da sich darauf eine Schule befinde und zum jetzigen Zeitpunkt unklar sei, ob der restliche Teil des Grundstücks nicht doch auch einem öffentlichen Zweck zugeführt werde. Für den Ausgang der Beschwerdeverfahren mit den Laufnummern 53394, 53408, 53411 sowie 53412 sei es sodann unerheblich, unter welchem Posten das GS F. verwaltungsintern verbucht werde, weshalb diese Verfahren nicht zu sistieren seien.

Aus den Erwägungen:

1. Gemäss § 52 Abs. 1 Gesetz über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen vom 1. April 1976 (Verwaltungsrechtspflegegesetz VRG; BGS 162.1) kann mit der Aufsichtsbeschwerde jedermann die Aufsichtsbehörde über Tatsachen in Kenntnis setzen, die ihr Einschreiten gegen eine untere Verwaltungsbehörde von Amtes wegen erfordern. Anders als den Parteien im ordentlichen Beschwerdeverfahren kommen den Anzeigenden bei einer Aufsichtsbeschwerde keine Parteirechte zu (§ 52 Abs. 2 VRG). Die Art der Erledigung der Aufsichtsbeschwerde ist den Anzeigenden mitzuteilen, eine Begründungspflicht besteht jedoch nicht (§ 52 Abs. 3 und 4 VRG).

Die Aufsichtsbeschwerde ist weder frist- noch formgebunden. Sie hat subsidiären Charakter, d. h. falls die Rüge mit einem ordentlichen bzw. ausserordentlichen Rechtsmittel oder einer verwaltungsrechtlichen Klage geltend gemacht werden kann, steht die Aufsichtsbeschwerde nicht zur Verfügung. Die Aufsichtsbeschwerde ist nicht nur gegen Entscheide i. S. von § 4 VRG möglich, sondern gegen jede Art von staatlichem Handeln einer Behörde oder Amtsstelle, einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters. Sie dient dem Ziel der Verwaltungskontrolle. Anknüpfungspunkt bildet somit die Pflicht der oberen Behörde, die nachgeordneten Stellen angemessen zu beaufsichtigen, um eine rechtmässige und gut funktionierende Verwaltung zu gewährleisten. Die Eingabe soll eine Aktion veranlassen, welche die Aufsichtsbehörde von Amtes wegen durchführen müsste, würde sie selbständig auf den gerügten Missstand aufmerksam (vgl. Bertschi et al., Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 3. Auflage, Zürich 2014, Vorbemerkungen zu §§ 19 bis 28, N 61 ff.; Auer/Müller/Schindler, Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren [VwVG], Bern 2008, S. 891 ff.). Sie kann daher z. B. auch gegen nicht hoheitliches, rechtsgeschäftliches Verwaltungshandeln gerichtet sein (Weiss, Verfahren der Verwaltungsrechtspflege im Kanton Zug, Diss. Zürich 1983, S. 76 f.). Die Anzeige richtet sich grundsätzlich immer an die Aufsichtsbehörde. Die Aufsicht über die Gemeinden steht gemäss § 33 Abs. 1 Gesetz über die Organisation und die Verwaltung der Gemeinden vom 4. September 1980 (Gemeindegesetz, GG; BGS 171.1) dem Regierungsrat zu.

2. Die Anzeigenden stellen den Antrag, die Beschwerdeverfahren mit den Laufnummern 53411 und 53412 zu sistieren. Sie begründen dieses Begehren im Wesentlichen damit, dass ein allfälliger Entscheid der Beschwerdegegnerin, die Wohnzone auf GS F. in das Finanzvermögen umzubuchen, im Hinblick auf das zu erwartende Enteignungsverfahren und im Rahmen der Öffentlicherklärung des Hasenbüelwegs sowie der Gimenenstrasse eine grundlegende Bedeutung hätte. Denn falls die Wohnzone auf GS F. als Finanzvermögen zu würdigen sei, würde die Kompetenz der Beschwerdegegnerin entfallen, für deren Erschliessung die Öffentlicherklärung anzuordnen. Eine Enteignung sei nämlich nur möglich, um gemeindliche Aufgaben, d. h. Aufgaben für Grundstücke im Verwaltungsvermögen, zu erfüllen. Die Erschliessung eines Grundstücks im Finanzvermögen könne hingegen keine Enteignung rechtfertigen.

Im Weiteren hätten die Anzeigenden als Steuerzahlerinnen ein praktisches Interesse daran, dass die der Beschwerdegegnerin gehörenden Grundstücke in der Jahresrechnung korrekt aufgeführt würden. Denn unter anderem habe ein Grundstück im Finanzvermögen die Auswirkung, dass die Aktiven höher ausgewiesen würden, wobei die jährlichen Abschreibungen nach dem Finanzhaushaltgesetz einen Einfluss auf die laufende Rechnung hätten und sich somit auf den Jahreserlös auswirken würden.

a) Die Beschwerdegegnerin erwidert zusammengefasst, eine Sistierung der Verfahren betreffend Baulinien- und Strassenplan Hasenbüelweg und Gimenenstrasse, Änderung Richtplan Verkehr, Motorisierter Individualverkehr und Perimeterplan Gimenen (Laufnummern 53408 und 53412) sowie Öffentlicherklärung Hasenbüelweg und Gimenenstrasse (Laufnummern 53394 und 53411) sei unter keinem Titel zweckmässig. Insbesondere würde der Ausgang dieser erschliessungsrechtlichen Verfahren nicht von der Erledigung des vorliegenden aufsichtsrechtlichen Verfahrens abhängen. Vielmehr seien diese Verfahren in der Hauptsache und unabhängig vom vorliegenden Verfahren zu entscheiden. Auch eine grundlegende Bedeutung für ein allfälliges Enteignungsverfahren sei nicht ersichtlich. In den hängigen Beschwerdeverfahren vor dem Regierungsrat sei der Enteignungstitel beziehungsweise die Enteignungsverfügung, nicht aber die Schätzung umstritten. Selbst wenn die Schätzung Gegenstand der zur Sistierung beantragten Verfahren wäre, hätte die buchhalterische Erfassung des Grundstücks seitens der Beschwerdegegnerin keinen Einfluss auf die Beurteilung der Schätzungskommission. Bauzonen seien grundsätzlich innert 15 Jahren zu erschliessen. Dies gelte unabhängig von den Eigentumsverhältnissen an den erschlossenen Parzellen. Auch sei für den Bestand der Erschliessungspflicht gänzlich unerheblich, ob GS F. dem Verwaltungs- oder dem Finanzvermögen der Beschwerdegegnerin zugeteilt werde. Würde das Gemeinwesen bei Grundstücken im Finanzvermögen keine Erschliessungspflicht treffen, könnten diese Grundstücke unter Umständen gar nie überbaut werden. Die öffentlich-rechtlichen Mittel zur Erschliessung von Bauland würden ohne Weiteres für die Erschliessung von Grundstücken im Finanzvermögen zur Verfügung stehen und seien vom erschliessungspflichtigen Gemeinwesen zu nutzen.

b) Gemäss Art. 19 Abs. 1 Bundesgesetz über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (Raumplanungsgesetz, RPG; SR 700) ist Land erschlossen, wenn eine hinreichende Zufahrt besteht und die erforderlichen Wasser-, Energie- sowie Abwasserleitungen so nahe heran-führen, dass ein Anschluss ohne erheblichen Aufwand möglich ist. Die Gemeinden sind für die zeitgerechte Erschliessung der Bauzonen verantwortlich (Erschliessungspflicht; Art. 19 Abs. 2 RPG; § 32a Abs. 1 Planungs- und Baugesetz vom 26. November 1998 [PBG; BGS 721.11]).

c) Der Wortlaut von Art. 19 Abs. 2 RPG sowie § 32a Abs. 1 PBG ist umfassend. Bezüglich der Erschliessungspflicht ist somit – wie die Beschwerdegegnerin zu Recht ausführt – unerheblich, ob sich das Grundstück in privatem oder öffentlichem sowie Verwaltungs- oder Finanzvermögen befindet. Ein Zusammenhang zwischen dem vorliegenden aufsichtsrechtlichen Verfahren und den Verwaltungsbeschwerden mit den Laufnummern 53394, 53408, 53411 sowie 53412 besteht somit nicht. Der Sistierungsantrag der Anzeigenden ist folglich abzuweisen bzw. die Aufsichtsbeschwerde in diesem Punkt nicht an die Hand zu nehmen.

3. Die Anzeigenden machen geltend, die Stadtverwaltung würde das GS F. mit 14 147 m2 Fläche zu Unrecht im Verwaltungsvermögen und mit dem Nutzungsvermerk «Landwirtschaft» aufführen. Dieses Grundstück sei nämlich als Folge eines angenommenen Antrags der FDP-Fraktion der Stadt Zug im Jahr 2009 eingezont und parzelliert worden, wobei Ziel dieses Antrags gewesen sei, die einzelnen Parzellen bauwilligen Privaten zu veräussern. Der in der Wohnzone liegende Teil des GS F. würde somit keinen öffentlichen Verwaltungszweck erfüllen. Das Gesamtgrundstück weise eine Gesamtfläche von 17 218 m2 auf, wobei 8494 m2 der Wohnzone (südlicher Teil) und 8724 m2 (nördlicher Teil) der Zone des öffentlichen Interesses für Bauten und Anlagen (nachfolgend: OeIB) zugeteilt seien. Korrekterweise wäre nur die Fläche der OeIB im Verwaltungsvermögen aufzuführen, nicht aber die Fläche der Wohnzone, da jene keine unmittelbare öffentliche Aufgabe erfüllen würde. Die Rechnungslegung der Beschwerdegegnerin würde offensichtlich nicht dem Finanzhaushaltgesetz entsprechen, wodurch das Jahresergebnis des Gemeinwesens verfälscht worden sei.

a) Die Beschwerdegegnerin erwidert, praxisgemäss würden in ihrer Buchhaltung Grund-stücke grundsätzlich ungeteilt einer Vermögensart zugeordnet. Dies treffe insbesondere dann zu, wenn die Absicht für die künftige Nutzung einer Teilfläche politisch noch nicht bestimmt sei. Eine Parzellierung des in der Wohnzone gelegenen Teils des GS F. und die Überführung in das Finanzvermögen seien grundsätzlich möglich. Es soll aber vermieden werden, dass bei konkreten, im öffentlichen Interesse liegenden Vorhaben auf der Wohnzonenfläche wieder eine (partielle) Umteilung ins Verwaltungsvermögen vorgenommen werden müsse. Entsprechende Absichten könnten im Rahmen der kommenden Ortsplanungsrevision Gegenstand der politischen Diskussion werden. Da die Erschliessung noch nicht gesichert sei, keine Parzellierung vorgenommen und auch keine konkreten Bau- oder Veräusserungsabsichten manifestiert seien, sei buchhalterisch auch keine Neuzuteilung der Wohnfläche erfolgt. Entsprechend sei GS F. seit Jahren ungeteilt dem Verwaltungsvermögen zugeordnet. Diese Zuteilung habe bislang zu keiner Mahnung oder gar einem Einschreiten der kantonalen Aufsichtsbehörden geführt. Soweit der in der Wohnzone gelegene Teil des Gemeinwesens bereits zum heutigen Zeitpunkt in den Büchern als Finanzvermögen erscheinen müsse, widersetze sich die Beschwerdegegnerin einer entsprechenden Anweisung der Aufsichtsbehörde nicht. Hingegen sei nicht ersichtlich, inwiefern die Anzeigenden von der buchhalterischen Zuteilung der Grundstücke in ihren Rechten betroffen seien.

b) Das Verwaltungsvermögen zeichnet sich gegenüber dem Finanzvermögen dadurch aus, dass es unmittelbar durch seinen Gebrauchswert der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dient. Das Finanzvermögen dient hingegen nur mittelbar durch seinen Ertrag der Erfüllung öffentlicher Aufgaben (§ 7 Abs. 1 lit. a und b Gesetz über den Finanzhaushalt des Kantons und der Gemeinden vom 31. August 2006 [Finanzhaushaltgesetz, FHG; BGS 611.1]; BGE 138 I 274 E. 2.3.2).

Die einmal gemachten Zuordnungen zum Finanz- bzw. zum Verwaltungsvermögen sind regelmässig zu überprüfen, da sich die Umstände ändern können. Falls ein Grundstück zum Teil dem Verwaltungs- und zum Teil dem Finanzvermögen zugeordnet werden kann, so ist dies für die korrekte Rechnungslegung zu berücksichtigen. Nur so ist sichergestellt, dass die Teile in der Bilanz korrekt ausgewiesen werden und die damit verbundenen Aufwände (z. B. Abschreibungen und Unterhalt) korrekt verbucht werden. Da es sich gemäss aktuellem Zonenplan beim südlichen Teil des GS F. – wie von den Anzeigenden zu Recht vorgebracht wird – tatsächlich um eine vom Schulhaus abgegrenzte Wohnzone handelt, die somit nicht der öffentlichen Aufgabenerfüllung dient, ist dieser südliche Grundstücksteil mit einer Fläche von 8494 m2 (gemäss Liegenschaftsreport in ZugMap.ch), die der Wohnzone zugeteilt ist, in das Finanzvermögen zu übertragen. Unerheblich und unbeachtlich sind allfällige künftige Umzonungen, da diese im heutigen Zeitpunkt ungewiss sind und einen vorgängigen Entscheid der Einwohnergemeinde bedürfen.

Die Aufsichtsbeschwerde erweist sich somit in diesem Umfang als begründet und ist in diesem Punkt an die Hand zu nehmen.

c) Stellt die Aufsichtsbehörde einen Missstand in der Gemeindeverwaltung oder eine Vernachlässigung öffentlicher Aufgaben fest, stehen dem Regierungsrat die in den §§ 37a–39 GG genannten aufsichtsrechtlichen Mittel zur Verfügung. Nach gefestigter Praxis und herrschender Auffassung ist unter «Missstand» bzw. «Vernachlässigung öffentlicher Aufgaben» i. S. von § 37 GG die Verletzung von klarem materiellem Recht, die Missachtung wesentlicher Verfahrensgrundsätze oder die Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen zu verstehen (vgl. GVP 97/98, S. 265 f.; GVP 91/92, S. 260). Klares Recht wird erst dann verletzt, wenn eine Rechtsanwendung schlechterdings unhaltbar bzw. direkt unvertretbar ist. Umgekehrt wird klares Recht nicht verletzt, wenn eine Rechtsauffassung diskutabel ist, also dann, wenn eine Rechtsnorm eine Interessenabwägung verlangt oder ein weitgehendes Ermessen einräumt. Sind die Voraussetzungen gemäss § 37 GG erfüllt, mahnt der Regierungsrat den Gemeinderat, Abhilfe zu schaffen (§ 37a Abs. 1 GG). Erst nach fruchtloser Mahnung oder nach Abschluss der Untersuchung sowie in dringenden oder offenkundigen Fällen kann der Regierungsrat ohne Verzug einen Beschluss oder Entscheid aufheben, Gemeindeorganen verbindliche Weisungen erteilen sowie ersatzweise Beschlüsse, Reglemente oder Entscheide erlassen (§ 39 Abs. 1 GG).

d) Wie dem Liegenschaftsreport des GS F. auf ZugMap.ch entnommen werden kann, weist jenes eine Fläche von 17 218 m2 auf, wovon 8724 m2 der OeIB zugeteilt wurden und 8494 m2 in der Bauzone liegen (3489 m2 in der W1 und 5005 m2 in der W2a). Angesicht der im Kanton Zug üblichen hohen Grundstückspreise und der guten Lage des GS F. im beliebten Gimenenquartier handelt es sich bei der bebaubaren Fläche auf GS F. um ein wesentliches Aktivum. Die von der Beschwerdegegnerin geltend gemachte Praxis, wonach Grundstücke in der Regel ungeteilt einer Vermögensmasse zugeordnet werden, solange die Absicht für die künftige Nutzung einer Teilfläche politisch noch nicht bestimmt ist, kann in Fällen wie dem vorliegenden zu einer wesentlichen Verfälschung der Bilanz des jeweiligen Gemeinwesens führen, was dem Sinn und Zweck des FHG diametral widerspricht, und womit ein Missstand im Sinne von § 37 GG vorliegt. Der in der Regel erhebliche Wert von Grundstücken rechtfertigt den mit den erforderlichen Umbuchungen einhergehenden Aufwand bei Weitem. Die Beschwerdegegnerin ist folglich zu ermahnen, der erwähnten Praxis nicht mehr zu folgen und inskünftig unbebaute Grundstücke, die ganz oder teilweise in der Bauzone liegen und für welche noch nicht absehbar ist, inwiefern sie einem öffentlichen Zweck dienen könnten, dem Finanzvermögen zuzuweisen. Jener Teil des GS F., welcher der Bauzone zugeteilt wurde und momentan keinem öffentlichen Zweck dient, ist folglich ins Finanzvermögen zu überführen. Bezüglich des GS F. ist die Übertragung in das Finanzvermögen insbesondere deshalb angebracht, da die künftige Nutzung jenes Teils, der in der Bauzone liegt, seit der Annahme des Antrags der FDP Fraktion der Stadt Zug im Jahr 2009 bezüglich dessen Parzellierung und Verkaufs politisch bereits bestimmt ist. Die Beschwerdegegnerin ist hingegen nicht zu verpflichten, den Wert des GS F. schätzen zu lassen, da gemäss § 13 Abs. 5 FHG die Überträge vom Verwaltungsvermögen in das Finanzvermögen ohnehin zum Restbuchwert erfolgen müssen. Eine Neubewertung des GS F. ist nach § 13 Abs. 1 lit. b FHG sodann mindestens alle zehn Jahre vorzunehmen. Es bleibt der Beschwerdegegnerin überlassen, abzuklären, ob eine Neubewertung des GS F. nach der Übertragung ins Finanzvermögen geboten ist.

4. Bei der Behandlung von Aufsichtsbeschwerden dürfen grundsätzlich keine Kosten erhoben werden, es sei denn, die Aufsichtsbeschwerde wäre mutwillig erhoben worden. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Da es sich bei der Aufsichtsbeschwerde lediglich um einen Rechtsbehelf handelt, wird den Anzeigenden auch keine Parteientschädigung zugesprochen (GVP 1991/92, S. 203).

Regierungsratsbeschluss vom 29. September 2020 (53670)

Weitere Informationen

Fusszeile

Deutsch