Navigieren auf Kanton Zug

Inhaltsnavigation auf dieser Seite

Navigation

Gerichtspraxis

Verwaltungspraxis

Grundlagen, Organisation, Gemeinden

Verfahrensrecht

Art. 93 BGG

Regeste:
Art. 93 BGG – Sozialhilferechtliche Auflagen und Weisungen sind Zwischenentscheide, die nur eingeschränkt selbständig anfechtbar sind. Im vorliegenden Fall liegt kein nicht wiedergutzumachender Nachteil vor, weshalb auf die Beschwerde nicht einzutreten ist (Erw. 3).

Aus dem Sachverhalt:
A. X. ist seit dem 1. Februar 2014 in der Gemeinde Y. wohnhaft und wird von ihr seit dem 1. Oktober 2016 mit Ausnahme von zwei kurzen Unterbrüchen mit wirtschaftlicher Sozialhilfe unterstützt. Mit der seinen Antrag auf Sozialhilfe gutheissenden Verfügung vom 6. September 2016 erteilte der Sozialdienst Y. X. unter anderem die Auflagen, dass er sich aktiv um Arbeit zu bemühen, angebotene Arbeitsstellen anzunehmen, jeden Monat die Arbeitssuche mit dem Formular «Nachweis der persönlichen Arbeitsbemühungen» zu belegen und den Nachweis jeweils bis am letzten Kalendertag jeden Monats unaufgefordert dem Sozialdienst Y. einzureichen hat. (…)

B. Trotz Suchbemühungen konnte X. in der Folge keine längerfristige Festanstellung finden. Um ihn bei der Jobsuche zu unterstützen, gewährte der Sozialdienst Y. mit Verfügungen vom 10. Mai 2017, 23. November 2017, 24. Mai 2018, 28. Mai 2019 und 27. November 2019 der Z. AG subsidiär Kostengutsprache für das Coaching von X. Dieser (…) verzichtete (…) darauf, im erlernten Beruf oder verwandten Erwerbsfeldern nach Arbeit zu suchen. Gemäss der von ihm eingereichten Nachweise der persönlichen Arbeitsbemühungen der Monate September bis November 2019 konzentrierte er sich vorwiegend auf Kaderstellen in unterschiedlichen Branchen (…).

C. Da die Suchbemühungen von X. in dem von ihm angestrebten Bereich ergebnislos blieben, erteilte ihm der Sozialdienst Y. am 19. November 2019 schriftlich erneut die am 6. September 2016 verfügten Auflagen. Zusätzlich auferlegte dieser ihm, monatlich mindestens acht Stellenbemühungen im niederschwelligen Bereich nachzuweisen. Er wurde darauf hingewiesen, dass er innert 20 Tagen nach Erhalt des Schreibens schriftlich eine beschwerdefähige Verfügung verlangen könne, wenn er damit nicht einverstanden sei, was er mit Schreiben vom 8. Dezember 2019 auch tat.

D. Mit Beschluss vom 18. Februar 2020 verfügte der Gemeinderat Y. Folgendes:

«1. X., geb. (…), werden folgende Weisungen erteilt:
a. Intensive Bemühungen zu tätigen, um eine Arbeit zu finden in jeglichen, niederschwelligen Erwerbsfeldern.
b. Das heisst, monatlich acht bis zehn Stellenbemühungen in niederschwelligen Arbeitsfeldern zu tätigen, diese schriftlich aufgelistet dem Sozialdienst vorzulegen. Dazu gehören ebenfalls die Bewerbungsschreiben und deren Absagen.
(…)»

E. Der Entscheid wurde X. (nachfolgend «Beschwerdeführer») am 26. März 2020 zugestellt, nachdem der erste Versand nicht per Einschreiben erfolgte und die Verfügung dem Beschwerdeführer nicht zugegangen war. Mit Schreiben vom 6. April 2020 erhob er Verwaltungsbeschwerde gegen den Entscheid des Gemeinderats Y. (nachfolgend «Beschwerdegegner») und beantragte sinngemäss die Aufhebung der verfügten Auflagen und Weisungen. (…)

F. Mit Stellungnahme vom 6. Mai 2020 beantragte der Beschwerdegegner die Beschwerde abzuweisen. Zur Begründung verwies er auf seinen Entscheid vom 18. Februar 2020.
(…)

Aus den Erwägungen:
(…)

3. Im Einklang mit dem Grundsatz des einmaligen Rechtsschutzes sind im Kanton Zug Zwischenentscheide praxisgemäss entsprechend der Regelung vor Bundesgericht (Art. 93 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 [BGG; BGS 173.110]) eingeschränkt anfechtbar. Namentlich können selbständig eröffnete Zwischenentscheide dann angefochten werden, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (vgl. hierzu Urteil des Verwaltungsgerichts V 2017 86 vom 29. August 2017, in: GVP 2017, S. 18 f.). Im Sozialhilferecht verfügte Auflagen und Weisungen sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts als Zwischenentscheide zu qualifizieren, da sie einen ersten, notwendigen Schritt zu einer allfälligen Leistungskürzung darstellen (hierzu insbesondere Urteil des Bundesgerichts 8C_871/2011 vom 13. Juni 2012 E. 4.4; vgl. auch Urteil des Bundesgerichts 8C_449/2018 vom 18. Januar 2019 E. 5). In einem erst vor Kurzem ergangenen Urteil des Bundesgerichts hielt dieses fest, dass in aller Regel kein nicht wiedergutzumachender Nachteil ersichtlich sei, welcher eine sofortige Überprüfung sozialhilferechtlicher Auflagen und Weisungen gebieten würde. Es sei kein Fall ersichtlich, in dem das Bundesgericht einen solchen Nachteil in einem sozialhilferechtlichen Kontext je bejaht hätte. Damit müsse diese Konstellation als mehr oder weniger theoretisch angesehen werden (BGer 8C_152/2019 vom 14. Januar 2020 E. 5.4.5).

Auch in der vorliegenden Konstellation ist kein nicht wiedergutzumachender Nachteil gegeben. Die vom Beschwerdeführer angefochtene Verfügung auferlegt ihm im Rahmen der Auflagen und Weisungen gewisse Pflichten hinsichtlich der Arbeitssuche. Wenn er ihnen nachkommt, darf die Sozialhilfebehörde auch keine Sanktionen verfügen. Sollte in der Folge mangels Mitwirkung trotzdem eine Sanktion (Kürzung oder Einstellung) verfügt werden, müsste der Beschwerdeführer vorab im Rahmen des rechtlichen Gehörs dazu angehört werden. Zudem wäre bei der Anfechtung der Sanktion auch die Rechtmässigkeit der verfügten Auflagen und Weisungen zu prüfen. Die angefochtene Verfügung stellt somit kein zulässiges Anfechtungsobjekt dar. Daran ändern auch die Umstände im vorliegenden Fall nichts. Der Beschwerdeführer wurde im Schreiben des Sozialdiensts Y. vom 19. November 2019 darauf hingewiesen, dass er eine beschwerdefähige Verfügung verlangen könne, was er auch tat. Ebenso wurde der Beschluss vom 18. Februar 2020 als «Beschwerdefähige Verfügung» bezeichnet. Indes wurde darin auf eine Rechtsmittelbelehrung verzichtet. Der Beschwerdeführer erleidet durch die zum Teil unklaren Ausführungen der Vorinstanz in verfahrensrechtlicher Hinsicht keinen Nachteil, da zu einem späteren Zeitpunkt die Rechtmässigkeit der Auflagen und Weisungen immer noch voll überprüft werden kann. Insofern fällt ein Eintreten aus Vertrauensschutzgründen ausser Betracht. Folglich ist auf die vorliegende Beschwerde mangels zulässigen Anfechtungsobjekts nicht einzutreten.

(…)

Entscheid des Regierungsrates vom 1. September 2020

Weitere Informationen

Fusszeile

Deutsch