Navigieren auf Kanton Zug

Gerichtspraxis

Staats- und Verwaltungsrecht

Zivilrecht

Schuldbetreibungs- und Konkursrecht

Rechtspflege

Zivilrechtspflege

Art. 223 Abs. 2 und Art. 229 ZPO
Art. 257 Abs. 1 ZPO

Art. 59 Abs. 2 lit. a ZPO

Regeste:

Art. 59 Abs. 2 lit. a ZPO – Jedes gerichtliche Eingreifen setzt unter anderem ein schutzwürdiges Interesse der klagenden oder gesuchstellenden Partei voraus. Fehlt diese grundlegendste Prozessvoraussetzung, tritt das Gericht auf die Klage oder das Gesuch nicht ein. Dieses sog. Rechtsschutzinteresse kann rechtlicher oder tatsächlicher Art sein. Bei Unterlassungsbegehren ist das Rechtsschutzinteresse gegeben, wenn die widerrechtliche Handlung, auf welche das Begehren gerichtet ist, unmittelbar droht, d.h. wenn das Verhalten des Gesuchsgegners die künftige Rechtsverletzung ernsthaft befürchten lässt. Indiz für einen bevorstehenden Eingriff kann die Tatsache sein, dass analoge Eingriffe in der Vergangenheit stattgefunden haben (Wiederholungsgefahr) und eine Verwarnung keine Wirkung gezeigt hat oder zwecklos wäre. Eine Wiederholungsgefahr darf in der Regel schon dann angenommen werden, wenn der Beklagte die Widerrechtlichkeit des beanstandeten Verhaltens bestreitet, ist doch dann zu vermuten, dass er es im Vertrauen auf dessen Rechtmässigkeit weiterführen wird. Als Prozessvoraussetzung muss das Rechtsschutzinteresse an der Unterlassungsklage im Zeitpunkt der Urteilsfällung noch vorhanden sein. Fällt das anfänglich vorhandene Rechtsschutzinteresse während der Dauer des Prozesses weg, so insbesondere auch bei vollständiger Erfüllung des strittigen Anspruchs im Laufe des Verfahrens, wird das Gesuch gegenstandslos und es kann darauf nicht mehr eingetreten werden.

Aus dem Sachverhalt:

1. Die in den Vereinigten Staaten domizilierte X. International Inc. (nachfolgend: Gesuchstellerin 1) und die X. (Schweiz) AG in B. (nachfolgend: Gesuchstellerin 2) gehören zum X.-Konzern, der u.a. im Bereich Drucker und Druckerzubehör tätig ist. Er vertreibt namentlich auch als «Druckerpatronen» bezeichnete Tinten- und Tonerkartuschen. Die Gesuchstellerin 1 ist u.a. Inhaberin der seit dem 17. März 1992 eingetragenen schweizerischen Wort-Bildmarke Nr. YZ «X., fig.», die das Logo von X. u.a. für Druckertinte in Klasse 2 schützt. Die Gesuchstellerin 2 ist die schweizerische Ländergesellschaft der X.-Gruppe und zeichnet für das auf die Schweiz ausgerichtete Internet-Angebot von X. verantwortlich.

2. Die in A. domizilierte D. AG (nachfolgend: Gesuchsgegnerin) betreibt eine Internetseite, auf der sie u.a. Druckertinte und Druckertoner bewirbt. Sie betreibt sodann unter einer anderen Internetadresse einen Online-Shop, auf dem sie namentlich Druckerpatronen bzw. -kartuschen zum Kauf anbietet. Ihr Angebot enthält einerseits Originalware und andererseits wiederbefüllte Druckerkartuschen bzw. -patronen, wobei hierfür gebrauchte Kartuschen von Herstellern verwendet werden, die mit Toner und Tinte gefüllt werden, welche nicht vom Originalhersteller stammen.

3. Mit Gesuch um vorsorgliche Massnahmen vom 18. Juli 2012 wandten sich die Gesuchstellerinnen an den Einzelrichter am Obergericht des Kantons Zug und stellten das eingangs wiedergegebene Rechtsbegehren. Zur Begründung führten sie im Wesentlichen aus, die Gesuchsgegnerin vertreibe u.a. gebrauchte Originaltinten und -tonerkartuschen der Gesuchstellerinnen, die mit Tinte bzw. Toner unbekannter Dritthersteller wiederbefüllt worden seien. Diese Produkte bezeichne die Gesuchsgegnerin jeweils mit dem Markennamen des Originalherstellers (hier z.B. «X.») und dem unspezifischen Zusatz «Swisstoner» (also «X. Swiss Toner»). Die Gesuchsgegnerin bewerbe und vertreibe solche wiederbefüllte Kartuschen so, dass sie als Originalware - mit Originaltinte und -toner - erschienen, was täuschend sei. Sie verwende dazu ausserdem das als Marke eingetragene X.-Logo und den Namen «X.», was markenrechtswidrig sei. Durch dieses Verhalten würden allfällige Qualitätsmängel auf die Gesuchstellerinnen zurückfallen und die Reputation des Brands «X.» und den Ruf der Gesuchstellerinnen irreparabel zu beschädigen drohen. Nichts garantiere, dass es sich bei der verwendeten Ersatztinte bzw. beim Ersatztoner nicht um minderwertige oder auch nur für den bestimmten Drucker ungeeignete Ware handle, wodurch die Druckqualität sinke, aber auch das Druckgerät selbst beschädigt werden könne, z.B. wenn die Partikelgrösse des Toners ungeeignet sei. Die Gefahr solcher Qualitätsmängel verschärfe sich noch, wenn Verschleissteile der Originalkartuschen nicht ausgewechselt würden, wenn also durch den Erstgebrauch abgenutzte Bestandteile der Kartuschen nicht ersetzt würden. Auch die Handhabung der Kartuschen könne beeinträchtigt sein, z.B. durch austretenden Toner bzw. austretende Tinte. Sobald solche Kartuschen nicht eindeutig als gebrauchte und mit Tinte oder Toner vom Dritten wiederbefüllte Kartuschen angepriesen und verkauft würden, würden Mängel notwendigerweise und zu Unrecht der Herstellerinnen zugeordnet. Die Frage laute vorliegend nicht, ob das Anbieten bzw. das Verkaufen von wiederbefüllten Markenkartuschen für sich genommen zulässig sei. Es gehe allein um die Art und Weise des Angebots und des Verkaufs solcher Kartuschen. Fehlzurechnungen zu Lasten der Gesuchstellerinnen müssten ausgeschlossen werden. Die Gesuchsgegnerin lege es aber geradezu auf Fehlzurechnungen an. Wenn sie auf ihrem Online-Shop wiederbefüllte X.-Druckerkartuschen unter der Überschrift «Angebote für X. Swiss Toner» anbiete, liege schon in der Verwendung des Kennzeichens «X. Swiss Toner» eine Täuschung des Publikums vor. Die Verwendung des Hauptbestandteils der Marke bzw. der Firma der Gesuchstellerinnen als Bestandteil der Produktbezeichnung enthalte die eindeutige - aber unzutreffende - Aussage, das betreffende Produkt stamme von X.. Der Zusatz «Swiss Toner» sei untauglich, diese Irreführung zu verhindern. Er kläre den Konsumenten nicht darüber auf, dass das Produkt kein Original mehr sei. Wenn dieser Zusatz überhaupt einen erkennbaren Aussagegehalt hätte, dann diesen, dass die betreffende Originaldruckerkartusche aus der Schweiz stammenden Toner enthalte oder für den schweizerischen Markt bestimmt sei. Der Aussagegehalt sei also «von X. hergestellter Swiss Toner». Ein Hinweis, dass es sich trotz der Verwendung der Bezeichnung «X.» nicht um Originalware handle, fehle damit. Klicke man dann auf der Übersichtsseite über «X. Swiss Toner» auf einen bestimmten Druckertyp zur Auswahl der passenden Kartuschen, so verstärke sich die Täuschung. Die Angebote für konkrete Kartuschen enthielten nämlich die von Lexmark für die Originalkartuschen verwendete Artikelnummer, z.B. «X. Swiss Toner 23B8172 / Kapazität 21'000 Seiten / Farbe schwarz». Auf dem unteren Abschnitt der Angebotsseite der Gesuchsgegnerin finde sich sodann ein Aufklappmenu zur Auswahl des konkreten Kartuschen-Typs. In diesem Menu fehle der Zusatz «Swiss Toner», womit die vollständige und korrekte Bezeichnung der Original-Druckerkartusche der Gesuchstellerinnen, einschliesslich der korrekten Artikelnummer erscheine. Die Gesuchsgegnerin biete wiederbefüllte Kartuschen nicht nur über das Internet, sondern auch telefonisch als Originalware an. Wiederbefüllte Kartuschen würden auf unrechtmässige Weise nicht nur beworben und angeboten, sondern auch tatsächlich verkauft und vertrieben, wie die durch eidesstattliche Versicherungen und Fotodokumentationen belegten Beispiele von E.F. und G.H. vom 13. Juli 2012 bzw. 1. März 2012 zeigten. Die Gesuchsgegnerin verhalte sich sodann auf die verschiedenen Abmahnungen ausweichend und halte an der Rechtmässigkeit ihres Vorgehens weitgehend fest.

4. Mit Eingabe vom 16. August 2012 nahm die Gesuchgegnerin zum Gesuch um Erlass vorsorglicher Massnahmen Stellung und beantragte, darauf nicht einzutreten. Sie machte im Wesentlichen geltend, dass den Gesuchstellerinnen das notwendige Rechtsschutzinteresse am Unterlassungsbegehren fehle; sie habe die vorliegend geforderte Unterlassung bereits auf erste Aufforderung hin anerkannt und faktisch umgesetzt. Bis zur ersten Aufforderung der Gesuchstellerin vom 25. Mai 2012 sei sich die Gesuchsgegnerin nicht bewusst gewesen, durch den Gebrauch von X.-Bezeichnungen für wiederbefüllte Druckerkartuschen in die Markenrechte der Gesuchstellerinnen einzugreifen. Vielmehr habe sie durch den entsprechenden Hinweis signalisieren wollen, dass es sich bei den entsprechenden Produkten um wiederbefüllte Kartuschen gehandelt habe, welche für X.-Drucker bestimmt bzw. mit diesen kompatibel seien. Den Eindruck, dass es sich hierbei um originale X.-Tinte oder originalen X.-Toner handle, habe die Gesuchsgegnerin nie erwecken wollen. Entsprechend habe sie auch den Gebrauch des X.-Logos sowie der Bezeichnung «X. Swiss Toner» für nicht mit Originaltinte befüllte Druckerkartuschen nach Erhalt der Abmahnung Anfang Juni 2012 sofort eingestellt. Im Nachgang dazu habe sie auch nie irgendeinen Anlass geliefert, dass sie das beanstandete Verhalten wieder aufnehmen würde. Den Gesuchstellerinnen mangle es daher am für das vorliegende Unterlassungsbegehren erforderlichen Rechtsschutzinteresse. Sie habe den gestellten Unterlassungsanspruch der Gesuchstellerinnen nie bestritten. Entsprechend sei sie der Ansicht, dass eine strafrechtliche Sicherung der Unterlassung gemäss Art. 292 StGB nicht nötig sei. Da das Unterlassungsbegehren aber anerkannt sei, werde dessen Anordnung ins gerichtliche Ermessen gestellt. Dass die Anerkennung juristisch nicht so präzise abgefasst worden sei, wie sich das die Gesuchstellerinnen gewünscht hätten, liege darin begründet, dass die Gesuchsgegnerin nicht anwaltlich vertreten gewesen sei. Vor diesem Hintergrund wäre das vorliegende Verfahren nicht nötig gewesen und die Gesuchsgegnerin sei nicht bereit gewesen, das aggressive Vorgehen zu finanzieren, zumal sie die sehr bzw. zu weitgehende Unterlassungserklärung der Gesuchstellerin nicht habe unterzeichnen können und in diesem Umfang auch nicht habe unterzeichnen müssen. Dementsprechend seien auch im Falle des Eintretens auf das Gesuch die Prozesskosten als unnötige Kosten den Gesuchstellerinnen aufzuerlegen.

5. Mit Eingabe vom 27. August 2012 replizierten die Gesuchstellerinnen unaufgefordert und hielten an ihrem Rechtsbegehren grundsätzlich fest. Eventualiter, für den Fall, dass der Einzelrichter auf das Gesuch wider Erwarten nicht eintreten sollte, beantragten sie, dass die Kosten der Gesuchsgegnerin aufzuerlegen seien und diese zu verpflichten sei, den Gesuchstellerinnen eine Prozessentschädigung von CHF 13'264.25 zu bezahlen. Die Gesuchsgegnerin äusserte sich - ebenfalls unaufgefordert - zu dieser Replik mit Eingabe vom 5. September 2012 und beantragte die Abweisung der Anträge der Gesuchstellerinnen.

Aus den Erwägungen:

1. Die Gesuchstellerinnen halten in ihrer Replik zutreffend fest, dass die Gesuchsgegnerin sowohl die Sachverhaltsdarstellung als auch die rechtliche Qualifikation durch die Gesuchstellerinnen, soweit sie sich auf die ihr vorgeworfenen Handlungen beziehen, nicht bestreiten und damit anerkennen. Bestritten ist hingegen das Rechtsschutzinteresse der Gesuchstellerinnen.

2. Jedes gerichtliche Eingreifen setzt unter anderem ein schutzwürdiges Interesse der klagenden oder gesuchstellenden Partei voraus (Art. 59 Abs. 2 lit. a ZPO). Fehlt diese grundlegendste Prozessvoraussetzung, tritt das Gericht auf die Klage oder das Gesuch nicht ein. Staatlicher Rechtsschutz soll nicht Selbstzweck sein. Dieses sog. Rechtsschutzinteresse kann rechtlicher oder tatsächlicher Art sein (Züricher, in: Sutter-Somm/Leuenberger/Hasen-böhler [Hrsg.], Kommentar ZPO, Zürich/Basel/Genf 2010, Art. 59 N 12). Bei Unterlassungsbegehren ist das Rechtsschutzinteresse gegeben, wenn die widerrechtliche Handlung, auf welche das Begehren gerichtet ist, unmittelbar droht, d.h. wenn das Verhalten des Gesuchsgegners die künftige Rechtsverletzung ernsthaft befürchten lässt (BGE 116 II 357 E. 2a mit Hinweisen). Indiz für einen bevorstehenden Eingriff kann die Tatsache sein, dass analoge Eingriffe in der Vergangenheit stattgefunden haben (Wiederholungsgefahr) und eine Verwarnung keine Wirkung gezeigt hat oder zwecklos wäre (BGE 90 II 51 E. 9). Eine Wiederholungsgefahr darf in der Regel schon dann angenommen werden, wenn der Beklagte die Widerrechtlichkeit des beanstandeten Verhaltens bestreitet, ist doch dann zu vermuten, dass er es im Vertrauen auf dessen Rechtmässigkeit weiterführen wird (BGE 102 II 122 E. 1; David, in: Von Büren/David, Der Rechtsschutz im Immaterialgüterrecht, Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht (SIW) Bd. I/2, S. 77). Als Prozessvoraussetzung muss das Rechtsschutzinteresse an der Unterlassungsklage im Zeitpunkt der Urteilsfällung noch vorhanden sein (BGE 109 II 338 E. 3). Fällt das anfänglich vorhandene Rechtsschutzinteresse während der Dauer des Prozesses weg, so insbesondere auch bei vollständiger Erfüllung des strittigen Anspruchs im Laufe des Verfahrens, wird das Gesuch gegenstandslos und es kann darauf nicht mehr eingetreten werden (BGE 111 Ib 182 E. 2a; 109 II 165 E. 2). Eine förmliche Abstandserklärung des Verletzers, mit welcher sich dieser dazu verpflichtet, das beanstandete Verhalten zu unterlassen, genügt nur, wenn der Verletzer die Ansprüche des Klägers auch materiell anerkennt. Dabei hat die Erklärung vorbehaltlos zu erfolgen und der Parteiwillen hat aus dieser klar hervorzugehen (BGE 124 III 72 E. 2a).

2.1 Die Gesuchsgegnerin macht geltend, sich dem Unterlassungsbegehren der Gesuchstellerinnen bereits auf deren erste Aufforderung vom 25. Mai 2012 hin unterzogen und dieses faktisch umgesetzt zu haben, weshalb es von Anfang an einem Rechtsschutzinteresse für das vorliegende Massnahmegesuch gefehlt habe. Dem kann nicht beigepflichtet werden: In der Tat wurden am 4. Juni 2012 entgegen der Aussage der Gesuchsgegnerin in ihrem Schreiben an die Gesuchstellerinnen vom selben Datum auf ihrer Website weiterhin nicht original befüllte Kartuschen unter Verwendung der Wortbildmarke "X., fig." angeboten, wie aus act. 7/30 hervorgeht. Die Gesuchsgegnerin war aber offenbar namentlich auch nicht bereit, eine ausdrückliche und klare Zusicherung für ihr diesbezügliches künftiges Verhalten abzugeben, schwieg sie sich doch einfach zur entsprechenden Aufforderung der Gesuchstellerinnen aus (vgl. act. 1/24 S. 4 lit. f; act. 1/25 S. 1 zu lit. f). Wenn die Gesuchstellerinnen unter diesen Umständen auf eine verbindliche Unterlassungserklärung für die Zukunft durch die Gesuchsgegnerin beharrten, ist das nachvollziehbar und nicht zu beanstanden. Die gesuchsgegnerische Stellungnahme hiezu, "Was wir mit unserem Namen verantworten können, werden wir in Zukunft auch tun", mussten die Gesuchstellerinnen tatsächlich als Ausflucht interpretieren, so dass sie Anlass hatten, am künftigen rechtskonformen Verhalten der Gesuchsgegnerin zu zweifeln. Daran ändert nichts, dass die Gesuchsgegnerin damals nicht anwaltlich vertreten war und - wie sie geltend macht - an die Formulierung ihrer 'Unterlassungserklärung' keine "überhöhte Anforderungen" gestellt werden dürften und die von den Gesuchstellerinnen vorgelegte Erklärung ohnehin zu weitgehend und übervorteilend gewesen sei. Auch als juristische Laiin hätte sie unmissverständlich erklären können, auch künftig vom beanstandeten Verhalten Abstand zu nehmen, ohne sich den ihrer Ansicht nach zu weitgehenden Ansprüchen der Gesuchstellerinnen zu unterziehen. Demzufolge hatten die Gesuchstellerinnen durchaus Anlass, Zweifel daran zu hegen, ob die Gesuchsgegnerin ihr beanstandetes Verhalten künftig nicht doch wieder aufnehmen würde. Dementsprechend kann nicht gesagt werden, die Gesuchstellerinnen hätten kein hinreichendes Rechtsschutzinteresse gehabt, als sie das vorliegende Massnahmeverfahren einleiteten.

2.2 Wie erwähnt, anerkennt die Gesuchsgegnerin den gerichtlich geltend gemachten Anspruch der Gesuchstellerinnen auf Unterlassung des ihr vorgeworfenen Verhaltens in ihrer Gesuchsantwort im vorliegenden Verfahren vollumfänglich und vorbehaltlos. Das zeigt sich nicht zuletzt auch darin, dass sie die Anordnung des Unterlassungsbegehrens ins richterliche Ermessen stellt (act. 6 Rz 6). Sie bestreitet die Widerrechtlichkeit des beanstandeten Verhaltens in keiner Weise, sondern macht geltend, sie sei sich bis zur ersten Abmahnung vom 25. Mai 2012 nicht bewusst gewesen, durch den Gebrauch von X.-Bezeichnungen für wiederbefüllte Druckerkartuschen in die Markenrechte der Gesuchstellerinnen einzugreifen. Sie habe dadurch auch nie den Eindruck erwecken wollen, es handle sich dabei um originale X.-Tinte oder um originalen X.-Toner; vielmehr habe sie lediglich darauf hinweisen wollen, dass es sich um Kartuschen handle, welche für X.-Drucker bestimmt bzw. mit diesen kompatibel seien. Wie es sich damit tatsächlich verhält, ist unerheblich. Die Ausführungen zeigen jedenfalls, dass die Gesuchsgegnerin die Widerrechtlichkeit ihres Vorgehens nicht bestreitet. Unter diesen Umständen kann aber nicht mehr von einer Wiederholungsgefahr gesprochen werden. Es sind denn auch sonst keine Anhaltspunkte ersichtlich, die für eine solche Gefahr sprächen. Daran ändert nichts, dass die Gesuchsantwort der Gesuchsgegnerin keine - explizite - Verpflichtungserklärung enthalte, das beanstandete Verhalten in Zukunft zu unterlassen, wie die Gesuchstellerinnen geltend machen. Immerhin erklärt diese in der Gesuchsantwort ausdrücklich, sie werde "den Status quo beibehalten", weil sie mit Sicherheit in kein neues Massnahmeverfahren verstrickt werden wolle. Ist aber das Rechtsschutzinteresse nachträglich dahingefallen, ist das Massnahmeverfahren als gegenstandslos abzuschreiben.

3. Nach Art. 107 Abs. 1 lit. e ZPO sind die Kosten nach richterlichem Ermessen zu verteilen, wenn das Verfahren als gegenstandslos abgeschrieben wird und das Gesetz nichts anderes vorsieht. Dabei ist etwa zu berücksichtigen, welche Partei Anlass zur Klage hatte, ob die Klägerin überstürzt (z.B. ohne jede Mahnung und ohne jede vorgerichtliche Kontaktnahme) vorgegangen ist, welches der mutmassliche Prozessausgang gewesen wäre und bei welcher Partei die Gründe eingetreten sind, die zur Gegenstandslosigkeit geführt haben (Gasser/Rickli, ZPO, Kurzkommentar, Zürich/St. Gallen 2010, Art.107 N 2). Wie oben dargelegt, ist das Rechtsschutzinteresse erst im Laufe des Verfahrens aufgrund der Gesuchsantwort dahingefallen. Es rechtfertigt sich daher, die Prozesskosten der Gesuchsgegnerin aufzuerlegen. Die Entscheidgebühr richtet sich dabei nach § 12 Abs. 1  i.V.m. § 11 und § 5 Abs. 1 KoV OG und die Parteientschädigung nach § 3 i.V.m. § 6  und § 5 Abs. 1 Ziff. 2 AnwT. Auszugehen ist von einem Streitwert von über CHF 30'000.--. Die Entscheidgebühr ist - unter Berücksichtigung, dass das Massnahmebegehren nicht materiell beurteilt werden musste - auf CHF 1'000.-- festzusetzen und die Parteientschädigung auf CHF 4'500.-- (inkl. Auslagen). Zur eingereichten Rechnung der Rechtsvertreter der Gesuchstellerinnen über CHF 13'264.25 ist zu bemerken, dass diese einerseits den geleisteten Gerichtskostenvorschuss enthält, der den Gesuchstellerinnen bis auf die Entscheidgebühr ohnehin zurückerstattet und ihnen im Betrag dieser Entscheidgebühr ein Rückforderungsanspruch gegenüber der Gesuchsgegnerin eingeräumt wird. Soweit die Rechnung sodann auch die vor- bzw. ausserprozessualen Bemühungen beinhaltet, können diese nicht unter dem Titel der Parteientschädigung geltend gemacht werden. Auf der anderen Seite kann nicht gesagt werden, die unaufgefordert eingereichte Replik der Gesuchstellerinnen sei unnötig gewesen und daher nicht entschädigungsberechtigt.

Obergericht, II. Zivilabteilung, 29. Oktober 2012

Weitere Informationen

Fusszeile

Deutsch