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Bewilligungspflicht

Erschliessungsplan

Art. 19 RPB, § 32 a) PBG

Regeste:

Art. 19 RPB, § 32 a) PBG - Sinn und Zweck des Erschliessungsplanes, der Erschliessungsplan ist nicht das geeignete Planungsinstrument zur rechtlichen Erschliessung eines Baugrundstückes, wenn die Erschliessung faktisch schon gegeben ist.

Aus den Erwägungen:

2. Die Beschwerdeführenden machen zunächst geltend, dass das einzige Ziel der Beschwerdegegnerin das uneingeschränkte Fuss- und Fahrwegrecht für das gesamte GS (...) auf der (...)strasse sei, was eine spätere Umzonung vom heute in der Landwirtschaftszone befindlichen Teil des Grundstücks der Beschwerdegegnerin in eine künftige Wohnzone ermöglichen würde. Da dies eine ungewisse Zusatzbelastung der (...)strasse bedeuten würde, sei der Erschliessungsplan abzuweisen. Des Weiteren bestreiten die Beschwerdeführenden den Anspruch der Beschwerdegegnerin auf Erschliessung des heute in der Bauzone befindlichen Teils des Grundstücks Nr. … nicht.

Die Beschwerdegegnerin führt in ihrem Schreiben vom 4. Juli 2012 zu Recht aus, dass eine künftig mögliche Einzonung des aktuell in der Landwirtschaftszone befindlichen Teils des Grundstücks Nr. (...) der Beschwerdegegnerin in die Wohnzone nicht Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens sei. Eine solche Umzonung könne erst wieder im Rahmen eines künftigen Ortsplanungsverfahrens zur Diskussion stehen, wobei sich die Beschwerdeführenden dann in diesem Verfahren dagegen wehren könnten. Diesen Ausführungen der Beschwerdegegnerin ist beizupflichten. Da auch die Beschwerdeführenden in ihren Beschwerdeschriften den Anspruch auf eine hinreichende Erschliessung des heute in der Bauzone befindlichen Teils des Grundstücks Nr. (...) der Beschwerdegegnerin nicht negieren, ist weiter die Rechtmässigkeit des Erschliessungsplans vom 2. Mai 2012 zu prüfen.

3. Die Beschwerdeführenden bringen vor, dass ihnen zu keinem Zeitpunkt ein Dienstbarkeitsvertrag für die Erschliessung der in der Bauzone gelegenen Fläche des GS Nr. (...) gemäss gültigem Zonenplan durch die Beschwerdegegnerin vorgelegt worden sei, sondern nur ein Dienstbarkeitsvertrag für die Erschliessung des gesamten Grundstücks Nr. (...). Sie bestätigen in den Beschwerdeschriften ausdrücklich, dass sie einen Dienstbarkeitsvertrag zur Erschliessung der heute in der Bauzone gelegenen Fläche des GS (...) unterzeichnen würden und stellen den Antrag, dass der Beschwerdegegnerin eine entsprechende Anweisung zu erteilen sei.

a) Gemäss Art. 19 des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (SR 700; RPG) sind die Gemeinwesen verpflichtet, die Bauzonen zu erschliessen. Demnach ist ein Grundstück erst dann «baureif», wenn eine hinreichende Zufahrt sowie die erforderlichen Wasser-, Energie- und Abwasserleitungen erstellt respektive gewährleistet sind (vgl. Jomini, Kommentar zum Bundesgesetz über die Raumplanung, Zürich/Basel/Genf 2010, Art. 19 N 10). Das kantonale Recht begründet in § 32a des Planungs- und Baugesetzes vom 26. November 1998 (BGS 721.11; PBG) die Erschliessungspflicht der Gemeinden. Demnach liegt auch im vorliegenden Fall die Erschliessungspflicht unbestrittenermassen bei der Gemeinde.

b) Eine Zufahrt gilt nur dann als hinreichend, wenn der gesamte Verkehr der Bauzone, die sie erschliesst, durch eine Strasse aufgenommen werden kann. «Ein Grundstück kann nicht als erschlossen gelten, wenn es nach seiner nutzungsplangemässen Überbauung zu einer Verkehrszunahme führt, welche das Strassennetz nicht bewältigen kann und welche zu schädlichen und lästigen Einwirkungen auf die Umgebung führt» (Jomini, a.a.O., Art. 19 N 20). Land gilt nur dann als erschlossen, wenn die Zufahrt auch in rechtlicher Hinsicht gewährleistet ist. Demnach muss ein Anspruch der Benutzer der Bauten an einer öffentlichen oder privaten Strasse bestehen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn eine Strasse im öffentlichen Besitz ist oder auf einer privaten Strasse ein öffentliches Fuss- und Fahrwegrecht besteht. Die erforderliche Erschliessung ist auch dann gegeben, wenn ein Bauherr auf einer Strasse ein Fuss- und Fahrwegrecht besitzt.

c) Die Beschwerdeführenden verneinen vorliegend die heute bereits vorhandene tatsächliche Erschliessung des GS Nr. (...) über die (...)strasse nicht. Hinsichtlich der rechtlichen Erschliessung bestehen allerdings Uneinigkeiten. Da die (...)strasse nicht im Miteigentum aller Anstösser steht, sondern jeder Grundeigentümer der 19 betroffenen Grundstücke Alleineigentümer des kleinen Teilstücks der Strasse auf dem jeweiligen Grundstück ist, ist für die privatrechtrechtliche Erschliessung des GS (...) der Beschwerdegegnerin ein Dienstbarkeitsvertrag mit jedem einzelnen Grundeigentümer notwendig. Die Beschwerdegegnerin stellt sich auf den Standpunkt, dass sie Anspruch auf die Erschliessung des gesamten GS (...) hat, also auch für die in der Landwirtschaftszone gelegene  Fläche des GS (...). Wie aus der Beschwerdeschrift hervorgeht, sind die Beschwerdeführenden  zum Abschluss eines Dienstbarkeitsvertrages mit der Beschwerdegegnerin bereit, sofern im Dienstbarkeitsvertrag nur die erforderliche Rechte für die Erschliessung der in der Bauzone gelegen Fläche des GS (...) einzuräumen sind. Würde ein solcher Dienstbarkeitsvertrag abgeschlossen, so wäre das Erschliessungsproblem der Beschwerdegegnerin in öffentlich-rechtlicher Hinsicht gelöst, da die Gemeinde nicht zur Erschliessung von Flächen in der Landwirtschaftszone verpflichtet ist (Art. 19 RPG, § 32a PBG). Nachdem die Beschwerdeführenden zum Abschluss des bereits erwähnten Dienstbarkeitsvertrages einverstanden sind, sind sie auf ihrer Zusage zu behaften und diese Zusage ist zusätzlich in das Dispositiv des Beschwerdeentscheids des Regierungsrates aufzunehmen. Damit besteht genügend Gewähr, dass das Erschliessungsproblem der Beschwerdegegnerin im vorgenannten Sinne gelöst werden kann. Demzufolge ist es nun an der Beschwerdegegnerin, die entsprechenden Dienstbarkeitsverträge auszuarbeiten und den Beschwerdeführenden zur Unterzeichnung vorzulegen. Sollten wider Erwarten die Dienstbarkeitsverträge mit den Beschwerdeführenden nicht zustande kommen, wäre es an der Gemeinde, mit den öffentlich-rechtlichen Instrumenten für die rechtliche Erschliessung der in der Bauzone gelegen Fläche des GS (...) der Beschwerdegegnerin zu sorgen. Wie die nachfolgenden Ausführungen zeigen, ist das vom Gemeinderat gewählte Instrument des Erschliessungsplanes das falsche Mittel dazu.

d) Wenn ein Grundstück rechtlich nicht erschlossen ist, so kann der Eigentümer nicht in jedem Fall ein Notwegrecht nach Art. 694 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches vom 10. Dezember 1907 (SR 210; ZGB) geltend machen. Denn ein solches besteht nur unter besonderen Umständen. Demnach ist beim Scheitern von privatrechtlichen Instrumenten, wie beispielsweise Dienstbarkeitsverträgen, die Erschliessung prinzipiell anhand von öffentlich-rechtlichen Instrumenten vorzunehmen (vgl. Jomini, a.a.O., Art. 19 N 23). Es stellt sich somit die Frage, welches kantonale Instrument im vorliegenden Fall am besten geeignet wäre, um die rechtliche Erschliessung der in der Bauzone gelegenen Fläche des GS (...) sicherzustellen.

Sinn und Zweck des mit der PPG-Änderung von 30. Juni 2011 neu eingeführten Erschliessungsplanes ist insbesondere die Festlegung des Verlaufs von Strassen, Leitungen und Kanalisationen. Oft ist der Erlass eines Erschliessungsplans dann notwendig, wenn durch ein Bauprojekt besonders komplexe Erschliessungsprobleme entstehen, wie beispielsweise bei Einkaufszentren (vgl. Jomini, a.a.O., Art. 19 N 47 f.). Mit anderen Worten legt der Erschliessungsplan die Dimensionierung und Etappierung für die durch das Gemeinwesen zu erstellenden öffentlichen Erschliessungsanlagen fest (vgl. Fritzsche/Bösch/Wipf, Zürcher Planungs- und Baurecht, 5. Auflage, Zürich 2011, S. 153). Demnach dient der Erschliessungsplan als neuer Sondernutzungsplan zur Festlegung der Grob- und Feinerschliessung. Damit ist die Versorgung eines zu überbauenden Gebiets mit den Hauptsträngen der Erschliessungsanlagen, namentlich Wasser,- Energieversorgungs- und Abwasserleitungen sowie Strassen und Wege gemeint (vgl. Fritzsche/Bösch/Wipf, a.a.O., S. 156). Im vorliegenden Fall ist die tatsächliche Erschliessung der zur Diskussion stehenden Landfläche in der Bauzone über die (...)strasse unbestrittenermassen bereits gegeben. Es fehlt einzig an der rechtlichen Erschliessung. Der Gemeinderat ist der Auffassung, dass der Erschliessungsplan das geeignete Instrument im vorliegenden Fall darstelle, weil er die weniger einschneidende Massnahme als eine mögliche Enteignung sei, da die Ausnützung auf dem betroffenen Grundstück verbleibe. Dabei verkennt der Gemeinderat, dass die neu geschaffene Bestimmung von § 32c PBG eine Lösung anbieten würde, die genau auf den vorliegenden Fall zugeschnitten wäre. Danach kann der Gemeinderat die Eigentümerinnen und Eigentümer einer privaten Erschliessungsstrasse zur Duldung der Mitbenutzung und den Ausbau durch Dritte gegen volle Entschädigung verpflichten, sofern dies zumutbar ist und eine zweckmässige technische Lösung darstellt. Auch bei diesem öffentlich-rechtlichen Instrument verbleibt die Ausnützung auf dem jeweiligen Grundstück und eine Enteignung ist nicht erforderlich, wenn sich die Betroffenen über die Rechtseinräumung einigen können. Da die Beschwerdeführenden die Unverhältnismässigkeit nur hinsichtlich der ungewissen Zusatzbelastung bei einer möglichen Umzonung rügen, welche wie bereits erwähnt nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist, kann davon ausgegangen werden, dass vorliegend die Zumutbarkeit und die technische Zweckmässigkeit gegeben wären, zumal die faktische Erschliessung bereits heute schon über die (...)strasse erfolgt. Im Falle eines Scheiterns der Dienstbarkeitsverträge zwischen der Beschwerdegegnerin und den Beschwerdeführenden hätte der Gemeinderat somit keinen Erschliessungsplan zu erlassen, sondern er müsste gestützt auf die Bestimmung von § 32 c PBG für die rechtliche Erschliessung der in der Bauzone gelegenen Fläche des GS (...) sorgen. Mit anderen Worten heisst dies, dass eine mit gemeinderätlichem  Entscheid getroffene Eigentumsbeschränkung gemäss § 32c PBG auf den Grundstücken der (...) genügen würde. Ein Sondernutzungsplan als gesetzgeberisches Instrument, wozu der Erschliessungsplan gehört, schiesst über das Ziel hinaus. Beide Möglichkeiten haben zurückzustehen, sobald eine privatrechtliche Einigung wie hier mittels eines Dienstbarkeitsvertrages zustande kommt.

Regierungsrat, 6. November 2012

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