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Art. 5 ZPO
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Art. 56 und 247 Abs. 2 ZPO

Art. 95 Abs. 3 ZPO

Regeste:

Art. 95 Abs. 3 ZPO – Eine nicht berufsmässig vertretene Partei hat nur in begründeten Fällen Anspruch auf eine angemessene Umtriebsentschädigung (Art. 95 Abs. 3 lit. c ZPO). Unter Umständen kann sich eine Umtriebsentschädigung aus Billigkeitsüberlegungen rechtfertigen. Solche Umstände waren im vorliegenden Fall nicht gegeben.

Aus den Erwägungen:

7.3 Gemäss Art. 95 Abs. 3 ZPO gilt als Parteientschädigung: der Ersatz notwendiger Auslagen (lit. a.); die Kosten einer berufsmässigen Vertretung (lit. b); in begründeten Fällen: eine angemessene Umtriebsentschädigung, wenn eine Partei nicht berufsmässig vertreten ist (lit. c).

7.3.1 Als notwendige Auslagen im Sinne von Art. 95 Abs. 3 lit. a ZPO gelten beispielsweise Reisespesen, Fernmeldedienstleistungen, Versandkosten, Übersetzungskosten und notwendige Auslagen für die Beweisbeschaffung. Gemeint sind prozessual notwendige Auslagen, die spezifisch für den betreffenden Prozess anfallen (vgl. Suter/von Holzen, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Schweizerische Zivilprozessordnung, 2. A., Zürich/Basel/ Genf 2013, N 31 zu Art. 95 ZPO). Solche Auslagen macht die Klägerin nicht geltend. Unbestritten ist ferner, dass sie nicht im Sinne von Art. 68 Abs. 2 ZPO berufsmässig vertreten ist. Sie hat daher nur dann Anspruch auf eine angemessene Umtriebsentschädigung, wenn ein begründeter Fall im Sinne von Art. 95 Abs. 3 lit. c ZPO vorliegt. Die Botschaft zur ZPO sieht den begründeten Fall für eine solche Umtriebsentschädigung in erster Linie im Verdienstausfall einer selbständig erwerbenden Person, die den Prozess selber führt; sie soll durch die Umtriebsentschädigung einen gewissen Ausgleich erhalten. Letzteres ist nicht selbstverständlich, da für die in eigener Prozesssache aufgewendete Zeit grundsätzlich keine Entschädigung beansprucht werden kann (vgl. Suter/von Holzen, a.a.O., N 40 f zu Art. 95 ZPO; Sterchi, Berner Kommentar, Bern 2012, N 15 ff. zu Art. 95 ZPO, der zu Recht darauf hinweist, dass nicht einzusehen ist, weshalb ausschliesslich Parteien, die nicht berufsmässig vertreten sind, in den Genuss einer Entschädigung für die eigene Zeitversäumnis kommen sollen; Staehelin/Staehelin/Groli¬mund, Zivilprozessrecht, 2. A., Zürich/Basel/Genf 2013, § 16 N 19; Urwyler, in: Brunner/Gasser/Schwander [Hrsg.], Schweizerische Zivilprozessordnung, Zürich/St. Gallen 2011, N 26 zu Art. 95 ZPO; Schmid, in: Oberhammer [Hrsg.], Kurzkommentar ZPO, Basel 2010, N 36 zu Art. 95 ZPO; Urteil des Bundesgerichts 4A_355/2013 vom 22. Oktober 2013 E. 4.2, mit weiteren Hinweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung; a.M. Rüegg, Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Basel 2010, N 21 zu Art. 95 ZPO).

7.3.2 An der Hauptverhandlung vor dem Einzelrichter erklärte die Klägerin einzig, sie habe für das vorliegende Verfahren sicherlich 30 Stunden aufgewendet, was bei einem Stundenlohn von CHF 50.–, den sie bei der Beklagten erhalten hätte, eine Parteientschädigung von CHF 1'500.– ergebe. Dass sie effektiv einen Verdienstausfall erlitten habe, machte sie demnach nicht geltend, womit die primäre Voraussetzung für die Zusprechung einer Umtriebsentschädigung nicht erfüllt ist. Eine solche lässt sich unter Umständen aber auch aus Billigkeitsüberlegungen rechtfertigen. So kann einer nicht berufsmässig vertretenen Partei ausnahmsweise dann eine Entschädigung zugesprochen werden, wenn es sich um eine komplizierte Sache (allenfalls mit hohem Streitwert) handelt, wenn der getätigte Aufwand erheblich ist und zwischen dem Aufwand und dem Ergebnis der Interessenwahrung ein vernünftiges Verhältnis besteht (vgl. Sterchi, a.a.O., N 16 zu Art. 95 ZPO; Urwyler, a.a.O., N 26 zu Art. 95 ZPO, mit Hinweisen). Solche Umstände sind vorliegend nicht gegeben. Die Klägerin erstellte im vorinstanzlichen Verfahren lediglich eine einfache, materiell auf zwei Seiten beschränkte Klageschrift und nahm in der Folge einzig noch an Parteibefragung und Hauptverhandlung teil, die gemäss Protokoll eine Stunde dauerte. Von einem erheblichen Aufwand kann mithin nicht die Rede sein.

(…)

7.4 (…) Dementsprechend ist der Klägerin keine Umtriebsentschädigung zuzusprechen. (…)

Obergericht, I. Zivilabteilung, 17. Dezember 2013

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