Navigieren auf Kanton Zug

Gerichtspraxis

Staats- und Verwaltungsrecht

Verfahrensrecht

Bau- und Planungsrecht

Steuerrecht

Sozialversicherung

Gewässerrecht

Submissionsrecht

Politische Rechte – Abstimmungserläuterungen

Opferhilfe

Erwachsenenschutzrecht / Fürsorgerische Unterbringung

Art. 426 Abs. 1 ZGB und Art. 439 ZGB

Art. 426 ff. ZGB

Regeste:

Art. 426 ff. ZGB – Voraussetzungen, unter denen die Anordnung und Aufrechterhaltung einer fürsorgerischen Unterbringung zulässig ist.

Aus dem Sachverhalt:

A wurde am 22. November 2013 vom Notfallpsychiater Dr. med. B mit fürsorgerischer Unterbringung in die Psychiatrische Klinik F eingewiesen. Gegen diese Einweisung beschwerte sich A mit Schreiben vom 25. November 2013 beim Verwaltungsgericht und verlangte seine sofortige Entlassung. Am 4. Dezember 2013 wurde der Beschwerdeführer von der fürsorgerechtlichen Kammer in der Klinik persönlich angehört. An dieser An­hörung nahmen seitens der Klinik Dr. med. C und der behandelnde Psychologe lic. phil. D sowie als Sachverständiger der Psychiater Dr. med. E teil, der im Anschluss an die Befragung sein Gutachten mündlich er­stattete. Nach der Verhandlung und Beratung wurde der Urteils­spruch mündlich eröffnet und kurz begründet.

Aus den Erwägungen:

1. Gegen eine ärztlich angeordnete Unterbringung kann die betroffene oder eine ihr nahestehende Person innert zehn Tagen seit Mitteilung des Entscheids schriftlich das Gericht anrufen (Art. 439 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB in der seit 1. Januar 2013 geltenden Fassung). Zuständiges Gericht für die Beurteilung von Beschwerden in den Fällen von Art. 439 ZGB ist gemäss der per 1. Januar 2013 geltenden Fassung von § 58 Abs. 1 lit. b des Einführungsgesetzes zum ZGB (EG ZGB, BGS 211.1) das Verwaltungsgericht. Örtlich zuständig ist das Verwaltungsgericht, wenn die betroffene Person Wohnsitz im Kanton Zug hat oder wenn die Massnahme von einer Arztperson oder Einrichtung im Kanton Zug angeordnet wurde und die betroffene Person sich im Kanton Zug aufhält (§ 58 Abs. 2 EG ZGB). Der Beschwerdeführer wohnt im Kanton Zug, weshalb die örtliche und sachliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts gegeben und die fristgerecht eingereichte und den minimalen formellen Anforderungen genügende Beschwerde (Art. 439 Abs. 1 i.V.m. Art. 450e Abs. 1 ZGB) zu prüfen ist.

2. Eine Person, die an einer psychischen Störung oder an geistiger Behinderung leidet oder schwer verwahrlost ist, darf in einer geeigneten Einrichtung untergebracht werden, wenn die nötige Behandlung oder Betreuung nicht anders erfolgen kann (Art. 426 Abs. 1 ZGB in der seit 1. Januar 2013 geltenden Fassung). Die Belastung und der Schutz von Angehörigen und Dritten sind zu berücksichtigen (Art. 426 Abs. 2 ZGB). Die betroffene Person wird entlassen, sobald die Voraussetzungen für die Unterbringung nicht mehr erfüllt sind; über die Entlassung entscheidet die Einrichtung (Art. 426 Abs. 3 und Art. 429 Abs. 3 ZGB). Die ärztliche Unterbringung fällt spätestens nach sechs Wochen dahin, sofern nicht ein vollstreckbarer Unterbringungsentscheid der Erwachsenenschutzbehörde vorliegt (Art. 429 Abs. 2 ZGB i.V.m. § 51 Abs. 3 EG ZGB). Hat die betroffene Person gegen eine fürsorgerische Unterbringung Beschwerde erhoben, hört sie die gerichtliche Beschwerdeinstanz in der Regel als Kollegium an (Art. 450e Abs. 4 Satz 1 ZGB) und entscheidet in der Regel innert fünf Arbeitstagen seit Eingang der Beschwerde (Art. 450e Abs. 5 ZGB). Bei psychischen Störungen muss zudem gestützt auf das Gutachten einer sachverständigen Person entschieden werden (Art. 450e Abs. 3 ZGB).

Das Gesetz nennt als Voraussetzung für eine fürsorgerische Unterbringung das Vorliegen eines Schwächezustandes, der eine Behandlung oder Betreuung notwendig macht, die nicht anders als durch den Entzug der Freiheit erbracht werden kann. Die Voraussetzungen bedingen sich gegenseitig und sind nur in ihrem Zusammenhang verständlich. Der Schwächezustand allein vermag eine FU nie zu rechtfertigen, sondern immer nur zusammen mit der Notwendigkeit einer Behandlung oder Betreuung. Schliesslich werden die Voraussetzungen auch mit Blick auf die Rechtsfolge weiter eingeschränkt. Die freiheitsbeschränkende Unterbringung ist selbst bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen nur gesetzeskonform, wenn der Zweck nicht mit einer milderen Massnahme erreicht werden kann. Insofern gilt das Verhältnismässigkeitsprinzip. Zudem muss die Unterbringung für den angestrebten Zweck tauglich sein. Die Zulässigkeit der fürsorgerischen Unterbringung lässt sich deshalb immer nur mit Bezug auf die Einweisung in eine bestimmte Einrichtung beurteilen; insofern stellt der Begriff der geeigneten Einrichtung eine weitere Einschränkung dar (Geiser/Etzensberger, Basler Kommentar Erwachsenenschutz, Art. 426 N 7). Ziel der fürsorgerischen Unterbringung ist es, die betroffene Person in die Selbständigkeit zu führen, ihre Eigenverantwortung zu stärken und ein menschenwürdiges Dasein zu ermöglichen. Lässt sich der Schwächezustand beseitigen oder mindestens abschwächen, ist mit der fürsorgerischen Unterbringung dafür zu sorgen, dass die betroffene Person wieder aus der Einrichtung entlassen werden und ihr Leben nach ihren eigenen Vorstellungen, Neigungen und Fähigkeiten selber gestalten und organisieren kann (Geiser/Etzensberger, a.a.O., vor Art. 426-439 N 14). Die FU dient in jedem Fall dem Schutz der betroffenen Person. Voraussetzung ist deshalb immer, dass der Betroffene eines besonderen Schutzes bedarf, der eben nur mit einer Freiheitsentziehung erbracht werden kann; diese muss die persönliche Fürsorge sicherstellen (Geiser/Etzensberger, a.a.O., Art. 426 N 8). Schliesslich gilt für die FU der Grundsatz der Verhältnismässigkeit; sie stellt einen schweren Eingriff in die persönliche Freiheit der betroffenen Person dar und ist deshalb nur zulässig, wenn keine leichteren Massnahmen der betroffenen Person einen genügenden Schutz gewähren, mit dieser Massnahme hingegen ein solcher voraussichtlich erreicht werden kann. Als verhältnismässig erscheint eine FU nur, wenn mit ihr das angestrebte Ziel – in erster Linie die Wiedererlangung der Selbständigkeit und der Eigenverantwortung – überhaupt erreicht werden kann. Die Vor- und Nachteile, welche eine FU der betroffenen Person bringt, sind gegeneinander abzuwägen. Interessen der Umgebung und der Öffentlichkeit haben insoweit zurückzutreten. Die Belastung für die Umgebung ist nur mitzuberücksichtigen (Geiser Etzensberger, a.a.O., Art. 426 N 22 ff.).

3. Eine fürsorgerische Unterbringung oder Zurückbehaltung ist nur dann zulässig, wenn bei der betroffenen Person einer der in Art. 426 Abs. 1 ZGB aufgeführten Schwächezustände vorliegt. Zudem muss wegen dieses Schwächezustands ein Fürsorgebedarf hinsichtlich Behandlung und/oder Betreuung bestehen, was anhand der konkreten Gefahr für die Gesundheit oder das Leben der betroffenen Person bzw. von Dritten, die besteht, wenn die Behandlung der psychischen Störung bzw. die Betreuung unterbleibt, zu beurteilen ist. Danach ist in rechtlicher Hinsicht zu beurteilen, ob und wenn ja warum eine Behandlung einer festgestellten geistigen Störung bzw. eine Betreuung «nötig» ist (vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 17. April 2013, 5A_254/2013 Erw. 2.2).

(…)

3.3 Gestützt auf die Vorgeschichte und die ärztlichen Angaben besteht kein Zweifel daran, dass der Beschwerdeführer an einer schweren psychischen Störung leidet. Im Vordergrund steht dabei eine Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis, aller Wahrscheinlichkeit nach eine paranoide Schizophrenie; auch eine drogeninduzierte Psychose ist differentialdiagnostisch ebenfalls noch möglich. Dass derzeit die Diagnose noch nicht exakt und abschliessend gestellt werden kann, ist nicht entscheidend. Massgebend ist vielmehr, dass bei beiden möglichen Diagnosen in jedem Fall eine schwerwiegende psychische Störung und damit ein Schwächezustand im Sinne von Art. 426 Abs. 1 ZGB vorliegt. Damit ist die erste Voraussetzung für eine fürsorgerische Unterbringung erfüllt.

3.4 Zu prüfen ist im Weiteren, ob die beim Beschwerdeführer bestehende psychische Störung eine Behandlung und/oder eine Betreuung nötig macht, was unter anderem anhand des Fremd- und/oder Selbstgefährdungspotentials zu beurteilen ist.

3.4.1 Bei der Beurteilung der Selbstgefährdung stellt sich einerseits die Frage nach einer allfälligen Suizidgefahr. Andererseits ist auch danach zu fragen, ob die Gesundheitsschädigung bedrohliche Ausmasse annimmt, ob Anzeichen für ein Fortschreiten der Erkrankung bestehen, ob der Betroffene daran ist, in seiner Lebensgestaltung, seinem Verhalten in seiner Umgebung, seiner persönlichen Hygiene und seiner Gesamtverfassung in einen Zustand von Selbstdestruktion zu geraten, der der Menschenwürde nicht mehr entspricht (vgl. hierzu R. Furger, Unterbringung Jugendlicher und Erwachsener im Sinne der FFE aus psychiatrischer Sicht, ZVW 38, 41 ff.).

3.4.1.1 Das Vorliegen von akuter Suizidalität wird sowohl vom behandelnden Klinikarzt wie auch vom gerichtlichen Gutachter verneint. Die Äusserung des Beschwerdeführers bei der Einweisung, man solle ihn erschiessen, wertet Dr. E als Ausdruck seiner Verzweiflungssituation. Aus seiner Sicht sei er erneut bei der Polizei denunziert und dann festgenommen worden; aus Erfahrung habe er gewusst, was nun auf ihn zukomme. Solche Äusserungen bei Jugendlichen seien auch nicht unbedingt zum vollen Nennwert zu nehmen. Weder in der Vorgeschichte, den Akten noch aus den Gesprächen gebe es konkrete Hinweise auf Suizidalität. Der Beschwerdeführer selber erklärte an der Anhörung, dass er sich nicht mehr gut an diese Äusserung erinnern könne; er wisse nur noch, dass er sehr in Rage, wütend und frustriert gewesen sei, weil seine Schwester ohne triftigen Grund die Polizei angerufen habe und diese auch tatsächlich gekommen sei.

3.4.1.2 Eine Selbstgefährdung im weiteren Sinne ist aus ärztlicher Sicht darin zu erblicken, dass der Beschwerdeführer im Falle einer baldigen Entlassung die Medikamente kurz- bis mittelfristig absetzen und seinen Cannabiskonsum wieder aufnehmen würde, was zu einer erneuten Verschlechterung des Gesundheitszustandes führen würde. Nach Ansicht von Dr. E besteht beim Beschwerdeführer grosse Chronifizierungs- und Verwahrlosungsgefahr. Es seien ausgeprägte Negativsymptome feststellbar; der Beschwerdeführer habe keine Energie, könne sich nicht strukturieren und organisieren, habe ab Mitte Monat kein Geld mehr und könne sich dann auch nicht mehr selber ernähren. Der Beschwerdeführer erklärte seinen Geldmangel ab Mitte Monat mit angeblich hohen Fixkosten, räumte aber auch ein, dass er einen Teil des Geldes, das er vom Sozialamt erhalte, für seinen Cannabiskonsum ausgebe; den Cannabiskonsum habe er nun aber vor rund zwei bis drei Wochen aufgegeben und er wolle auch weiterhin auf das Kiffen verzichten.

3.4.1.3 Eine akute und erhebliche Suizidalität besteht beim Beschwerdeführer gestützt auf die ärztlichen Angaben weder im Klinikrahmen noch im Falle einer baldigen Entlassung. Im Falle einer baldigen Entlassung in die alten Verhältnisse ist hingegen mit einer erheblichen und akuten Selbstgefährdung in einem weiteren Sinne zu rechnen. Einerseits wird der Beschwerdeführer nach ärztlicher Einschätzung kurz- bis mittelfristig die Medikamente wieder absetzen, was auch nach der letzten Klinikentlassung am 13. August 2013 geschehen ist. Dies wird innert kurzer Frist zu einer erneuten Verschlechterung seines Gesundheitszustandes und einer weiteren Chronifizierung seiner psychischen Störung führen. Trotz all seiner Beteuerungen, nicht mehr kiffen zu wollen, ist über kurz oder lang wieder mit Cannabiskonsum zu rechnen, was die psychotische Symptomatik erneut triggern bzw. auslösen könnte. Mit der Verschlechterung des Gesundheitszustandes droht dem Beschwerdeführer auch die Verwahrlosung, da er offenbar nicht in der Lage ist, die Unterstützungsleistungen des Sozialamtes gezielt für seinen Lebensunterhalt einzusetzen. Wenn ihm Mitte Monat das Geld ausgeht, hat er nichts mehr zu essen und er muss sich an seine Familie wenden, um nicht zu hungern. Ohne Unterstützung der Mutter und der Familie, mit der es immer wieder zu erheblichen Streitigkeiten mit Sachbeschädigungen gekommen ist, wird der Beschwerdeführer nicht in der Lage sein, sich Essen zu beschaffen. Es droht ihm auch die Stigmatisierung, da er in seinem Umfeld als psychisch kranker junger Mann wahrgenommen wird, was seine private und berufliche Zukunft erheblich beeinträchtigen dürfte. Die Selbstgefährdung in diesem weiteren Sinne ist daher als erheblich und unmittelbar drohend zu qualifizieren.

3.4.2 Bei der Beurteilung der Fremdgefährdung geht es nicht nur um die Gefahr für Leib und Leben von Drittpersonen, sondern ebenso sehr auch um elementare Gefährdungen des Wohlbefindens und der seelischen Gesundheit anderer. Neben der eigentlichen Fremdgefährdung ist auch die Drittgefährdung im Sinne der Belastung der Umgebung durch den Betroffenen mitzuberücksichtigen, auch wenn eine solche Belastung für sich allein nicht für eine Einweisung oder eine Rückbehaltung ausreichen kann (Spirig, Zürcher Kommentar, N 336 ff. zu altArt. 397a ZGB). Die fürsorgerische Unterbringung dient dem Schutz der betroffenen Person, nicht ihrer Umgebung; entsprechend ist die Fremdgefährdung weder eine Unterbringungsvoraussetzung noch für eine Unterbringung ausreichend (Geiser/Etzensberger, a.a.O., N 41 zu Art. 426 ZGB mit Hinweisen). Das geltende Recht hält im Gegensatz zum früheren ausdrücklich fest, dass nicht nur die Belastung sondern auch der Schutz Angehöriger und Dritter zu berücksichtigen ist (Geiser/Etzensberger, a.a.O., N 42 zu Art. 426 ZGB).

3.4.2.1 Der behandelnde Klinikarzt Dr. C sieht keine Fremdgefährdung gegenüber Personen; die Aggressivität richte sich vielmehr regelmässig gegen Sachen im Rahmen von starker Anspannung. Nach Ansicht von Dr. E ist eine Fremdaggression gegen Personen nicht auszuschliessen, wenn es zu Erregungszuständen komme. Die Aggressionen hätten sich bisher gegen Gegenstände und nicht gegen Menschen gerichtet; das sei natürlich keine Garantie, dass das auch so bleibe. Die Belastung für sein soziales Umfeld wird von beiden Ärzten als erheblich eingeschätzt.

3.4.2.2 In Berücksichtigung der Vorgeschichte und der ärztlichen Angaben ist fremdaggressives Verhalten, das sich gegen Personen richtet, nicht unmittelbar zu befürchten, kann aber angesichts der wiederholten Sachbeschädigungen auch nicht ganz ausgeschlossen werden, wenn der Beschwerdeführer wieder in Rage geraten sollte und er sich in diesem Zustand nicht mehr unter Kontrolle halten könnte. Die Belastung, die er für sein Umfeld darstellt, ist als erheblich und schwerwiegend zu qualifizieren. Die Familie, insbesondere die Mutter, sorgen sich offensichtlich sehr um den Beschwerdeführer; es kommt aber wegen seiner psychischen Erkrankung immer wieder zu heftigen Auseinandersetzungen mit Sachbeschädigungen, bei denen es hauptsächlich um Geld geht. Die Mutter hat sich nach der letzten Auseinandersetzung, die zur aktuellen Einweisung geführt hat, offenbar aus nachvollziehbaren Gründen veranlasst gesehen, sich vorerst zurückzuziehen.

3.4.3 Zusammenfassend lässt sich damit festhalten, dass das beim Beschwerdeführer bestehende Selbst- und Fremdgefährdungspotential im Falle einer baldigen Entlassung als erheblich und unmittelbar drohend zu beurteilen ist. Sein Zustand wird sich deutlich verschlechtern, sobald er die Medikamente absetzt und den Cannabiskonsum wieder aufnimmt, was innert weniger Tage oder Wochen zu erwarten sein dürfte. Damit gefährdet er sich selbst und ist auch für seine nächste familiäre Umgebung eine unzumutbare Belastung.

3.5 Die psychische Erkrankung des Beschwerdeführers, bei der es sich nach übereinstimmender ärztlicher Ansicht sehr wahrscheinlich um eine paranoide Schizophrenie handelt, wird in erster Linie mit Neuroleptika behandelt, wozu der Beschwerdeführer im Klinikrahmen auch die nötige Compliance zeigt. Die Einstellung der Medikamente ist allerdings noch nicht abgeschlossen, da beim Beschwerdeführer höhere Dosierungen als üblich eingesetzt werden müssen, um eine entsprechende Wirkung zu erzielen; dies hat sich im Rahmen des letzten Klinikaufenthalts herauskristallisiert. Während des Klinikaufenthalts ist auch am ehesten eine Cannabisabstinenz einzuhalten, die der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben bereits zwei oder drei Wochen vor Klinikeintritt – wohl aus Geldmangel – begonnen hat. Der Behandlungs- und Betreuungsbedarf ist damit ausgewiesen und auch notwendig.

4. Unter dem Aspekt der Verhältnismässigkeit ist schliesslich zu prüfen, ob dem Beschwerdeführer die nötige persönliche Fürsorge im Zusammenhang mit seiner Erkrankung auch anders als im Rahmen eines stationären Anstaltsaufenthalts erwiesen werden könnte, beispielsweise durch eine ambulante Psychotherapie bzw. eine ambulante Abgabe von Medikamenten. Bei der Beurteilung dieser Frage sind die folgenden Kriterien in die Entscheidung miteinzubeziehen: Krankheitseinsicht, Bereitschaft, in eine medizinische Behandlung einzuwilligen, soziale Begleitumstände (Wohnung, Arbeit, Beziehungsnetz) und die Folgen einer sofortigen Entlassung in medizinischer und sozialer Hinsicht. Diese sind gegeneinander abzuwägen. Ob die fürsorgerische Unterbringung aufrecht erhalten bleiben soll, beurteilt sich anhand der Lage der betroffenen Person im Zeitpunkt des jeweiligen Entscheides.

4.1 Der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers hat sich in den rund zwei Wochen seit Klinikeintritt bereits deutlich verbessert. Er ermüdet gemäss Dr. E im Gespräch aber noch relativ schnell; er verlangsame dann spürbar, habe Mühe sich zu konzentrieren und die hintergründige Wahnthematik komme dann offen zum Vorschein. Er sei immer noch in einer abklingenden Akutphase und medikamentös noch nicht fertig eingestellt. Hinsichtlich der Psychose bestehe keine Krankheitseinsicht und somit konsequenterweise auch keine Behandlungsmotivation. Auch Dr. C erachtet die Krankheitseinsicht nur bezüglich der depressiven Komponente, nicht aber bezüglich der psychotischen Symptomatik als gegeben und bezweifelt, dass die bisher in der Klinik gezeigte Behandlungsbereitschaft im ambulanten Rahmen recht schnell abnehmen würde. Auch die Bereitschaft, auf den Konsum von Cannabis ganz zu verzichten, erachten beide Ärzte als wenig nachhaltig und auf Dauer auch nicht als erfolgversprechend. Nach der Entlassung im ersten Beschwerdeverfahren (Anm. im August 2013) hat der Beschwerdeführer nach rund einer Woche die Tagesklinik trotz anders lautenden Versprechens überhaupt nicht mehr aufgesucht, ist nur unregelmässig zum behandelnden ambulanten Psychiater gegangen und hat die verschriebenen Medikamente nach einiger Zeit abgesetzt, da es ihm mit den Medikamenten nicht mehr wirklich gut gegangen sei. Auch die Beteuerungen des Beschwerdeführers im Rahmen der Anhörung vermögen insgesamt nichts daran zu ändern, dass es ihm offensichtlich an Krankheitseinsicht fehlt und bei ihm auch keine ernsthafte glaubwürdige Behandlungsbereitschaft vorhanden ist.

4.2 Die sozialen Begleitumstände sind derzeit sehr ungünstig. Der 24 Jahre alte Beschwerdeführer wohnt vom Sozialamt unterstützt allein in einem kleinen Studio, wo er keine Tagesstruktur hat, spät aufsteht und spät zu Bett geht und den Tag vorwiegend mit Fernsehen verbringt. Der Beschwerdeführer hat keine Arbeitsstelle und sein Lebensunterhalt wird – soweit bekannt – vom Sozialamt finanziert. Nach eigenen Angaben ist derzeit eine Anmeldung bei der IV hängig. Seine Hobbies Skateboarden und Snowboarden kann sich der Beschwerdeführer nicht leisten, da ihm das Geld jeweils Mitte Monat – wohl auch wegen des Kaufs von Cannabis –- ausgeht und er dann auch kein Essen mehr für sich kaufen kann, weshalb er zum Essen zur Mutter gehen muss, wo es immer wieder zu heftigen Auseinandersetzungen kommt. Auch sonst geht er offenbar aus finanziellen Gründen kaum ausser Haus und hat neben der Familie auch keine anderen engeren sozialen Kontakte, sodass auch bereits deutlich ein sozialer Rückzug feststellbar ist. Das Verhältnis zur Familie und insbesondere zur Mutter ist aktuell erheblich belastet. Die Mutter, die bei der Anhörung im letzten Beschwerdeverfahren noch teilgenommen hatte, hat sich mittlerweile offenbar etwas zurückgezogen und ist für eine professionelle Betreuung ihres Sohnes. Die Familie scheint denn auch mit der Situation zunehmend überfordert und erheblich belastet zu sein. Das Beziehungsnetz, das aktuell zur Verfügung steht, ist derzeit nicht ausreichend tragfähig für eine ambulante Betreuung und Behandlung der schweren Erkrankung des Beschwerdeführers.

4.3 Klinikarzt Dr. C äusserte die Ansicht, dass ein stationärer Aufenthalt gegen den Willen des Patienten grundsätzlich nicht mehr notwendig sei unter der Voraussetzung, dass man ein gutes Netz für den ambulanten Rahmen aufbaue; für die Planung und Organisation eines solchen guten ambulanten Netzes – mit Spitex, klarer Nachsorge usw. – bräuchte man ein paar Tage, mindestens aber eine Woche Zeit. Wenn er sofort und ohne dieses Netz entlassen würde, würde es wahrscheinlich schief gehen. Doktor E betrachtete die von Klinikarzt Dr. C genannte eine Woche zum Aufbau eines ambulanten Netzes als äusserst ambitiös; seiner Ansicht nach wären dafür mindestens zwei bis drei Wochen einzusetzen, vorausgesetzt der Beschwerdeführer kooperiere weiterhin und nehme die Medikamente ein. In dieser Zeit müssten die Wohnsituation und die Betreuung beim Wohnen geprüft werden; die Vernetzung mit den sozialen Institutionen und die Finanzen müssten neu aufgegleist werden und man sollte mit der IV Kontakt aufnehmen und allenfalls die KESB einschalten. Es seien aber grosse Zweifel angebracht, ob eine ambulante Behandlung wirklich gelinge, da der Beschwerdeführer hinsichtlich der Psychose keine Krankheitseinsicht und somit konsequenterweise auch keine Behandlungsmotivation habe. Voraussetzung für eine Entlassung in ein ambulantes Setting wären idealerweise Krankheitseinsicht und Behandlungsbereitschaft; sicherlich müsste man ihn aber auch vom sozialen Betreuungsnetzwerk her intensiver versorgen. Er müsste regelmässig betreut sein und eine Tagesstruktur haben. Der Versuch mit der Tagesklinik sei nach der Entlassung am 13. August 2013 bereits nach einer Woche gescheitert. Im Falle einer sofortigen Entlassung sei damit zu rechnen, dass der Beschwerdeführer innerhalb einiger Tage oder Wochen wieder sein altes Leben weiterführen werde.

4.4 In Würdigung der Akten, der Vorgeschichte und der ärztlichen Angaben ist eine Entlassung in ambulante Betreuung und Behandlung derzeit noch nicht möglich, denn der Beschwerdeführer würde mangels Krankheitseinsicht und Behandlungsbereitschaft innert weniger Tage oder Wochen mit hoher Wahrscheinlichkeit die Medikamente absetzen, den Cannabiskonsum wieder aufnehmen und – wenn überhaupt – nur noch unregelmässig Therapiesitzungen besuchen; der Verlauf würde wohl ähnlich ausfallen wie bei der letzten Entlassung in die alten Verhältnisse am 13. August 2013. Damit würde kurz- und mittelfristig die noch nicht voll remittierte Psychose wieder aufflammen mit erheblicher Selbst- und Fremdgefährdung; weitere Klinikeinweisungen wären die Folge. Eine Entlassung in die alten Verhältnisse würde zudem sein soziales Umfeld offenkundig überfordern und darf diesem derzeit auch nicht zugemutet werden. Die persönliche Fürsorge kann dem Beschwerdeführer jedenfalls im heutigen Zeitpunkt noch nicht ausserhalb des stationären Klinikrahmens erwiesen werden, weshalb eine Entlassung in die alten Verhältnisse und in ambulante Behandlung und Betreuung noch nicht realisiert werden kann.

5. Zusammenfassend lässt sich damit festhalten, dass der Beschwerdeführer an einer gravierenden psychischen Störung und damit an einem der in Art. 426 Abs. 1 ZGB erwähnten Schwächezustände leidet, deren Behandlung wegen des erheblichen und akuten Selbst- und Fremdgefährdungspotentials dringend notwendig ist. Eine ambulante Behandlung und Betreuung kommt dabei wegen der mangelnden Krankheitseinsicht und der nicht ernsthaften Behandlungsbereitschaft wie auch wegen der insgesamt ungünstigen Lebensumstände des Beschwerdeführers derzeit noch nicht in Frage. Die Einweisung in die Klinik, die im Sinne von Art. 426 Abs. 1 ZGB in jeder Hinsicht geeignet ist, ist daher zu Recht erfolgt und die weitere Zurückbehaltung ist auch im Urteilszeitpunkt angesichts der zu erwartenden gravierenden Folgen einer vorzeitigen Entlassung rechtens und verhältnismässig. Die Beschwerde erweist sich mithin als unbegründet und muss abgewiesen werden.

Die ärztliche Unterbringung ist grundsätzlich bis maximal sechs Wochen gültig. In dieser Zeit bleibt die Psychiatrische Klinik F für eine allfällige Entlassung zuständig (Art. 429 Abs. 3 ZGB). Muss die Unterbringung über sechs Wochen hinaus weitergeführt werden, hat die Klinik rechtzeitig, d.h. spätestens acht Tage vor Ablauf der sechswöchigen Frist, die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde zu informieren und einen behördlichen Entscheid über die Fortführung der Unterbringung zu beantragen (§ 53 EG ZGB).

6. Das Verfahren ist kostenlos (§ 57 Abs. 2 EG ZGB), weshalb vorliegend keine Gerichtskosten zu erheben sind. Eine Parteientschädigung ist dem vollumfänglich unterliegenden und ohnehin nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer nicht zuzusprechen.

Urteil des Verwaltungsgerichts vom 4. Dezember 2013 F 2013 60

Weitere Informationen

Fusszeile

Deutsch