Navigieren auf Kanton Zug

Gerichtspraxis

Staats- und Verwaltungsrecht

Verfahrensrecht

Bau- und Planungsrecht

Steuerrecht

Sozialversicherung

Art. 9 Abs. 1 IVG i.V.m. Art. 23bis Abs. 3 IVV
Art. 21 IVG, Art. 2 HVI
Art. 25 AHVG i.V.m. Art. 49bis und Art. 49ter AHVV
Art. 25 lit. c FamZG i.V.m. Art. 52 AHVG
Art. 35 Abs. 1 IVG i.V.m. Art. 25 Abs. 5 AHVG und Art. 49bis AHVV

Art. 50c Abs. 1 und Art. 50g AHVV

Regeste:

Art. 50c Abs. 1 und Art. 50g AHVV – Wurde eine Ehe durch Scheidung oder Ungültigerklärung aufgelöst, so können die Ehegatten gemeinsam oder jeder für sich die Vornahme der Einkommensteilung verlangen. Bezieht ein Ehegatte bereits eine Rente, so ist das Verfahren auf Einkommensteilung von Amtes wegen von der Ausgleichskasse durchzuführen(Erw. 2.3). Die Vorschriften über die Berechnung der Renten der Alters- und Hintelassenenversicherung stellten indes zwingendes Recht dar. Folglich wird die Teilung der Einkommen und Gutschriften nach Eintritt des Versicherungsfalls bei der Rentenberechnung auf jeden Fall, also unabhängig von einer Anmeldung der Beteiligten, von Amtes wegen vorgenommen(Erw. 2.4).

Aus dem Sachverhalt:

Der Versicherte, F., Jahrgang 1946, bezog ab Erreichen des ordentlichen Pensionsalters eine AHV-Altersrente, zuletzt im monatlichen Betrage von Fr. 2'190.–. Mit rechtskräftigem Entscheid des Kantonsgerichts Zug vom 9. Juli 2012 wurde seine Ehe mit D., Jahrgang 1953, geschieden. Am 26. Juli 2012 erfolgte eine entsprechende Meldung der AHV-Zweigstelle und in der Folge wurden beide Ex-Ehegatten von der Ausgleichskasse des Kantons Zug aufgefordert, das Formular für die Einkommensteilung einzureichen. Am 21. August 2012 beantragte D. entsprechend die Durchführung der Einkommensteilung im Scheidungsfalle. Da die Ausgleichskasse diese Teilung gestützt auf Art. 50g AHVV ohnedies von Amtes wegen hätte durchführen müssen, wartete sie die Einreichung des Formulars durch den Versicherten nicht ab, sondern errechnete dessen AHV-Rente in der Folge neu. Mit Verfügung vom 18. Oktober 2012 wurde dem Versicherten mitgeteilt, auf der Basis der Rentenskala 44 bzw. einem durchschnittlichen Jahreseinkommen von Fr. 52'896.– betrage seine Vollrente ab 1. August 2012 Fr. 1'912.– monatlich. Die in den Monaten August bis Oktober 2012 zu viel ausgerichteten Rentenbeträge würden mit der November-Rente 2012 verrechnet. Die dagegen durch F. erhobene Einsprache wies die Ausgleichskasse Zug mit Entscheid vom 2. April 2013 ab.

Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 2. Mai 2013 beantragte F. sinngemäss die Überprüfung und allfällige Anpassung der Rentenberechnung. Zur Begründung machte er geltend, nur seine Ex-Ehefrau sei mit einem Fragebogen bedient worden und er wisse nicht, was diese der Kasse angegeben habe. Trotz mehrmaliger Reklamation habe er nicht Stellung nehmen können. Seine Nachfrage per Mail sei nie beantwortet worden. Zudem lebe sein Sohn noch immer bei ihm.

Aus den Erwägungen:

2.3 Wurde eine Ehe durch Scheidung oder Ungültigerklärung aufgelöst, so können die Ehegatten gemeinsam oder jeder für sich die Vornahme der Einkommensteilung verlangen. Vorbehalten bleibt Art. 50g (Art. 50c Abs. 1 AHVV). Wird das Gesuch um Vornahme der Einkommensteilung nur durch einen Ehegatten eingereicht, so stellt die auftraggebende Ausgleichskasse dem andern Ehegatten eine Mitteilung über das Gesuch zu und fordert diesen auf, am Verfahren teilzunehmen. Bei Verzicht auf Teilnahme oder Unzustellbarkeit der Mitteilung erhält nur der Antrag stellende Ehegatte die Übersicht über die individuellen Konten (Art. 50f AHVV). Bezieht ein Ehegatte bereits eine Rente, so ist das Verfahren auf Einkommensteilung von Amtes wegen von der Ausgleichskasse durchzuführen, welche die Rente ausrichtet (Art. 50g AHVV).

2.4 Im Entscheid 9C_518/2008 vom 29. August 2008 hielt das Bundesgericht in Erwägung 2.2 sinngemäss fest, der Einwand, einer der Ehegatten habe das Einkommenssplitting nie beantragt, sei unbehelflich. Zwar werde das Splitting im Ehescheidungsverfahren zunächst nicht von Amtes wegen vorgenommen, sondern setze eine Anmeldung eines oder beider ehemaliger Gatten voraus. Die Vorschriften über die Berechnung der Renten der Alters- und Hintelassenenversicherung stellten indes – abgesehen von Art. 52f Abs. 2bis AHVV, wo es um die Anrechnung von Erziehungsgutschriften bei geschiedenen oder unverheirateten Eltern gehe, die die elterliche Sorge gemeinsam ausübten – zwingendes Recht dar. Folglich werde die Teilung der Einkommen und Gutschriften nach Eintritt des Versicherungsfalls bei der Rentenberechnung auf jeden Fall, also unabhängig von einer Anmeldung der Beteiligten, von Amtes wegen vorgenommen (zitierter Entscheid mit vielen weiteren Hinweisen auf Judikatur und Lehre).

(…)

3. Fest steht in casu, dass der Beschwerdeführer seit Juli 2011 eine AHV-Vollrente, basierend auf der Rentenskala 44, bezieht und dass seine Ehe mit D. am 9. Juli 2012 rechtskräftig geschieden wurde. Streitig ist, ob die Vorgehensweise der Ausgleichskasse Zug, welche gestützt Auf Art. 50g AHVV die Einkommensteilung von Amtes wegen vornehmen musste, wenngleich nur ein Antrag der geschiedenen Ehefrau vorlag, korrekt war. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, glaubt, dass der Umstand, dass sein Sohn bei ihm wohne, entsprechend berücksichtigt werden müsse und beanstandete, jedenfalls im Einspracheverfahren, die Berechnung der Rentenauszahlung per November 2012.

(…)

4.1 Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör. Sie müssen nicht angehört werden vor Verfügungen, die durch Einsprache anfechtbar sind (Art. 42 ATSG). Soweit der Beschwerdeführer sinngemäss rügt, man habe kein Formular von ihm verlangt und ihm vor Verfügungserlass auch keinen Einblick in das von der Ehefrau ausgefüllte Formular gewährt, ist ihm zunächst unter Verweis auf Erwägung 2.3 bzw. auf Art. 50g AHVV sowie auf die in Erwägung 2.4 zitierte Judikatur entgegenzuhalten, dass der Umstand, dass er – und nur er – zum Zeitpunkt der Scheidung bereits Rentenbezüger war, die Ausgleichskasse verpflichtete, die fragliche Einkommensteilung bzw. die Rentenneuberechnung auf den Folgemonat des Erlasses des in Rechtskraft erwachsenen Scheidungsurteils von Amtes wegen durchzuführen. Sie war folglich weder auf ein Formular von ihm noch auf eines seiner Ex-Frau angewiesen. Soweit die Verfügung am 18. Oktober 2012 ohne vorgängige Gehörsgewährung erlassen wurde, ist sodann auf den eingangs zitierten Art. 42 ATSG zu verweisen. Demgemäss müssen Versicherte vor Verfügungserlass nicht angehört werden, wenn ihnen das Einspracherecht zusteht. Dies ist bzw. war vorliegend der Fall und der Beschwerdeführer machte denn auch Gebrauch davon, was impliziert, dass die Verfügung jedenfalls insoweit ausreichend begründet worden war, als er diese auch anzufechten in der Lage war. Für das eher schnelle Vorgehen der Ausgleichskasse gibt es sodann auch beachtenswerte sachliche Gründe. Mit der Kasse ist nämlich festzustellen, dass es Sinn macht, Rentensenkungen so schnell wie möglich durchzusetzen, um höhere Rückforderungen bzw. noch komplexere Verrechnungen zu vermeiden. Im Vorgehen der Ausgleichskasse ist nach dem Gesagten grundsätzlich keine Verletzung des rechtlichen Gehörs zu sehen.

4.2 Soweit der Beschwerdeführer die Berücksichtigung des Umstands, dass er seinen Sohn beherberge, verlangt, ist ihm entgegenzuhalten, dass der Gesetzgeber im Hinblick auf die elterliche Erziehungs- und Fürsorgepflicht die sogenannten Erziehungsgutschriften nach Art. 29sexies Abs. 1 AHVG regelte. Darüber hinaus hat der Umstand, dass jemand Kinder hat und für diese allenfalls auch im Erwachsenenalter aufkommt bzw. aufkommen muss, keinen Einfluss auf die Rentenberechnung. (…)

(…)

4.3 Zwar gilt im Bereich des Sozialversicherungsrechts die Untersuchungsmaxime. Artikel 61 lit. c ATSG betont indes auch die Mitwirkungspflicht der Parteien im kantonalen Gerichtsverfahren. Letztere besteht in der Begründungs- und der Rügepflicht. Sie ist im Einzelfall zu beurteilen (vgl. Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, 2. Auflage, Zürich 2009, Art. 61 Rz. 67). Da der Beschwerdeführer vorliegend weder die ermittelten Erziehungsgutschriften, das aufgrund des anwendbaren Aufrechnungsfaktors eruierte Einkommenstotal bzw. das folglich eruierte durchschnittliche Jahreseinkommen, aber auch den Aufrechnungsfaktor selbst in keiner Weise in Abrede stellte oder auch nur in Zweifel zog, sodann auch die Berechnung nach der Rentenskala 44 nicht beanstandete, die Rentenberechnung als solche somit nicht als fehlerhaft rügte, sind auch hierzu nach dem in dieser Erwägung einleitend Gesagten weitere Ausführungen obsolet.

(…)

4.5 Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Rentenneuberechnung für den Beschwerdeführer gesetzes- sowie verordnungskonform erfolgte und dass auch das Vorgehen der Kasse nicht zu beanstanden ist. Damit erweisen sich die Verfügung vom 18. Oktober 2012 und der Einspracheentscheid vom 2. April 2013 als korrekt, die Beschwerde entsprechend als unbegründet, weshalb sie vollumfänglich abzuweisen ist.

(…)

Urteil des Verwaltungsgerichts vom 13. Juni 2013 S 2013 54

Weitere Informationen

Fusszeile

Deutsch