19.09.2020, Medienmitteilung

Angehende Maurerinnen und Maurer lernen das 10 000-​jährige Handwerk des Trockenmauerns

Für rund 15 angehende Maurerinnen und Maurer EFZ am Gewerblich-​industriellen Bildungszentrum Zug (GIBZ) findet eine nachhaltig bildende Woche beim Unterutenberg in Walchwil statt. Nach fünf Tagen steht eine landschaftsprägende Mauer, die der Umgebung ökologisch wertvollen Lebensraum zurückgibt und die hundert Jahre oder länger währt. Mit Steinmaterial aus der Umgebung wird in anspruchsvoller Handwerkskunst eine Trockenmauer saniert - ganz im Sinn eines in Walchwil übergeordnet laufenden Artenförderprojekts des Kantons.

Angehende Maurerinnen und Maurer lernen das Trockenmaurern

Eine angehende Maurerin und angehende Maurer des GIBZ sanieren während fünf Tagen eine bestehende Trockenmauer beim Unterutenberg in Walchwil. (Fotos zur Verfügung gestellt.)

Angehende Maurerinnen und Maurer am Gewerblich-​industriellen Bildungszentrum Zug (GIBZ) lernen in der Berufskunde Natursteine als natürliche Baustoffe kennen. In der Allgemeinbildung (ABU) wird der Themenbereich «Ich lebe nachhaltig» behandelt. Begriffe wie Ökologie und Ökonomie sowie daraus resultierende Konflikte, Ressourcenverbrauch und das nachhaltige Umweltmanagement werden geschult. Pascal Kunz, Bereichsverantwortlicher Maurer/Maurerinnen EFZ am GIBZ, erklärt: «Die Maurerabteilung am GIBZ versucht, mit diesem Projekt die Themenbereiche Nachhaltigkeit, Natur und Berufskunde zu vereinen.»

Begeisterung für die «Trockenmauerwoche»

Die Lernenden praktizieren eine Woche lang das traditionelle Handwerk des Trockenmauerns und schaffen einen Mehrwert der hundert Jahre oder länger währt. Sie sind in einer gemeinsamen Unterkunft stationiert, um die Zeit vor Ort effizient zu nutzen und die Teambildung zu stärken. Miteinander wurde in der Schule die «Trockenmauerwoche» geplant. Es ging auch darum, die Berufsbildner zu fragen, ob eine Teilnahme, und damit ein einwöchiges Fernbleiben im Lehrbetrieb, möglich waren. Es mussten eine Unterkunft gefunden und die Verpflegung organisiert werden. Die Trockenmauerwoche findet nun zum sechsten Mal statt. Bis anhin waren die Maurerinnen und Maurer in den Kantonen Bern, Solothurn und Graubünden am Schaffen. Pascal Kunz begründet: «Heuer findet die Woche das erste Mal im Heimatkanton Zug statt. Die Lernenden wissen von ehemaligen Teilnehmenden, dass diese zu den Highlights in der Ausbildung gehört. Am Abend zusammenzusitzen und über die Arbeit an der Mauer und Persönliches zu reden, auch mit den Lehrern, bildet die Persönlichkeit und stärkt den Teamgeist. Seit Jahren sind alle Zuger Baumeister vom Projekt begeistert. Ausnahmslos stellen sie die Lernenden ohne Lohneinbusse zur Verfügung.»

Fünf Tage beim Unterutenberg Walchwil (ZG)

Treffpunkt der rund 15 Lernenden war am Montagmorgen des 16. Septembers 2019 um halb acht auf der Baustelle. Neben den Lehrpersonen des GIBZ ist Kari Gerber, ein erfahrener Trockenmauerspezialist, eine wichtige Person. Er führt die Lernenden während der Woche in eine der ältesten Handwerkskünste der Welt ein. Gearbeitet wird mit Steinen, die bereits vor Ort sind, sowie mit einem Quarzsandstein, der oberhalb von Alpnach (OW) abgebaut worden ist. Die Arbeit ist hart, die Lernenden sind den ganzen Tag draussen, heben schwere Steine, bearbeiteten diese fachmännisch mit Spezialwerkzeugen und mauern die verschiedensten Gesteinsformen ineinander. Am Mittag wird auf der Baustelle gegessen, das Essen liefert die Mensa des GIBZ an. Am Nachmittag wird in verschiedenen Teams nochmals gemauert, hinterfüllt und gemeisselt. Nach dem Feierabend geht es auf den Walchwilerberg, ins Ferienhaus Hinterberg. Da wird gemeinsam gekocht oder ganz einfach ein Fondue zubereitet. Einige Stunden später wird geschlafen, denn am nächsten Morgen ist erneut konzentriertes Arbeiten gefordert.

Trockensteinmauer als Beitrag für kantonales Artenförderprojekt

Mit dem Anliegen des GIBZ, eine Trockenmauerwoche im Kanton Zug durchführen zu können, stiess man bei der kantonalen Naturschutzfachstelle im Amt für Raum und Verkehr auf offene Ohren. Von dieser Stelle geplant und mit lokalen Partnern umgesetzt, läuft in Walchwil seit einigen Jahren ein Projekt für die Schaffung von neuen Lebensräumen für die Schlingnatter (Coronella austriaca). Diese kleine und völlig ungefährliche einheimische Schlangenart ist stark gefährdet und lebt im Kanton einzig in Walchwil, insbesondere entlang der Eisenbahnstrecke. Hier kommt sie aktuell aufgrund des SBB-​Doppelspurausbaus massiv unter Druck, viele ihrer angestammten Lebensräume werden zumindest temporär zerstört.

Aus diesem Grund, und um die ohnehin fragile Population zu stützen, werden in der Umgebung u.a. in Form von in Walchwil typischen Trockensteinmauern neue Lebensräume geschaffen. «Der Bau von Trockensteinmauern ist auch für uns ein spezielles Unterfangen: Nebst den naturschützerischen Aspekten als Lebensraum für bedrohte Tier- und Pflanzenarten, sind sie ein typisches Element der örtlichen Kulturlandschaft. Landwirtschaftsland kann terrassiert, und Hangerosionen können stabilisiert werden. Mit der Ausbildung von jungen Berufsleuten am Bau von Trockenmauern kommt eine interessante dritte Dimension dazu: Die praktische Weitergabe von ortstypischem handwerklichem Wissen ist gelebte Baukultur par excellence», erläutert Stefan Rey, zuständiger Projektleiter beim kantonalen Amt für Raum und Verkehr. «Mit der Trockensteinmauer beim Unterutenberg kann nun ein weiterer wichtiger Puzzlestein verwirklicht werden, um einen Lebensraumverbund von geeigneten Habitaten für die Schlingnatter zu realisieren.»

Kontakt

Stefan Rey

Projektleiter Artenschutz und Datenbank, Amt für Raum und Verkehr
Volkswirtschaftsdirektion

+41 41 728 54 85 stefan.rey@zg.ch