28.05.2021, Medienmitteilung

Lernende am Gewerblich-​industriellen Bildungszentrum Zug pitchen ihre Vertiefungsarbeiten

Im Zusammenhang mit den diesjährigen Abschlussprüfungen am Gewerblich-​industriellen Bildungszentrum Zug (GIBZ) fand am 8. Mai eine aussergewöhnliche Präsentation der sogenannten Vertiefungsarbeiten (VA) im Rahmen der Allgemeinbildung statt. Erstmals wurden die besten VA im innovativen Format des «Elevator Pitch» präsentiert. Die 24 talentierten jungen Berufsleute zeigten sich äusserst engagiert und gewannen je zwischen 100 und 200 Franken.

Bild GIBZ Vertiefungsarbeit

Die Präsentation der Abschlussarbeiten ist für die Lernenden ein ganz besonderes Event. Sie erhalten nämlich Gelegenheit, ihrer Familie, den Vorgesetzten, Freundinnen und Freunden zu zeigen, woran sie mit grossem Engagement während Wochen gearbeitet und viel Freizeit dafür investiert haben. Dieses Jahr ist bekanntlich alles anders – die beliebte Veranstaltung konnte nicht stattfinden. Damit die Lernenden trotzdem ihre Arbeiten bewerben können, hat sich die Leiterin der Talentförderung am GIBZ, Claudia Hegglin, zusammen mit Ihren Kolleginnen und Kollegen das Format des Elevator Pitch für speziell prämierte Vertiefungsarbeiten ausgedacht.

Gütesiegel «Herausragende Vertiefungsarbeiten»

Eingeladen waren alle Lernenden, die mit ihrer Vertiefungsarbeiten (VA) durch ausserordentliche Leistungen aufgefallen sind. Sei es durch die Entwicklung eines neuen Produkts, eines ausgereiften unternehmerischen Gedankens oder akribischer Herangehensweise. Ausserdem musste die Arbeit mit der Mindestnote 5.5 ausgezeichnet worden sein. Die Lehrpersonen haben die Lernenden, deren VA diesem Gütesiegel entsprechen, zur Teilnahme eingeladen, woraufhin sich 24 Teilnehmende zum Elevator Pitch angemeldet haben.

Sonderpreis Elevator Pitch

Claudia Hegglin erklärt: «Im Gegensatz zu einer VA Präsentation, bei welcher der Inhalt ausführlich präsentiert werden darf, besticht ein Pitch durch überzeugendes Auftreten und präzises Darlegen des Projekts. Die Teilnehmenden hatten jeweils 5 Minuten Zeit, ihre Arbeit und sich selbst als Gesamtpaket der Jury zu präsentieren. Dabei durften keine Hilfsmittel verwendet werden. Die Jury hat sowohl das Zeitmanagement wie die Darlegung der VA und die Auftrittskompetenz beurteilt.» Aber nicht nur der Pitch musste sitzen, auch die Jury war gefordert. Wie im bekannten Fernsehformat «In der Höhle des Löwen» hat sie innerhalb von wenigen Minuten entscheiden müssen, ob die Präsentation das Prädikat Normal, Überdurchschnittlich oder Hervorragend bekommen soll. Die Teilnehmenden haben nämlich nicht nur ein entsprechendes Zertifikat, sondern sogleich eine kleine Geldprämie bekommen. Finanziert wurde die Veranstaltung durch das GIBZ und den Keiser & Beby Fonds.

Die Lernenden haben entweder 100 Franken oder 200 Franken mit nach Hause nehmen dürfen. «Ein hervorragender Pitch wäre sogar mit 300 Franken belohnt worden. Dies wurde aber von niemandem erreicht. Es gab einige, welche die Chance gehabt hätten, leider hatten diese ihr Zeitmanagement von fünf Minuten meist nicht im Griff», weiss Claudia Hegglin.

Von Pastrami zu PopArt zum letzten Zaren

So vielfältig die Berufe und die Persönlichkeiten, so abwechslungsreich die Vertiefungsarbeiten. So hat ein Elektroinstallateur, dessen Eltern auf dem Hof Rinder halten, eine eigene Rezeptur für Pastrami entwickelt – vielleicht gibt es künftig einen Hofladen? Oder zwei Automobilmechatroniker haben in der Küche Whiskey hergestellt, welcher allerdings noch drei Jahre lagern muss, und sich gleichzeitig mit der globalen Vermarktung desselben beschäftigt. Mit dem Thema Demenz hat sich eine Zeichnerin Fachrichtung Ingenieurbau so vertieft auseinandergesetzt, dass ein Merkblatt sowie eine Broschüre daraus entstanden ist. Ebenso der Kochlernende, der während des Lockdowns plötzlich Zeit zur Verfügung hatte, um ein Zimmer auf dem Bauernhof seiner Familie in ein kleines Museum mit Stücken aus Grossvaters Zeiten umzubauen, das heute öffentlich zugänglich ist. Dazu hat er einen hübschen Fotoband kreiert, welcher gekauft werden kann. Oder zwei Köchinnen haben sich den Kräutern gewidmet und alte Rezepte neu interpretiert. Ein Pfadi-​Logo neu entwickeln, einerseits aus PR-​Gründen für den Wölfli Nachwuchs und anderseits zur Identifikation – ist einem jungen Polymechaniker ganz wunderbar gelungen. Neben dem neuen Logo hat er gleich Hoodies dazu bestellt und das Logo nicht einfach aufgebügelt, sondern aus nachhaltigen Gründen (Pfadipullis werden ja oft gewaschen) besticken lassen. Fünf sehr unterhaltsame Minuten boten drei Zahntechnikerinnen, die sich selbst zur Pop-​Art-Kunstfigur erhoben haben. Dazu haben sie eine Detektivgeschichte erfunden und diese mit selbst gemachten Comic Requisiten und «real life» Fotos illustriert. Zwei Sanitärinstallateure haben eine Wasserwand gebaut, die nachts beleuchtet ist.

«Nicht immer ist die VA wunschgemäss verlaufen, aber auch der Umgang mit Rückschlägen kann zu guten Ergebnissen führen», erläutert Claudia Hegglin. So wollte eine Informatikerin ein Coffee-​Table-Book über besondere Autos produzieren, ist aber über die Hürden des Lockdowns gestolpert, da die Termine mit den Autobesitzern nicht stattfinden konnten. Sie hat sich dann auf weniger Autos und statt eines Buches auf Plakate konzentriert, diese wiederum konnten aber nicht termingerecht geliefert werden. Daraufhin ist sie nicht einfach verzweifelt, sondern hat kurzerhand selbst ein Fotobuch nach alter Manier gestaltet und damit das Gütesiegel Herausragend erreicht. Nicht alle haben ein Produkt entwickelt, sondern sich mit Fragen der Weltgeschichte und der Gesellschaft auseinandergesetzt. Wie hätte sich die Weltordnung entwickelt, wenn der letzte Zar, Nikolaus der II, nicht das Parlament ausgewechselt und die Generalität an sich gerissen hätte? Diese Frage stellten sich zwei ICT-​Fachmänner (ICT Information and Communications Technology). Wie die Welt aus Sicht der Blinden aussieht, scheint auf den ersten Blick nichts Neues zu sein, die drei Lernenden Fachfrauen Gesundheit sind jedoch einen Schritt weitergegangen und implementieren ihr neu erworbenes Wissen in den Alltag der Pflege mit erblindeten Personen. Eine Berufskollegin hat sich die Entwicklung der Spielzeuge etwas genauer angeschaut und dabei festgestellt, dass diese immer auch ein Spiegelbild der Gesellschaft darstellen. Ihr ist es ein besonderes Anliegen, dass sich Eltern viele Gedanken zum Kauf der Spielzeuge machen. Zum Nachdenken angeregt haben auch zwei Montage-​Elektriker, die als Flüchtlinge vor ein paar Jahren in unser Land gekommen sind, und mit ihrer Geschichte besseres Verständnis in der Klasse erreicht haben. «Die meisten in der Schweiz haben ein gutes Leben, aber sie schätzen es nicht.» Trotz der knappen sachlichen Darstellungen gab es auch berührende Momente, insbesondere als drei Sanitärinstallateure über ihre Flucht aus dem Kosovo, aus Eritrea und aus Syrien als solche und die Gründe dafür berichtet haben.

Elevator Pitch im Lehrplan?

Was vor ein paar Jahren die Note 5.5 ist heute höchstens noch eine 5, sagt eine Jurorin, die bereits seit vielen Jahren am GIBZ unterrichtet. Die Ansprüche an die Vertiefungsarbeiten sind merklich gestiegen und die Auftrittskompetenz wird zunehmend wichtiger. Das «Pitchen» wird immer mehr auch in Betrieben eingesetzt und wohl in ein paar Jahren standardmässig in den Lehrplan gehören. Claudia Hegglin ist überzeugt: «Die Corona bedingte Durchführung des Elevator Pitches am GIBZ war ein voller Erfolg. Die Wahrscheinlichkeit, dass nächstes Jahr neben den öffentlichen Präsentationen auch ein Pitch-​Wettbewerb stattfindet, scheint hoch. Wir freuen uns darauf!»

Die diesjährigen Teilnehmenden

Ivan Hegglin,

Sebastian Gmür und Beat Kleger,
Seira Burri und Albulena Samadraxha und Rafaela Weiss,
Yannick Baumann und Calvin Hanselmann,
Mathias Steffen und Severin Roth,
Semere Tekle und Samuel Okubay Bariamichael und Tekelezghi Kiflemichael,
Muriel Peter und Helen Ronzani,
Rami Al Mbayed und Shkelqim Cikaqi,
Kim Bürgler,
Carole Ledergerber und Melina Roder und Leonie Thiébaud,
Arita Rushiti,
Andrin Segura,
Vildana Fazlji,

Katharina KunzClaudiaHegglin

Kontakt

Claudia Hegglin

Fachstelle Lernbegleitung
Volkswirtschaftsdirektion

+41 41 728 33 26 claudia.hegglin@gibz.ch