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Art. 41 eidg. Bürgerrechtsgesetz, § 21 Abs. 2 kant. Bürgerrechtsgesetz, § 2 Organisationsgesetz

Art. 41 eidg. Bürgerrechtsgesetz, § 21 Abs. 2 kant. Bürgerrechtsgesetz, § 2 Organisationsgesetz

Regeste:

Art. 41 eidg. Bürgerrechtsgesetz, § 21 Abs. 2 kant. Bürgerrechtsgesetz, § 2 Organisationsgesetz – Gemäss Art. 41 eidg. BüG kann eine  Einbürgerung nichtig erklärt werden, wenn sie durch falsche Angaben oder Verheimlichung erheblicher Tatsachen erschlichen, das heisst mit einem unlauteren und täuschenden Verhalten erwirkt worden ist. Die zweijährige, relative Frist von Art. 41 Abs. 1bis eidg. BüG beginnt erst zu laufen, wenn der Regierungsrat Kenntnis vom rechtserheblichen Sachverhalt erhalten hat. Im konkreten Fall geht es um einen Einbürgerungswilligen, der während des Einbürgerungsverfahrens Straftaten begangen hat und diese den  Einbürgerungsbehörden verschwiegen hat.

Aus dem Sachverhalt:

Frau und Herr X stellten im Jahr 2009 für sich und ihre beiden unmündigen Kinder ein Einbürgerungsgesuch. Im April 2012 unterzeichneten der inzwischen 17 Jahre alt gewordene S.X. und seine Eltern die Erklärung betreffend Beachten der Rechtsordnung. Damit bestätigten sie, dass sie in den letzten fünf Jahren die Rechtsordnung der Schweiz beachtet haben. Diese Erklärung enthielt zudem den Hinweis, dass nach Art. 14 bzw. Art. 26 eidg. BüG nur eingebürgert werden könne, wer die schweizerische Rechtsordnung beachte. Durch die Unterzeichnung der Erklärung bestätigten S.X. und seine Eltern zudem, ausdrücklich davon Kenntnis genommen zu haben, dass aufgrund von Art. 41 eidg. BüG falsche Angaben zur Nichtigerklärung ihrer Einbürgerung führen könnten. Im Mai 2012 wurde die ganze Familie eingebürgert. Anfangs Juni 2012 erhielt der kantonale Zivilstands- und Bürgerrechtsdienst Kenntnis davon, dass S.X. aufgrund des Verdachts, strafbare Taten begangen zu haben, vorläufig festgenommen worden sei. Für die verübten Delikte wie u.a. Raub im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB sowie mehrfache (teilweise versuchte) einfache Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 i. V. mit Art. 22 Abs. 1 StGB wurde S.X. in der Folge mit einem Freiheitsentzug von drei Monaten bestraft, wobei der Vollzug unter Ansetzung einer Probezeit von 2 Jahren aufgeschoben wurde. Zusätzlich wurde er mit einer Busse von 500 Franken bestraft. S.X. hatte die strafbaren Handlungen während der Zeit des Einbürgerungsverfahrens begangen. Nach der Einsicht in den rechtskräftigen Strafbefehl der Staatsanwaltschaft beantragte der Zivilstands- und Bürgerrechtsdienst anfangs 2014 die Nichtigerklärung der Einbürgerung von S.X. und machte geltend, dass dieser aufgrund der begangenen Delikte die Voraussetzungen für die Erteilung des Gemeinde- und Kantonsbürgerrechtes nicht erfüllt habe. Weder habe er im Einbürgerungsverfahren die strafbaren Handlungen erwähnt, noch in der Erklärung betreffend Beachten der Rechtsordnung darauf hingewiesen. Somit habe er die Erteilung des Bürgerrechtes erschlichen. Der Regierungsrat hat in der Folge gestützt auf den Antrag des Zivilstands- und Bürgerrechtsdiensts die Einbürgerung von S.X. für nichtig erklärt.

Aus den Erwägungen:

II. Formelle Erwägungen

1. Gemäss Art. 41 Abs. 1 eidg. BüG kann die Einbürgerung vom Bundesamt für Migration mit Zustimmung der Behörde des Heimatkantons nichtig erklärt werden, wenn sie durch falsche Angaben oder Verheimlichung erheblicher Tatsachen erschlichen worden ist. Unter denselben Voraussetzungen kann die Einbürgerung nach den Artikeln 12 bis 17 eidg. BüG (ordentliche Einbürgerung) auch von der kantonalen Behörde nichtig erklärt werden (Art. 41 Abs. 2 eidg. BüG). Gemäss ständiger Praxis des Bundesamtes für Migration sind Nichtigkeitsverfahren bei ordentlichen Einbürgerungen von den kantonalen Einbürgerungsbehörden selbst durchzuführen.

Das kantonale Bürgerrechtsgesetz regelt die Nichtigerklärung von Einbürgerungen nicht. Vorbehältlich einer anderen gesetzlichen Aufgabenzuweisung sowie einer Kompetenzdelegation gehen alle Entscheide vom Regierungsrat als oberste leitende und vollziehende Behörde des Kantons aus (§ 2 Organisationsgesetz). Da der Regierungsrat zudem für die Erteilung des kantonalen Bürgerrechts zuständig ist (§ 21 Abs. 2 kant. BüG), rechtfertigt sich der (Analogie-) Schluss, dass er auch für die Nichtigerklärung einer Einbürgerung zuständig ist.

2. Das Schreiben (...) des Zivilstands- und Bürgerrechtsdienstes ist im Sinne einer Meldung über erschlichene Einbürgerungen zu verstehen. Im Falle der Nichtigerklärung einer Einbürgerung kommt nur derjenigen Person, deren Einbürgerung nichtig erklärt worden ist, eine Beschwerdelegitimation zu. Kantone und Gemeinden haben keine Beschwerdemöglichkeiten (vgl. dazu die Ausführungen im Handbuch Bürgerrecht, Kapitel 6, Ziff. 6.2.3, S. 6, http://www.bfm.admin.ch / content / bfm / de / home / dokumentation / rechtsgrundlagen / weisungen_und_kreisschreiben / buergerrecht.html, zuletzt aufgerufen am 4. August 2014). Gestützt darauf sind Behörden, welche allfällige Missbräuche melden, in verfahrensrechtlicher Hinsicht Aufsichtsbeschwerdeführenden gleichzustellen und über den Ausgang des Verfahrens zu informieren.

3. Gemäss Art. 41 Abs. 1bis eidg. BüG kann die Einbürgerung innert zwei Jahren, nachdem das Bundesamt resp. die kantonale Behörde vom rechtserheblichen Sachverhalt Kenntnis erhalten hat, spätestens aber innert acht Jahren nach dem Erwerb des Schweizer Bürgerrechts nichtig erklärt werden. Nach jeder Untersuchungshandlung, die der eingebürgerten Person mitgeteilt wird, beginnt eine neue zweijährige Verjährungsfrist zu laufen. Die Fristen stehen während eines Beschwerdeverfahrens still.

4. S.X. hat das kantonale Bürgerrecht mit Beschluss des Regierungsrates vom (...) erhalten. Der Strafbefehl vom (...), der am (...) in Rechtskraft erwachsen ist, äussert sich zweifelsfrei über die Schuld des Betroffenen, sodass er im konkreten Fall als rechtserheblicher Sachverhalt im Sinne von Art. 41 Abs. 1bis eidg. BüG einzustufen ist.

Es stellt sich indes die Frage, welche kantonale Behörde vom rechtserheblichen Sachverhalt Kenntnis erhalten muss, damit der Fristenlauf ausgelöst wird. Da gestützt auf Art. 41 Abs. 1bis eidg. BüG die zweijährige Frist erst zu laufen beginnt, nachdem das für die Nichtigerklärung von Einbürgerungen zuständige Bundesamt für Migration vom rechtserheblichen Sachverhalt Kenntnis erhalten hat, ist auf kantonaler Ebene ebenfalls die Kenntnisnahme durch diejenige Behörde entscheidend, welche für die Nichtigerklärung zuständig ist. Wie bereits unter II Ziff. 1 dargelegt, fällt die Nichtigerklärung in die Kompetenz des Regierungsrates, so dass der Fristenlauf erst ausgelöst wird, nachdem der Regierungsrat Kenntnis vom rechtserheblichen Sachverhalt erhalten hat.

Im konkreten Fall hat das Schreiben des Zivilstands- und Bürgerrechtsdienstes vom (...), in welchem die Nichtigerklärung der Einbürgerung von S.X. beantragt worden ist, den Fristenlauf ausgelöst. Dieses war an die Direktion des Innern, die für das Bürgerrecht zuständige Direktion des Regierungsrates, adressiert. Die Fristen gemäss Art. 41 Abs. 1bis eidg. BüG sind somit gewahrt worden.

(...)

III. Materielle Erwägungen

1. Gemäss BGE 140 II 65 S. 67 f. genügt das blosse Fehlen der Einbürgerungsvoraussetzungen nicht, um eine Einbürgerung nichtig zu erklären. Die Nichtigerklärung setzt vielmehr voraus, dass die Einbürgerung "erschlichen", das heisst mit einem unlauteren und täuschenden Verhalten erwirkt worden ist (BGE 132 II 113 S. 115). Arglist im Sinne des strafrechtlichen Betrugstatbestands ist nicht erforderlich. Immerhin ist notwendig, dass der Betroffene bewusst falsche Angaben macht bzw. die Behörde bewusst in einem falschen Glauben lässt und so den Vorwurf auf sich zieht, es unterlassen zu haben, die Behörde über eine erhebliche Tatsache zu informieren (BGE 132 II 113 S. 115). Über eine nachträgliche Änderung in seinen Verhältnissen, von der er weiss oder wissen muss, dass sie einer Einbürgerung entgegensteht, muss der Betroffene die Behörden unaufgefordert informieren. Diese Pflicht ergibt sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben gemäss Art. 5 Abs. 3 BV sowie aus den verfahrensrechtlichen Mitwirkungspflichten. Die Behörde darf sich ihrerseits darauf verlassen, dass einmal erteilte Auskünfte bei passivem Verhalten des Gesuchstellers nach wie vor zutreffen (vgl. BGE 132 II 113 S. 115 f.).

2. Bei der ordentlichen Einbürgerung wird das Schweizer Bürgerrecht mit der Einbürgerung in einem Kanton und einer Gemeinde erworben. Sie ist nur gültig, wenn eine entsprechende Bewilligung des zuständigen Bundesamtes vorliegt (vgl. Art. 12 eidg. BüG). Die Bewerberin oder der Bewerber muss zudem gemäss Art. 14 eidg. BüG zur Einbürgerung geeignet sein, d.h. insbesondere in die schweizerischen Verhältnisse eingegliedert (lit. a) sowie mit den schweizerischen Lebensgewohnheiten, Sitten und Gebräuchen vertraut sein (lit. b), die schweizerische Rechtsordnung beachten (lit. c) und weder die innere noch die äussere Sicherheit der Schweiz gefährden (lit. d).

3. Gemäss § 5 Abs. 1 kant. BüG darf das Gemeinde- und Kantonsbürgerrecht nur Bewerberinnen und Bewerbern erteilt werden, die auf Grund ihrer persönlichen Verhältnisse hierzu geeignet sind. § 5 Abs. 2 kant. BüG zählt verschiedene Kriterien auf, anhand derer die Eignung überprüft werden kann. So ist u.a. zu prüfen, ob die Bewerberin bzw. der Bewerber die mit dem Bürgerrecht verbundenen Rechte und Pflichten kennt und beachten will.

4. Gestützt auf die Akten steht unbestrittenermassen fest, dass S.X. im Winter 2012 und Frühjahr 2012 mehrere Delikte beging. Gemäss Strafbefehl (...) sowie Auszug aus dem Schweizerischen Strafregister (...) machte er sich des Raubes gemäss Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB, der mehrfachen (teilweise versuchten) einfachen Körperverletzung gemäss Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB sowie der mehrfachen Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes gemäss Art. 19a Ziff. 1 BetmG strafbar. Gleichwohl unterzeichnete er (...) eine Erklärung betreffend Beachten der Rechtsordnung, in welcher er bestätigte, dass er in den letzten fünf Jahren die Rechtsordnung der Schweiz beachtet habe.

5. (...)

  • Gemäss konstanter bundesgerichtlicher Rechtsprechung zur Nichtigerklärung erleichterter Einbürgerungen darf sich die Behörde bei der Würdigung innerer Vorgänge mit Vermutungen und Wahrscheinlichkeitsfolgerungen behelfen, die auf der allgemeinen Lebenserfahrung basieren (vgl. BGE 135 II 161 S. 166). Diese Rechtsprechung ist auch für den vorliegenden Fall relevant. Für die Nichtigerklärung der Einbürgerung von S.X. muss konkret nachgewiesen werden, dass er bewusst falsche Angaben gemacht hat (vgl. III Ziff. 1.). Somit ist neben der objektiven Tatsache der Falschangabe auch die subjektive Absicht von S.X. zu würdigen.
  • Im Zeitpunkt der Unterzeichnung der Erklärung betreffend Beachten der Rechtsordnung (...) muss sich S.X. bewusst gewesen sein, dass es für die weitere Behandlung seines Einbürgerungsgesuches von zentraler Bedeutung war, ob er die Rechtsordnung der Schweiz in den letzten fünf Jahren beachtet hatte. Insbesondere enthielt die Erklärung den wichtigen Hinweis, dass die Möglichkeit besteht, die Einbürgerung im Falle von Falschangaben nichtig erklären zu lassen.
  • S.X. macht geltend, er habe zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Erklärung betreffend Beachten der Rechtsordnung keine Kenntnis von den gegen ihn erhobenen Tatvorwürfen gehabt, da das Strafverfahren erst mit seiner vorläufigen Festnahme am (...) April 2012 eingeleitet worden sei. Nach Auffassung des Bundesgerichts ist es grundsätzlich unbestritten, dass das Verschweigen von Strafurteilen oder hängigen Strafverfahren zur Nichtigerklärung der Einbürgerung führen kann. Allerdings kommt es bei der Beurteilung der Beachtung der Rechtsordnung nicht einzig auf die bereits bekannten Strafuntersuchungen und -urteile an, vielmehr ist das tatsächliche Verhalten des Bewerbers entscheidend. Kann er selbst keine berechtigten Zweifel an der Strafbarkeit seines Verhaltens haben, täuscht er über eine Einbürgerungsvoraussetzung, wenn er nicht auf mögliche Straffolgen hinweist (BGE 140 II 65 S. 69). Deshalb kann sich S.X. nicht auf die Tatsache berufen, dass seinerseits zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Erklärung betreffend Beachten der Rechtsordnung keine Täuschungsabsicht gegenüber den Behörden bestanden habe. Aufgrund seines Verhaltens musste er durchaus mit einer Strafverfolgung rechnen, die auch in einer Verurteilung resultieren konnte. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung genügt für die Kenntnis der Rechtswidrigkeit bereits das unbestimmte Empfinden, dass das in Aussicht genommene Verhalten gegen das verstösst, was rechtens ist. Ausreichend ist mithin das laienmässige Ermessen rechtlicher Wertvorstellungen, wie es der durchschnittlichen Bürgerin resp. dem durchschnittlichen Bürger zukommt (BGE 104 IV 217 S. 218 f.). Im konkreten Fall muss es dem Betroffenen durchaus bewusst gewesen sein, dass sein Verhalten der geltenden Rechtsordnung widerspricht, da es sich bei den fraglichen Taten um Delikte handelt, die nicht nur in der Schweiz geahndet werden, sondern auch in anderen Rechts- und Kulturkreisen mit Strafe bedroht sind. Wer wie im vorliegenden Fall zudem gegen grundlegende ethische Wertvorstellungen verstösst, indem er Gewalt gegen andere ausübt, muss damit rechnen, dass sein Verhalten auch rechtlich verpönt ist.
  • Weiter macht S.X. geltend, dass er das Strafverfahren, das kurz vor seiner Einbürgerung (...) eingeleitet worden war, nicht bewusst verschwiegen habe, da er davon ausgegangen sei, die zuständige Behörde habe ohnehin davon erfahren. Überdies habe er als juristischer Laie zu jenem Zeitpunkt die Tragweite des Verfahrens nicht erkennen können. Darauf kann er sich indes nicht berufen. Bei der Einbürgerung handelt es sich um ein allein vom Bewerber freiwillig eingeleitetes Gesuchsverfahren. Dabei richtet sich das Ausmass der Mitwirkungspflicht nach dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit und insbesondere nach der Zumutbarkeit der gestellten Anforderungen. Eine massgebliche Rolle spielt die Freiwilligkeit des Verfahrens, sodass es dem Bewerber grundsätzlich zumutbar ist, über alle für die Einbürgerung wesentlichen Umstände Auskunft zu erteilen. Dieser Grundsatz gilt auch, wenn sich die Auskunft auf strafbares oder potentiell strafbares Verhalten bezieht (BGE 140 II 65 S. 71). Unter diesem Gesichtspunkt erscheint es als zumutbar, vom Betroffenen im Sinne seiner Mitwirkungspflicht zu verlangen, die Behörden über Delikte zu informieren bzw. wahrheitsgetreue Angaben hinsichtlich der Frage, ob er die Rechtsordnung der Schweiz beachtet habe, zu machen. Im konkreten Fall ist es daher unerheblich, ob S.X. davon ausgehen durfte, dass die zuständige Behörde ebenfalls vom Strafverfahren Kenntnis erlangt hatte. Entscheidend ist vielmehr, dass er bewusst die Erklärung betreffend Beachten der Rechtsordnung wahrheitswidrig unterzeichnete. Diese machte unmissverständlich klar, dass das Einhalten der schweizerischen Rechtsordnung eine zentrale Einbürgerungsvoraussetzung darstellt. Zum Zeitpunkt der Unterzeichnung musste S.X. aufgrund seines Verhaltens durchaus mit einer Strafverfolgung rechnen, sodass er sich den Vorwurf gefallen lassen muss, die Behörde zu gegebener Zeit nicht über eine wesentliche Tatsache informiert zu haben.
  • S.X. weist schliesslich darauf hin, dass im Verfahren betreffend Nichtigerklärung der Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu wahren sei, da er zum Tatzeitpunkt noch minderjährig gewesen sei und die Tat keine allzu hohe Schwere aufweise. Die Tatsache, dass der Betroffene zum Tatzeitpunkt noch minderjährig war, ist im konkreten Fall sicherlich in angemessener Weise zu berücksichtigen. Zu seinen Gunsten spricht auch, dass er in der Schweiz aufgewachsen und in die hiesigen Verhältnisse integriert ist. Er ist Mitglied in einem (...) verein und beabsichtigt, eine Lehre (...) zu absolvieren. Wie er selbst ausführt, bestehen keine tiefergehenden Beziehungen zum Heimatstaat seiner Eltern. Erschwerend ins Gewicht fällt indes, dass nicht eine einzelne Tat die Strafbarkeit des Betroffenen begründete, sondern dass er mehrere Delikte beging. Da er sich laut Strafbefehl (...) sowie Auszug aus dem Schweizerischen Strafregister (...) auch wegen Raubes gemäss Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB, mithin eines Verbrechens im Sinne von Art. 10 Abs. 2 StGB, strafbar gemacht hat, kann er sich nicht darauf berufen, dass die Tat keine allzu hohe Schwere aufweise. Vielmehr ist von einem erheblichen Verstoss gegen die schweizerische Rechtsordnung zu sprechen. Nicht ausser Acht gelassen werden darf ferner die Tatsache, dass der Betroffene sämtliche Delikte während des Einbürgerungsverfahrens beging. Art. 14 lit. c und d eidg. BüG verlangt als Voraussetzungen für eine Einbürgerung, dass die Bewerberin oder der Bewerber, die schweizerische Rechtsordnung beachtet sowie die innere äussere Sicherheit der Schweiz nicht gefährdet. Den Nachweis, dass er diese zentralen Einbürgerungsvoraussetzungen erfüllt, hat der Betroffene gerade während des Einbürgerungsverfahrens offenbar nicht erbringen können, sodass er nach der Gesetzesbestimmung auch nicht zur Einbürgerung geeignet gewesen wäre. Hinzu kommt, dass er die zuständige Behörde bewusst täuschte, indem er wahrheitswidrig die Erklärung betreffend Beachten der Rechtsordnung unterzeichnete. Angesichts des legitimen öffentlichen Interesses des Gemeinwesens, keine Personen aufnehmen zu müssen, welche die schweizerische Rechtsordnung nicht einhalten, hätte der Regierungsrat der Einbürgerung nicht zugestimmt, wenn er vom Strafverfahren bzw. von den gegen S.X. erhobenen Tatvorwürfen gewusst hätte. Nach einem Vergleich der tangierten Interessen bleibt somit festzuhalten, dass im konkreten Fall das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit derart zu gewichten ist, dass es die durch die Nichtigerklärung beeinträchtigen privaten Interessen des Betroffenen überwiegt. Daher ist die Nichtigerklärung der Einbürgerung von S.X. zumutbar und verhältnismässig (vgl. Urteil des BGer vom 11. November 2009, 1C_578/2008, E. 3.3).

6. Fazit: Im konkreten Fall hat S.X. seine Einbürgerung erschlichen, indem er sie durch sein täuschendes Verhalten erwirkte. Dieses Verhalten bestand darin, dass er bewusst falsche Angaben gemacht hat, indem er trotz Begehung verschiedener Delikte unterschriftlich bestätigte, die Rechtsordnung der Schweiz beachtet zu haben. Gleichzeitig liess er die zuständige Behörde im falschen Glauben, dass er die Rechtsordnung beachtet habe, indem er es unterliess, über Tatsachen zu informieren, von denen er wusste, dass sie strafbar sein mussten. Auch wenn zum Zeitpunkt der Unterzeichnung noch kein Strafverfahren gegen ihn lief, musste er aufgrund der begangenen Delikte mit Strafverfolgung rechnen. Durch die Verheimlichung erheblicher Tatsachen setzte er folglich einen Nichtigkeitsgrund im Sinne von Art. 41 eidg. BüG.

(...)

Beschluss des Regierungsrates vom 2. September 2014

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