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Verfahrensrecht

§ 7 Abs. 1 GO RR und § 52 Verwaltungsrechtspflegegesetz

Regeste:

§ 7 Abs. 1 GO RR und § 52 Verwaltungsrechtspflegegesetz – Einem Anzeiger kommen im Rahmen einer Aufsichtsbeschwerde nicht die Rechte einer Partei zu und er kann deshalb auch kein eigentliches  Ausstandsbegehren stellen. Ausstandsgründe sind jedoch auch von Amtes wegen zu berücksichtigen und entsprechend zu überprüfen (Erw. I).
Der Ausstand einer Direktion im Regierungsrat setzt voraus, dass der Direktionsvorsteher oder die Direktionsvorsteherin selbst von einem Ausstandsgrund betroffen ist (Erw. II.1). Sofern die Zuständigkeit in einem Bereich an ein Amt delegiert wurde, liegt in Bezug auf den Entscheid des Amtes keine Vorbefassung der Direktion vor (Erw. II.4).

Aus dem Sachverhalt:

Im Rahmen eines Aufsichtsbeschwerdeverfahrens gegen die Gemeinde X. sowie das Amt für Raumplanung bzw. die Baudirektion beantragte der Anzeiger wegen Befangenheit der Baudirektion die Zuweisung der Beschwerde zur Bearbeitung an eine andere Direktion. Die Baudirektion machte in ihrer Stellungnahme darauf aufmerksam, dass sie im vom Anzeiger beanstandeten Bewilligungsverfahren bezüglich Bauvorhaben von Y. nicht involviert gewesen sei, da sie die Zuständigkeit zur Erteilung der kantonalen Zustimmung für Bauvorhaben ausserhalb der Bauzone an das Amt für Raumplanung delegiert habe (Verfügung über die Delegation von Zuständigkeiten der Baudirektion an die Ämter vom 12. Mai 2003, Ziff. 2 Abs. 1 Bst. b; BGS 153.741).

Aus den Erwägungen:

I. Auch wenn einem Anzeiger im Rahmen einer Aufsichtsbeschwerde nicht die Rechte einer Partei zukommen und deshalb kein eigentliches Ausstandbegehren gestellt werden kann, so wäre ein Ausstandgrund jedoch auch von Amtes wegen zu berücksichtigen. Deshalb hat die Staatskanzlei die Aufsichtsbeschwerde in einem ersten Schritt der Sicherheitsdirektion zugeteilt. Die Sicherheitsdirektion konnte nun damit eine allfällige Befangenheit der Baudirektion prüfen. Über den Ausstand eines Behördenmitglieds oder einer Behörde als Verfahrensfrage ist im Rahmen eines Zwischenentscheides zu entscheiden, bevor das eigentliche Beschwerdeverfahren seinen Fortgang nimmt. Die Zuständigkeit liegt gemäss § 7 Abs. 3 des Kantonsratsbeschlusses über die Geschäftsordnung des Regierungsrates vom 26. September 2013 (GO RR; BGS 151.1) beim Regierungsrat.

II.

1. Im kantonalen Recht gilt der Grundsatz, wonach nur der Ausstand einzelner Personen, nicht aber einer ganzen Behörde verlangt werden kann. Die Ausstandspflicht erfasst aber alle Personen, die auf das Zustandekommen einer Anordnung Einfluss nehmen können (MERKLI / AESCHLIMANN / HERZOG, Kommentar zum bernischen VRPG, Bern 1997, N 7 zu Art. 9 VRPG). Da im Kanton Zug im Rahmen von Verwaltungsbeschwerden an den Regierungsrat jeweils die zuständige Direktion die Beschwerde instruiert und Antrag stellt, hingegen der Regierungsrat im Kollegium entscheidet, handelt es sich bei einer Direktion nicht um eine Gesamtbehörde mit Spruchkompetenz. Aus diesem Grund ist ein Ausstand einer Direktion im Regierungsrat zwar möglich, setzt aber zwingend voraus, dass der Direktionsvorsteher oder die Direktionsvorsteherin selbst von einem Ausstandsgrund betroffen ist (RRB vom 17. Mai 2006). Es genügt demzufolge nicht, wenn lediglich Mitarbeitende der betroffenen Direktion Ausstandspflichten begründen.

Da der Anzeiger seine Aufsichtsbeschwerde gegen das bei der Baudirektion angegliederte Amt für Raumplanung richtet und vorliegend den Ausstand der Baudirektion wegen Befangenheit verlangt, ist zu prüfen, ob beim Direktionsvorsteher selbst Ausstandsgründe bestehen.

2. Unzweifelhaft kommen in casu die Ausstandsgründe des kantonalen Rechts gemäss § 7 Abs. 1 Ziff. 1‒4 GO RR nicht zur Anwendung. Der Direktionsvorsteher hat weder ein unmittelbares persönliches, wirtschaftliches oder anderweitiges Interesse am Ausgang des Verfahrens noch ist er mit einer am Geschäft beteiligten Person verwandt, verschwägert oder dessen Vertreter. Auch handelt es sich nicht um einen eigenen Entscheid des Direktionsvorstehers, welcher vor dem Regierungsrat angefochten wird.

3. Entsprechend dem aus Art. 29 Abs. 1 BV abgeleiteten und in § 7 Abs. 1 Ziff. 5 GO RR aufgeführten Mindestanspruch auf Unbefangenheit einer Behörde bzw. eines Behördenmitgliedes können bei der Beurteilung von Ausstandsbegehren auch weitere Umstände entscheidend ins Gewicht fallen, wenn diese bei objektiver Betrachtung den Anschein der Befangenheit erwecken, wobei bereits der blosse Anschein der Befangenheit genügt. Somit kann ein Ausstandsgrund durchaus bejaht werden, wenn eine in einem aufsichtsrechtlichen Verfahren instruierende Behörde am der Hauptsache zugrunde liegenden Verwaltungsverfahren bereits beteiligt war.

4. Wie die Baudirektion in ihrer Stellungnahme (…) hervorhob, war sie im vom Anzeiger beanstandeten Bewilligungsverfahren (…) nicht involviert, da sie die Zuständigkeit zur Erteilung der kantonalen Zustimmung für Bauvorhaben ausserhalb der Bauzone an das Amt für Raumplanung delegiert habe. Zuständig für die kantonale Zustimmung zu den erteilten Ausnahmebewilligungen an Y. war folglich allein das Amt für Raumplanung ohne jegliche Beteiligung des Direktionsvorstehers der Baudirektion. Es ist somit nicht ersichtlich, inwiefern der Vorsteher der Baudirektion im Innern vorbefasst oder befangen sein könnte, so dass eine unabhängige Instruktion der Beschwerde (…) nicht mehr möglich ist. Vorliegend sind demnach in Bezug auf den Vorsteher der Baudirektion keine Ausstandsgründe gegeben und eine Überweisung der Hauptsache zur Instruktion und Antragsstellung an die Baudirektion ist ohne Weiteres möglich.

III. Da es sich bei der Hauptsache um einen formlosen Rechtsbehelf handelt, der dem Anzeiger keine Parteirechte eröffnet und folglich keine Anfechtungsmöglichkeit bietet, ist auch ein Zwischenentscheid nicht selbstständig anfechtbar. Dem Anzeiger ist lediglich die Art der Erledigung in der Hauptsache mitzuteilen (§ 52 Abs. 2 und 3 VRG). Der vorliegende Entscheid wird dem Anzeiger daher erst zusammen mit dem Endentscheid mitgeteilt.

Regierungsrat, Beschluss vom 18. Februar 2014

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