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Art. 1 Abs. 3 BGBM, Art. 67 Abs. 3 SSV, § 4 Ziff. 38 Verwaltungsgebührentarif

Regeste:

Art. 1 Abs. 3 BGBM, Art. 67 Abs. 3 SSV, § 4 Ziff. 38 Verwaltungsgebührentarif – Das BGBM gewährleistet Erwerbstätigen den freien und gleichberechtigten Zugang zum Markt, wobei als Erwerbstätigkeit jede nicht hoheitliche, auf Erwerb gerichtete Tätigkeit gilt. Die Ausübung der Verkehrsregelung auf öffentlichen Strassen und Plätzen kann durch die Polizeibehörden an private  Verkehrsdienste delegiert werden, entspricht aber dennoch einer  hoheitlichen Tätigkeit und wird folglich nicht vom sachlichen Geltungsbereich des BGBM erfasst (Erw. 2). Da die Übertragung der Verkehrsregelung auf private Anbieter einer kantonalen polizeilichen Bewilligung bedarf (Art. 67 Abs. 3 SSV), ist für deren Erteilung eine  Gebühr in Anwendung von § 4 Ziff. 38 des kantonalen Verwaltungsgebührentarifs zu erheben, welche im vorliegenden Fall unter Beachtung des Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzips angemessen erscheint (Erw. 3).

Aus dem Sachverhalt:

Das private Sicherheitsunternehmen X-GmbH reichte der Zuger Polizei am 12. Januar 2012 erstmals ein Gesuch um Bewilligung zur Ausübung der Verkehrsregelung auf öffentlichen Strassen und Plätzen im Kanton Zug ein, welches infolge unvollständiger und nicht nachgereichger Unterlagen abgeschrieben wurde. Ein zweites Gesuch der X-GmbH vom 27. März 2014 unter Beilage bereits erteilter Bewilligungen in den Kantonen Luzern und Schwyz wurde mit Verfügung vom 6. Juni 2014 auf zwei Jahre bewilligt. Entsprechend dem Hinweis im Gesuchsformular wurde der X-GmbH die Erteilung der Bewilligung zu einer Gebühr von 400 Franken in Rechnung gestellt.

Gegen diese Rechnung erhob die X-GmbH Verwaltungsbeschwerde beim Regierungsrat des Kantons Zug und verlangte unter Hinweis auf das BGBM deren Aufhebung. Zur Begründung wurde ausgeführt, eine bereits in einem anderen Kanton erteilte Bewilligung sei in der ganzen Schweiz gültig. Die Zuger Polizei dürfe ihr deshalb keine Beschränkung des freien Zugangs zum Markt auferlegen und habe das Bewilligungsgesuch in einem Schnellverfahren kostenlos abzuwickeln.

Dem hielt die Zuger Polizei entgegen, dass die auf Private übertragene Regelung des Verkehrs eine konkrete Weisungsbefugnis gegenüber den Verkehrsteilnehmenden beinhalte. Entsprechend sei diese Tätigkeit hoheitlicher Natur und folglich vom Anwendungsbereich des BGBM ausgenommen, weshalb der kantonale Verwaltungsgebührentarif zur Anwendung gelange. Unter Beachtung des Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzips erweise sich die der Beschwerdeführerin auferlegte Bewilligungsgebühr von 400 Franken innerhalb des vom Verwaltunsgebührentarif vorgegebenen Kostenrahmens als angemessen.

Aus den Erwägungen:

(...)

II.

1. Da die Beschwerdeführerin ihr Rechtsbegehren auf Aufhebung der Rechnung der ZUPO über die Bewilligungsgebühr in Höhe von 400 Franken auf das Bundesgesetz über den Binnenmarkt vom 6. Oktober 1995 (Binnenmarktgesetz [BGBM]; SR 943.02) abstützt, während die ZUPO die bewilligte Ausübung der Verkehrsregelung auf öffentlichen Strassen und Plätzen im Kanton Zug unter Erhebung der entsprechenden Gebühr vom Geltungsbereich des BGBM ausnimmt, ist zunächst der Frage nachzugehen, ob das BGBM auf den vorliegenden Sachverhalt überhaupt Anwendung findet. Das BGBM gewährleistet gemäss Art. 1 Abs. 1, dass Personen mit Niederlassung oder Sitz in der Schweiz für die Ausübung ihrer Erwerbstätigkeit auf dem gesamten Gebiet der Schweiz freien und gleichberechtigten Zugang zum Markt haben. Als Erwerbstätigkeit gilt hierbei jede nicht hoheitliche, auf Erwerb gerichtete Tätigkeit (Art. 1 Abs. 3 BGBM). Das Bundesgericht hat sich bisher nur in wenigen Fällen explizit zum sachlichen Geltungsbereich des BGBM gemäss Art. 1 Abs. 3 geäussert, tendiert aber hierbei dazu, den Begriff der hoheitlichen Tätigkeit grosszügig auszulegen. So hat es beispielsweise wiederholt festgestellt, dass die Tätigkeit von Notaren nicht vom BGBM erfasst wird, da deren Befugnis den Charakter einer übertragenen hoheitlichen Funktion hat und sie an der Staatsgewalt teilhaben bzw. ein staatliches Organ darstellen (BGE 133 I 259 E. 2.2 S. 260 f.; BGE 131 II 639 E. 6.1 S. 645; BGE 128 I 280 E. 3 S. 281). (...) Zur Abgrenzung von hoheitlichem gegenüber nicht hoheitlichem Handeln berücksichtigen Lehre und Rechtsprechung zwei verschiedene Hauptkriterien. Teilweise wird für die Qualifikation einer hoheitlichen Tätigkeit die Anwendung öffentlich-rechtlicher Regelungen als ausschlaggebend erachtet. Anderer Ansicht nach ist hierfür das Vorliegen eines Subordinationsverhältnisses zwischen Staat und Privatem entscheidend (HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2010, Rz. 22 ff.). Das Bundesgericht wiederum wendet beide Kriterien kumulativ an: «Hoheitliche Tätigkeit liegt stets vor, wo ein Rechtsverhältnis einseitig durch öffentliches Recht geregelt ist und der Private in einem Subordinationsverhältnis zum Staat steht» (BGE 114 V 219 E. 3c S. 221).

2. (...) Weisungskompetenz im Bereich des Strassenverkehrs kommt in erster Linie den Polizeikräften zu (Art. 27 Abs. 1 des Strassenverkehrsgesetzes vom 19. Dezember 1958 [SVG; SR 741.01]). Art. 67 Abs. 3 der Signalisationsverordnung vom 5. September 1979 (SSV; SR 741.21) erlaubt es den Polizeibehörden jedoch, unter der Voraussetzung einer kantonalen polizeilichen Bewilligung, die öffentliche Aufgabe der Verkehrsregelung auf öffentlichen Strassen auf private Verkehrsdienste zu übertragen. Der Delegation der Verkehrsregelung von der kantonalen Polizeibehörde an private Verkehrsdienste inhärent sind selbstredend polizeiliche Weisungsbefugnisse, soweit sie zur Erfüllung dieser Aufgabe notwendig sind. So schreibt auch Art. 67 Abs. 1 Bst. h SSV explizit vor, dass die Zeichen und Weisungen gekennzeichneter Angehöriger privater Verkehrsdienste für die Strassenverkehrsteilnehmer verbindlich sind. Wie die Vorinstanz zu Recht vorbrachte, führt folglich die Delegation der polizeilichen Weisungsbefugnisse im Rahmen der Ausübung der Verkehrsregelung auf öffentlichen Strassen zu einem Subordinationsverhältnis zwischen den Angehörigen des mit der Verkehrsregelung betrauten privaten Sicherheitsdienstes und den mit deren Weisungen konfrontierten privaten Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmern. Zudem sind zur Regelung dieses Verhältnisses die Bestimmungen des SVG sowie der zugehörigen Verordnungen und damit öffentlich-rechtliche Bestimmungen massgebend. Im Ergebnis erweist sich die bewilligte Verkehrsregelung durch die Beschwerdeführerin als Tätigkeit hoheitlicher Natur im Sinne von Art. 1 Abs. 3 BGBM und wird im Einklang mit der Vorinstanz nicht vom sachlichen Regelungsbereich des BGBM erfasst. (...)

3. Die Gebühr für die Erteilung einer Bewilligung ist eine Verwaltungsgebühr, deren Bemessung gemäss den Grundsätzen des Kausalabgaberechts nach dem Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip erfolgt. Das Kostendeckungsprinzip besagt, dass der Gesamtertrag der Gebühren die gesamten Kosten des betreffenden Verwaltungszweigs nicht oder nur geringfügig übersteigen darf, was eine gewisse Schematisierung oder Pauschalisierung der Abgaben nicht ausschliesst (BGE 132 II 371 E. 2.1 S. 374 f.). Zusätzlich beschränkt wird die Höhe der Gebühren durch das Äquivalenzprinzip, wonach eine Gebühr im Einzelfall in einem vernünftigen Verhältnis zum Wert, den die staatliche Leistung für die Abgabepflichtigen hat, stehen muss
(HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, a.a.O., Rz. 2625b). Wie die Vorinstanz zutreffend festhielt, gelangt vorliegend (...) für die Festsetzung des Gebührenbetrags § 4 Ziff. 38 des Kantonsratsbeschlusses über die Gebühren in Verwaltungs- und Zivilsachen vom 11. März 1974 (Verwaltungsgebührentarif; BGS 641.1) zur Anwendung. Der vorliegend verlangte Betrag von 400 Franken bewegt sich innerhalb des dort festgehaltenen Bemessungsspielraumes der rechtsanwendenden Behörde von 50 bis 2400 Franken für «andere Verwaltungsentscheide, Bewilligungen, Genehmigungen, Kontrollen und Dienstleistungen aller Art». Die Vorinstanz veranschlagt für alle notwendigen Arbeitsschritte im Zusammenhang mit der Ausstellung der Bewilligung einen zeitlichen Aufwand von drei bis vier Stunden, was vorliegend angesichts zu erwartender Prüfungs- und Korrespondenzaufwendungen nicht als zu hoch gegriffen erscheint. Da zudem § 2 Abs. 2 Bst. a der Verordnung über den Kostenersatz für polizeiliche Leistungen vom 11. Dezember 2007 (BGS 512.26) eine Stundenpauschale für ausgebildete Polizistinnen und Polizisten von 100 Franken vorschreibt, widerspricht in casu eine Gebührenhöhe von 400 Franken für die ausgestellte Bewilligung nicht dem Kostendeckungsprinzip. Unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung der ausgestellten Bewilligung für die Beschwerdeführerin ist zudem kein Missverhältnis zwischen der einverlangten Gebühr und dem Wert der Bewilligung für die Beschwerdeführerin im Sinne des Äquivalenzprinzips zu erkennen.

(...)

Entscheid des Regierungsrats des Kantons Zug vom 12. Mai 2015

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