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§§ 14 Abs. 1 und 15 Abs. 2 Denkmalschutzgesetz, § 31 BO Cham

Regeste:

§§ 14 Abs. 1 und 15 Abs. 2 Denkmalschutzgesetz, § 31 BO Cham – Bedeutung der Stellungnahme des Amts für Denkmalpflege und Archäologie zu einem Bauvorhaben in der  Ortsbildschutzzone im Rahmen eines Baubewilligungsverfahrens. Anforderungen an eine Neubaute in der Ortsbildschutzzone gemäss § 31 BO Cham.

Aus den Erwägungen:

2. Die Beschwerdeführenden bringen vor, dass sämtliche vom Gemeinderat Cham von Amtes wegen beigezogenen Fachorgane, nämlich die gemeindliche Baufachkommission und die kantonale Denkmalpflege, einhellig der Auffassung seien, dass sich das umstrittene Bauprojekt nicht ansatzweise in das von der Ortsbildschutzzone erfasste Ortsbild einfügen würde. Dennoch habe der Gemeinderat die Baubewilligung erteilt. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, in der näheren Umgebung befänden sich keine Gebäude, an dem sich der Neubau ausrichten könnte. Diese Feststellung des Gemeinderats sei augenscheinlich falsch. Wenn eine Baute in der Ortsbildschutzzone geplant sei, so müsse sich diese in diese Zone einfügen. Innerhalb der Ortsbildschutzzone würden in der näheren Umgebung die beiden denkmalgeschützten Kolonialstilhäuser sowie das benachbarte Gebäude (...) das Ortsbild prägen. Der Neubau müsse sich vom äusseren Erscheinungsbild her an diesen Gebäuden in der Ortsbildschutzzone orientieren. Das zum Abbruch vorgesehene Bründlerhaus sei 2004 aus dem Inventar der schützenswerten Denkmäler entlassen worden. Da das Bründlerhaus nicht höher als die benachbarten Bauten in der Ortsbildschutzzone sei und zudem auch ein Giebeldach aufweise, sei das Erscheinungsbild der Ortsbildschutzzone insgesamt gewahrt worden. Auch wenn das Bründlerhaus aus dem Inventar der schützenswerten Denkmäler entlassen worden sei, so sei das Gebäude weiterhin im ISOS über die Gemeinde Cham mit dem Erhaltungsziel A aufgeführt. Es sei am südwestlichen Eingang von Cham prägend für das Bahnhofareal. Werde das Gebäude ersetzt, so dürfe der Neubau das durch das bisherige Haus mitgeprägte Bild nicht gänzlich zerstören. Gerade dies würde mit dem geplanten Bauprojekt geschehen. Der Neubau sei zu hoch, zu voluminös und er wirke zu unruhig. Damit würden das angrenzende Mehrfamilienhaus sowie die Kolonialstilhäuser marginalisiert und das geschützte Ortsbild zerstört. Der geplante Bau werde durch die verschiedenen allseitig und individuell ausgestalteten Auskragungen geprägt. Vor allem das dritte Obergeschoss Richtung Dorfausfahrt rage in der gesamten Gebäudebreite über die unteren Geschosse massiv hinaus. Diese Gestaltung stehe ganz im Widerspruch zu den übrigen Gebäuden in der direkt anschliessenden Kern- und Ortsbildschutzzone. Durch die aussergewöhnliche, durch verschiedene Auskragungen geprägte massive Form, die kein einziges Element der benachbarten Gebäude in der Ortsbildschutzzone aufnähme, werde etwas Neues geschaffen, das sich nicht in die bestehende Ortsbildschutzzone einfüge.

a) Aus den Baugesuchsakten geht hervor, dass das Neubauprojekt auf dem GS (...) ein Untergeschoss, ein Erdgeschoss, drei Obergeschosse und ein Attikageschoss aufweist. Die Firsthöhe des Gebäudes beträgt 16,6 Meter. Im Untergeschoss sind die Kellerräume, ein WC Raum, ein Lagerraum, ein Technikraum sowie ein Garagenraum vorgesehen. Das Erdgeschoss soll als Galerie und als Gemeinschaftsraum genutzt werden. Im ersten Obergeschoss und in den darüber liegenden Geschossen befinden sich die Wohnungen. Die Grundrisse der einzelnen Geschosse sind unterschiedlich gross, sie haben eine dreieckartige Form, wie das Baugrundstück. Die Grundrisse der Geschosse nehmen in der Grösse von unten nach oben zu, davon ausgenommen ist das Attikageschoss. Das dritte Obergeschoss weist den grössten Grundriss auf. Dieses Geschoss ragt Richtung Süd-Westen bzw. Richtung (...) um rund 7 Meter über die darunter gelegenen Geschosse in den Luftraum hinaus. Neben dieser Auskragung sind noch weitere kleinere Auskragungen an der Nord- und Ostfassade des Gebäudes vorgesehen. Die Befensterung beim Bauprojekt ist unterschiedlich, es sind hochrechteckige, grosse rechteckige und kleinere schiessschartenartige Fenster vorgesehen. Der Neubau ist als Flachdachgebäude geplant.

b) Wie bereits im Sachverhalt ausgeführt, befindet sich das Baugrundstück gemäss Zonenplan der Gemeinde Cham in der Kernzone A, welche von einer Ortsbildschutzzone überlagert wird. Im Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS) gehört das Bahnhofquartier als Gebiet Nr. 3 zum Ortsbild «Cham» von nationaler Bedeutung. Es ist mit dem Erhaltungsziel B (Erhaltung der Struktur) bezeichnet. Dies bedeutet, dass die Anordnung und Gestaltung der Bauten und Freiräume zu bewahren und die für den Charakter wesentlichen Elemente integral zu erhalten sind. Das Baugrundstück befindet sich am westlichen Ende dieses Gebiets Nr. 3. Das vom Abbruch betroffene Bründlerhaus wurde im 2004 von der Direktion des Innern aus dem Inventar der schützenswerten Denkmäler entlassen und es kann somit durch einen Neubau ersetzt werden. Die Gemeinde Cham hat das ISOS in der Ortsplanung in dem Sinne umgesetzt, dass sie für den vom ISOS erfassten Perimeter eine überlagernde Ortsbildschutzzone ausgeschieden hat, als Grundnutzung wurde eine Kernzone A ausgeschieden. Massgebend für die Beurteilung des Bauprojekts sind einerseits die Bestimmungen für die Kernzone A sowie andererseits die strengeren Bestimmungen für die Ortsbildschutzzone in der BO Cham. Die BO Cham bestimmt in § 24 Abs. 2, dass in den Kernzonen an die architektonische und städtebauliche Gestaltung bezüglich Situierung, Gliederung, Ausmass, Gestaltung, Baumaterialien, Farbgebung und Umgebungsgestaltung besondere Anforderungen gestellt werden. Massgebend für die Beurteilung ist der Kernrichtplan. Gemäss § 31 Abs. 1 BO Cham dienen die Ortsbildschutzzonen der Erhaltung, Pflege und Aufwertung des jeweiligen Orts- und Quartierbilds. Veränderungen und Neubauten sind nur soweit zulässig, als die Zonenordnung dies zulässt und der Charakter des schutzwürdigen Ortsbilds gewahrt bleibt. Massgebend für alle Eingriffe sind die Grundlagen und Zielsetzungen der einzelnen Ortsbildschutzzonen im gemeindlichen Richtplan (§ 31 Abs. 2 BO Cham). Im gemeindlichen Kernrichtplan vom 30. August 2011 ist das Bründlerhaus immer noch als schützenswertes Kulturobjekt aufgeführt, obwohl dieses Gebäude schon im 2004 aus dem Inventar der schützenswerten Bauten entlassen wurde. Der gemeindliche Kernrichtplan ist damit in diesem Punkt überholt und er enthält auch keine weiteren Zielsetzungen oder Grundlagen, die für die Beurteilung des Bauprojekts hilfreich sein könnten.

c) Die gemeindliche Baufachkommission befasste sich in ihrer Funktion als beratendes Organ des Gemeinderats ebenfalls mit diesem Baugesuch. Die Grundlage dafür bildet § 3 BO Cham. Danach berät die vom Gemeinderat gewählte Baufachkommission diesen in gestalterischen, baulichen und planerischen Fragen. Die gemeindliche Baufachkommission befasste sich mehrmals mit dem umstrittenen Bauprojekt, letztmals am 24. Mai 2014. Die gemeindliche Baufachkommission beantragte in ihrer Stellungnahme vom 24. Mai 2014 dem Gemeinderat die Ablehnung des Baugesuchs, im Wesentlichen mit der Begründung, das Grundkonzept der Neubaute könne weder in architektonischer noch in städtebaulicher Hinsicht nachvollzogen werden; das Gebäude wirke weiterhin sehr unruhig und stelle keinen befriedigenden städtebaulichen Akzent dar; die neuen Balkone würden nicht als Beitrag zur Beruhigung der Volumetrie betrachtet; die fehlende Eingliederung sei keine Frage des Gefallens oder des Geschmacks der einzelnen Kommissionsmitglieder, sondern vielmehr des fehlenden Bezugs zum städtebaulichen Konzept. Bereits in früheren Stellungnahmen äusserte sich die Baufachkommission negativ zu diesem Baugesuch. Das Amt für Denkmalpflege und Archäologie wurde von der Gemeinde Cham ebenfalls zu einer Stellungnahme zum Baugesuch eingeladen, so wie dies in § 20 des Gesetzes über Denkmalpflege, Archäologie und Kulturgüterschutz vom 26. April 1990 (Denkmalschutzgesetz; BGS 423.11) vorgesehen ist. Danach sind in den von den Gemeinden bezeichneten Ortsbildschutzzonen die prägenden Bestandteile der Siedlungen und gestalteten Freiräume zu bewahren. Im Baubewilligungsverfahren für Bauten und Anlagen innerhalb der Schutzzonen wirkt das Amt für Denkmalpflege und Archäologie beratend mit (§ 20 Denkmalschutzgesetz). Das Amt für Denkmalpflege und Archäologie äusserte sich zum vorliegenden Baugesuch ebenfalls negativ. Die Stellungnahme des Amts für Denkmalpflege und Archäologie ist unter anderem im kantonalen Gesamtentscheid des Amts für Raumplanung vom 4. Juni 2014 zu diesem Bauprojekt wiedergegeben. Diese Stellungnahme lautet auszugsweise wie folgt: «Das Bründlerhaus war indes bereits im Jahre 2004 aus dem kantonalen Inventar der schützenswerten Denkmäler entlassen worden. Aufgrund dieser Tatsache steht einem Abbruch des Gebäudes nichts entgegen. Da das Grundstück Nr. (...) in der Ortsbildschutzzone liegt, muss sich der geplante Neubau gut ins bestehende Ortsbild einpassen. Für die Beurteilung des Projektes kann das ISOS beigezogen werden. Das vorliegende Projekt zeigt ein stark volumetrisch gestaltetes Gebäude, welches den neuen Dorfeingang von Westen her neu prägen soll. Die expressive Volumetrie und die Grundflächenumrisse des geplanten Gebäudes nehmen in keiner Art und Weise Bezug auf die bestehenden umliegenden Baukörper. Die starken Aus¬kragungen – insbesondere im dritten Obergeschoss – sind ortsuntypisch. Die Befensterung des gesamten Baukörpers mit ihren schiessschartenartig gestalteten, hochrechteckigen Fenstern entbehrt einer historischen Referenz. Die Materialisierung der Aussenhaut ist wohl als Referenz an bestehende Backsteinbauten in der Gemeinde Cham angedacht; in anderer Farbgebung als auf den Plänen dargestellt, ist diese Materialisierung durchaus denkbar. Die kantonale Denkmalpflege empfiehlt, das Bauvorhaben in der eingereichten Fassung nicht zu bewilligen und entsprechend den Erwägungen gesamthaft zu überarbeiten. Gerne ist die Denkmalpflege bereit, die Gemeinde beim Planungsprozess zu unterstützen. ...».

d) Der Gemeinderat Cham führt in der Begründung zur Ablehnung der Einsprachen unter anderem aus, dass das Ortsbild im direkten Umfeld des GS (...) von Neubauten mit unterschiedlicher Formensprache, Gebäudeabmessungen, Körnigkeit, Gebäudehöhen und Dachformen geprägt sei. Im Bereich der sehr unterschiedlichen Bautypen und Erscheinungsformen der neuen Gebäude beständen keine Anhaltspunkte, nach denen sich ein Neubau richten könnte, um ein «typisches Ortsbild» zu übernehmen oder zu ergänzen. Im erweiterten Umfeld beständen noch zwei Kolonialstilhäuser, welche durch die bestehenden, neuen Gebäude weitgehend isoliert seien. Der markante Neubau spiegle die heterogene Baustruktur in der näheren Umgebung wider. In der Kernzone würden an die architektonische und städtebauliche Gestaltung bezüglich Situierung, Gliederung, Ausmass, Gestaltung, Dachformen, Baumaterialien, Farbgebung und Umgebungsgestaltung besondere Anforderungen gestellt. Die BO Cham kenne weder eine Beschränkung der Gebäudelänge noch eine Material- oder Formvorschrift. Eine solche könne auch nicht aus § 12 BO Cham abgeleitet werden. Laut dieser Bestimmung müssten sich Gebäude hinsichtlich ihrer Grösse, Situierung und Gestaltung so in die Umgebung einordnen, dass innerhalb des Orts- und Quartierbilds eine gute Gesamtwirkung entstehe. Bei der Beurteilung dürfe nicht auf ein allgemein gehaltenes, individuelles ästhetisches Empfinden abgestellt werden. Vielmehr sei eine angemessene Reaktion im konkreten städtebaulichen Konzept gefragt. Durch die Verdichtung in den oberen Geschossen gelinge es dem Gebäude, auf dem schwierigen, dreieckigen Grundstück genügend Freiräume im Aussenbereich zu schaffen. Mit der Verlegung der Wohnräume in die oberen Geschosse werde zum Schutz der späteren Bewohnerinnen und Bewohner auch berücksichtigt, dass dieses Grundstück von der (...) und (...) sowie von der Bahnlinie mit Lärm belastet werde. Das neue Haus an der (...) zeige eine eigenständige Architektur auf. Im Rahmen des Planungsprozesses seien mehrere Anpassungen erfolgt. Der Gemeinderat vertrete die Auffassung, dass sich das projektierte Gebäude genügend in die Umgebung einordne. An diesem speziellen Ort sei ein spezielles Gebäude verträglich. Zu beachten sei auch, dass hinsichtlich der Einordnung keine Verletzung der massgebenden Vorschriften angeführt werden könne. Die Bedenken der Einsprechenden seien zwar verständlich. Gestützt auf die Vorschriften von § 12 BO Cham und im Sinne der Erwägungen seien die Einsprachen abzuweisen. Zur Grösse des Attikageschosses führt der Gemeinderat im Einspracheentscheid aus, dass dieses der Bestimmung von § 8 Abs. 2 der Verordnung zum Planungs- und Baugesetz vom 16. November 1999 (V PBG; BGS 721.111) entspreche.

e) Der Gemeinderat ist als Baubewilligungsbehörde nicht an die Stellungnahmen der Fachorgane gebunden. Dies gilt sowohl für die Empfehlungen der Baufachkommission als auch für jene des Amts für Denkmalpflege und Archäologie. Für den Gemeinderat als Baubewilligungsbehörde gilt somit der Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Einen besonderen Stellenwert hat der Fachbericht des Amts für Denkmalpflege und Archäologie zu einem Vorhaben in der Ortsbildschutzzone. Das Amt für Denkmalpflege und Archäologie ist gemäss § 14 Abs. 1 Denkmalschutzgesetz die kantonale Fachstelle für Denkmalpflege. Die Gemeinden müssen gemäss § 15 Abs. 2 Denkmalschutzgesetz bei Baugesuchen in einer Ortsbildschutzzone die Stellungnahme des Amts für Denkmalpflege und Archäologie einholen. Die Vorinstanz hat beim Amt für Denkmalpflege und Archäologie zwar eine Stellungnahme zum Baugesuch eingeholt, dessen Stellungnahme bei der Bewilligungserteilung jedoch ignoriert. Stammt ein Fachbericht von der Amtsstelle, die über das denkmalpflegerische Fachwissen verfügt, darf sich die Baubewilligungsbehörde nicht ohne triftigen Grund darüber hinwegsetzen (Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Auflage, N 1705). Letzteres ist im vorliegenden Fall aber geschehen, da sich die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid mit der Beurteilung des Vorhabens durch das Amt für Denkmalpflege und Archäologie überhaupt nicht befasst und im angefochtenen Entscheid auch nicht näher begründet hat, weshalb das Neubauprojekt den strengen Anforderungen der Ortsbildschutzzone gemäss § 31 BO Cham entspricht und weshalb das Bauprojekt den Charakter des schutzwürdigen Ortsbildes wahrt (Heidi Walther Zbinden, Amtsberichte im Baubewilligungsverfahren, KPG Bulletin Nr. 6/2002, S. 163 ff.). Der Gemeinderat Cham ist damit seiner Begründungspflicht nicht nachgekommen und es liegt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor. Die Ausführungen im angefochtenen Entscheid deuten darauf hin, dass der Gemeinderat der Ortsbildschutzzone überhaupt keine Bedeutung zumisst und es für diesen auch kein schützenswertes Ortsbild gibt. Anders ist es nicht erklärbar, dass der Gemeinderat im angefochtenen Entscheid zum Ortsbildschutz ausführt, das Ortsbild im direkten Umfeld des GS (...) sei von Neubauten mit unterschiedlicher Formensprache, Gebäudeabmessungen, Gebäudehöhen und Dachformen geprägt. Im Bereich der sehr unterschiedlichen Bautypen und Erscheinungsformen der neuen Gebäude beständen keine Anhaltspunkte, nach denen sich der Neubau richten könnte, um ein «typisches Ortsbild» zu übernehmen oder zu ergänzen. Im weiteren Umfeld beständen noch zwei Kolonialstilhäuser, welche durch die be¬stehenden, neueren Gebäude weitgehend isoliert seien. Das geplante Gebäude habe auf diese beiden Kolonialstilhäuser einen untergeordneten Einfluss. Der markante Neubau spiegle die heterogene Baustruktur in der näheren Umgebung wider. Diese Ausführungen des Gemeinderats sind falsch, wie der Augenschein der Baudirektion gezeigt hat. Wenn der Gemeinderat von Neubauten in der näheren Umgebung des Bauprojekts spricht, so nimmt er dabei Bezug auf Neubauten auf der anderen Strassenseite der (...), welche in der Kernzone stehen, aber nicht von der Ortsbildschutzzone erfasst werden. In der unmittelbaren Nähe des Bauprojekts befindet sich nur ein neueres Gebäude in der Ortsbildschutzzone, nämlich das Gebäude an der (...), das rund zehn Jahre alt ist. Dieses Gebäude steht zwischen den denkmalgeschützten Kolonialstilhäusern und dem Bauprojekt. Das Gebäude Luzernerstrasse (...) ist Bestandteil des Bebauungsplans (...), zu dem auch die Kolonialstilhäuser gehören. Das erwähnte Gebäude entspricht in der Höhe jener der beiden Kolonialstilhäuser und es weist ein flachgeneigtes Schrägdach ohne Vordach auf. Das Gebäudevolumen von diesem Gebäude ist deutlich grösser als das Volumen der beiden Kolonialstilhäuser, die Gestaltung des Gebäudes ist modern, aber zurückhaltend, so dass es in der Umgebung nicht besonders auffällt. Auf der anderen Seite der (...), schräg vis-à-vis von den beiden geschützten Kolonialstilhäusern, steht das ebenfalls denkmalgeschützte ehemalige Bauernhaus (...) an der (...). Die zuvor erwähnten Bauten stehen alle in der Ortsbildschutzzone in der näheren Umgebung des Bauprojekts und diese Bauten prägen das schützenswerte Ortsbild in der Ortsbildschutzzone. Geprägt wird das schützenswerte Ortsbild auch von den weiter entfernten Bauten im Gebiet Bahnhof/Kirchbühl, wo an erhöhter Lage die markanten Kirche (...), aber auch das alte Bahnhofgebäude und weitere das Ortsbild prägende Bauten stehen. Die Baudirektion hat am Augenschein das Bauprojekt von verschiedenen Standorten aus besichtigt. Der wohl wichtigste Punkt für die Beurteilung des Ortsbildes ist jener am Dorfeingang von Cham bei der Abzweigung der (...) von der (...), wenn man von (...) bzw. vom (...) herkommend auf der (...) ins Dorfzentrum von Cham gelangt. An diesem markanten Ort ist der umstrittene Neubau vorgesehen. In der Mitte des Blickfeldes Richtung (...) ist der Neubau vorgesehen, rechts davon erscheint im Hintergrund die markante Kirche (...) sowie das alte Bahnhofgebäude, links davon steht das geschützte alte Bauernhaus (...). Weiter links davon ist der Neubau an der (...) sichtbar, welcher ausserhalb der Ortsbildschutzzone liegt. Von diesem Blickwinkel aus wäre das Neubauprojekt mit seiner expressiven Volumetrie und der massiven Auskragung im dritten Obergeschoss offensichtlich ein Fremdkörper im zuvor geschilderten Ortsbild der Ortsbildschutzzone. Wenn die Vorinstanz und die Bauherrschaft das Gegenteil behaupten, so verkennen diese die Tatsachen, wie sie am Augenschein der Baudirektion festgestellt werden konnten. Das Bauprojekt nimmt keinerlei Rücksicht auf die benachbarten Bauten in der Ortsbildschutzzone, weder von der Höhe noch vom Gebäudevolumen her, auch die Befensterung am Gebäudekörper ist mit den hochrechteckigen und teilweise schiessschartenartigen Fenstern ganz anders als bei den benachbarten Bauten in der Ortsbildschutzzone, von der massiven Auskragung im dritten Obergeschoss des Neubaus gar nicht zu sprechen. Kurz gesagt, der Neubau wäre ein störendes Element in der Ortsbildschutzzone. Dieser fügt sich nicht in die Ortsbildschutzzone ein und er ist daher nicht bewilligungsfähig. Die vom Gemeinderat Cham erteilte Baubewilligung ist sowohl aus formellen als auch aus materiellen Gründen aufzuheben. In formeller Hinsicht ist die Vorinstanz ihrer Begründungspflicht nicht genügend nachgekommen, da sie im angefochtenen Entscheid auf den Fachbericht des Amts für Denkmalpflege und Archäologie gar nicht eingegangen ist und auch eine Begründung dazu fehlt.

f) Die gegenteiligen Ausführungen der Vorinstanz und der Bauherrschaft sind unbegründet. So wurde in den vorangehenden Ausführungen bereits dargelegt, dass es sehr wohl ein schützenswertes Ortsbild innerhalb der Ortsbildschutzzone gibt. Obwohl das Baugrundstück am westlichen Rand der Ortsbildschutzzone und des ISOS-Gebiets liegt, sind für die Beurteilung des Projekts die Vorschriften der Ortsbildschutzzone massgebend. Auf die benachbarten Neubauten in der Kernzone, welche zugegebenermassen unterschiedlich gestaltet sind und keine besonderen architektonischen oder städtebaulichen Qualitäten aufweisen, kann bei der Beurteilung der Frage nach der Einpassung des Neubaus ins Ortsbild nicht abgestellt werden. Die Vorinstanz und die Bauherrschaft können auch nichts daraus ableiten, dass das alte Bründlerhaus im 2004 aus dem Inventar der schützenswerten Denkmäler entlassen wurde. Auf den Perimeter der Ortsbildschutzzone hat diese Entlassung keinen Einfluss und es gelten des¬wegen nicht weniger strengere Anforderungen an den geplanten Neubau in der Ortsbildschutzzone. Ein moderner, zeitgemässer Neubau ist an diesem Standort möglich, aber er muss sich in das zuvor geschilderte Ortsbild einfügen. Auch die dreieckige Form des Baugrundstücks sowie die Lärmbelastung entlang der (...), (...) und der Bahnlinie sind kein ausreichender Grund, der für die Bewilligung des Neubauprojekts sprechen könnte.

g) Aufgrund der vorstehenden Ausführungen steht fest, dass die Beschwerde der Beschwerdeführenden bezüglich der fehlenden Einpassung in die Ortsbildschutzzone begründet ist. Die Beschwerde ist daher in diesem Punkt gutzuheissen und die Baubewilligung aufzuheben. (...)

Entscheid des Regierungsrats vom 7. Juli 2015

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