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Beschwerdeverfahren

Definitive Rechtsöffnung

Art. 81 Abs. 1 SchKG

Regeste:

Art. 81 Abs. 1 SchKG – Definitive Rechtsöffnung. Umfang und Bedeutung der Saldoklausel einer genehmigten Scheidungsvereinbarung.

Aus den Erwägungen:

3. Beruht die Forderung auf einem vollstreckbaren Entscheid eines schweizerischen Gerichts oder einer schweizerischen Verwaltungsbehörde, so wird die definitive Rechtsöffnung erteilt, wenn nicht der Betriebene durch Urkunden beweist, dass die Schuld seit Erlass des Entscheids getilgt oder gestundet worden ist, oder die Verjährung anruft (Art. 81 Abs. 1 SchKG).

Der Beschwerdeführer reichte im Rechtsöffnungsverfahren einen rechtskräftigen Entscheid des Einzelrichters am Kantonsgericht Zug vom 1. Dezember 2014 vor, worin die Beschwerdegegnerin verpflichtet wurde, ihm die Gerichtskosten von CHF 2'000.00 zu ersetzen sowie eine Parteientschädigung von CHF 4'500.00 zu bezahlen. Die in Betreibung gesetzte Forderung von CHF 6'500.00 beruht daher unbestrittenermassen auf einem vollstreckbaren gerichtlichen Urteil im Sinne von Art. 81 Abs. 1 SchKG. Streitig ist demgegenüber, ob die Forderung des Beschwerdeführers durch Einbezug in die Saldoklausel der im Anschluss an die zweite Einigungsverhandlung vom 20. Oktober 2015 abgeschlossenen und mit Entscheid vom 25. November 2015 genehmigten Scheidungsvereinbarung untergegangen ist.

4. Ziff. 3 («Güterrechtliche Auseinandersetzung») der Scheidungsvereinbarung lautet wie folgt: «Mit öffentlicher Urkunde vom 12. November 2010 haben die Parteien Gütertrennung vereinbart. Somit entfällt die güterrechtliche Auseinandersetzung. Jede Partei behält mit Aktiven und Passiven, was sie gegenwärtig besitzt bzw. was auf ihren Namen lautet.» (Ziff. 3.1). «Im Übrigen stellen die Parteien fest, dass sie in güterrechtlicher Hinsicht vollständig auseinandergesetzt sind.» (Ziff. 3.2). In Ziff. 5 der Scheidungsvereinbarung («Saldoklausel») erklärten sich die Parteien sodann «mit dem Vollzug dieser Vereinbarung ehe-, vorsorge- und güterrechtlich per saldo aller Ansprüche auseinandergesetzt».

4.1.1 Wählen die Ehegatten den Güterstand der Gütertrennung, so fehlt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts an ehelichen Gütern; entsprechend entfällt auch die güterrechtliche Auseinandersetzung. Gleichwohl können zwischen den Ehegatten anlässlich der Ehescheidung Streitigkeiten vermögensrechtlicher Natur entstehen, zum Beispiel weil Ehegatten ihre Güter tatsächlich nicht getrennt gehalten haben. Auch bei der Beendigung der Gütertrennung kann es sich daher als unumgänglich erweisen, dass die Ehegatten zur notwendigen Entflechtung ihrer Vermögen ihre jeweiligen Vermögenswerte zurücknehmen und ihre gegenseitigen Schulden regeln. Mit Blick auf diese Entflechtung sind die in Art. 205 Abs. 1 und 3 ZGB enthaltenen Vorschriften betreffend die Auflösung des ordentlichen Güterstandes sinngemäss anwendbar (Urteil des Bundesgerichts 5A_608/2010 vom 6. April 2011 E. 3.2.1).

4.1.2 Auch Hausheer/Reusser/Geiser (Berner Kommentar, 1996, Vorbem. zu Art. 247 ff. ZGB N 14) halten fest, dass es in jeder Gütertrennungs-Ehe ungeachtet der von Gesetzes wegen getrennten Vermögen der Ehegatten zu einer mehr oder weniger grossen Vermischung von Vermögenswerten komme. Auch bei Auflösung der Gütertrennung, namentlich wenn sie mit dem Ende der Ehe zusammenhänge, müssten deshalb die beiden Vermögen entflochten werden. Vermögenswerte, die sich im Besitz des andern Ehegatten befänden, seien zurückzunehmen und die gegenseitigen Schulden seien, sofern fällig, zu tilgen. Die Ausscheidung der Vermögenswerte, die jedem Ehegatten zukämen, unterscheide sich aber grundsätzlich nicht von derjenigen zwischen nicht miteinander verheirateten Personen. Massgebend seien die Normen des Obligationenrechts und des Sachenrechts. Die Trennung der Vermögen habe sinngemäss gleich wie beim ersten Schritt im Zusammenhang mit der Auflösung der Errungenschaftsbeteiligung zu geschehen. Für Einzelheiten verweisen Hausheer/Reusser/ Geiser daher auf die Kommentierung zur Errungenschaftsbeteiligung (a.a.O., Art. 205 ZGB N 11 ff.). Ferner weisen sie darauf hin, dass der Vernehmlassungsentwurf noch eine entsprechende Norm bei der Gütertrennung vorgesehen habe, die in der Folge aber als überflüssig gestrichen worden sei.

4.1.3 Nach dem Gesagten sind – entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers – die in Art. 205 Abs. 1 und 3 ZGB enthaltenen Vorschriften betreffend die Auflösung des ordentlichen Güterstandes sinngemäss bei der Gütertrennung anwendbar, auch wenn bei der Gütertrennung – anders als bei der Errungenschaftsbeteiligung – keine güterrechtliche Auseinandersetzung stattfindet.

4.2 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zählen zu den gegenseitigen Schulden im Sinne von Art. 205 Abs. 3 ZGB alle im Zeitpunkt der Auflösung des Güterstandes bestehenden Verbindlichkeiten ohne Rücksicht auf ihren Rechtsgrund, namentlich Schulden aus Unterhaltsanspruch (Art. 163 - 164 ZGB), aus Ausgleich für ausserordentliche Beiträge an den Unterhalt der Familie (Art. 165 ZGB), aus Verwaltung des Vermögens des andern (Art. 195 ZGB), aus Entschädigungsanspruch nach Art. 205 Abs. 2 ZGB, aus Vertrag (wie Kauf, Darlehen oder Arbeitsvertrag), aus Delikt (Art. 41 ff. OR), aus ungerechtfertigter Bereicherung (Art. 62 ff. OR) oder aus Geschäftsführung ohne Auftrag (Art. 419 ff. OR; vgl. Urteil des Bundesgerichts 5A_608/2010 vom 6. April 2011 E. 3.2.1; Urteil des Bundesgerichts 5A_803/2010 vom 3. Dezember 2010 E. 3.2.1). Auch nach Schwenzer (FamKommentar, 2. A. 2011, Art. 205 ZGB N 16) werden von Art. 205 Abs. 3 ZGB nicht nur eherechtliche Schulden (z.B. Unterhaltsschulden, Art. 163–165 ZGB), sondern alle Schulden (Geld- und Sachschulden) zwischen Ehegatten erfasst. Es gehe um die Entflechtung der Vermögen beider Ehegatten im Hinblick auf die güterrechtliche Auseinandersetzung, wozu gehöre, dass fällige Schulden beglichen würden. Dementsprechend gehören zu den gegenseitigen Schulden im Sinne von Art. 205 Abs. 3 ZGB alle im Zeitpunkt der Entflechtung der Vermögen bestehenden Verbindlichkeiten, mithin – entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers – auch Schulden, die keinen (direkten) Bezug zum Eherecht aufweisen. Damit zählen auch die vom Beschwerdeführer geforderten Prozesskosten (Ersatz Gerichtskosten von CHF 2'000.00 und Parteientschädigung von CHF 4'500.00 gemäss Entscheid des Einzelrichters am Kantonsgericht Zug vom 1. De-zember 2014) zu den gegenseitigen Schulden im Sinne von Art. 205 Abs. 3 ZGB. Diese waren daher ebenfalls in die Entflechtung der Vermögenswerte zwischen den Parteien einzubeziehen. Die Parteien erklärten in der im Anschluss an die zweite Einigungsverhandlung vom 20. Oktober 2015 abgeschlossenen Scheidungsvereinbarung, die mit Scheidungsurteil vom 25. November 2015 genehmigt wurde, ausdrücklich, dass sie «in güterrechtlicher Hinsicht» vollständig auseinandergesetzt seien (Ziff. 3.2) bzw. «mit dem Vollzug dieser Vereinbarung ehe-, vorsorge- und güterrechtlich per saldo aller Ansprüche» auseinandergesetzt seien (Ziff. 5; vgl. vorne E. 4). Die Erklärung der Parteien, sie seien «güterrechtlich auseinandergesetzt», kann aber vorliegend – bei Gütertrennung – nur so verstanden werden, dass die Parteien ihre Vermögen entflochten haben, wozu – wie vorne dargelegt – auch gehört, dass sie ihre gegenseitigen Schulden im Sinne von Art. 205 Abs. 3 ZGB beglichen haben. Dafür, dass die Prozesskosten gemäss Entscheid vom 1. Dezember 2014 «absichtlich» nicht in die Saldoerklärung einbezogen worden sein sollen, wie der Beschwerdeführer behauptet, liegen keine Anhaltspunkte vor. Damit steht fest, dass mit dem Scheidungsurteil vom 25. November 2015 die von der Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer geschuldeten Prozesskosten gemäss Entscheid vom 1. Dezember 2014 untergegangen sind. Entsprechend ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz das Rechtsöffnungsgesuch des Beschwerdeführers abgewiesen hat.

4.3 Lediglich der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass nicht ersichtlich ist, weshalb das von der Vorinstanz zitierte Urteil des Bundesgerichts 5A_803/2010 vom 3. Dezember 2010 E. 3.3 vorliegend nicht einschlägig sein soll. Das Bundesgericht führte in diesem Urteil aus, Schulden aus Unterhaltspflicht fielen unter die gemäss Art. 205 Abs. 3 ZGB zu regelnden Schulden. Daher seien sie bei der Auflösung des Güterstandes in die güterrechtliche Abrechnung einzubeziehen. Erklärten die Parteien als Ergebnis dieses Vorganges, sie seien auseinandergesetzt, so bedeute dies nach dem allgemeinen Verständnis, dass keiner vom anderen mehr etwas zu fordern habe. Diese Ausführungen sind analog auf den vorliegenden Fall anwendbar, auch wenn sich dieses Urteil auf Unterhaltszahlungen bezieht. Die Parteien haben ihr Vermögen entflochten und als Ergebnis dieses Vorgangs erklärt, sie seien auseinandergesetzt. Dementsprechend kann keiner vom andern mehr etwas fordern. Nicht nachvollziehbar ist die Darstellung des Beschwerdeführers, dass die von ihm geforderten Prozesskosten keine Schulden unter den Ehegatten darstellen würden. Der Beschwerdeführer verlangt von der Beschwerdegegnerin die Bezahlung der Gerichtskosten und der Parteientschädigung und bringt damit zum Ausdruck, dass es sich dabei um eine Forderung zwischen den (geschiedenen) Ehegatten handelt. Keine Rolle spielt sodann der Streitgegenstand, aus welchem die Gerichtskosten resultieren. Zu den gegenseitigen Schulden im Sinne von Art. 205 Abs. 3 ZGB zählen alle im Zeitpunkt der Auflösung des Güterstandes bestehenden Verbindlichkeiten ohne Rücksicht auf ihren Rechtsgrund (vgl. vorne E. 4.2). Von einer Verletzung der Rechtsgleichheit kann zudem keine Rede sein. Auf einen unverheirateten Vater kommen die Bestimmungen über die Ehescheidung und deren Nebenfolgen nicht zur Anwendung. Wenn der Beschwerdeführer argumentiert, Art. 205 Abs. 3 ZGB spreche lediglich von der Regelung der gegenseitigen Schulden, nicht jedoch davon, dass die Schulden zu begleichen seien, lässt er ausser Acht, dass die Parteien in der Scheidungsvereinbarung erklärten, sie seien «in güterrechtlicher Hinsicht» vollständig auseinandergesetzt (Ziff. 3.2) bzw. «mit dem Vollzug dieser Vereinbarung ehe-, vorsorge- und güterrechtlich per saldo aller Ansprüche» auseinandergesetzt (Ziff. 5). Diese Erklärung kann aber nur so verstanden werden, dass sie ihre Vermögen entflochten haben, wozu auch gehört, dass sie ihre gegenseitigen Schulden im Sinne von Art. 205 Abs. 3 ZGB beglichen haben (vgl. vorne E. 4.2). Schliesslich kann auch nicht gesagt werden, Ziff. 3.2 der Scheidungsvereinbarung wäre nicht erforderlich gewesen. In Ziff. 3.1 wird festgehalten, dass die Parteien der Gütertrennung unterstehen und jede der Parteien an Aktiven und Passiven behält, was sie gegenwärtig besitzt bzw. was auf ihren Namen lautet. Damit liegt eine Vereinbarung im Sinne von Art. 205 Abs. 1 ZGB vor. In Ziff. 3.2 stellten die Parteien fest, dass sie in güterrechtlicher Hinsicht vollständig auseinandergesetzt sind. Damit wurden die Schulden zwischen den Parteien im Sinne von Art. 205 Abs. 3 ZGB geregelt. Ziff. 3.1 und Ziff. 3.2 der Scheidungsvereinbarung haben somit unterschiedliche Regelungsinhalte.

Obergericht des Kantons Zug, II. Beschwerdeabteilung, 1. September 2016 (BZ 2016 58)

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