Navigieren auf Kanton Zug

Inhaltsnavigation auf dieser Seite

Navigation

Gerichtspraxis

Staats- und Verwaltungsrecht

Verfahrensrecht

Bau- und Planungsrecht

Umweltrecht

Sozialversicherung

Submissionsrecht

Politische Rechte

Datenschutzrecht

§§ 4 lit. d und 8 Abs. 2 DSG

Regeste:

§§ 4 lit. d und 8 Abs. 2 DSG – Eine politische Partei mit Sitz im Kanton Zug kann die Herausgabe bestimmter Einwohnerdaten von «Jungen» und «Neuzugezogenen» verlangen, um damit vor Wahlen Wahlwerbung zu betreiben. Dieser Zweck ist schutzwürdig im Sinne von § 8 Abs. 2 lit. c DSG. Die Herausgabe solcher Daten zu diesem Zweck ist verhältnismässig im Sinne von § 4 lit. d DSG (Erw. 9). Auslegung des Gesetzes (Erw. 6)

Aus dem Sachverhalt:

Am 5. Mai 2015 stellte die X. Partei an alle elf Einwohnergemeinden des Kantons ein Gesuch um Sammelauskunft, was von zehn Gemeinden abgelehnt wurde. Am 26. Juni 2015 erhob die X. Partei gegen die zehn Entscheide erfolglos Einsprache, worauf sie beim Regierungsrat Verwaltungsbeschwerde gegen acht Einspracheentscheide mit identischem Wortlaut einlegte. Nachdem der Regierungsrat am 26. August 2015 die Beschwerde abwies, reichte die X. Partei am 7. September 2015 dagegen eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde ein.

Aus den Erwägungen:

3. (...) Strittig und zu prüfen ist somit, ob der Regierungsrat die zurückhaltende Praxis der Gemeinden in Bezug auf die Datenherausgabe für «die Jungen» und die «Neuzugezogenen» zu Recht geschützt hat. Mit den «Jungen» sind gemäss Gesuch die Einwohnerinnen und Einwohner gemeint, die zwischen den vorletzten und letzten eidgenössischen Wahlen (Zeitraum 23. Oktober 2011 bis 18. Oktober 2015) volljährig wurden. Mit den «Neuzugezogenen» sind diejenigen Einwohnerinnen und Einwohnern gemeint, die im Zeitraum 23. Oktober 2011 bis 1. Juni 2015 neu in die Gemeinde zugezogen waren und am 1. Juni 2015 noch dort wohnten.

4. Bevor auf die zu prüfende Frage eingegangen wird, ist zunächst in allgemeiner Art die Gesetzeslage darzulegen. Als Rechtsgrundlagen für eine Anfrage nach Einwohnerdaten bei einer Einwohnergemeinde kämen theoretisch das Gesetz über die Wahlen und Abstimmungen vom 28. September 2006 (WAG, BGS 131.1), das Gesetz über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung vom 20. Februar 2014 (ÖffG, BGS 158.1) und das Datenschutzgesetz vom 28. September 2000 (DSG, BGS 157.1) in Frage.

a) Nach § 4 Abs. 5 WAG steht das Stimmregister den Stimmberechtigten zur Einsicht offen. Dies bedeutet, dass eine stimmberechtigte Person im Rahmen von einzelnen Anfragen Auskunft darüber verlangen kann, ob sie selber im Stimmregister geführt wird und ob eine andere Person stimmberechtigt oder wählbar ist. Auszüge oder die Abgabe von Listen mit Daten aus dem Stimmregister sind aufgrund dieser Bestimmung jedoch nicht möglich. Bis zum 12. Juli 2014 hatte § 6 Abs. 1 der Verordnung zum Wahl- und Abstimmungsgesetz vom 29. April 2008 (WAV, BGS 131.2) allerdings noch vorgesehen, dass Parteien und andere politische Gruppierungen auf Gesuch hin Auszüge aus dem Stimmregister erhielten. Diese Bestimmung wurde mit Regierungsratsbeschluss vom 1. Juli 2014 gestrichen, da das WAG für ein derartige Verwendung der Daten von Stimmberechtigten eine ungenügende gesetzliche Grundlage darstellte. Wie der Regierungsrat im angefochtenen Entscheid dazu zutreffend erläutert, liegt der Sinn des öffentlichen Stimmregisters darin, dass die Stimmberechtigten einen Anspruch auf die richtige Zusammensetzung des Stimmkörpers haben. Eine andere Funktion hat die Bestimmung nicht. Insbesondere kann es nicht darum gehen, das Stimmregister als Quelle für den Bezug von Daten über die Stimmberechtigten zu nutzen.

b) Gemäss § 7 ÖffG hat jede Person das Recht, amtliche Dokumente einzusehen und von den Behörden Auskunft über den Inhalt amtlicher Dokumente zu erhalten. Vorbehalten bleiben jedoch Regelungen des Zugangsrechts in Spezialgesetzen. Bestimmt ein solches Gesetz, dass bestimmte Informationen geheim oder nur unter bestimmten Bedingungen zugänglich sind, so geht diese spezialgesetzliche Regelung dem Öffentlichkeitsprinzip vor (§ 5 ÖffG). Das DSG enthält in § 8 f. Bestimmungen zur Bekanntgabe von Daten durch die Einwohnerkontrolle an andere Behörden und Dienststellen sowie an Dritte. Die hier interessierenden Sammelauskünfte an Dritte sind in § 8 Abs. 2 lit. c DSG geregelt. Eine Lektüre dieser Bestimmung ergibt, dass solche Sammelauskünfte nur unter einschränkenden Bedingungen erteilt werden, unter anderem ist der Empfängerkreis eingeschränkt und es dürfen nicht alle von der Einwohnergemeinde gesammelten Personendaten herausgegeben werden. Somit geht das DSG im vorliegenden Fall, wo es die Zulässigkeit von Sammelauskünften an Dritte durch die Einwohnergemeinden zu beurteilen gilt, dem ÖffG vor.

c) Gemäss § 5 Abs. 1 DSG dürfen staatliche Behörden und Dienststellen (bzw. «Organe» in der Diktion des Datenschutzgesetzes) Daten nur dann bearbeiten, sofern a) eine gesetzliche Grundlage dafür besteht oder b) es für eine in einer gesetzlichen Grundlage umschriebenen Aufgabe unentbehrlich ist oder c) die betroffene Person im Einzelfall ausdrücklich eingewilligt hat oder ihre Einwilligung nach den Umständen offensichtlich vorausgesetzt werden kann. Das «Bearbeiten von Daten» ist gemäss § 2 lit. c DSG jeder Umgang mit Daten, das heisst also auch das Bekanntgeben von Daten fällt darunter. Die Datenbearbeitung hat unter Beachtung des Prinzips der Verhältnismässigkeit und des Grundsatzes von Treu und Glauben zu erfolgen (§ 4 lit. d DSG).

5. a) Vorliegend will die Beschwerdeführerin in den Besitz bestimmter Personendaten gelangen, welche in den von den Einwohnerkontrollen geführten Melderegistern enthalten sind. Die Voraussetzungen für die Bekanntgabe von Daten durch die Einwohnerkontrolle an Dritte ist in § 8 Abs. 2 DSG geregelt. Die vom DSG verlangte gesetzliche Grundlage für diese Art von Datenbearbeitung ist somit gegeben. In der Bestimmung wird nach Einzel- und nach Sammelauskünften unterschieden. (...) Das Gesuch der Beschwerdeführerin stellt (...) eine Sammelauskunft dar. Die Bestimmung zu den Sammelauskünften lautet:

«Sammelauskünfte betreffend Name, Vorname, Geschlecht, Geburtsdatum, aktuelle Adresse und die in einem bestimmten Zeitraum Zugezogenen werden an natürliche oder juristische Personen mit Wohnsitz beziehungsweise Sitz im Kanton erteilt, wenn ein Interesse glaubhaft gemacht wird und die Daten für einen schützenswerten ideellen Zweck verwendet werden. Die Daten können nach einem oder mehreren der vorgenannten Merkmale sortiert bekannt gegeben werden. Gesuch und Auskunft erfolgen schriftlich. Dritte haben sich unterschriftlich zu verpflichten, die Daten ausschliesslich zum angegebenen Zweck zu verwenden und sie nicht weiterzugeben» (§ 8 Abs. 2 lit. c DSG).

b) Die Beschwerdeführerin begründete ihr Gesuch vom 5. Mai 2015 wie folgt: «Als politische Partei, welche mit Kandidaten bei den Nationalrats- und Ständeratswahlen im Oktober 2015 antritt, möchte die X. Partei gewisse Einwohnerinnen und Einwohner in Ihrer Gemeinde gezielt direkt anschreiben, um sie persönlich auf die Möglichkeiten der politischen Mitarbeit hinzuweisen, die verschiedenen Kandidaturen vorzustellen und die stimmberechtigten Einwohnerinnen und Einwohner zu motivieren, sich an den eidgenössischen Wahlen 2015 zu beteiligen. (...) Es ist uns (...) ein grosses Anliegen, die Stimmbeteiligung, welche in den letzten Jahren im Kanton Zug bei nur noch etwas über 50 % lag (...) wieder signifikant zu steigern. Wir sind überzeugt, dass uns dies nur durch das persönliche Anschreiben gewisser Gruppen von Einwohnerinnen und Einwohnern gelingt, da unpersönliche Massenversände oft ungelesen als Altpapier entsorgt werden. Aus diesem Grund sind wir der Meinung, dass es sich beim Zweck unseres Gesuchs um einen 'schützenswerten ideellen' Verwendungszweck handelt».

c) Die Beschwerdeführerin ist eine juristische Person mit Sitz im Kanton Zug. Die persönliche Voraussetzung, um als «Dritte» Sammelauskünfte bei einer Zuger Einwohnergemeinde stellen zu dürfen, ist vorliegend erfüllt. Sie begründete ihr Gesuch relativ ausführlich und machte dabei im Wesentlichen ein politisches Interesse im Vorfeld der National- und Ständeratswahlen geltend. Da es sich bei der Beschwerdeführerin um eine politische Partei handelt, die sich mit eigenen Kandidatinnen und Kandidaten an diesen Wahlen beteiligte, konnte sie ihr Interesse an den von ihr verlangten Sammelauskünften mit dieser Begründung ohne weiteres glaubhaft machen. Im Gesuch vom 5. Mai 2015 verlangte die Beschwerdeführerin Listen, welche den Namen, Vornamen, das Geschlecht und Geburtsjahr sowie die aktuelle Adresse von Einwohnerinnen und Einwohnern enthielt. Diese Daten dürfen die Einwohnergemeinden im Rahmen von Sammelauskünften Dritten gemäss § 8 Abs. 2 lit. c Satz 1 DSG grundsätzlich bekannt geben. Die Beschwerdeführerin interessierte sich aber nicht für alle Einwohnerinnen und Einwohner einer Gemeinde, sondern nur für solche, die gewisse Kriterien erfüllten. Paragraph 8 Abs. 2 lit. c Satz 2 DSG gestattet die Herausgabe von Einwohnerdaten, die nach einem Personenmerkmal oder mehreren Personenmerkmalen sortiert worden sind. Zu den erlaubten Sortierkriterien gehören das Geburtsdatum und das Zuzugsdatum. Da für die von der Beschwerdeführerin verlangte Liste der «Jungen» die Einwohnerdaten zuerst nach dem Geburtstag sortiert werden müssen, um in der Folge diejenigen Personen herausfiltern zu können, welche zwischen dem 23. Oktober 2011 und 18. Oktober 2015 das 18. Lebensjahr erreicht haben, ist eine derartige aufbereitete Sammelauskunft somit grundsätzlich möglich. Das Gleiche gilt für die die zweite Liste der «Neuzugezogenen». Hier müssen die Einwohnerdaten nach dem Zuzugsdatum sortiert werden, um danach diejenigen Personen zu ermitteln, welche zwischen dem 23. Oktober 2011 und 1. Juni 2015 ihren Wohnsitz neu in die Gemeinde verlegt haben. Das Gesuch ist somit auch von § 8 Abs. 2 lit. c Satz 2 DSG gedeckt. Die Beschwerdeführerin stellte in ihrem Gesuch vom 5. Mai 2015 die Frage, ob es möglich wäre, bei den Listen alle ausländischen, nicht in der Schweiz stimmberechtigten Einwohnerinnen und Einwohner herauszufiltern. Dies ist nicht gestattet. Die Nationalität ist im Rahmen von § 8 Abs. 2 lit. c DSG aufgrund des klaren Wortlauts der Bestimmung kein erlaubtes Sortierkriterium. Die Datenschutzbeauftragte schreibt in ihrer Eingabe an das Verwaltungsgericht, die Einwohnergemeinde Q. habe sich rechtswidrig verhalten, indem sie am 15. Juni 2015 beschlossen habe, der Beschwerdeführerin die Daten der «Stimmberechtigten» bekanntzugeben. Nach dem Gesagten ist ihr bei dieser Einschätzung zu folgen. Die Beschwerdeführerin stellte ihr Gesuch schriftlich. Sie verpflichtete sich, die Daten vertraulich zu behandeln, sie nicht an Dritte weiterzugeben und ausschliesslich dafür zu verwenden, im Wahlkampf 2015 jede durch die Gemeinde aufgelistete Person maximal einmal anzuschreiben. Das Gesuch wurde vom Präsidenten der X. Partei unterschrieben. Das Gesuch erfüllt somit auch die Voraussetzungen von § 8 Abs. 2 lit. c Satz 3 und 4 DSG.

6. Strittig ist, ob der von der Beschwerdeführerin angegebene Verwendungszweck der Daten sich als ein schützenswerter ideeller Zweck im Sinne der Bestimmung bezeichnen lässt. Die Beschwerdeführerin verlangt, dass die Bestimmung von § 8 Abs. 2 lit. c DSG nach den herkömmlichen Methoden auszulegen sei. Sie kritisiert, die Beschwerdegegner hätten den Begriff «schützenswerter Zweck» nicht nach dem Methodenpluralismus ausgelegt, sondern sich im Resultat auf die Stellungnahme der Datenschutzbeauftragten, das heisst auf eine behördeninterne Meinung, abgestützt.

a) Das Bundesgericht hat sich bei der Auslegung von Erlassen stets von einem Methodenpluralismus leiten lassen und nur dann allein auf das grammatische Element abgestellt, wenn sich daraus zweifelsfrei die sachlich richtige Lösung ergab (BGE 133 V 9 E. 3.1). Ist der Text nicht ganz klar, so ist nach seiner wahren Tragweite zu suchen unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente. Vom klaren, d.h. eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut darf nur ausnahmsweise abgewichen werden, nämlich dann, wenn anzunehmen ist, dass der Wortlaut nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Solche Gründe können sich insbesondere aus der Entstehungsgeschichte der Norm, aus ihrem Grund und Zweck (teleologische Methode) oder aus dem Zusammenhang mit anderen Vorschriften (systematische Methode) ergeben (vgl. BGE 135 II 195 E. 6.2). Vorliegend ist in § 8 Abs. 2 lit. c DSG die Tragweite des Ausdrucks «schützenswerter ideeller Zweck» umstritten. Bei diesem Ausdruck handelt es sich um einen sogenannten unbestimmten Rechtsbegriff. Ein solcher Rechtsbegriff liegt immer dann vor, wenn der Rechtssatz die Voraussetzungen der Rechtsfolge in offener, unbestimmter Weise umschreibt (Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. A., Zürich 2010, Rz. 445). Somit ist der Wortlaut der Bestimmung nicht klar und es ist unter Berücksichtigung anderer Auslegungselemente nach seiner wahren Bedeutung zu suchen.

b) Der Regierungsrat schreibt im angefochtenen Entscheid, beim schützenswerten ideellen Zweck sei an politische, wohltätige, gesellschaftliche oder wissenschaftliche Gründe zu denken. Im Bericht und Antrag des Regierungsrats zum Erlass des neuen Datenschutzgesetzes habe der Regierungsrat geschrieben, es sei – bei Einhaltung aller übrigen Vorgaben in der Bestimmung – die jährliche eventuell halbjährliche Bekanntgabe der Adressen aller Neuzuzügerinnen und Neuzuzüger einer Gemeinde an politische Parteien zulässig. Für Werbung oder andere kommerzielle Zwecke, beispielsweise für den Adresshandel, würden hingegen keinerlei Sammelauskünfte erteilt. Gestützt auf eine historische Auslegung der Bestimmung bejaht der Regierungsrat somit die Herausgabe von Einwohnerdaten an politische Parteien in regelmässigen Abständen in grundsätzlicher Art.

c/aa) Die vom Regierungsrat vorgenommene Ermittlung des Willens des historischen Gesetzgebers ist im angefochtenen Entscheid in mancherlei Hinsicht aber nicht ganz vollständig. [Darstellung der Entstehungsgeschichte von § 8 DSG vor der Inkraftsetzung des DSG im Jahr 2000 und vom aktuell gültigen § 8 Abs. 2 DSG im Zuge der Gesetzesrevision des Jahres 2006, beides anhand der Berichte und Anträge des Regierungsrates und der Ratsdebatten]

c/bb) Aufgrund dieses historischen Abrisses des Gesetzgebungsprozesses ist würdigend festzuhalten, dass der Gesetzgeber im Zuger DSG bei der Bekanntgabe von Personendaten durch die Einwohnerkontrollen grundsätzlich eine liberale Lösung anstrebte. Bei den Sammelauskünften an Dritte legten der Regierungs- und Kantonsrat bei gewissen Personenmerkmalen (Geburtsdatum / Neuzuzüger / Sortierkriterien) zum Zeitpunkt des Gesetzeserlasses im Jahr 2000 allerdings eine gewisse Zurückhaltung an den Tag. Da sich die ursprüngliche Lösung in der Praxis offenbar nicht bewährte, wurde das DSG bereits sechs Jahre später revidiert. Dabei fällt auf, dass die Kantonsräte sich in der entsprechenden Debatte vom 27. Oktober 2005 über die Bedenken des kantonalen Datenschutzexperten hinwegsetzten, der bei den Sammelauskünften offenbar gar keine Änderung oder nur sehr geringfügige Änderungen befürwortete. Ferner ist zu sehen, dass der Kantonsrat im Laufe der Diskussion in verschiedenen Bereichen auch Vorschläge des Regierungsrates, die im Sinne eines verstärkten Datenschutzes zu Gunsten der Einwohnerinnen und Einwohner gedacht waren, durch Textfassungen ersetzte, welche mehr im Interesse der Gesuchsteller, also der «Dritten», lagen. Weiter zeigt die Diskussion, dass sich der Gesetzgeber sehr bewusst war, dass durch die verschiedenen Lockerungen der Bestimmung zu den Sammelauskünften die politischen Parteien bzw. ihre Kandidaten einfacher Wahlwerbung würden betreiben können. Da nach dem Votum von Peter Rust kein anderer Parlamentarier und auch kein Regierungsrat sich zu Wort meldete und ihm widersprach, ist davon auszugehen, dass die überwiegende Mehrheit der Kantonsräte der Meinung war, dass gestützt auf § 8 Abs. 2 lit. c DSG die Herausgabe von Einwohnerdaten an Parteien zum Zwecke der Wahlwerbung möglich sein sollte, das heisst in ihren Augen diente diese Art der Datenverwendung einem schützenswerten ideellen Zweck.

(...)

d/aa) Der Regierungsrat schreibt im angefochtenen Entscheid, bei einem Gesuch um Sammelauskunft gemäss § 8 Abs. 2 lit. c DSG habe die Einwohnerkontrolle zu beurteilen, ob im Einzelfall der «schützenswerte ideelle Zweck» zu bejahen sei. Diese vom Gesetzgeber gewählte Formulierung des Tatbestandselements räume der Einwohnerkontrolle ein Ermessen ein, welches die Berücksichtigung der sachlichen und persönlichen Umstände des Einzelfalles erlaube. Die Einwohnerkontrollen hätten ihren Beurteilungsspielraum im vorliegenden Fall genutzt, als sie sich für eine zurückhaltende Auslegung des Begriffs «schützenswerter ideeller Zweck» entschieden hätten. Die von der Beschwerdeführerin beabsichtigte Datenverwendung liege nahe bei der Wahlwerbung und es sei den Einwohnergemeinden darin Recht zu geben, dass eine Herausgabe von Personendaten für Wahlwerbung im DSG nicht beabsichtigt sei (...). Betrachtet man die fragliche Bestimmung aus gesetzessystematischer Sicht, so fällt auf, dass § 8 Abs. 2 lit. a DSG, § 8 Abs. 2 lit. b DSG und § 8 Abs. 2 lit. c DSG, welche die Datenherausgabe an Dritte regeln, nicht als Kann-Bestimmungen formuliert sind. Dies bedeutet, dass ein Gesuchsteller grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf Herausgabe der Daten durch die Einwohnerkontrolle hat, sofern die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Über Ermessen verfügen die Einwohnerkontrollen hingegen nur dann, wenn es um die Berücksichtigung der Interessen der Einwohnerinnen und Einwohner, also der Dateninhaber, geht. Wenn die Einwohnerkontrollen der Meinung sind, dass die Inhaber über ein schützenswertes Interesse an einer Nichtherausgabe von Sammelauskünften verfügen, können sie gemäss § 8 Abs. 2 lit. d DSG die Datenbekanntgabe verweigern. Weder die Einwohnerkontrollen noch der Regierungsrat haben im vorliegenden Fall die Datenbekanntgabe gestützt auf diese Bestimmung verweigert, so dass sich weitere Überlegungen zu § 8 Abs. 2 lit. d DSG erübrigen.

d/bb) Zwar ist die strittige Voraussetzung der «Datenverwendung für einen schützenswerten ideellen Zweck» in § 8 Abs. 2 lit. c DSG offen formuliert, doch handelt es sich dabei, wie festgestellt (Erw. 6a), um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Somit hat der Gesetzgeber den Einwohnerkontrollen entgegen der Meinung des Regierungsrats bezüglich dieser Voraussetzung gerade kein Ermessen eingeräumt. Sie verfügen indessen über einen gewissen Beurteilungsspielraum (vgl. BGer 2A.112/2007 vom 30. Juli 2007, Erw. 3.2). Bei dieser Unterscheidung handelt es sich nicht bloss um ein Spiel mit Worten. Die praktische Bedeutung der Differenzierung liegt darin, dass unbestimmte Rechtsbegriffe der Auslegung zugänglich sind und dass die Auslegung durch die Verwaltungsbehörden von den Verwaltungsgerichten grundsätzlich überprüft werden kann (Häfelin/Müller/Uhlmann, a.a.O., Rz. 446b). Nach herrschender Lehre ist bei dieser Überprüfung eine gewisse Zurückhaltung durch eine gerichtliche Instanz angezeigt. Dies trifft vor allem dann zu, wenn die Verwaltungsbehörden zur Beurteilung der konkreten Umstände besser geeignet sind als die Gerichte. Gegen eine volle richterliche Überprüfung sprechen vor allem der Zusammenhang mit den örtlichen Verhältnissen, die Technizität der Fragen und die grössere Nähe und Vertrautheit der Verwaltungsbehörden mit den tatsächlichen Verhältnissen. In solchen Fällen kommt den Verwaltungsbehörden bei unbestimmten Rechtsbegriffen ein vom Gericht nicht oder nicht voll überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu (Häfelin/Mül¬ler/ Uhlmann, a.a.O., Rz. 446c; BGE 135 II 384, E. 2.2.2). Vorliegend geht es jedoch nicht um die Klärung technischer Fragen oder um einen Themenkreis, bei dem Kenntnisse der lokalen Gegebenheiten durch die Gemeindebehörden von Bedeutung wären. Auch stellen sich in jeder Einwohnergemeinde in etwa die gleichen datenschutzrechtlichen Fragen, wenn deren Einwohnerkontrollen Sammelauskünfte erteilen sollen. Es gibt aus Sicht des Gerichts somit keinen Grund, um sich bei der Beurteilung der Frage, ob die Einwohnergemeinden bzw. der Regierungsrat den Begriff «schützenswerter ideeller Zweck» korrekt ausgelegt und damit auch richtig angewendet haben, in Zurückhaltung zu üben.

d/cc) Im angefochtenen Entscheid schreibt der Regierungsrat, es sei den Einwohnergemeinden darin Recht zu geben, dass eine Herausgabe von Personendaten für Wahlwerbung von § 8 Abs. 2 lit. c DSG nicht beabsichtigt sei. Diese Interpretation widerspricht den historischen Fakten. Wie bereits erwähnt (Erw. 6 c/bb), ergibt eine Überprüfung der Debatten im Kantonsrat, dass der Gesetzgeber spätestens anlässlich der Revision von § 8 DSG im Jahr 2005 der Meinung war, dass Einwohnerdaten aus einer Sammelauskunft für Wahlwerbung der Parteien verwendet werden können, das heisst dass es sich bei Wahlwerbung um einen schützenswerten ideellen Zweck im Sinne von § 8 Abs. 2 lit. c DSG handelt. Der Regierungsrat hat den unbestimmten Rechtsbegriff somit konträr zum Willen des historischen Gesetzgebers ausgelegt. Gestützt darauf hat er seine ablehnende Haltung im angefochtenen Entscheid begründet, was eine Rechtsverletzung darstellt. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass die acht Einwohnergemeinden die Abweisung der Einsprachen nicht damit begründeten, dass die Beschwerdeführerin mit den Einwohnerdaten Wahlwerbung betreiben möchte, sondern dass die aufgelisteten Zwecke «nahe bei der Wahlwerbung» liegen würden. Entspricht aber die Datenverwendung zum Zwecke der Wahlwerbung dem Willen des historischen Gesetzgebers, so ist das erst recht der Fall, wenn die Daten für Ziele eingesetzt werden, die der Wahlwerbung nahe kommen.

e/aa) Der Regierungsrat argumentiert, es sei sinnvoll, dass die Einwohnergemeinden solche Gesuche regelmässig bewilligten, mit welchen Organisationen und Vereine, etwa politische Parteien, über ihr «Bestehen» informieren wollten. Auf diese Weise könnten angeschriebene Personen selbst entscheiden, ob sie sich für eine bestimmte Partei näher interessierten. Der durch die Beschwerdeführerin verfolgte Zweck gehe aber weit über solche Informationen hinaus, weshalb die Einwohnergemeinden bei Gesuchen um Sammelauskunft mit guten Gründen zwischen diesen verschiedenen Arten von Zwecken differenzieren würden. Die Beschwerdeführerin bringt mit Blick auf eine Auslegung nach dem Sinn und Zweck vor, unter einem ideellen Zweck sei ein nichtmaterieller Beweggrund zu verstehen. Die Nutzung der Daten dürfe nicht der Erwirtschaftung eines finanziellen Gewinnes dienen, sondern müsse «höhere» Ziele verfolgen. Die politischen Parteien würden die ihnen zur Verfügung gestellten Adressdaten unter anderem dafür verwenden, um die Neuzugezogenen als Mitglieder zu gewinnen und darüber hinaus deren Gunst bei anstehenden Wahlen. Sie würden damit im Resultat nichts anderes als Wahlwerbung betreiben. Diese Art der Datenverwendung weise jedoch keinen kommerziellen Charakter auf.

e/bb) Es ist der Beschwerdeführerin darin Recht zu geben, dass die hier strittige Voraussetzung in § 8 Abs. 2 lit. c DSG in erster Linie bezweckt, die Herausgabe von Einwohnerdaten an Dritte zu verhindern, welche mit diesen Daten ein kommerzielles Ziel verfolgen wollen. Dritte sollen mit diesen Daten keinen finanziellen Gewinn erzielen können. Politische Parteien streben auch einen Gewinn an, dieser ist aber nicht merkantiler Natur. Sie wollen im Rahmen von Wahlen möglichst viele Stimmen gewinnen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Parteien Wahlwerbung betreiben. Dazu gehört auch, dass sie Einwohnerinnen und Einwohner, die sie in einer bestimmten Gemeinde bisher noch nicht angesprochen haben, also die «Jungen» und die «Neuzugezogenen», mit geeignetem Werbematerial zu erreichen versuchen. Der Regierungsrat meint hingegen, beim Begriff des «schützenswerten ideellen Zwecks» sei eine differenzierte Betrachtungsweise angebracht. Sein Gedankengang lautet dabei zusammengefasst wie folgt: Solange die erteilten Sammelauskünfte dafür verwendet werden, um bestimmte Einwohnerinnen und Einwohner in einem Aussand gewissermassen neutral und zurückhaltend über die eigene Existenz als Partei zu informieren, verfolgt eine Partei einen schützenswerten ideellen Zweck. Enthält die Sendung dagegen politische Botschaften sowie Hinweise auf von der Partei portierte Kandidatinnen und Kandidaten bei bevorstehenden National- und Ständeratswahlen, dann lässt sich der mit den Daten verfolgte Zweck nicht mehr als ideell und schützenswert bezeichnen. Die vom Regierungsrat vorgenommene Differenzierung überzeugt nicht. Der Regierungsrat verkennt damit die wichtige Bedeutung, welche den Parteien im Rahmen von Parlamentswahlen zukommt. Es steht ausser Frage, dass die Wahl der parlamentarischen Vertretung eines der fundamentalsten Rechte unserer Demokratie ist. Praktisch alle Vertreter in den nationalen Parlamenten gehören einer politischen Partei an. Es ist deshalb auch allgemein anerkannt, dass die Parteien und ihre Kandidierenden, aber auch sogenannte unabhängige Kandidaten, im Vorfeld der Wahlen die Möglichkeit haben müssen, sich und ihre Ideen vorzustellen. Ohne diese Information kann ein demokratisches System gar nicht funktionieren. In diesem Zusammenhang sei auch daran zu erinnern, dass der Verfassungsgeber die besondere Bedeutung, welche den politischen Parteien im demokratischen Meinungsbildungsprozess in der Schweiz zukommt, in einem eigenen Verfassungsartikel gewürdigt hat (Art. 137 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 [BV, SR 101]). Es fällt dem Gericht daher schwer, das von der Beschwerdeführerin verfolgte Ziel nicht als schützenswert und ideell anzusehen. Analysiert man den strittigen unbestimmten Rechtsbegriff unter dem Blickwinkel seines Sinns und Zwecks, so ist festzuhalten, dass es nicht dem Sinn dieser Voraussetzung entspricht, Werbeaktivitäten der politischen Parteien im Vorfeld von nationalen Parlamentswahlen zu verhindern oder einzuschränken.

(...)

g) Aufgrund der Auslegung des strittigen unbestimmten Rechtsbegriffs in § 8 Abs. 2 lit. c DSG nach historischen, systematischen und teleologischen Gesichtspunkten ist zusammenfassend festzuhalten, dass eine politische Partei mit Sitz im Kanton Zug einen schützenswerten ideellen Zweck verfolgt, wenn sie im Vorfeld von nationalen Parlamentswahlen die Daten von den seit den letzten nationalen Wahlen volljährig gewordenen Einwohnerinnen und Einwohnern einer Zuger Gemeinde von den Einwohnerkontrollen in Erfahrung bringen will, um damit im Rahmen eines einmaligen Aussands Wahlwerbung zu betreiben. Das Gleiche lässt sich sagen, wenn eine politische Partei mit Sitz im Kanton Zug dafür die Daten von denjenigen Personen in Erfahrung bringen will, welche seit den letzten nationalen Wahlen in eine Zuger Einwohnergemeinde neu zugezogen sind. Die Beschwerdeführerin hat genau dieses Ziel verfolgt. Ihrem Gesuch ist zu entnehmen, dass sie die «Jungen» und die «Neuzugezogenen» in den Zuger Einwohnergemeinden vor den National- und Ständeratswahlen mit Hilfe der von den Einwohnerkontrollen zur Verfügung gestellten Daten gezielt anschreiben wollte, um ihre Kandidaturen vorzustellen und die Angeschriebenen zur Wahl zu motivieren. Indem der Regierungsrat den strittigen unbestimmten Rechtsbegriff deutlich enger auslegte und den schützenswerten ideellen Zweck einer Sammelauskunft für eine einmalige Wahlwerbung bei diesen Personen in acht Zuger Gemeinden im Vorfeld der National- und Ständeratswahlen vom Oktober 2015 verneinte, hat er Recht verletzt.

7. Der Regierungsrat schreibt im angefochtenen Entscheid, die Beschwerdeführerin sei entgegen ihrer Meinung nicht auf die Daten angewiesen, um auf das aktive Wahlrecht aufmerksam zu machen. Mehrere Gemeinden (...) würden einen gemeinsamen Wahlprospektversand für die Parteien durchführen. (...) Paragraph 4 lit. d DSG bringt das im Datenschutzrecht verankerte Verhältnismässigkeitsprinzip zum Ausdruck. Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die von der Beschwerdeführerin gewünschten Sammelauskünfte, welche einen Eingriff in die Rechte der Dateninhaber, d.h. der Einwohnerinnen und Einwohner, bewirken, nur dann gestattet sind, wenn die Auskünfte für die Zielerreichung der Beschwerdeführerin überhaupt erforderlich und geeignet sind. Ferner ist gefordert, dass das Interesse der Beschwerdeführerin an der Datenbekanntgabe andere entgegenstehende Interessen überwiegt (vgl. BGE 140 I 2 E. 9.2.2). Sind diese Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt, dürfen der Beschwerdeführerin die verlangten Einwohnerdaten nicht herausgegeben werden. Nachfolgend gilt es die erwähnten Voraussetzungen zu prüfen.

a) Die Beschwerdeführerin beabsichtigt, im Vorfeld der nationalen Parlamentswahlen junge und neuzugezogene Einwohnerinnen und Einwohner in den Zuger Gemeinden persönlich anzuschreiben, um bei diesen Personengruppen Wahlwerbung betreiben zu können. Die Bekanntgabe der von der Beschwerdeführerin verlangten Daten aus den Einwohnerregistern ist zweifellos ein geeignetes Mittel, um dieses Ziel zu erreichen.

b) Mit einer Datenbekanntgabe an die Beschwerdeführerin wird das datenschutzrechtliche Gebot der Zweckbindung durchbrochen. Einwohnerinnen und Einwohner sind von Gesetzes wegen verpflichtet, bestimmte Daten bekanntzugeben. Diese dürfen grundsätzlich nur zur Erfüllung der gesetzlich festgelegten, öffentlichen Aufgaben verwendet werden. Da es im Datenschutzrecht gilt, die Betroffenen vor einer beliebigen Weiterverwendung ihrer Daten zu bewahren, stellt sich vorliegend die Frage, ob es für die Beschwerdeführerin Vorgehensweisen gibt, bei denen sie ihr Ziel erreichen kann, wobei weniger stark in die Rechte der Dateninhaber, d.h. der Einwohnerinnen und Einwohner, eingegriffen wird. Zwar organisieren mehrere Gemeinden im Kanton Zug einen gemeinsamen Wahlprospektversand für die Parteien. Dieser ist aber entgegen der Ansicht des Regierungsrats und der Einwohnergemeinden nicht zu vergleichen mit dem Anliegen der Beschwerdeführerin. Auch ist es im Rahmen eines gemeinsamen Aussands an alle Haushalte möglich, ganz allgemein Wahlwerbung zu betreiben. Die Beschwerdeführerin will in ihrem Aussand aber Junge und Neuzugezogene zielgruppengerecht und persönlich ansprechen können. Dieses Anliegen lässt sich im Rahmen eines an sämtliche Haushalte verteilten Sammelkuverts mit Wahlmaterial aller Parteien selbstredend nicht verwirklichen. Als Alternative in Frage käme ein eigenständig organisierter Massenaussand. Die Post bietet solche Lösungen unter dem Namen «PromoPost» an. Dabei werden sogenannte «offizielle Sendungen» – wozu die Post ausdrücklich Sendungen von politischen Parteien versteht – in alle Briefkästen verteilt. (...) Zwar kann eine Partei mit dem Massenmailing von PromoPost alleine für sich werben und damit wohl einen besseren Werbeeffekt erzielen als bei einem von der Gemeinde organisierten gemeinsamen Wahlprospektversand, doch kann sie dabei die Empfängerinnen und Empfänger nicht persönlich ansprechen, und auch eine Zustellung an ganz bestimmte Einwohnerinnen und Einwohner ist so nicht möglich. Daher ist auch ein Aussand mittels PromoPost aus der Sicht der Beschwerdeführerin kein Mittel, mit dem sie ihr Ziel erreichen kann und bei dem gleichzeitig schonender mit den Einwohnerdaten umgegangen wird. Die beiden vom Regierungsrat und den Einwohnergemeinden ins Spiel gebrachten Varianten wären unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten allerdings dann das «mildere» Mittel, wenn eine Partei alle Einwohnerinnen und Einwohner einer Gemeinde mit identischem Wahlwerbematerial erreichen will. Die Einwohnergemeinden befürchten eine Werbeflut bei den Einwohnerinnen und Einwohnern, was ein Ärgernis sei (...). Dem ist entgegenzuhalten, dass die Beschwerdeführerin nur spezifische Einwohnerinnen und Einwohner in einer Gemeinde anschreiben will und eben nicht alle. Würde sie für ihre Botschaften an die «Jungen» und «Neuzugezogenen» auf Massenmailings setzen, wäre die Papierflut grösser. Hinzu kommt, dass es sich dabei um eine ausgesprochen ineffiziente Massnahme handeln würde. Die meisten Empfängerinnen und Empfänger würden sich von der Sendung nicht angesprochen fühlen und das Wahlwerbematerial wohl gleich wieder dem Abfall übergeben. Mit Blick auf das von den Einwohnergemeinden angesprochene Ärgernis ist zu sagen, dass die Einwohnerinnen und Einwohner voraussetzungslos verlangen können, dass ihre Daten nicht an Dritte weitergegeben werden dürfen, somit auch nicht an politische Parteien (§ 9 Abs. 1 DSG). Die Einwohnergemeinden haben es in der Hand, ihre Einwohnerinnen und Einwohner mit geeigneten Mitteln auf dieses Recht aufmerksam zu machen. Nach dem Gesagten steht fest, dass die Beschwerdeführerin auf die gewünschte Datensammlung angewiesen ist, um ihr Ziel zu erreichen. Es gibt aus Sicht des Datenschutzes dafür kein milderes Mittel.

c) Im Rahmen der Prüfung der sogenannten Zweck-Mittel-Relation ist in erster Linie das private Interesse der Beschwerdeführerin am Erhalt der Daten gegen das Interesse der Einwohnerinnen und Einwohner abzuwägen, deren Daten an Dritte weitergegeben werden sollen. Die Beschwerdeführerin, eine politische Partei, will mit den Daten im Vorfeld der nationalen Parlamentswahlen Wahlwerbung betreiben. Wie festgestellt, verfolgt sie damit nicht nur ein rein privates Interesse, das heisst sie möchte nicht nur Sitze gewinnen, sondern sie trägt damit zum Funktionieren der Demokratie bei. Sie nimmt mit ihrem Anliegen somit indirekt auch ein öffentliches Interesse wahr. Auf der anderen Seite stehen die Einwohnerinnen und Einwohner, die ein berechtigtes Interesse daran haben, dass ihre Daten grundsätzlich nur zur Wahrnehmung von gesetzlich geregelten, öffentlichen Aufgaben verwendet werden. Die Beschwerdeführerin hat jedoch nicht die Herausgabe der Daten aller Einwohnerinnen und Einwohner verlangt, sondern nur von zwei spezifisch definierten Gruppen. Diese «Jungen» und «Neuzugezogenen» machen nur einen kleinen Teil der Einwohnerschaft aus. Sie sollen im Vorfeld der Wahlen nur einmal angeschrieben werden. In vier Jahren, bei den nächsten nationalen Parlamentswahlen, gehören die angeschriebenen Personen ausserdem nicht mehr zu den «Jungen» und «Neuzugezogenen». Führt man sich schliesslich vor Augen, dass, wie erwähnt, Einwohnerinnen und Einwohner die Datenherausgabe an Dritte jederzeit und voraussetzungslos unterbinden können, so ist festzustellen, dass in diesem Fall das Interesse der Beschwerdeführerin an einer Datenherausgabe das konträre Interesse der Einwohnerinnen und Einwohner deutlich überwiegt. Mit Ausnahme von Y. befürchten die Einwohnergemeinden, dass bei ihnen ein Mehraufwand entstehen könnte (...). Es ist für das Gericht nicht zu sehen, worin dieser Mehraufwand bestehen würde. Bei den heutigen elektronischen Datenverarbeitungssystemen dürfte es ein Leichtes sein, die verlangten Daten anhand der von der Beschwerdeführerin gewünschten Kriterien aus den Einwohnerregistern herauszufiltern. Etwas anderes haben die sieben Einwohnergemeinden denn auch nicht behauptet. Im Weiteren ist darauf aufmerksam zu machen, dass die Einwohnergemeinden bei Sammelauskünften an Dritte für ihren Aufwand eine Gebühr gemäss Kantonsratsbeschluss über die Gebühren in Verwaltungs- und Zivilsachen vom 11. März 1974 (Verwaltungsgebührentarif, BGS 641.1) erheben können (§ 17 Abs. 3 DSG). (...)

d) Somit erweist sich das Gesuch der Beschwerdeführerin, soweit es noch Streitgegenstand vor Verwaltungsgericht bildet, als verhältnismässig. Die von ihr verlangte Datenbearbeitung hält vor § 4 lit. d DSG stand.

8. Die Direktion des Innern befürchtet bei Gutheissung der Beschwerde die Schaffung eines Präjudizes. Es müsste künftig auch anderen Gesuchen um Sammelauskünfte stattgegeben werden. Wenn im Extremfall sämtliche politische Parteien im Vorfeld von Wahlen solche Versände vornehmen würden, sei es durchaus nicht übertrieben, wenn der Regierungsrat im angefochtenen Entscheid darauf hinweise, dass es zu vermeiden gelte, dass die Bevölkerung regelmässig und gehäuft durch politische Parteien angeschrieben werde (...). Die Datenschutzbeauftragte bringt in diesem Zusammenhang Folgendes vor: Würde dem Ansinnen der Beschwerdeführerin stattgegeben, könnten politische Parteien oder Interessengemeinschaften zukünftig auch vor Abstimmungen die Adressen bestimmter Personen herausverlangen, beispielsweise bei einer Finanzvorlage die Adressen aller Personen, die über 50 Jahre alt seien und die am Zugerberg oder in Walchwil wohnten (...). Für das Gericht liegt mit diesem Entscheid zwar ein Präjudiz vor, aber nicht in dem Sinne, wie von der Direktion des Innern und der Datenschutzbeauftragten befürchtet. Es ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin mit ihrer Sammelauskunft ein ideelles Anliegen (Wahlwerbung im Vorfeld der nationalen Parlamentswahlen) bei einer eng definierten Zielgruppe («Junge», «Neuzugezogene») in Bezug auf einen begrenzten Zeitraum (die letzten vier Jahre vor den Wahlen) verfolgt. Dazu kommt, dass diese Personen aufgrund der Zielgruppendefinition überhaupt nur einmal mit persönlich adressierter Werbung bedient würden. Insofern spricht sich das Gericht bei einer Gutheissung der Beschwerde nicht darüber aus, wie es bei strittigen Sammelauskunftsgesuchen entscheiden würde, bei denen davon auszugehen wäre, dass bestimmte Einwohnerinnen und Einwohner häufiger persönlich an sie adressierte Wahlwerbung erhalten könnten. Allerdings würde das Gericht auch dann zu berücksichtigen haben, dass der historische Gesetzgeber im DSG die Bekanntgabe von Einwohnerdaten an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung nicht verhindern wollte. Ferner würde das Gericht in einem derartigen Fall erneut in Erwägung ziehen müssen, dass im Gesetz die Erteilung von Drittauskünften im Sinne eines grundsätzlichen Anspruchs dieses Dritten ausgestaltet wurde. Mit einer Gutheissung ist im Übrigen, entgegen der Meinung der Datenschutzbeauftragten, ebenfalls nicht entschieden, ob Sammelauskunftsgesuchen politischer Parteien im Vorfeld von Sachabstimmungen stattgegeben werden müsste oder nicht.

9. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass § 8 Abs. 2 lit. c DSG erlaubt, die Daten von «Jungen» und «Neuzugezogenen» an eine politische Partei mit Sitz im Kanton Zug zum Zwecke der Wahlwerbung vor eidgenössischen Wahlen herauszugeben. Dabei sind mit den «Jungen» die Einwohnerinnen und Einwohner gemeint, die zwischen den letzten und anstehenden eidgenössischen Wahlen volljährig geworden sind. Mit den «Neuzugezogenen» sind diejenigen Einwohnerinnen und Einwohner gemeint, die im gleichen Zeitraum neu in die Gemeinde zugezogen sind und an einem bestimmten Stichtag immer noch dort wohnten. Die Herausgabe dieser Einwohnerdaten an Dritte erweist sich gemessen am konkret von der Beschwerdeführerin verfolgten Zweck (Hinweis auf die Möglichkeiten der politischen Mitarbeit, Vorstellen der verschiedenen Kandidaturen, Motivation zur Teilnahme an den Wahlen 2015) auch als verhältnismässig. Nach dem Gesagten hätten die acht Einwohnergemeinden, die von der Beschwerdeführerin verlangten Daten der «Jungen» und der «Neuzugezogenen» herausgeben müssen. Der Regierungsrat hat durch die Abweisung des angefochtenen Entscheids die zurückhaltende Praxis der [acht Gemeinden] in Bezug auf die Datenherausgabe für «die Jungen» und die «Neuzugezogenen» zu Unrecht geschützt. Der Entscheid vom 26. August 2015 ist somit aufzuheben und die Beschwerde gutzuheissen. Die Beschwerdeführerin verlangt, es sei festzustellen, dass es sich bei ihrem im Gesuch vom 5. Mai 2015 geltend gemachten Zweck um einen schützenswerten ideellen Zweck gemäss § 8 Abs. 2 lit. c DSG handle. Da die eidgenössischen Wahlen 2015 der Vergangenheit angehören, verfügt die Beschwerdeführerin über ein schutzwürdiges Interesse an einem entsprechenden Feststellungsurteil (BGE 99 Ib 159 E. 1a). Die Beschwerdeführerin hat allerdings im Laufe des Verfahrens ihr Gesuch betreffend die Daten der «älteren, weiblichen Generation» fallengelassen, weshalb bezüglich dieser Gruppe keine Feststellung erfolgen kann. Das Feststellungsurteil wäre mit dem von der Beschwerdeführerin verlangten Satz allerdings nicht vollständig. Um dem Einzelfall gerecht zu werden, ist auch die Feststellung erforderlich, dass das Gesuch der Beschwerdeführerin vor dem Verhältnismässigkeitsgrundsatz gemäss § 4 lit. d DSG standhält.

(...)

Urteil des Verwaltungsgerichts vom 30. März 2016, V 2015 105
Das Urteil ist rechtskräftig.

Weitere Informationen

Fusszeile

Deutsch