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§ 14 Abs. 1 lit e und h EG BGFA i.V.m. § 14 Abs. 2 EG BGFA

Regeste:

§ 14 Abs. 1 lit e und h EG BGFA i.V.m. § 14 Abs. 2 EG BGFA – Die Tätigkeit eines Anwalts als Erbschaftsverwalter fällt weder unter das anwaltliche Berufsgeheimnis noch handelt es sich dabei um eine notarielle Dienstleistung, die unter den Schutz des diesbezüglichen Amtsgeheimnisses fällt. Auf ein Gesuch um Entbindung vom Anwalts- und Amtsgeheimnis ist daher mangels Rechtsschutzinteresse nicht einzutreten.

Aus den Erwägungen:

Gestützt darauf, dass

  • RA lic.iur. A._ (nachfolgend: Gesuchsteller) mit Eingabe vom 21. Dezember 2016 bei der Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte das Gesuch stellte, er sei zur Vollstreckung seiner mit rechtskräftigem Beschluss des Gemeinderats B._ vom 3. März 2015 genehmigten Honorarforderung als Erbschaftsverwalter im Nachlass C._ sel. im Betrag von CHF 29'723.15 gegenüber D._ (nachfolgend: Gesuchsgegnerin) vom Anwaltsgeheimnis zu entbinden,
  • die Gesuchsgegnerin mit Eingabe vom 5. Januar 2017 zum Gesuch Stellung nahm, ohne einen Antrag zu stellen,
  • der Präsident der Aufsichtskommission für die Beurteilung von Gesuchen um Entbindung vom Amts- bzw. Anwaltsgeheimnis zuständig ist (Delegationsbeschluss der Aufsichtskommission vom 15. Januar 2008),
  • es Rechtsanwälten gemäss Art. 321 Ziff. 1 StGB untersagt ist, ein Geheimnis zu offenbaren, das ihnen infolge ihres Berufes anvertraut worden ist oder das sie in dessen Ausübung wahrgenommen haben,
  • in Übereinstimmung damit Art. 13 BGFA festhält, dass Anwältinnen und Anwälte über alles, was ihnen infolge ihres Berufes von der Klientschaft anvertraut worden ist, zeitlich unbegrenzt und gegenüber jedermann dem Berufsgeheimnis unterstehen,
  • darunter Informationen fallen, die mit der anwaltstypischen Tätigkeit im Zusammenhang stehen, wozu die Wahrung von Klienteninteressen im Rahmen einer Rechtsberatung (Beratungsmandat) oder eines Rechtskonflikts (Prozessmandat) gehören, wohingegen die nicht-anwaltsspezifischen Tätigkeiten, wie beispielsweise die Ausübung von Verwaltungsrats- und reinen Vermögensverwaltungsmandaten, nicht dazugehören (Nater/Zindel, in: Fellmann/ Zindel, Kommentar zum Anwaltsgesetz, 2. A. 2011, Art. 13 BGFA N 117 ff.),
  • die Erbschaftsverwaltung ein privatrechtliches Institut sui generis ist und die temporäre Über-tragung der Besitz-, Verwaltungs- und Verfügungsrechte am Nachlass auf einen behördlich bestellten, unabhängigen Verwalter beinhaltet, während die entsprechenden Rechte der Erben sistiert sind (Karrer/Vogt/Leu, Basler Kommentar, 5. A. 2015, Art. 554 ZGB N 1 und 5),
  • zwischen dem Gesuchsteller als behördlich bestelltem Erbenvertreter und der Gesuchsgegnerin als Erbin somit nicht ein Mandatsverhältnis bestanden hat und es sich bei der Aufgabe des Gesuchstellers, im Interesse der bekannten und unbekannten Erben den Nachlass aus eigenem Recht und im eigenen Namen zu erhalten, zu verwalten und zu vertreten (Karrer/ Vogt/Leu, a.a.O., Art. 554 ZGB N 5), nicht um eine anwaltsspezifische Tätigkeit handelt,
  • die Tätigkeit des Gesuchstellers als Erbschaftsverwalter somit nicht unter das anwaltliche Berufsgeheimnis fällt und es sich dabei auch fraglos nicht um eine notarielle Dienstleistung handelt, die unter den Schutz des diesbezüglichen Amtsgeheimnisses fällt,
  • auf das Entbindungsgesuch somit mangels eines Rechtsschutzinteresses nicht einzutreten ist,
  • offengelassen werden kann, ob sich der Gesuchsteller beim Gemeinderat B._ als Aufsichtsbehörde über die Erbschaftsverwaltung (§ 8 Abs. 1 Ziff. 5 des Gesetzes betreffend die Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches für den Kanton Zug; EG ZGB; BGS 211.1) von einem allenfalls bestehenden Amtsgeheimnis entbinden lassen muss,
  • es sich beim vorliegenden Verfahren nicht um ein eigentliches Zweiparteienverfahren handelt, sondern um einen Akt der Justizverwaltung, weshalb gemäss Praxis die Kosten unabhängig vom Ausgang des Verfahrens dem Gesuchsteller auferlegt werden (GVP 1989/90, S. 126 f.),

Präsident der Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte im Kanton Zug, 17. Januar 2017

 

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