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Art. 132 StPO

Regeste:

Art. 132 StPO – Amtliche Verteidigung im Beschwerdeverfahren

Aus dem Sachverhalt:

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zug führt eine Strafuntersuchung gegen die Beschwerdeführerin wegen gewerbsmässigen Betrugs, gewerbsmässigen Wuchers, ungetreuer Geschäftsbesorgung, schwerer Geldwäscherei und Verstosses gegen Art. 44 FINMAG im Zusammenhang mit dem Verkauf von privat gehaltenen Aktien der Firma Y und in ihrer Funktion als vormalige Präsidentin des Verwaltungsrates dieser Gesellschaft.

Am 15. Mai 2017 ersuchte Rechtsanwalt A als amtlicher Verteidiger der Beschwerdeführerin um Einsicht in die Einvernahmeprotokolle der bisher befragten Telefonverkäufer. Die Staatsanwaltschaft teilte Rechtsanwalt A mit, dass er ab Anfang Juli 2017 Einsicht in die Telefonprotokolle erhalte, sobald die vorgeladenen Telefonverkäufer einvernommen worden seien. Rechtsanwalt A bat daraufhin um eine «anfechtbare Verfügung betreffend die Abweisung bzw. die zeitliche Beschränkung des Akteneinsichtsgesuchs».

Gegen die daraufhin erlassene, gleichlautende Verfügung der Staatsanwaltschaft liess die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 29. Mai 2017 Beschwerde bei der I. Beschwerdeabteilung des Obergerichts Zug einreichen und machte geltend, es sei ihr umgehend Akteneinsicht zu gewähren.

Aus den Erwägungen:

1. Die Staatsanwaltschaft gewährte der Beschwerdeführerin erst ab 1. Juli 2017 Akteneinsicht. Diese Frist ist in der Zwischenzeit abgelaufen, womit der Beschwerdeführerin ein uneingeschränktes Akteneinsichtsrecht zusteht. Damit ist die vorliegende Beschwerde gegenstandslos geworden.

Zu befinden bleibt über die Kosten des Beschwerdeverfahrens und über die Entschädigung des amtlichen Verteidigers der Beschwerdeführerin für dieses Verfahren.

(Kosten)

3. Die Staatsanwaltschaft beantragt, es sei dem amtlichen Verteidiger der Beschwerdeführerin keine Entschädigung für die amtliche Verteidigung im Beschwerdeverfahren vor Obergericht auszurichten. Die vorliegende Beschwerde sei nicht notwendig, um die Rechte der beschuldigten Person zu wahren. Sodann sei die Beschwerde auch nicht geeignet, um die angebliche Rechtsverletzung zu beseitigen, werde doch ein Entscheid des Obergerichts kaum vor dem 1. Juli 2016 [recte: 2017] vorliegen (vgl. act. 3 S. 3).

4.1 Die Beschwerdeführerin geht entsprechend der bisherigen Praxis der II. Beschwerdeabteilung davon aus, dass die im Untersuchungsverfahren angeordnete amtliche Verteidigung ohne Weiteres auch für das Beschwerdeverfahren gültig ist und der amtliche Verteidiger unabhängig vom Ausgang des Verfahrens für seine notwendigen und angemessenen Bemühungen entschädigt wird. Die Staatsanwaltschaft beantragt indessen, es sei der amtlichen Verteidigung keine Entschädigung auszurichten. Das vorliegende Verfahren bietet demnach Anlass, die bisherige, soweit ersichtlich noch nie einlässlich begründete Praxis zu überprüfen. Konkret ist die Frage zu beantworten, ob eine im Vorverfahren (oder im erstinstanzlichen Hauptverfahren oder im Verfahren vor Zwangsmassnahmengericht) angeordnete amtliche Verteidigung ohne Weiteres auch im Beschwerdeverfahren gilt, oder ob sie für das Beschwerdeverfahren neu beantragt und bewilligt werden muss.

4.2 Im Kanton Zürich wird die amtliche Verteidigung auch für das Beschwerdeverfahren als gültig angenommen, wenn sie zuvor, in der Regel von der Staatsanwaltschaft, angeordnet wurde (Beschlüsse des Obergerichts Zürich UH140209 vom 20. Januar 2015 E. 2 und UB1101126 vom 29. November 2011 E. 2). Gegenteiliger Auffassung ist das Bundesstrafgericht; eine im Strafverfahren bereits erteilte amtliche Verteidigung müsse für das Beschwerdeverfahren separat beantragt und erteilt werden (Beschluss des Bundesstrafgerichts BB.2015.119 vom 25. November 2015 E. 3.1 m.H.). Gleicher Meinung scheint auch das Bundesgericht zu sein, bezeichnet es doch in BGE 137 IV 2015 E. 2.3 das Zwangsmassnahmengericht als zuständig zur Bestellung einer amtlichen Verteidigung. Im Urteil 1B_705/2011 vom 9. Mai 2012 führt es in E. 2.3.2 aus, die (kantonale) Beschwerdeinstanz sei in dem vor ihr geführten Beschwerdeverfahren (betreffend Haftverlängerung) zuständig für die Anordnung und Bestellung einer amtlichen Verteidigung; dies gelte auch, wenn die Staatsanwaltschaft in Anwendung von Art. 132 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 133 StPO bereits einen amtlichen Verteidiger bestellt habe. Etwas abweichend wird im Urteil 1B_732/2011 vom 19. Januar 2012 E. 7.2 ausgeführt, an der bisherigen Lehre und Praxis, wonach die unentgeltliche Rechtspflege bei Haftbeschwerden und anderen strafprozessualen Nebenverfahren von der Nichtaussichtslosigkeit des konkret verfolgten Prozessziels abhängig gemacht werden könne, sei auch nach Inkrafttreten der StPO grundsätzlich festzuhalten; auch Art. 29 Abs. 2 BV garantiere einen unentgeltlichen Rechtspflegeanspruch nur bei nicht zum vorneherein aussichtslosen Rechtsmitteln. Die Vorinstanz hatte argumentiert, eine Offizialverteidigung sei im StPO-Beschwerdeverfahren nur zu bewilligen, wenn das Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheine, wobei Aussichtslosigkeit bei schwerwiegenden Eingriffen in die Rechte des Beschwerdeführers nur mit grösster Zurückhaltung anzunehmen sei; daran ändere nichts, dass im Hauptverfahren die Voraussetzungen der notwendigen Verteidigung erfüllt seien. Im Urteil 1B_332/2012 vom 15. August 2012 E. 2.4 hat das Bundesgericht die Frage ausdrücklich offen gelassen, ob sich eine allfällige notwendige Verteidigung auch auf Nebenverfahren wie das Rechtsmittelverfahren gegen einen Beschlagnahmeentscheid erstrecke, weil eben kein Fall einer notwendigen Verteidigung vorliege.

4.3 In der Literatur vertritt Schmid (in: Schweizerische Strafprozessordnung Praxiskommentar, 2009, Art. 130 StPO N 2) die Auffassung, im Falle einer notwendigen Verteidigung gelte diese bis zum Abschluss des Rechtsmittelverfahrens einschliesslich Nebenverfahren wie Haftrekurs und Ähnliches. Ruckstuhl (in: Basler Kommentar, 2. A. 2014, Art. 130 StPO N 10) führt unter Berufung auf die zitierten Bundesgerichtsentscheide sowie auf die Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts (BBl 2006 1180) und auf Oberholzer (Grundzüge des Strafprozessrechts, 3. A. 2012 N 440) aus, dies wäre zwar wünschenswert, ergebe sich aber in dieser Absolutheit und Klarheit weder aus der Gesetzestext noch aus der Botschaft. Ergreife eine beschuldigte Person in einem Nebenverfahren ein Rechtsmittel, so könne eine amtliche Verteidigung beantragt werden, wobei die vom Bundesgericht aufgestellten Regeln für die unentgeltliche Verteidigung im Rechtsmittelverfahren (Bedürftigkeit und Nicht-Aussichtslosigkeit der gestellten Begehren) zur Anwendung kommen würden. Würden Nebenverfahren nicht von der beschuldigten Person initiiert, so müsse die notwendige Verteidigung aus Gründen der Waffengleichheit auch die Vertretung des Beschuldigten in diesen umfassen. Lieber (in: Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], Kommentar zur schweizerischen Strafprozessordnung, 2.A. 2014, Art. 130 StPO N 26 f.) meint, das Gesetz äussere sich nicht zur Frage, ob ein von der Notwendigkeit der Verteidigung beherrschtes Strafverfahren auch Neben- und Nachverfahren umfasse. Gehe man vom Grundgedanken der notwendigen Verteidigung aus, so verdiene die Auffassung Zustimmung, wonach von der Notwendigkeit einer Verteidigung stets auch die Nebenverfahren erfasst seien. In der Kommentierung zu Art. 388 StPO führt Lieber (a.a.O., Art. 388 StPO N 6) sodann aus, die Voraussetzungen einer amtlichen Verteidigung würden in aller Regel schon im Vorverfahren gegeben sein, womit die Bestellung auch für das Rechtsmittelverfahren gelte. Ziegler/Keller (in: Basler Kommentar, 2. A. 2014, Art. 388 StPO N 3) sind schliesslich der Auffassung, eine amtliche Verteidigung müsse «in zweiter Instanz» nicht neu bestellt werden, sofern sie bereits erstinstanzlich bestanden habe. Ob sich dies nur auf Berufungs- oder auch auf Beschwerdeverfahren bezieht, wird nicht klar gesagt.

5.1 Die Auffassung, die im Fall der Notwendigkeit einer Verteidigung im Untersuchungsverfahren (oder auch im erstinstanzlichen Hauptverfahren oder im Verfahren vor Zwangsmassnahmengericht) gestützt auf Art. 132 Abs. 1 lit. a StPO angeordnete Verteidigung (Offizialverteidigung) erstrecke sich bis zu ihrem Widerruf (vgl. Art. 134 Abs. 1 StPO) auch auf Nebenverfahren und namentlich auf das Beschwerdeverfahren gegen Verfügungen und Verfahrenshandlungen der Strafverfolgungsbehörden, ist überzeugend. Ob beim Vorliegen der Voraussetzungen gemäss Art. 130 lit. a bis lit. e StPO eine Verteidigung angeordnet wird, hängt nämlich nicht vom Willen der beschuldigten Person ab. Es besteht vielmehr ein Verteidigungszwang. Der Grund hierfür liegt im öffentlichen Interesse, dass Urteile in einem justizförmigen Verfahren zustande kommen, was wiederum der Wahrheitsfindung dient; jedenfalls in Verfahren von gewisser Bedeutung setzt dies voraus, dass die beschuldigte Person sachkundig verteidigt wird. Anderseits hat der Staat auch eine Fürsorgepflicht gegenüber beschuldigten Personen, die nicht imstande sind, sich selbst zu verteidigen (Ruckstuhl, a.a.O., Art. 130 StPO N 1; Lieber, a.a.O., Art. 130 StPO N 27, je m.H.). Eine zweckmässige Verteidigung als Element der Sicherstellung eines justizförmigen Verfahrens schliesst die Überprüfung der Verfügungen und Verfahrenshandlungen der Strafverfolgungsbehörden auf ihre Rechtmässigkeit und Angemessenheit ein, was indessen nur Sinn ergibt, wenn diese, soweit gesetzlich zulässig, mit Rechtsmitteln angefochten werden können. Insoweit ist kein Grund ersichtlich, weshalb bei gegebenen Voraussetzungen bzw. wenn eine Offizialverteidigung bereits angeordnet wurde, für das Beschwerdeverfahren eine separate Anordnung erfolgen sollte. Eine erneute Anordnung wäre regelmässig eine blosse Formalität und überspitzt formalistisch und überdies mit der Gefahr widersprüchlicher Entscheide verbunden, wenn die Beschwerdeinstanz die Notwendigkeit einer Verteidigung ebenfalls nur gestützt auf Art. 130 StPO prüfen würde. Würde demgegenüber die Notwendigkeit einer Verteidigung zusätzlich davon abhängig gemacht, ob das Rechtsmittel zur Wahrung der Rechte des Beschuldigten notwendig und nicht aussichtslos ist, würde einerseits in übermässiger Weise in die Freiheit der Verteidigung eingegriffen, ihr Mandat unabhängig und eigenverantwortlich auszuüben (vgl. Art. 12 lit. b BGFA); eine wirksame Verteidigung wäre nicht mehr gewährleistet. Anderseits gibt es keine gesetzliche Regelung, wonach die Offizialverteidigung von anderen als den in Art. 130 i.V.m. Art. 132 Abs. 1 lit. a StPO genannten Voraussetzungen abhängig gemacht werden kann. Somit ist der bereits eingesetzte Offizialverteidiger ohne Weiteres legitimiert, die beschuldigte Person im Beschwerdeverfahren zu vertreten. Für seine Bemühungen ist er gestützt auf Art 135 Abs. 1 StPO zu entschädigen. Neu anzuordnen wäre eine amtliche Verteidigung im Sinne einer Offizialverteidigung im Beschwerdeverfahren nur, wenn sie zuvor, etwa im Rahmen einer Einstellungsverfügung, aufgehoben wurde und die Voraussetzungen auch für das Beschwerdeverfahren weiterhin gegeben wären. Der Vollständigkeit halber anzufügen bleibt, dass stets nur die notwendigen und angemessenen Bemühungen des Offizialverteidigers zu entschädigen sind (BGE 141 I 124 E. 3.). Ferner bleibt festzuhalten, dass die Kosten für die amtliche Verteidigung, welche als Auslagen grundsätzlich Teil der Verfahrenskosten sind (Art. 422 Abs. 2 lit. a StPO), nicht zu den Kosten der Hauptsache geschlagen werden dürfen, sondern gesondert festgesetzt werden müssen. Die beschuldigte Person kann nämlich durchaus im Beschwerdeverfahren obsiegen und in der Sache dennoch verurteilt und damit kostenpflichtig werden (oder umgekehrt). Würde alsdann bezüglich der Kostenpflicht (und damit zwangsläufig auch bezüglich der Pflicht zur Tragung der Verteidigungskosten) nur auf den Ausgang des Strafverfahrens abgestellt, so hätte dies eine ungesetzliche Kostenauflage (oder im umgekehrten Fall eine ungesetzliche Kostenbefreiung) zur Folge.

5.2 Anders verhält es sich, wenn die amtliche Verteidigung gestützt auf Art. 132 Abs. 1 lit b StPO angeordnet wird, weil die beschuldigte Person nicht über die erforderlichen Mittel verfügt und die Verteidigung zur Wahrung ihrer Interessen geboten ist (unentgeltliche Verteidigung). Eine unentgeltliche Verteidigung wird nur auf Antrag der beschuldigten Person angeordnet, wenn diese der Auffassung ist, sie sei der Sache selbst nicht gewachsen, sie aber nicht über die Mittel verfügt, einen Verteidiger zu beauftragen. Der Anspruch auf Gewährung einer amtlichen Verteidigung im Sinne einer unentgeltlichen Verteidigung beruht letztlich auf Art. 29 Abs. 3 BV, wonach jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege und, soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand hat, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Art. 132 Abs. 1 lit. b StPO setzt diese Vorgabe bzw. die Vorgabe von Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK um (Lieber, a.a.O., Art. 132 StPO N 9). Ein darüber hinausgehendes öffentliches Interesse an der Verteidigung von beschuldigten Personen, welche die Voraussetzungen von Art. 130 StPO nicht erfüllen, ist nicht ersichtlich (Ruckstuhl, a.a.O., Art. 132 StPO N 19).

Bei der Gewährung der unentgeltlichen Verteidigung im Rahmen des Untersuchungsverfahrens (und auch des erstinstanzlichen Hauptverfahrens) wird die Aussichtslosigkeit des Rechtsbegehrens nicht geprüft. Dies ist folgerichtig, weil diese Verfahren unabhängig vom Willen der beschuldigten Person und unabhängig davon, ob sie Anträge stellt, eingeleitet und geführt werden. Demgegenüber hängt die Durchführung eines Beschwerdeverfahrens gegen Verfügungen und Verfahrenshandlungen der Strafverfolgungsbehörden einzig vom Willen der beschwerdeführenden Person ab; diese stellt Rechtsbegehren, deren Aussichten auf Erfolg beurteilt werden können. In Übereinstimmung mit der zitierten bundesgerichtlichen Rechtsprechung (Urteil des Bundesgerichts 1B_732/2011 vom 19. Januar 2012 E. 7.2), wonach auch unter der Geltung der Schweizerischen Strafprozessordnung die unentgeltliche Rechtspflege bei Haftbeschwerden und anderen strafprozessualen Nebenverfahren von der Nichtaussichtslosigkeit des konkret verfolgten Prozessziels abhängig gemacht werden kann, ist somit die unentgeltliche Verteidigung für das Beschwerdeverfahren nur zu gewähren, wenn neben den Voraussetzungen gemäss Art. 130 Abs. 1 lit b StPO die Beschwerde nicht aussichtslos ist. Anzufügen ist, dass dies zunächst nur gelten kann, wenn die unentgeltlich verteidigte Person selbst Beschwerde führt. Sodann scheint es angemessen, an die Erfolgsaussichten der Beschwerde umso geringere Anforderungen zu stellen, je gravierender die angefochtene Verfügung oder Verfahrenshandlung in die Verhältnisse der beschwerdeführenden Person eingreift.

5.3 Im Sinne der Verfahrensökonomie und zur Vermeidung von widersprüchlichen Entscheidungen ist bei der Prüfung, ob für das Beschwerdeverfahren die unentgeltliche Verteidigung gewährt werden kann, bezüglich der Voraussetzungen gemäss Art. 132 Abs. 1 lit. b StPO auf eine bereits von der Staatsanwaltschaft oder vom erstinstanzlichen Gericht verfügte unentgeltliche Verteidigung abzustellen. Ob die Verteidigung zur Wahrung der Interessen der beschuldigten Person geboten ist und ob ihr die notwendigen Mittel fehlen, ist daher nicht erneut zu prüfen. Zudem kann das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Verteidigung als gestellt gelten, auch wenn dies in der Beschwerde nicht gesondert verlangt wird. Hingegen prüft die Beschwerdeinstanz die Aussichten der Beschwerde und verweigert die unentgeltliche Verteidigung, wenn die Beschwerde als aussichtslos bezeichnet werden muss.

6. Bei der vorliegend angeordneten amtlichen Verteidigung der Beschuldigten durch Rechtsanwalt A handelt es sich um eine Offizialverteidigung im Sinne von Art. 132 Abs. 1 lit. a StPO und nicht um eine unentgeltliche Verteidigung im Sinne von Art. 132 Abs. 1 lit. b StPO. Dies wird in der Ernennungsverfügung (OG GD 3/1) zwar nicht ausdrücklich festgestellt, ergibt sich aber ohne Weiteres aus der Schwere der Tatvorwürfe und aus dem Fehlen von Unterlagen zu den finanziellen Verhältnissen bzw. zur prozessualen Armut der Beschuldigten. Nach dem Vorerwähnten ist Rechtsanwalt A mithin ohne Prüfung der Erfolgsaussichten der Beschwerde für seine angemessenen und notwendigen Bemühungen zu entschädigen. (...)

Obergericht, I. Beschwerdeabteilung, 20. Juli 2017

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